Urteil des BAG vom 15.07.2020

Einseitige Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit - vergangenheitsbezogene Feststellung - Feststellungsinteresse - Zwischenfeststellungsklage

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 15. Juli 2020
Zehnter Senat
- 10 AZR 507/18 -
ECLI:DE:BAG:2020:150720.U.10AZR507.18.0
I. Arbeitsgericht Gera
Urteil vom 10. November 2016
- 5 Ca 128/15 -
II. Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil vom 24. Mai 2018
- 4 Sa 334/16 -
Entscheidungsstichworte:
Einseitige Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit - vergangenheitsbezo-
gene Feststellung - Feststellungsinteresse - Zwischenfeststellungsklage
ECLI:DE:BAG:2020:150720.U.10AZR507.18.0
- 2 -
BUNDESARBEITSGERICHT
10 AZR 507/18
4 Sa 334/16
Thüringer
Landesarbeitsgericht
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
15. Juli 2020
URTEIL
Brüne, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In Sachen
Beklagter, Berufungsbeklagter und Revisionskläger,
pp.
Kläger, Berufungskläger und Revisionsbeklagter,
hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ver-
handlung vom 15. Juli 2020 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesarbeits-
gericht Gallner, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Pulz und Pessinger
sowie den ehrenamtlichen Richter Schurkus und die ehrenamtliche Richterin
Scheck für Recht erkannt:
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10 AZR 507/18
ECLI:DE:BAG:2020:150720.U.10AZR507.18.0
- 3 -
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des
Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 24. Mai 2018
- 4 Sa 334/16 - wird als unzulässig verworfen, soweit es
das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 10. November
2016 - 5 Ca 128/15 - auf die Berufung des Klägers ab-
geändert und festgestellt hat, dass die einseitige Fest-
legung
einer
Jahresarbeitszeit
in
Höhe
von
2.504,6 Stunden für das Arbeitsverhältnis der Parteien
durch den Beklagten unwirksam ist.
2. Im Übrigen wird das Urteil des Thüringer Landesar-
beitsgerichts vom 24. Mai 2018 - 4 Sa 334/16 - auf die
Revision des Beklagten aufgehoben und die Berufung
des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gera
vom 10. November 2016 - 5 Ca 128/15 - zurückgewie-
sen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger
zwei Drittel und der Beklagte ein Drittel zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte die wöchentliche Ar-
beitszeit des Klägers in der Zeit vom 1. September 2014 bis zum
30. September 2018 auf 48 Stunden erhöhen und eine Jahresarbeitszeit von
2.504,6 Stunden festlegen durfte.
Der Kläger arbeitet bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger
als Rettungssanitäter. Dem Arbeitsverhältnis lag für die Zeit bis zum
30. September 2018 ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 zugrunde.
§ 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags lautet:
„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifver-
trag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und
Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes in der für
den Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung.“
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In § 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrags heißt es:
„Die regelmäßige Arbeitszeit (§ 14 Abs. 1 des Tarifvertra-
ges) ist unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 des
DRK-
Tarifvertrages verlängert.“
Auf der Grundlage dieses Arbeitsvertrags war der Kläger mit unter-
schiedlichen Einsatzzeiten sowohl auf dem Rettungstransportwagen als auch
auf dem Krankentransportwagen eingesetzt.
Der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - manteltarifliche Vor-
schriften - DRK-Tarifvertrag Ost zwischen der Bundestarifgemeinschaft des
Deutschen Roten Kreuzes und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport
und Verkehr (ÖTV) vom 1. Juli 1992 idF des 10. Änderungs-TV vom 1. August
2000 (DRK-TV-O) trat in der ursprünglichen Fassung mit Wirkung vom 1. Juli
1991 in Kraft. Er wurde in der letzten Fassung zum 31. Dezember 2001 gekün-
digt. § 14 DRK-TV-O
regelt unter der Überschrift „Regelmäßige Arbeitszeit“:
„(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich
der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich.
Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmä-
ßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein
Zeitraum von 26 Wochen zugrunde zu legen.
Bei Mitarbeitern, die ständig Wechselschicht- oder
Schichtarbeit zu leisten haben, kann ein längerer
Zeitraum zugrunde gelegt werden.
(2) Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert wer-
den*)
a)
bis zu zehn Stunden täglich (durchschnittlich
50 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmä-
ßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich
mindestens zwei Stunden täglich fällt,
b)
bis zu elf Stunden täglich (durchschnittlich
55 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmä-
ßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich
mindestens drei Stunden täglich fällt,
c)
bis zu zwölf Stunden täglich (durchschnittlich
60 Stunden wöchentlich), wenn der Mitarbeiter
lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein
muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbei-
ten zu verrichten.
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*)
Anmerkung zu § 14 Abs. 2:
Im Geltungsbereich der Anlage 2 für die Mitarbeiter
im Rettungsdienst und Krankentransport ist die Pro-
tokollnotiz zu § 14 Abs. 2 DRK-Tarifvertrag Ost zu
berücksichtigen.“
Nach der Protokollnotiz zu § 14 Abs. 2 DRK-TV-O wird die Möglichkeit,
die regelmäßige Arbeitszeit nach § 14 Abs. 2 Buchst. a ab dem 1. Juli 1992 für
Mitarbeiter im Rettungsdienst zu verlängern, von 50 Stunden pro Woche auf
49 Stunden pro Woche eingeschränkt.
Ab dem 1. September 2014 erhöhte der Beklagte die wöchentliche
Arbeitszeit von 40 Stunden auf 48 Stunden und die jährliche Arbeitszeit von
2.087,1 Stunden auf 2.504,6 Stunden.
Unter dem 19. Mai 2016 schloss der Beklagte mit dem bei ihm beste-
henden Betriebsrat eine Vereinbarung zur Verlängerung der Arbeitszeit für die
Mitarbeiter im Rettungsdienst nach den tarifvertraglichen Vorgaben.
Mit Änderungsvertrag vom 14. September 2018 vereinbarten die Par-
teien, dass der Kläger ab 1. Oktober 2018 als Rettungssanitäter im Bereich
Krankentransport beschäftigt wird. Als durchschnittliche wöchentliche Arbeits-
zeit legten die Parteien 40 Stunden fest, wobei die Arbeit in Tagdiensten von
acht bis zehn Stunden zu leisten ist.
Der Kläger nimmt den Beklagten in einem vor dem Arbeitsgericht Gera
unter dem Aktenzeichen - 1 Ca 495/18 - geführten Rechtsstreit auf Vergütung in
Anspruch, die den im Revisionsverfahren streitgegenständlichen Zeitraum be-
trifft. Der Rechtsstreit ist mit Blick auf das Revisionsverfahren vor dem Bundes-
arbeitsgericht ausgesetzt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Klage sei zulässig. Das
Feststellungsinteresse sei nicht dadurch entfallen, dass die Parteien mit Wir-
kung vom 1. Oktober 2018 einen Änderungsvertrag abgeschlossen hätten. Es
bestehe eine Wiederholungsgefahr, dass der Beklagte erneut einseitig eine hö-
here Arbeitszeit anordnen werde. In Betracht komme, dass er sich dazu auf die
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abgeschlossene Betriebsvereinbarung berufe. Das Feststellungsinteresse lasse
sich auch aus möglichen Vergütungsansprüchen aufgrund von Mehrarbeit her-
leiten, die der Kläger in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Gera geltend
mache. Die hier erhobene Feststellungsklage sei deshalb als Zwischenfeststel-
lungsklage anzusehen. Die Feststellungsklage sei begründet, weil der Beklagte
nicht berechtigt gewesen sei, die wöchentliche und die jährliche Arbeitszeit zu
verlängern. § 14 Abs. 2 DRK-TV-O eröffne nur die Möglichkeit, die tägliche Ar-
beitszeit zu erhöhen. Unabhängig davon seien die tatbestandlichen Vorausset-
zungen, um die Arbeitszeit erhöhen zu können, nicht erfüllt gewesen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
1.
festzustellen, dass die einseitige Erhöhung der in
dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeits-
verhältnis von ihm zu erbringenden wöchentlichen
Arbeitszeit auf 48 Stunden unwirksam ist;
2.
festzustellen, dass die einseitige Festlegung einer
Jahresarbeitszeit auf 2.504,6 Stunden unwirksam ist;
hilfsweise festzustellen, dass sich die von ihm geschuldete
wöchentliche Arbeitszeit in den Wochen um den Betrag
reduziert, der sich aus der Differenz zwischen der für die
Ermittlung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeits-
zeit zugrunde gelegten täglichen Schichtdauer und der
vom Arbeitgeber festgelegten kürzeren Schichtdauer im
Krankentransport ergibt, soweit er, der Kläger, in der je-
weiligen Woche in diesen Schichten mit dieser kürzeren
Schichtdauer eingesetzt wird.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffas-
sung vertreten, dass die vom Kläger begehrte Feststellung wegen der Ände-
rungsvereinbarung vom 14. September 2018 gegenstandslos geworden sei.
Unabhängig davon sei für die Erhöhung der Arbeitszeit nicht auf die tägliche
Arbeitszeit, sondern auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit abzustellen.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erhöhung der Arbeitszeit seien
erfüllt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht
hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage in den Hauptanträgen
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stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt
der Beklagte, dass die Klage vollständig abgewiesen wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist teilweise unzulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie be-
gründet. Die stattgebende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist aufzu-
heben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Klage ist unzulässig,
weil für sie kein Feststellungsinteresse besteht.
A.
Die Revision ist unzulässig, soweit sich der Beklagte gegen die Fest-
stellung des Landesarbeitsgerichts wendet, dass die Festlegung der Jahresar-
beitszeit des Klägers auf 2.504,6 Stunden unwirksam ist. Insoweit hat der Be-
klagte die Revision nicht ausreichend begründet.
I.
Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört die
Angabe der Revisionsgründe zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegrün-
dung. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO
die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben
soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesar-
beitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtli-
chen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den
tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dazu hat der Revisions-
führer darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsge-
richts für unrichtig hält
.
Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden eine solche Begründung ge-
geben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel inso-
weit unzulässig
.
II.
Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung des Beklagten
hinsichtlich der Berufungsentscheidung über die Festlegung der Jahresarbeits-
zeit nicht gerecht.
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1.
Der Kläger wendet sich mit den beiden Hauptanträgen dagegen, dass
der Beklagte einseitig zum einen die Wochenarbeitszeit des Klägers und zum
anderen dessen Jahresarbeitszeit erhöht hat. Dabei handelt es sich um zwei
voneinander zu unterscheidende Lebenssachverhalte und damit um zwei
Streitgegenstände iSd.deren Begründung nicht denk-
notwendig voneinander abhängt.
a)
Nach dem für den Zivil- und den Arbeitsgerichtsprozess geltenden sog.
zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtli-
chen Verfahrens durch den konkret gestellten Antrag (Klageantrag) und den
ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt
. Zum Klagegrund gehören alle Tat-
sachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden
und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur
Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Vom Streitgegenstand
werden damit alle materiell-rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen
des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssach-
verhalt herleiten lassen
.
b)
Der Antrag des Klägers, mit dem er die Unwirksamkeit der einseitigen
Festlegung seiner Jahresarbeitszeit festgestellt wissen will, ist auf eine andere
Rechtsfolge gerichtet als der Feststellungsantrag, mit dem sich der Kläger ge-
gen die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 48 Stunden wendet. Bei
der Wochen- und der Jahresarbeitszeit handelt es sich um zwei unterschiedli-
che Arbeitszeitmodelle
. Die Vereinbarung
einer Jahresarbeitszeit ist eine Arbeitszeitregelung, die alternativ zu einer Wo-
chen- oder Monatsarbeitszeit gewählt werden kann. Mit ihr ist es möglich, einen
langfristig vorhersehbaren, aber diskontinuierlichen Arbeitsbedarf flexibel inner-
halb eines Jahreszeitraums zu planen
. Der Arbeitgeber gerät nach
§ 615 Satz 1 BGB in Annahmeverzug, wenn er die angebotene Arbeitsleistung
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nicht im geschuldeten zeitlichen Umfang annimmt. Das ist bei einer vereinbar-
ten Wochenarbeitszeit wöchentlich oder bei einer übereinstimmend festgeleg-
ten regelmäßigen wöchentlichen und vom Arbeitgeber disponierten Arbeitszeit
nach Ablauf des Ausgleichszeitraums der Fall
. Demgegenüber kann der Arbeitge-
ber im Rahmen einer vereinbarten Jahresarbeitszeit geringere Einsatzzeiten
des Arbeitnehmers in bestimmten Wochen durch erhöhte Einsatzzeiten in ande-
ren Wochen das gesamte Jahr über ausgleichen. Allein aus dem Umstand,
dass aus der Festlegung einer höheren Wochenarbeitszeit rein rechnerisch ei-
ne höhere Jahresarbeitszeit folgt, kann nicht hergeleitet werden, dass es sich
bei beiden Festlegungen um denselben Streitgegenstand handelt.
2.
Die Revisionsbegründung befasst sich nicht mit der Argumentation des
Landesarbeitsgerichts, der DRK-TV-O regele keine Jahresarbeitszeit. Der Be-
klagte hat lediglich ausgeführt, die Erhöhung der Jahresarbeitszeit ergebe sich
daraus, dass die wöchentliche Arbeitszeit angehoben werde. Dies trifft für die
rein tatsächliche Erhöhung zu, besagt aber nichts über die Befugnis, eine Jah-
resarbeitszeit einseitig festzulegen. Auch in seiner Argumentation, die Ausle-
gungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts zu § 15 Abs. 1 und Abs. 2 des
Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) in der bis zum 31. März 1989 geltenden
Fassung seien auf § 14 Abs. 1 und Abs. 2 DRK-TV-O übertragbar, liegt keine
Auseinandersetzung mit dem Argument des Landesarbeitsgerichts, dass der
DRK-TV-O keine Befugnis enthält, die Jahresarbeitszeit zu erhöhen
.
B.
Im Übrigen ist die Revision zulässig. Der Beklagte hat sich ausreichend
mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts auseinandergesetzt, indem er
sich gegen die Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmung des § 14 Abs. 1
und Abs. 2 DRK-TV-O durch das Berufungsgericht gewandt hat.
C.
Die Revision ist begründet, soweit sie sich gegen die Feststellung des
Landesarbeitsgerichts richtet, die Festlegung einer wöchentlichen Arbeitszeit
von 48 Stunden sei unwirksam. Die darauf gerichtete Klage ist unzulässig. Die
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Parteien haben mit Wirkung vom 1. Oktober 2018 einen Änderungsvertrag ab-
geschlossen, der die vom Kläger zu erbringende Arbeitszeit regelt. Daher be-
steht für eine Feststellungsklage nicht länger das nach § 256 Abs. 1 ZPO erfor-
derliche Feststellungsinteresse.
I.
Mit dem Antrag zu 1. will der Kläger festgestellt wissen, dass er über
den 31. August 2014 hinaus bis zum 30. September 2018 eine wöchentliche
Arbeitszeit von 40 Stunden geschuldet hat. Das ergibt die Auslegung des Kla-
geantrags.
1.
Für das Verständnis eines Klageantrags ist nicht an dem buchstäbli-
chen Wortlaut der Antragsfassung zu haften. Bei Zweifeln ist der Antrag auszu-
legen. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Kla-
gebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für
Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln sind für die Auslegung von
Klageanträgen heranzuziehen
. Das gilt auch im Revisions-
verfahren
.
2.
Der Antrag war zunächst darauf gerichtet festzustellen, dass der Kläger
auch über den 31. August 2014 hinaus auf unbestimmte Zeit nur dazu verpflich-
tet ist, eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zu erbringen. Es ist nicht
davon auszugehen, dass der Kläger nur punktuell die Ausübung der tarifver-
traglichen Befugnis nach § 14 Abs. 2 DRK-TV-O durch den Beklagten einer ge-
richtlichen Kontrolle unterziehen wollte. Er hat vielmehr die auch zukunftsbezo-
gene Feststellung begehrt, dass er nicht aufgrund der zum 1. September 2014
getroffenen Anordnung verpflichtet ist, eine 40 Wochenstunden übersteigende
Arbeitsleistung zu erbringen. Anders als mit § 4 Satz 1 KSchG im Kündigungs-
schutzprozess ist für die Anordnung des Beklagten keine gesetzliche Bestim-
mung vorgesehen, die die Annahme einer nur punktuellen Überprüfung recht-
fertigte.
3.
Indem der Kläger - wie zuvor der Beklagte - mitgeteilt hat, dass die Par-
teien mit Wirkung vom 1. Oktober 2018 eine durchschnittliche wöchentliche Ar-
beitszeit von 40 Stunden im Weg eines Änderungsvertrags vereinbart haben,
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hat der Kläger die begehrte Feststellung auf die Zeit bis zum 30. September
2018 beschränkt. Die Parteien haben die Arbeitszeit des Klägers mit Wirkung
vom 1. Oktober 2018 einvernehmlich auf durchschnittlich 40 Stunden wöchent-
lich festgelegt. Damit haben sie den Streit über das vom Kläger geschuldete
Arbeitszeitvolumen ab diesem Zeitpunkt beigelegt. Ein Bedürfnis des Klägers,
eine gerichtliche Entscheidung für die Zeit ab dem 1. Oktober 2018 herbeizu-
führen, besteht nicht. Die Beschränkung des Antrags auf den Zeitraum bis zum
30. September 2018 liegt daher im wohlverstandenen Interesse des Klägers.
II.
Der Kläger konnte den so ausgelegten Antrag in der Revisionsinstanz
beschränken.
1.
Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist eine Klageänderung in der Revisi-
onsinstanz grundsätzlich unzulässig
.
Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur be-
züglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch hinsichtlich der Anträge
der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Der Klage-
antrag darf in der Revisionsinstanz jedoch in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO
unter bestimmten Voraussetzungen umgestellt werden
.
2.
Ausgehend hiervon ist es nicht nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausge-
schlossen, dass der Kläger seinen Sachantrag in der Revisionsinstanz umstellt.
Indem der Kläger den Feststellungsantrag in zeitlicher Hinsicht bei sonst unver-
ändertem Sachverhalt einschränkt, beschränkt er den Klageantrag lediglich
quantitativ, ohne den Klagegrund iSv. § 264 Nr. 2 ZPO zu ändern. Der Kläger
erstrebt nicht mehr die Feststellung einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ab
dem 1. September 2014 auf unbestimmte Zeit, sondern begrenzt den Zeitraum
auf den 30. September 2018. Mit der Verlängerung oder Verkürzung des streit-
gegenständlichen Zeitraums ändert der Kläger, sofern es sich nicht um eine
ganz andere Phase handelt, den Umfang seines Klagebegehrens
.
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3.
Der Beschränkung des Feststellungsantrags in der Revisionsinstanz
steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht Rechtsmittelführer ist.
a)
Ein neuer Klageantrag in der Revisionsinstanz erfordert grundsätzlich,
dass der Kläger Rechtsmittelführer ist. Andernfalls kommt eine Ausnahme von
§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO regelmäßig nicht in Betracht. Allein die Einlegung der
Revision oder Anschlussrevision eröffnet den Parteien die Möglichkeit, Sachan-
träge zu stellen. Sonst würden die gesetzlichen Regelungen der Revision und
Anschlussrevision umgangen. Wer nicht selbst Rechtsmittelführer ist und auch
kein Anschlussrechtsmittel eingelegt hat, ist auf die Abwehr des Rechtsmittels
beschränkt, ohne eine Änderung des angegriffenen Urteils zu seinen Gunsten
erreichen zu können. Im Unterschied zu einer Klageerweiterung iSv. § 264 Nr. 2
ZPO kann eine Beschränkung des Klageantrags nach dieser Vorschrift jedoch
durch den revisionsbeklagten Kläger auch ohne Anschlussrevision zulässig sein
.
b)
Unter Berücksichtigung dessen konnte der Kläger seinen Klageantrag
auf die Zeit bis zum 30. September 2018 beschränken, ohne Anschlussrevision
einzulegen. Die quantitative Beschränkung des Klageantrags ohne Änderung
des Klagegrundes iSv. § 264 Nr. 2 ZPO dient nach wie vor der Abwehr der Re-
vision. Der Kläger will mit der Antragsumstellung nicht erreichen, dass das Be-
rufungsurteil zu seinen Gunsten geändert wird, sondern dass die Revision zu-
rückgewiesen wird. In dieser Fallgestaltung ist eine Antragsänderung in der Re-
visionsinstanz durch den Kläger auch dann zulässig, wenn er als Revisionsbe-
klagter keine Anschlussrevision eingelegt hat
.
4.
Es kann dahinstehen, ob in der Beschränkung der Klage nach § 264
Nr. 2 ZPO zugleich eine teilweise Klagerücknahme liegt, in die der Beklagte
nach § 269 Abs. 1 ZPO einwilligen muss. Das ist in Rechtsprechung und
Literatur umstritten
. Der Beklagte hat die Einwilligung nach § 269 Abs. 1
ZPO jedenfalls konkludent erteilt, indem er sich in der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat auf den Vortrag des Klägers eingelassen hat, mit dem dieser
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bestätigt hat, dass die Parteien einen Änderungsvertrag abgeschlossen haben.
Zu der Frage, ob der Kläger weiterhin ein Feststellungsinteresse hat, haben die
Parteien verhandelt. Darin liegt eine konkludente Einwilligung des Beklagten in
eine etwaige teilweise Klagerücknahme
.
III.
Mit dem ausgelegten Antrag ist die Feststellungsklage nach § 256
Abs. 1 ZPO statthaft. Die Feststellung, in welchem zeitlichen Umfang ein Ar-
beitnehmer verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen, kann Gegen-
stand einer Feststellungsklage sein.
1.
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens
oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der
Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch
richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage muss
sich nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis als Ganzes beziehen, sondern
kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis,
auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer
Leistungspflicht beschränken
.
2.
Der Umfang der geschuldeten Arbeitszeit kann mittels einer Feststel-
lungsklage abschließend geklärt werden
. Dass der Kläger hier nicht die Feststellung der
geschuldeten Arbeitszeit als solche begehrt, sondern festgestellt wissen will,
dass die einseitige Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden unwirksam
ist, ist unschädlich. Auch die Feststellung, dass die Ausübung des Direktions-
rechts oder eines Gestaltungsrechts wirksam oder unwirksam ist, kann Gegen-
stand einer Feststellungsklage sein
.
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IV.
Der auf Feststellung gerichtete Antrag des Klägers ist jedoch unzuläs-
sig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse fehlt.
1.
Für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags ist nach § 256 Abs. 1
ZPO ein besonderes rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Beste-
hen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Ent-
scheidung alsbald festgestellt wird. Es handelt sich um eine auch noch im Revi-
sionsverfahren zu prüfende echte Prozessvoraussetzung für das stattgebende
Urteil. Das Feststellungsinteresse kann auch dann bestehen, wenn sich die be-
gehrte Feststellung auf einen abgeschlossenen Zeitraum in der Vergangenheit
bezieht. Der erforderliche Gegenwartsbezug kann dadurch hergestellt werden,
dass der Kläger die Erfüllung konkreter Ansprüche aus einem in der Vergan-
genheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil
anstrebt. Ist das erstrebte Feststellungsurteil geeignet, den Konflikt der Parteien
endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden, ist
das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Es genügt jedoch nicht, dass
sich die begehrte Feststellung auf eine bloße Vorfrage eines aktuell möglicher-
weise bestehenden Anspruchs bezieht
. Sonst wäre das Begehren
des Klägers auf ein Rechtsgutachten für einen in der Vergangenheit liegenden,
abgeschlossenen Sachverhalt gerichtet. Es gehört nicht zu den Aufgaben der
Gerichte, eine die Parteien interessierende Rechtsfrage gutachterlich zu klären
.
2.
Danach fehlt für den Feststellungsantrag, der die Wochenarbeitszeit
betrifft, der erforderliche Gegenwartsbezug. Die beantragte vergangenheitsbe-
zogene Feststellung kann die zwischen den Parteien bestehenden Streitigkei-
ten nicht abschließend klären und weitere Rechtsstreitigkeiten nicht vermeiden.
a)
Ein fortbestehendes Interesse an der Feststellung lässt sich nicht aus
einer Wiederholungsgefahr herleiten
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. Wiederholungsgefahr ist die objek-
tive Gefahr der erneuten Begehung einer konkreten Verletzungshandlung
. Entsprechende Anhaltspunkte bestehen nicht. Dem Vortrag
der Parteien lässt sich nicht entnehmen, dass der Beklagte beabsichtigt, die
Arbeitszeit des Klägers abweichend vom Änderungsvertrag einseitig festzule-
gen und sich hierfür auf § 14 Abs. 2 DRK-TV-O zu berufen.
b)
Ein Feststellungsinteresse lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers
nicht aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 19. Mai 2016 herleiten. Für den
Senat ergeben sich aus dem Parteivortrag keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass
diese Betriebsvereinbarung Auswirkungen auf die Arbeitszeit des Klägers ha-
ben kann. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass sich der Beklagte
- insbesondere nach Abschluss des Änderungsvertrags - auf die Betriebsver-
einbarung berufen hat, um den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit des Klä-
gers einseitig zu verändern. Daher konnte der Senat davon absehen, für die
Frage des Feststellungsinteresses den Inhalt der Betriebsvereinbarung von
Amts wegen nach § 293 ZPO zu ermitteln und ihre Wirksamkeit ua. mit Blick
auf die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu beurteilen
.
c)
Das Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht daraus, dass Vergü-
tungsansprüche aufgrund von Mehrarbeit bestehen könnten, wenn die einseiti-
ge Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden unwirksam wäre. Selbst in
diesem Fall ist damit keine Aussage verbunden, ob und in welchem Umfang der
Kläger Vergütung für die Arbeitszeit beanspruchen könnte, die er über 40 Stun-
den pro Woche hinaus erbracht hat. Um mögliche Ansprüche des Klägers ab-
schließend bestimmen zu können, ist mehr als eine bloße Rechenaufgabe er-
forderlich, die von den Parteien ohne weiteren Streit durchgeführt werden kann
. Die begehrte Feststel-
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lung führt damit nicht dazu, dass weiterer Streit zwischen den Parteien vermie-
den wird.
3.
Das Feststellungsinteresse ist nicht ausnahmsweise deswegen ent-
behrlich, weil es sich bei dem Antrag um eine zulässige Zwischenfeststellungs-
klage iSv. § 256 Abs. 2 ZPO handelt.
a)
Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann der Kläger zugleich mit der Hauptklage
die Feststellung eines die Entscheidung bedingenden, dh. vorgreiflichen
Rechtsverhältnisses verlangen. Damit wird ein Element aus der Gesamtent-
scheidung verselbständigt und mit eigener Rechtskraft versehen, weil dadurch
Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für mögliche Folgestreitigkeiten hergestellt
werden. Eine Zwischenfeststellungsklage bedingt daher, dass die Frage nach
dem Bestehen des Rechtsverhältnisses notwendig auch bei der Entscheidung
über den Hauptantrag beantwortet werden muss, aber darüber hinaus auch für
andere denkbare Folgestreitigkeiten Bedeutung haben kann. Die Vorgreiflich-
keit muss im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsachenin-
stanz (noch) bestehen
.
b)
Im Streitfall fehlt eine Hauptklage, hinsichtlich derer das festzustellende
Rechtsverhältnis vorgreiflich ist. Der Kläger hat die Feststellungsklage isoliert
eingereicht. Eine Leistungsklage, in deren Rahmen inzident das mit der Fest-
stellungsklage geltend gemachte Rechtsverhältnis zu klären ist, ist nicht Ge-
genstand des Rechtsstreits, über den der Senat zu entscheiden hat. Der Kläger
verweist vergeblich auf die vor dem Arbeitsgericht Gera anhängige Zahlungs-
klage, deren Verfahren derzeit ausgesetzt ist. Dabei handelt es sich um ein ei-
genständiges Verfahren. Zudem hat der Kläger nicht dargelegt, dass dieses
Verfahren bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsachenin-
stanz am 15. März 2018 bereits anhängig gewesen ist. Die Voraussetzung der
Vorgreiflichkeit bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsa-
cheninstanz ist damit nicht erfüllt.
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c)
Darüber hinaus wird eine bereits rechtshängige isolierte Feststellungs-
klage durch eine später erhobene Leistungsklage nicht zulässig. Vielmehr wird
die isolierte Feststellungsklage im Hinblick auf die später erhobene Leistungs-
klage grundsätzlich unzulässig
.
D.
Die Revision ist auch begründet, soweit sie sich gegen den Hilfsantrag
des Klägers richtet.
I.
Der Senat hat über den Hilfsantrag zu entscheiden.
1.
Der Kläger hat in der Revisionsinstanz zunächst nur den Antrag ange-
kündigt, die Revision zurückzuweisen. Er hat diesen Antrag erst im Verlauf der
Revisionsinstanz um den zweitinstanzlich angebrachten Hilfsantrag ergänzt.
Dass der Kläger sich auf diesen Antrag ausdrücklich erst außerhalb der Frist für
eine Anschlussrevision bezogen hat, ist unschädlich. Ein in der Vorinstanz ge-
stellter Hilfsantrag, über den nicht entschieden werden musste, fällt in der Revi-
sionsinstanz allein dadurch an, dass der Beklagte Revision einlegt
.
2.
Die Bedingung, dass über den Hilfsantrag zu entscheiden ist, ist einge-
treten. Der Kläger hat zwar nicht ausdrücklich angegeben, in welchem Fall die
Entscheidungskompetenz der Gerichte für den Hilfsantrag eröffnet sein soll. Die
Auslegung des Antrags ergibt jedoch, dass er für den Fall des Unterliegens mit
dem Hauptantrag zu 1. gestellt ist.
a)
Der Kläger will mit dem Hilfsantrag festgestellt wissen, dass der Beklag-
te die wöchentliche Arbeitszeit nur in dem Umfang erhöhen darf, in dem er die
tägliche Arbeitszeit tatsächlich erhöht hat. Der Hilfsantrag steht damit allein im
Zusammenhang mit dem Hauptantrag zu 1., mit dem über die Erhöhung der
wöchentlichen Arbeitszeit entschieden werden soll. Ein Bezug zum Hauptantrag
zu 2., der die Jahresarbeitszeit betrifft, ist nicht gegeben.
b)
Eine Entscheidung über den Hilfsantrag ist nur dann veranlasst, wenn
der Arbeitgeber überhaupt berechtigt ist, die wöchentliche Arbeitszeit einseitig
zu erhöhen. Nur dann stellt sich die mit dem Hilfsantrag aufgeworfene Frage,
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ob sich die einseitig festgelegte wöchentliche Arbeitszeit reduziert, wenn die
einzelnen täglichen Schichten zeitlich hinter der durchschnittlichen Dauer einer
Schicht zurückbleiben. Das ist der Fall, wenn der Kläger mit dem Hauptantrag
zu 1. unterliegt.
II.
Der Hilfsantrag ist ebenfalls unzulässig. Auch er ist mit Blick auf die
zum 1. Oktober 2018 vereinbarte Vertragsänderung auf den Zeitraum vom
1. September 2014 bis zum 30. September 2018 beschränkt. Für diese allein
vergangenheitsbezogene Feststellung besteht aus denselben Gründen wie für
den Hauptantrag zu 1. kein berechtigtes Interesse des Klägers.
E.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1
ZPO.
Gallner
Pulz
Pessinger
Schurkus
Scheck
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