Urteil des BAG vom 27.03.2012

Nichtzulassungsbeschwerde - Grundsatz - Wegfall der Klärungsbedürftigkeit

BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 27.3.2012, 3 AZN
1389/11
Nichtzulassungsbeschwerde - Grundsatz - Wegfall der Klärungsbedürftigkeit
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in
dem Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 25. August 2011 -
3 Sa 614/10 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 27.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1 I. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger vom beklagten Freistaat für die Zeit ab
1. Januar 2007 die Zahlung einer die gesetzliche Rente aufstockenden Altersleistung
verlangen kann.
2 Der 1936 geborene Kläger war seit 1978 Hochschullehrer an der Universität F in Sachsen.
Bis zum 3. Oktober 1990 war er Hochschuldozent, ab November 1990 war er Prorektor der
Universität. Da der Kläger aus Altersgründen nicht in ein Beamtenverhältnis mit dem
beklagten Freistaat berufen wurde, schlossen die Parteien am 1. September/4. Oktober
1994 rückwirkend zum 3. Oktober 1993 einen privatrechtlichen Dienstvertrag. Danach
wurde der Kläger mit der Professur für Bindemittel und Baustoffe, die nach der
Besoldungsgruppe C 4 BBesO bewertet war, betraut. Nach § 4 des Dienstvertrags erhielt
er monatlich eine Vergütung in Höhe der Dienstbezüge, die ihm als Beamter der
Besoldungsgruppe C 4 BBesO zustehen würde. Die monatliche Vergütung belief sich
zuletzt auf 5.307,08 Euro brutto. Mit Ablauf des 30. September 2002 schied der Kläger aus
dem Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten aus und befindet sich seit 1. Oktober 2002 im
Ruhestand. Aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht er eine Altersrente iHv.
1.572,50 Euro.
3 Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Beklagte
verpflichtet ist, mit dem Kläger eine Vereinbarung über eine angemessene, die gesetzliche
Rente aufstockende Altersversorgung iHv. monatlich mindestens 500,00 Euro, zahlbar ab
1. Januar 2007, abzuschließen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die vom
Kläger dagegen geführte Berufung, mit der er eine Altersversorgung iHv. monatlich
mindestens 750,00 Euro begehrt hat, hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Es
hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der
Kläger mit seiner auf Divergenz, grundsätzliche Bedeutung einer
entscheidungserheblichen Rechtsfrage und eine entscheidungserhebliche Verletzung
seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.
4 II. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
5 1. Die Revision ist nicht wegen Divergenz zuzulassen.
6 a) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde eine Divergenz iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 2
ArbGG geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung nach § 72a Abs. 3 Satz 2
Nr. 2 ArbGG die Entscheidung bezeichnen, von der die anzufechtende Entscheidung
abweicht. Eine Abweichung iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG setzt
voraus, dass das Urteil des Landesarbeitsgerichts zu einer Rechtsfrage einen abstrakten
Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem abstrakten Rechtssatz abweicht, den eines der
in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG abschließend genannten Gerichte zu der gleichen Rechtsfrage
aufgestellt hat. Ein Rechtssatz ist aufgestellt, wenn das Gericht seiner Subsumtion einen
Obersatz vorangestellt hat, der über den Einzelfall hinaus für vergleichbare Sachverhalte
Geltung beansprucht (BAG 1. März 2005 - 9 AZN 29/05 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 114,
57). Der abstrakte Rechtssatz muss vom Landesarbeitsgericht nicht ausdrücklich formuliert
sein, sondern kann sich als „verdeckter Rechtssatz“ auch aus fallbezogenen
Ausführungen ergeben (BAG 18. Mai 2004 - 9 AZN 653/03 - zu II 1 b aa der Gründe mwN,
BAGE 110, 352). Sofern dies nicht offensichtlich ist, muss der Beschwerdeführer, der sich
hierauf berufen will, konkret begründen, warum den fallbezogenen Ausführungen ein
bestimmter abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt (vgl. BAG 6. Dezember 2006 - 4 AZN
529/06 - Rn. 9, AP ArbGG 1979 § 72a Divergenz Nr. 51 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 111).
Eine lediglich fehlerhafte oder den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung
nicht genügende Rechtsanwendung durch das Landesarbeitsgericht vermag eine
Divergenz nicht zu begründen (BAG 23. Juli 1996 - 1 ABN 18/96 - zu II 1 der Gründe mwN,
AP ArbGG 1979 § 72a Divergenz Nr. 33 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 76). Die
anzufechtende Entscheidung muss außerdem auf der Divergenz beruhen. Dies ist dann
der Fall, wenn das Landesarbeitsgericht bei Anwendung des Rechtssatzes aus der
angezogenen Entscheidung möglicherweise eine andere, dem Beschwerdeführer
günstigere Entscheidung getroffen hätte (BAG 23. Juli 1996 - 1 ABN 18/96 - zu II 1 der
Gründe mwN, aaO). Beruht die anzufechtende Entscheidung auf mehreren jeweils
selbstständig tragenden Begründungen, ist die Revision nur zuzulassen, wenn hinsichtlich
jeder Begründung ein Zulassungsgrund dargelegt wird und vorliegt (vgl. BAG 10. März
1999 - 4 AZN 857/98 - zu B II 2.1.2 und 2.1.3 der Gründe mwN, BAGE 91, 93).
7 b) Gemessen hieran ist die Revision nicht wegen Divergenz zuzulassen.
8 aa) Die Beschwerde macht unter Gliederungspunkt 7 (S. 12 ff. der
Beschwerdebegründung) geltend, der anzufechtenden Entscheidung seien die
Rechtssätze zu entnehmen:
-
„Die Leistungen eines beamteten und eines angestellten Hochschullehrers
sind trotz gleicher akademischer Rechte und Pflichten und identischer
Aufgaben auch dann unvergleichlich, wenn für ihre Vergütung gleichermaßen
das Bundesbesoldungsgesetz gilt.“
-
„Die Leistungen eines beamteten und eines angestellten Hochschullehrers
sind trotz gleicher akademischer/hochschulrechtlicher Rechte und Pflichten
und identischer Aufgaben unvergleichlich, so dass auch dann, wenn als
Vergütung die beamtenrechtlichen Dienstbezüge gemäß dem
Bundesbesoldungsgesetz vereinbart sind, die Regeln der Beamtenbesoldung
zur Prüfung der Angemessenheit der dem angestellten Hochschullehrer
tatsächlich gezahlten Vergütung nicht herangezogen werden können.“
9 Es ist bereits zweifelhaft, ob das Landesarbeitsgericht diese Rechtssätze in seiner
Entscheidung überhaupt aufgestellt hat. Jedenfalls weicht das Landesarbeitsgericht damit
nicht von den vom Kläger wiedergegebenen Rechtssätzen aus den angezogenen
Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 11. April 1979 (- 4 AZR 567/77 - BAGE
31, 364) und vom 19. April 2005 (- 3 AZN 39/05 -) ab. Den angezogenen Entscheidungen
entnimmt die Beschwerde die Rechtssätze:
-
„Obwohl Angestellte und Beamten dieselben Leistungen erbringen, wenn sie
dieselben Aufgaben zu erledigen haben, können Angestellte im öffentlichen
Dienst aus der Beamtenbesoldung keine Rechte herleiten, weil für ihren
Vergütungsanspruch das Bundesbesoldungsgesetz nicht gilt.“
-
„Aus dem Umstand, dass im öffentlichen Dienst Beamte und Angestellte
dieselben Aufgaben unter Einschluss hoheitlicher Aufgaben erledigen,
können Angestellte des öffentlichen Dienstes grundsätzlich keine Rechte aus
der Besoldung vergleichbarer Beamter herleiten, weil die Vergütung des
Angestellten sich nach seinem Arbeitsvertrag richtet, in dem
beamtenrechtliche Dienstbezüge nicht vereinbart sind.“
10 Das Bundesarbeitsgericht hat in den angezogenen Entscheidungen die genannten
Rechtssätze nicht aufgestellt. Die Beschwerde hat vielmehr die Rechtssätze jeweils um
die Anfügungen „weil für ihren Vergütungsanspruch das Bundesbesoldungsgesetz nicht
gilt“ bzw. „weil die Vergütung des Angestellten sich nach seinem Arbeitsvertrag richtet, in
dem beamtenrechtliche Dienstbezüge nicht vereinbart sind“ ergänzt und damit eigene
Rechtssätze gebildet.
11 bb) Entgegen der unter Gliederungspunkt 12 (S. 22 ff. der Beschwerdebegründung)
geäußerten Auffassung des Klägers liegt keine Divergenz der anzufechtenden
Entscheidung zu der angezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom
„19.03.2002 3 AZR 2201 Rn 46“ vor.
12 Die Beschwerde entnimmt der anzufechtenden Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
die Rechtssätze:
-
„Nur die einem Arbeitnehmer gezahlte Altersversorgung ist Arbeitsentgelt.“
-
„Nur die mit dem Arbeitnehmer vereinbarte betriebliche Altersversorgung ist
Arbeitsentgelt.“
-
„Versorgungsverpflichtungen können nur auf einer Versorgungszusage, nicht
aber auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen.“
13 Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht keinen dieser
Rechtssätze in der anzufechtenden Entscheidung aufgestellt und hat sie auch nicht als
sog. verdeckte Rechtssätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Das
Landesarbeitsgericht hat vielmehr auch insoweit den Dienstvertrag der Parteien und das
Schreiben des Sächsischen Staatsministers für Wissenschaft und Kunst vom
1. September 1994 ausgelegt. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Beschwerde mit
der Bezeichnung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts („19.03.2002 3 AZR 2201 Rn 46“)
die zur Begründung der Divergenz angezogene Entscheidung überhaupt eindeutig
bezeichnet hat.
14 cc) Auch die vom Kläger unter Gliederungspunkt 15 (S. 28 ff. der Beschwerdebegründung)
gebildeten Rechtssätze finden sich in der anzufechtenden Entscheidung nicht.
15 Die Beschwerde entnimmt dieser - über die in der anzufechtenden Entscheidung
enthaltenen Bezugnahme auf die arbeitsgerichtliche Entscheidung - die folgenden
Rechtssätze:
-
„Eine Entgeltdiskriminierung des Angestellten aus Altersgründen liegt nicht
vor, wenn eine einkommensangemessene Altersversorgung nur dem
Beamten zusteht, nicht aber dem Angestellten, auch wenn sich dieser in
vergleichbarer Lage befindet, weil für seine Vergütung gleichermaßen das
beamtenrechtliche Bundesbesoldungsgesetz gilt und Angestellte und Beamte
denselben Dienstherrn haben.“
-
„Eine unterschiedlich hohe Altersversorgung von Angestellten und Beamten,
die vom Dienstherrn mit der Nichtverbeamtung aus Altersgründen begründet
wird, stellt auch dann keine Entgeltdiskriminierung aus Altersgründen dar,
wenn sich Angestellte und Beamte auch hinsichtlich der für ihre Vergütung
geltenden gesetzlichen Bestimmungen in vergleichbarer Lage befinden, weil
sich ihr Anspruch auf Vergütung gleichermaßen nach dem
Bundesbesoldungsgesetz richtet und derselbe Dienstherr für die Erfüllung des
Vergütungsanspruchs zuständig ist.“
16 Diese Rechtssätze hat das Landesarbeitsgericht trotz der Bezugnahme auf das
arbeitsgerichtliche Urteil nach § 69 Abs. 2 ArbGG nicht aufgestellt. Die zutreffende
Aussage des Arbeitsgerichts, dass die fehlende beamtenmäßige Altersversorgung
Konsequenz des fehlenden Beamtenstatus ist, beinhaltet die vorgenannten Rechtssätze
gerade nicht.
17 2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung einer
entscheidungserheblichen Rechtsfrage zuzulassen.
18 a) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3
Satz 2 Nr. 1 ArbGG die grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen
Rechtsfrage geltend gemacht, muss der Beschwerdeführer dartun, dass die
anzufechtende Entscheidung von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen
Rechtsfrage abhängt und deren Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die
Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der
Allgemeinheit oder zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt (vgl. BAG
14. April 2005 - 1 AZN 840/04 - zu 2 c aa der Gründe mwN, BAGE 114, 200).
19 Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage, wenn sie in der Revisionsinstanz nach Maßgabe des
Prozessrechts beantwortet werden kann. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie
höchstrichterlich noch nicht entschieden und ihre Beantwortung nicht offenkundig ist (BAG
14. April 2005 - 1 AZN 840/04 - zu 2 c aa der Gründe mwN, BAGE 114, 200). Von
allgemeiner Bedeutung ist die Rechtsfrage, wenn sie sich in einer unbestimmten Vielzahl
weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der
einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BVerfG 4. November
2008 - 1 BvR 2587/06 - Rn. 19 mwN, NJW 2009, 572).
20 Der Beschwerdeführer muss die Rechtsfrage in der Beschwerdebegründung konkret
benennen. Unzureichend ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen
des Einzelfalls abhängt (BAG 5. November 2008 - 5 AZN 842/08 - Rn. 7 mwN, EzA ArbGG
1979 § 72a Nr. 119).
21 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Klärungsbedürftigkeit und der allgemeinen
Bedeutung der Rechtsfrage ist grundsätzlich derjenige der Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts über die Nichtzulassungsbeschwerde. Insbesondere aus Gründen
der Effektivität des Rechtsschutzes ist hiervon aber dann eine Ausnahme geboten, wenn
die Rechtsfrage erst nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das
Bundesarbeitsgericht im Sinne des Beschwerdeführers beantwortet und damit geklärt
worden ist.
22 Bei einer im Zeitpunkt ihrer Einlegung aussichtsreichen Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der Revision kann der Beschwerdeführer davon ausgehen, dass in einem
Revisionsverfahren über die im allgemeinen Interesse liegende Klärung der zur Zulassung
führenden Rechtsfragen hinaus in seinem individuellen Interesse auch eine volle
Überprüfung des Berufungsurteils auf Rechtsfehler stattfinden wird. Diese
verfahrensrechtliche Position darf dem Beschwerdeführer nicht dadurch entzogen werden,
dass durch die - vom Beschwerdeführer nicht veranlasste oder auch nur voraussehbare -
Arbeits- und Entscheidungsreihenfolge des Revisionsgerichts die klärungsbedürftige
Rechtsfrage vor der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde in einem anderen
Verfahren geklärt wird. Dies würde gegen die Erfordernisse der Rechtsmittelklarheit, der
Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns sowie der Effektivität des gerichtlichen
Rechtschutzes verstoßen. Diesen Bedenken kann dadurch Rechnung getragen werden,
dass bei einer Beschwerde, auf die im Zeitpunkt ihrer Einlegung die Revision wegen
grundsätzlicher Bedeutung hätte zugelassen werden müssen, bei der sich dieser
Zulassungsgrund aber durch eine Entscheidung des Revisionsgerichts in anderer Sache
erledigt hat, die Erfolgsaussichten einer möglichen Revision in vollem Umfang im Rahmen
der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde geprüft werden. Die Revision ist
in einem solchen Fall zuzulassen, wenn sie Aussicht auf Erfolg hat. Andernfalls ist die
Beschwerde zurückzuweisen (vgl. BVerfG 25. Juli 2005 - 1 BvR 2419/03, 1 BvR 2420/03 -
zu II 1 a der Gründe mwN, WM 2005, 2014).
23 b) Gemessen hieran ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung einer
entscheidungserheblichen Rechtsfrage zuzulassen.
24 aa) Soweit die Beschwerde eine Abweichung des anzufechtenden Urteils von der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und daraus die grundsätzliche
Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage ableiten will (vgl. zu dieser
Möglichkeit: BVerwG 22. Juni 1984 - 8 B 121/83 - Buchholz 310 VwGO § 132 Nr. 225), ist
bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde unter Gliederungspunkt 12 (S. 22 ff. der
Beschwerdebegründung) insoweit hinreichend deutlich eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung formuliert. Dies kann dahinstehen. Die Rechtsfragen, die sich
zur Auslegung des Dienstvertrages vom 1. September/4. Oktober 1994 und dem
Schreiben des Sächsischen Staatsministers für Wissenschaft und Kunst vom
1. September 1994 und der darin enthaltenen Bezugnahme auf besoldungsrechtliche
Vorschriften hinsichtlich der Vergütung des Klägers stellen, sind geklärt. Das
Bundesarbeitsgericht hat diese Rechtsfragen durch das Urteil vom 15. November 2011 (-
3 AZR 869/09 -) entschieden. Zwar ist das Urteil erst nach Einlegung der
Nichtzulassungsbeschwerde ergangen und die Nichtzulassungsbeschwerde hätte zum
Zeitpunkt ihrer Einlegung Aussicht auf Erfolg gehabt. Eine mögliche Revision des Klägers
gegen das Berufungsurteil hätte jedoch keine Aussicht auf Erfolg. Die für die
Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Fragen zur Auslegung des Dienstvertrags
vom 1. September/4. Oktober 1994 und des Schreibens des Sächsischen Staatsministers
für Wissenschaft und Kunst vom 1. September 1994 sind im Urteil des Senats vom
15. November 2011 (- 3 AZR 869/09 -) behandelt und letztlich zum Nachteil des Klägers
beantwortet. Der dem Urteil des Senats zugrunde liegende Formularvertrag des dortigen
Klägers entspricht in den maßgeblichen Passagen, insbesondere in seinem § 4, dem
Dienstvertrag des Klägers. Gleiches gilt für das Schreiben des Sächsischen
Staatsministers für Wissenschaft und Kunst vom 1. September 1994.
25 bb) Nichts anderes gilt, soweit der Kläger unter Gliederungspunkt 15 (S. 28 ff. der
Beschwerdebegründung) eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung im Hinblick auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom
17. September 2002 (- C-320/00 - Slg. 2002, I-7325) und vom 13. September 2011 (- C-
447/09 - NJW 2011, 3209) geltend macht.
26 3. Das Landesarbeitsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht in
entscheidungserheblicher Weise verletzt.
27 a) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG eine
entscheidungserhebliche Verletzung des durch Art. 103 Abs. 1 GG garantierten Anspruchs
auf rechtliches Gehör geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG
in der Beschwerdebegründung die Verletzung dieses Anspruchs und ihre
Entscheidungserheblichkeit dargelegt werden. Will der Beschwerdeführer geltend
machen, das Landesarbeitsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt,
indem es seine Ausführungen nicht berücksichtigt habe, muss er konkret dartun, welches
wesentliche Vorbringen das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung übergangen
haben soll. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht den Vortrag der
Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte müssen
nicht jedes Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich behandeln. Allein der
Umstand, dass sich die Gründe einer Entscheidung mit einem bestimmten Gesichtspunkt
nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt nicht die Annahme, das Gericht habe
diesen Gesichtspunkt bei seiner Entscheidung nicht erwogen. Vielmehr bedarf es hierzu
besonderer Umstände (vgl. BVerfG 8. Oktober 2003 - 2 BvR 949/02 - zu II 1 a der Gründe
mwN, EzA GG Art. 103 Nr. 5; BAG 22. März 2005 - 1 ABN 1/05 - zu II 3 a der Gründe mwN,
BAGE 114, 157). Regelmäßig hat der Beschwerdeführer die Entscheidungserheblichkeit
der Gehörsverletzung darzutun. Hierzu muss nachvollziehbar dargelegt werden, dass das
Landesarbeitsgericht nach seiner Argumentationslinie unter Berücksichtigung des
entsprechenden Gesichtspunkts möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 22. März
2005 - 1 ABN 1/05 - zu II 3 a der Gründe mwN, aaO).
28 b) Gemessen hieran liegt eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs des
Klägers auf rechtliches Gehör nicht vor.
29 aa) Das Landesarbeitsgericht hat den Anspruch des Klägers nicht dadurch in
entscheidungserheblicher Weise verletzt, dass es die Vergütungsabrede als „frei
vereinbart“ bezeichnet hat. Das Landesarbeitsgericht meint damit entgegen der
Auffassung des Klägers nicht, der zugrunde liegende Vertrag der Parteien sei kein
Formulararbeitsvertrag. Das Landesarbeitsgericht hat damit erkennbar gemeint, dass die
im Vertrag bestimmte Vergütung von den Parteien vereinbart und - anders als bei
Beamten - nicht von Gesetzes wegen vorgegeben war. Im Übrigen weist die Beschwerde
bereits selbst zutreffend darauf hin, dass das Landesarbeitsgericht diese Frage lediglich
im Rahmen einer Hilfserwägung angestellt hat, weshalb es an der
Entscheidungserheblichkeit fehlt (vgl. zu den Anforderungen an eine
Nichtzulassungsbeschwerde bei einer Doppelbegründung: BAG 10. März 1999 - 4 AZN
857/98 - zu B II 2.1.2 und 2.1.3 der Gründe mwN, BAGE 91, 93).
30 bb) Soweit die Beschwerde unter Gliederungspunkt 17 (S. 33 der
Beschwerdebegründung) eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör damit
begründet, das Landesarbeitsgericht habe behauptet, die Höhe der Rente sei bei
Vertragsschluss 1994 bekannt gewesen, und hätte das Landesarbeitsgericht den
unbestrittenen Vortrag des Klägers (Berufungsbegründung S. 47 - 49) berücksichtigt, so
hätte es zu einer planwidrigen Regelungslücke gelangen müssen, genügt dieses
Vorbringen den formalen Anforderungen an die Begründung einer
Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Der Kläger legt nicht dar, welchen konkreten Vortrag er
gehalten hat. Die bloße Bezugnahme auf die Berufungsbegründung genügt insoweit nicht.
Im Übrigen ist das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgegangen, dass den Parteien im
Jahr 1994 die Höhe der Rente des Klägers bekannt war. Das Landesarbeitsgericht hat
vielmehr angenommen, das Problem der Altersversorgung von Hochschuldozenten der
ehemaligen DDR, die aus Altersgründen nicht mehr in ein Beamtenverhältnis berufen
werden konnten, sei bekannt gewesen. Dies widerspricht den Ausführungen des Klägers
in der Berufungsbegründung nicht. Das Landesarbeitsgericht hat auch das Vorbringen des
Klägers auf S. 47 - 49 der Berufungsbegründung nicht übergangen. Es hat lediglich nicht
die vom Kläger gewünschten Schlüsse hieraus gezogen. Darin liegt jedoch keine
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
31 4. Von einer weiteren Begründung zum sonstigen, vom Senat geprüften Vorbringen wird
abgesehen, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen,
unter denen die Revision zuzulassen wäre (§ 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG).
32 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf
§ 63 Abs. 2 GKG.
Gräfl
Schlewing
Spinner
G. Kanzleiter
S. Hopfner