Urteil des BAG vom 28.08.2008

BAG: poker, unwirksamkeit der kündigung, vergütung, arbeitsbedingungen, betriebsrat, versetzung, rechtfertigung, grundausbildung, bindungswirkung, spielbank

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 28.8.2008, 2 AZR 967/06
Änderungskündigung - rechtskräftig verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung
Leitsätze
Hat wegen der Eingruppierung des Arbeitnehmers ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99
BetrVG stattgefunden, kann sich der Arbeitgeber im Rechtsstreit über eine Änderungskündigung nicht
auf die Maßgeblichkeit einer dem Ergebnis des durchgeführten Beschlussverfahrens widersprechenden
Eingruppierung berufen.
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen
Landesarbeitsgerichts vom 1. Juni 2006 - 9 Sa 1743/05 - wird auf Kosten der
Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.
2 Die Beklagte betreibt eine Spielbank und beschäftigt regelmäßig mehr als zwanzig Arbeitnehmer.
Es besteht ein Betriebsrat.
3 Der 1962 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem
1. August 1987 bei der Beklagten als Croupier beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand im hier
maßgeblichen Zeitraum der Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer der Gruppe A
(TG-TV), ein zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen
(HBV), Landesbezirk Hessen, Frankfurt abgeschlossener Haustarifvertrag in der seit dem
1. Januar 2000 geltenden Fassung Anwendung.
4 Im Mai 2002 absolvierte der Kläger einen Poker-Lehrgang. Ab 1. Juli 2002 wurde er in die
Croupierstufe II TG-TV übernommen. Mit Schreiben vom 2. Juli 2003 beförderte ihn die Beklagte
rückwirkend ab dem 1. Juli 2003 in die Croupierstufe I TG-TV, wonach der Kläger zuletzt ein
monatliches Bruttogehalt von ca. 5.000,00 Euro erzielte.
5 Die diesen Maßnahmen zugrunde liegenden Regelungen der §§ 5 und 6 TG-TV lauten
auszugsweise wie folgt:
§ 5 Stellenbeschreibung und Stellenbegrenzung
Die nachfolgend beschriebenen Tätigkeiten sind in der Regel in den Räumlichkeiten der
Spielbank auszuüben. ...
Die nachfolgenden Tätigkeitsbeschreibungen sind nicht abschließend, sondern zeigen
lediglich die Hauptaufgaben der jeweiligen Position.
...
I. Spieltechnisches Personal
...
7.
Croupier I + II:
Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse
eingesetzt werden.
8.
Croupier III - X:
vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.
...
§ 6 Beförderungsrhythmus und -voraussetzungen
1. Grundvoraussetzung für eine Beförderung ist neben einer freien Planstelle nach § 5 die
positive Beurteilung der Mitarbeiterleistung und/oder die Eignung im Hinblick auf die zu
besetzende Position. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können spieltechnische
Mitarbeiter bis zum Erreichen der Croupierstufe I und Kassierer-Anfänger bis zum
Erreichen der Kassierer-Anfängerstufe I in der Regel nach einem Jahr in die
nächsthöhere Besoldungsstufe gemäß § 7 befördert werden, … .
2. In die Croupierstufe X kann nur übernommen werden, wer am Kessel des
französischen Roulettes und am Black Jack einsetzbar ist, in die Croupierstufe V nur,
wer darüberhinaus auch am American Roulette einsetzbar ist, in die Croupierstufe II
nur, wer in allen angebotenen Spielen erfolgreich an einer Grundausbildung
teilgenommen hat.“
6 § 7 TG-TV ordnet den in § 5 I TG-TV beschriebenen Positionen eine unterschiedlich hohe
Punktzahl zu. Diese bestimmt darüber, mit welchem Anteil die Mitarbeiter der Spielbank an der
Verteilung des Troncaufkommens beteiligt sind.
7 Die §§ 5 und 6 TG-TV waren seit dem Jahr 1992 mehrfach geändert worden. § 6 TG-TV idF vom
6. Juli 1992 lautete auszugsweise wie folgt:
§ 6 Beförderungsrhythmus und -voraussetzungen
1. Grundvoraussetzung für eine Beförderung ist neben einer freien Planstelle nach § 5 die
positive Beurteilung der Mitarbeiterleistung und/oder die Eignung im Hinblick auf die zu
besetzende Position. …
2. In die Croupierstufe X kann nur übernommen werden, wer am Kessel des
französischen Roulettes und am Black Jack einsetzbar ist, in die Croupierstufe V nur,
wer darüber hinaus auch am American Roulette einsetzbar ist.
3. Spieltechniker innerhalb der Stufen Croupier V bis Souschef, die bei Inkrafttreten dieses
Tarifvertrages nicht in allen angebotenen Spielen einsetzbar sind, behalten ihre
Eingruppierung/Anteile und ihre Position, wenn sie bis zum 30.6.1993 die erforderlichen
Qualifikationen nachgewiesen haben, andernfalls werden sie um einen Anteil
zurückgestuft und behalten die dann erreichte Croupierstufe.
...“
8 Wegen aufgetretener Differenzen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat über den Einsatz
von Mitarbeitern beim neu eingeführten Poker-Spiel verständigten sich die Betriebsparteien in einer
Einigungsstellensitzung vom 9. März 1995 auf eine Auslegung des § 6 Nr. 1 TG-TV dahingehend,
„dass die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position auch dann als erfüllt gilt, wenn der
Mitarbeiter hinsichtlich des ua. angebotenen Spiels Poker die Grundausbildung erfolgreich
absolviert hat, ohne dass er im Sinn des § 5 Ziff. 7 beim Poker auch praktisch eingesetzt worden
ist bzw. wird“. Der Tarifvertrag sollte eine entsprechende Änderung erfahren.
9 Gemäß einer Tarifvereinbarung vom 30. Mai 1995 wurde sodann § 5 I Nr. 7 TG-TV mit Wirkung
zum 1. Juni 1995 wie folgt gefasst:
„7. Croupier I + II: Hat in allen angebotenen Spielen erfolgreich an einer Grundausbildung
teilgenommen, arbeitet am Spieltisch und kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei
entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.“
10 Am 11. April 1996 erfolgte eine erneute Überarbeitung des Tarifvertrags. § 6 Nr. 3 TG-TV wurde
ersatzlos gestrichen. §§ 5 I Nr. 7 sowie § 6 Nr. 2 TG-TV wurden neu gefasst und entsprachen
seitdem wörtlich den ab 1. Januar 2000 geltenden Regelungen.
11 Am 26. August 2003 legte der Kläger, der bereits zuvor mehrere Monate auf eigenen Wunsch
wegen gesundheitlicher Probleme zur Schonung nicht am Pokertisch eingesetzt worden war, eine
fachärztliche Bescheinigung vor, in der es ua. heißt:
„Nach Kontrolluntersuchung am 21.08.03 ist festzustellen, dass bezgl. der beruflichen
Belastungen und nach fachorthopädischen Behandlungsmaßnahmen dringend darauf
hinzuweisen ist, dass Herr A. Vorbeuge- und Rotationspositionen für die Gesamtwirbelsäule
während seiner vornehmlich
sitzenden Tätigkeiten insbesondere am Pokertisch
zu vermeiden hat. Beschwerde- und insbesondere Behandlungsanfälligkeit ist
möglicherweise unumgänglich.
…“
12 Hierauf beantragte die Beklagte am 15. September 2003 beim Betriebsrat die Zustimmung zur
Versetzung des Klägers in den Tätigkeitsbereich der Croupierstufe III TG-TV und zur
Umgruppierung in die Tarifstufe Croupier III TG-TV. Nachdem der Betriebsrat dies verweigerte,
beantragte sie beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu den
beabsichtigten personellen Maßnahmen.
13 Nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten vorsorglichen
Änderungskündigung kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 das
Arbeitsverhältnis wie folgt:
„Sehr geehrter Herr A,
aus den Ihnen bekannten Gründen sind wir gezwungen, das mit Ihnen bestehende
Arbeitsverhältnis vorsorglich für den Fall, dass die geplanten Maßnahmen - Versetzung in
eine Tätigkeit gem. Tarifstufe Croupier III und Umgruppierung in die Tarifstufe Croupier III -
nicht durch das Direktionsrecht gedeckt sein sollten, fristgemäß zum 30.06.2004 zu
kündigen.
Wir bieten Ihnen gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.07.2004 unter
nachstehender Änderung der Arbeitsbedingungen fortzusetzen:
-
Tätigkeit gemäß dem Aufgabengebiet der Tarifstufe Croupier III (kein Einsatz am
Pokertisch)
-
Vergütung gemäß der Tarifstufe Croupier III mit 15 Anteilen pro Monat
-
ansonsten unverändert.
…“
14 Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung an.
Am Montag, dem 12. Januar 2004, erhob er Änderungsschutzklage.
15 Im Verlauf des Kündigungsrechtsstreits hat das Hessische Landesarbeitsgericht (18. Kammer)
durch - rechtskräftigen - Beschluss vom 26. April 2005 (18/4 TaBV 89/04) die Anträge der
Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Versetzung und
Umgruppierung abgewiesen. Dies hat es ua. damit begründet, für die Tätigkeit als Croupier in der
Croupierstufe I TG-TV komme es auf einen Einsatz oder die Einsetzbarkeit am Pokertisch nicht
an. Hinsichtlich des Poker-Spiels sei vielmehr ausreichend, dass der Croupier erfolgreich an einer
Grundausbildung teilgenommen habe. Dies folge sowohl aus dem Wortlaut des § 6 Nr. 2 TG-TV
wie auch aus der Tarifgeschichte. Die Eingruppierung richte sich auch in der Praxis nicht danach,
ob die Croupiers tatsächlich beim Poker eingesetzt werden. So würden von den 68 Croupiers der
Croupierstufe I TG-TV regelmäßig nur 20 beim Poker eingesetzt. Da weiterhin die
Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Croupierstufe I TG-TV erfüllt seien, könne eine
Rückgruppierung nicht auf die fehlende Einsetzbarkeit des Arbeitnehmers beim Spiel Poker
gestützt werden.
16 Der Kläger hat zur Begründung seiner Änderungsschutzklage zuletzt vor allem geltend gemacht,
aufgrund der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Beschlussverfahren sei die
kollektivrechtliche Seite des Kündigungsvorgangs geklärt und es könne keinerlei Wirksamkeit der
Kündigung im einzelvertraglichen Bereich mehr geben.
17 Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 mit
Wirkung zum 1. Juli 2004 gewünschten Änderungen der Arbeitsbedingungen sozial
ungerechtfertigt sind sowie das Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2004 hinaus unverändert
fortbesteht.
18 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
19 Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger erfülle infolge seiner gesundheitlichen
Beeinträchtigungen nicht mehr die Voraussetzungen der Croupierstufen I und II TG-TV. Die
gegenteilige Auffassung des Hessischen Landesarbeitsgerichts im Beschlussverfahren sei
rechtsfehlerhaft. Zwar sei für eine Einstufung in die Croupierstufen I und II TG-TV nicht
erforderlich, dass der Arbeitnehmer im Bereich Poker tatsächlich eingesetzt werde. Hierauf hätten
die Tarifvertragsparteien im Jahr 1995 ausdrücklich im Sinne einer Sonderregelung, die auch den
Bestandsschutz der Arbeitnehmer berücksichtige, verzichtet. Die Tarifregelungen könnten
allerdings keinesfalls so verstanden werden, dass es selbst auf eine Einsatzfähigkeit nicht
ankomme. Hierfür hätte es, insbesondere unter Berücksichtigung der besonderen Art der
Vergütung der Mitarbeiter über das Troncsystem, die es grundsätzlich verbiete, dass einzelne
Mitarbeiter aus dem Tronc auch ohne eine ihrem Anteil entsprechende Leistung eine Vergütung
bezögen, einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Wegen der eingetretenen Störung des
Synallagma sei die Änderungskündigung gerechtfertigt.
20 Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die
Änderungskündigung der Beklagten vom 19. Dezember 2003 sozial ungerechtfertigt ist. Das
Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom
Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag
weiter.
Entscheidungsgründe
21 Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
22 A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Grundsätzlich sei die personenbedingte Änderungskündigung gerechtfertigt. Entgegen der
Auffassung der anderen Kammer des Landesarbeitsgerichts im Beschlussverfahren sei
Voraussetzung für die Eingruppierung und Vergütung nach den Croupierstufen I und II TG-TV,
dass der Croupier bei allen am Spieltisch angebotenen Spielen auch tatsächlich eingesetzt werden
könne. Der Arbeitgeber zahle dem Arbeitnehmer die höhere Vergütung nach diesen
Croupierstufen dafür, dass ihm der Arbeitnehmer für den Einsatz am Spieltisch bei allen
angebotenen Spielen zur Verfügung stehe und der Arbeitgeber aufgrund des Direktionsrechts
jederzeit in der Lage sei, eine andere Tischbesetzung vorzunehmen. Dies folge aus der Auslegung
der §§ 5 und 6 TG-TV. Diesen tariflichen Anforderungen werde der Kläger nicht mehr gerecht, weil
er aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer nicht mehr am Spieltisch bei allen angebotenen
Spielen einsetzbar sei und damit seine vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr erbringen
könne. Gleichwohl sei die Änderungskündigung, die ua. auf eine Versetzung iSv. § 95 Abs. 3, § 99
BetrVG ziele, unwirksam. Aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung im
Zustimmungsersetzungsverfahren stehe fest, dass der Arbeitnehmer wegen Verstoßes gegen
§ 99 BetrVG, § 134 BGB auf Dauer gemäß § 275 Abs. 1 BGB nicht verpflichtet sei, seine
Arbeitsleistung nach den neuen, mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsbedingungen zu
erbringen. Die Änderungskündigung sei damit auf eine Vertragsänderung gerichtet, die eine
rechtskräftig festgestellte unmögliche Leistung zum Gegenstand habe. Daraus resultiere die
Unwirksamkeit der Kündigung. Die gegenteilige Auffassung des Bundesarbeitsgerichts
berücksichtige nicht ausreichend, dass der alte Arbeitsvertrag nach einer Änderungskündigung
nicht mehr bestehe. Sie sei, was die Aufrechterhaltung der Berechtigung und Verpflichtung des
Arbeitnehmers anbelange, zu den ursprünglichen Vertragsbedingungen zu arbeiten, auch nicht
konsequent.
23 B. Diesen Ausführungen folgt der Senat zwar nicht in allen Teilen der Begründung, aber doch im
Ergebnis.
24 I. Es handelt sich ausschließlich um eine Änderungsschutzklage iSv. § 4 Satz 2 KSchG in der hier
maßgeblichen, seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung. Dies hatte der Kläger bereits durch
den in erster Instanz protokollierten Klageantrag „festzustellen, dass die Änderung der
Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 19. Dezember 2003 sozial
ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist“ hinreichend klargestellt. Dem
darüber hinaus im Klageantrag enthaltenen Zusatz „über den 30. Juni 2004 hinaus unverändert
fortbesteht“ haben die Vorinstanzen zu Recht keine prozessual eigenständige Bedeutung
beigemessen.
25 II. Die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers ist sozial ungerechtfertigt iSv. § 2 Satz 1
iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 KSchG. Die dem Kläger mit der Änderungskündigung angebotene
Vertragsänderung ist trotz seiner mangelnden Einsetzbarkeit beim Poker-Spiel nicht geboten.
26 1. Es liegt kein Fall einer sogenannten „überflüssigen“ Änderungskündigung vor. Die Beklagte hat
den Kläger zunächst auf der Grundlage der Beförderungsregelungen des § 6 TG-TV in die
„Position“ des Croupiers nach der Croupierstufe II TG-TV „übernommen“ und ihn ab 1. Juli 2003 in
die Croupierstufe I TG-TV eingruppiert. Damit wurde, wovon ersichtlich auch das
Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, die vom Kläger vertraglich geschuldete Tätigkeit durch die
in § 5 I Nr. 7 TG-TV festgelegten Tätigkeitsmerkmale einschließlich der dort genannten
Vertretungsbefugnisse und -pflichten bestimmt. Die diesbezüglichen Ausführungen des
Landesarbeitsgerichts werden von der Revision nicht angegriffen. Sie lassen angesichts der in § 6
TG-TV bestimmten Beförderungsvoraussetzungen auch keinen Rechtsfehler erkennen. Hiervon
ausgehend war es der Beklagten - unabhängig von den rechtlichen Voraussetzungen im Übrigen -
jedenfalls verwehrt, dem Kläger eine Tätigkeit nach der Croupierstufe III TG-TV bei
entsprechender Änderung der Vergütung mittels Direktionsrechts zuzuweisen (vgl. BAG
15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - BAGE 117, 104, 110; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - AP BGB
§ 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14; APS/Künzl 3. Aufl. § 2
KSchG Rn. 53 mwN) .
27 2. Bei der Frage der sozialen Rechtfertigung iSd. § 2 Satz 1 KSchG und § 1 Abs. 2 KSchG handelt
es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur
dahin überprüft werden kann, ob das Landesarbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil die
Rechtsbegriffe selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die
Rechtsnormen der §§ 2, 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob
es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein
Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in
sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt etwa Senat 29. November 2007 - 2 AZR 388/06 - AP
KSchG 1969 § 2 Nr. 136 = EzA KSchG § 2 Nr. 69; 18. Januar 2007 - 2 AZR 759/05 - EEK 3293) .
28 3. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung jedenfalls im
Ergebnis stand.
29 a) Bei einer Änderungskündigung müssen Kündigungsgründe iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3
KSchG das Änderungsangebot des Arbeitgebers bedingen. Außerdem muss sich der Arbeitgeber
darauf beschränken, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise
hinnehmen muss (Senat 3. Juli 2003 - 2 AZR 617/02 - BAGE 107, 56, 59; 24. April 1997 - 2 AZR
352/96 - BAGE 85, 358, 361 f.; 21. Januar 1993 - 2 AZR 330/92 - AP MitbestG Schleswig-Holstein
§ 52 Nr. 1 = EzA KSchG § 2 Nr. 18; KR/Rost 8. Aufl. § 2 KSchG Rn. 97 ff.; v. Hoyningen-
Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 2 Rn. 128 ff.) .
30 Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach
dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln (Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - EzA
KSchG § 2 Nr. 66; 2. März 2006 - 2 AZR 64/05 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 84 = EzA KSchG § 2
Nr. 58; 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - BAGE 115, 149) . Die Änderungen müssen geeignet und
erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten
anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen (vgl. Senat
29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - aaO; 3. Juli 2003 - 2 AZR 617/02 - BAGE 107, 56; KR/Rost 8. Aufl.
§ 2 KSchG Rn. 106a; HaKo/Pfeiffer 3. Aufl. § 2 KSchG Rn. 39; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG
14. Aufl. § 2 Rn. 84) . Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung, dh. die angebotenen
Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als
zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (Senat 2. März 2006 - 2 AZR 64/05 - aaO;
23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - aaO). Wenn durch das Änderungsangebot neben der Tätigkeit
(Arbeitsleistungspflicht) auch die Gegenleistung (Vergütung) geändert werden soll, sind beide
Elemente des Änderungsangebots am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen (Senat
29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - aaO).
31 b) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen auf
Dauer nicht mehr am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen eingesetzt werden kann. An diese
Feststellung ist der Senat gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Der Kläger hat dagegen keine
Rügen erhoben.
32 c) Der hierauf gestützten Annahme des Landesarbeitsgerichts, damit liege ein personenbedingter
Grund zur Kündigung vor, der die Zuweisung einer Tätigkeit als Croupier III und eine
entsprechende tarifvertragliche Rückgruppierung rechtfertige, vermag sich der Senat indes nicht
anzuschließen. Die mit dem Ziel einer Versetzung und Umgruppierung des Klägers erklärte
Änderungskündigung ist unverhältnismäßig, weil ungeachtet der fehlenden Einsetzbarkeit des
Klägers am Pokertisch für seine Vergütung weiterhin die Croupierstufe I TG-TV maßgeblich ist.
Dies folgt aus der rechtskräftigen Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts in dem
bereits durchgeführten Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG. Die Beklagte ist an das Ergebnis des
von ihr angestrengten Zustimmungsersetzungsverfahrens gebunden. Es war ihr damit gegenüber
dem Kläger verwehrt, sich zur Rechtfertigung der Kündigung auf die Maßgeblichkeit der
Croupierstufe III TG-TV zu berufen.
33 aa) Zwar bildet - worauf die Beklagte im Ausgangspunkt zutreffend hingewiesen hat - bei
beabsichtigter Umgruppierung die Zustimmung des Betriebsrats als solche keine
Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung (vgl. Senat 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 -
BAGE 74, 291, 306) . Der Arbeitgeber übt insoweit kein Gestaltungsrecht aus. Die Eingruppierung
folgt ohne Weiteres der ausgeübten Tätigkeit. Dem Betriebsrat kommt im Rahmen des § 99
BetrVG kein Mitgestaltungsrecht, sondern nur ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer
Richtigkeitskontrolle zu (vgl. BAG 28. Juni 2006 - 10 ABR 42/05 - BAGE 118, 353, 356 f.;
30. Oktober 2003 - 8 ABR 47/02 -; Fitting BetrVG 24. Aufl. § 99 Rn. 96) . Die Wirksamkeit einer
Änderungskündigung, mit der eine Änderung der tariflichen Eingruppierung bewirkt werden soll, ist
damit nicht von der Zustimmung des Betriebsrats als solche abhängig (vgl. Senat 30. September
1993 - 2 AZR 283/93 - aaO; KR/Rost 8. Aufl. § 2 KSchG Rn. 142; v. Hoyningen-Huene/Linck
KSchG 14. Aufl. § 2 Rn. 198; AnwK-ArbR/Schmitz-Scholemann/Brune § 2 KSchG Rn. 130).
34 bb) Damit ist allerdings noch nicht die Frage beantwortet, welche Wirkungen sich aus einem
rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nach § 99 BetrVG ergeben, mit dem der Arbeitgeber ua.
die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Arbeitnehmers begehrt hat.
35 (1) Auch für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Eingruppierung ist anerkannt, dass
gerichtliche Entscheidungen im Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht ohne Auswirkung auf
das Individualrechtsverhältnis bleiben. Haben Arbeitgeber und Betriebsrat unterschiedliche
Auffassungen über die zutreffende Eingruppierung, ist die gerichtliche Klärung nach § 99 BetrVG
gesetzlich vorgeschrieben. Einer danach erzwungenen Eingruppierung kommt ungeachtet des
besonderen Charakters des Mitbestimmungsrechts als Mitbeurteilungsrecht nicht nur die
Bedeutung einer unverbindlichen Meinungsäußerung zu. Zum Wesen einer Gerichtsentscheidung,
mit der ein Verfahren beendet wird, gehört ihre Verbindlichkeit für die Verfahrensbeteiligten (BAG
3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - BAGE 77, 1, 10).
36 (2) Daraus folgt, dass jedenfalls dann, wenn ein Zustimmungsersetzungsverfahren stattgefunden
hat, eine gerichtlich als zutreffend festgestellte Eingruppierung für den Arbeitgeber im Verhältnis zu
dem betroffenen Arbeitnehmer verbindlich ist. Eine begrenzte Bindungswirkung besteht aber auch
insoweit, als der Arbeitgeber mit seinem Zustimmungsersetzungsantrag erfolglos geblieben ist.
Auch für diesen Fall gilt, dass sich der Arbeitgeber im Verhältnis zum Arbeitnehmer nicht mehr auf
die Maßgeblichkeit der von ihm für zutreffend erachteten Entgeltgruppe berufen kann. Dies
bedeutet weiter, dass sich der Arbeitnehmer im Individualrechtsstreit unmittelbar darauf berufen
kann, die vom Arbeitgeber vorgesehene, aber vom Betriebsrat abgelehnte Einstufung sei fehlerhaft
(vgl. BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - BAGE 77, 1, 10; ErfK/Kania 8. Aufl. § 99 BetrVG Rn. 47;
Richardi/Thüsing BetrVG 11. Aufl. § 99 Rn. 303; Busemann NZA 1996, 681, 684).
37 (3) Die begrenzte präjudizielle Wirkung der Entscheidung im Beschlussverfahren erfasst nicht nur
einen möglichen Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers. Wird die Zustimmung des Betriebsrats im
Verfahren nach § 99 BetrVG nicht ersetzt, weil eine andere als die dem Arbeitnehmer mit der
Änderungskündigung angebotene Vergütungsgruppe zutreffend ist, ist der Arbeitgeber hieran auch
im Kündigungsrechtsstreit gebunden. Er kann sich weder unmittelbar zur Rechtfertigung der mit
dem Ziel einer Umgruppierung erklärten Änderungskündigung auf die Maßgeblichkeit einer dem
Ergebnis des Beschlussverfahrens widersprechenden Eingruppierung berufen, noch entspricht ein
der Entscheidung des Beschlussverfahrens entgegenstehendes Vertragsänderungsangebot dem
Gebot der Verhältnismäßigkeit. Die Änderungskündigung ist in einem solchen Fall sozial
ungerechtfertigt (vgl. APS/Künzl 3. Aufl. § 2 KSchG Rn. 160; AnwK-ArbR/Schmitz-
Scholemann/Brune § 2 KSchG Rn. 130).
38 (4) Mit der Anerkennung einer partiellen Bindungswirkung für das Kündigungsschutzverfahren
setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu der angeführten Entscheidung vom 30. September
1993 (- 2 AZR 283/93 - BAGE 74, 291, 307). Es geht im Fall des rechtskräftig durchgeführten
Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht darum, der Kündigung die soziale Rechtfertigung bereits
wegen der fehlenden Zustimmung des Betriebsrats als solche abzusprechen. Entscheidend ist
vielmehr, ob eine vom Arbeitgeber seinem Kündigungsentschluss zugrunde gelegte rechtliche
Bewertung hinsichtlich der zutreffenden Eingruppierung des Arbeitnehmers, die einen Akt der
Rechtsanwendung darstellt und von Anfang an nur richtig oder falsch sein konnte, auch dann noch
einer weiteren rechtlichen Überprüfung im Individualrechtsstreit zugänglich ist, wenn das Gegenteil
bereits in einem zu diesem Zweck durchgeführten Beschlussverfahren festgestellt ist. Dies ist aus
den bereits genannten Gründen jedenfalls dann zu verneinen, wenn die zutreffende Eingruppierung
des Arbeitnehmers im Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG Gegenstand einer sachlichen Prüfung
war und zu tatsächlichen Feststellungen des Gerichts im Hinblick auf das Eingreifen einer anderen
als der vom Arbeitgeber für maßgeblich erachteten Vergütungsgruppe geführt hat (vgl. Busemann
NZA 1996, 681).
39 cc) Die Voraussetzungen für eine derartige partielle Bindungswirkung des durchgeführten
Zustimmungsersetzungsverfahrens liegen hier vor.
40 Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag der Beklagten auf Ersetzung der Zustimmung des
Betriebsrats zur Eingruppierung in die Croupierstufe III TG-TV deshalb zurückgewiesen, weil die
Eingruppierung in die Croupierstufe I und II TG-TV nicht von der Einsetzbarkeit des Croupiers
beim Poker abhängig sei und der Kläger, unter Beachtung der von ihm erworbenen
Grundausbildung im Bereich des Poker-Spiels, weiterhin die Tätigkeitsmerkmale der bisherigen
Croupierstufe erfülle.
41 Die Beklagte macht demgegenüber im Kündigungsrechtsstreit lediglich geltend, die vom
Landesarbeitsgericht im rechtskräftig erledigten Beschlussverfahren vorgenommene
Tarifvertragsauslegung sei unzutreffend. Damit kann sie aus den angeführten Gründen nicht
durchdringen. Ob der Arbeitgeber die zu seinen Lasten bestehende Bindungswirkung des
Zustimmungsersetzungsverfahrens im Individualrechtsstreit dadurch entkräften kann, dass er
vorträgt, die Entscheidung im Beschlussverfahren beruhe auf einer unvollständigen oder
fehlerhaften Tatsachengrundlage, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Einen solchen
Sachverhalt hat die Beklagte zu keiner Zeit geltend gemacht. Grundlage der Entscheidung im
Beschlussverfahren bildeten die von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit angeführten
Tarifregelungen.
42 dd) Hiervon ausgehend konnte sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung nach
rechtskräftigem Abschluss des Beschlussverfahrens und dem für sie nachteiligen
Verfahrensausgang nicht weiter darauf berufen, der Kläger erfülle aufgrund seiner mangelnden
Einsatzfähigkeit beim Poker-Spiel nicht mehr die Tätigkeitsmerkmale der Croupierstufen I und II
TG-TV. Die von ihr angeführte Störung des Synallagma liegt damit nicht vor. Die Änderung der
Arbeitsbedingungen mit dem Ziel der Zuweisung einer den Merkmalen der Croupierstufe III TG-TV
entsprechenden Tätigkeit und demgemäßer Vergütung war aufgrund der eingeschränkten
Einsetzbarkeit des Klägers nicht geboten und damit sozial ungerechtfertigt.
43 4. Es kommt damit nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob das Landesarbeitsgericht die
Auswirkungen einer rechtskräftigen Abweisung des Antrags des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 4
BetrVG hinsichtlich der beabsichtigten Versetzung zutreffend bewertet hat.
44 C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Rost
Eylert
Berger
Jan Eulen
Niebler