Urteil des BAG vom 22.07.2010

Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 22.7.2010, 6 AZR 170/08
Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen
Tenor
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen
Landesarbeitsgerichts vom 19. Oktober 2007 - 3 Sa 912/07 - im
Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als es die Klageabweisung in Höhe
von 1.014,39 Euro (Reduzierung des Monatslohns für Oktober 2005 bis Juni
2006) nebst Zinsen bestätigt hat.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am
Main vom 18. Dezember 2006 - 15/22 Ca 4729/06 - teilweise abgeändert und
wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.586,40 Euro brutto zuzüglich
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je
558,64 Euro seit dem 1. Februar 2006, 1. März 2006, 1. April 2006, 1. Mai 2006,
1. Juni 2006, 1. Juli 2006, 1. August 2006, 1. September 2006, 1. Oktober 2006
und 1. November 2006 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 1.014,39 Euro brutto
(Reduzierung des Monatslohns) zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 112,71 Euro brutto seit dem
1. November 2005, 1. Dezember 2005, 1. Januar 2006, 1. Februar 2006,
1. März 2006, 1. April 2006, 1. Mai 2006, 1. Juni 2006 und 1. Juli 2006 zu
zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
IV. Die Klägerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu 55 %, die
Beklagte trägt sie zu 45 %. Von den Kosten der zweiten Instanz haben die
Klägerin 86 % und die Beklagte 14 % zu tragen. Der Klägerin werden die Kosten
der Revision zu 73 % auferlegt, der Beklagten zu 27 %.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten noch darüber, ob aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf
ihr Arbeitsverhältnis Änderungen der für das Diakonische Werk in Hessen und Nassau(DWHN)
geltenden Arbeitsvertragsregelungen, die die Arbeitsrechtliche Kommission der Evangelischen
Kirche und des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau (Arbeitsrechtliche Kommission) im
Jahr 2005 beschlossen hat, Anwendung finden. In diesem Zusammenhang begehrt die Klägerin
konkret die Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes und einer höheren Sonderzuwendung für
2005. Ferner wendet sie sich gegen die Entgeltreduzierung durch die Überleitung in ein neues
Vergütungssystem.
2 Die 1945 geborene Klägerin war seit 1991 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt.
Am 5. August 1992 vereinbarten die Arbeitsvertragsparteien eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag
vom 24. Mai 1991. In § 2 dieses Ergänzungsvertrags heißt es:
„(1) Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den jeweiligen, für Angestellte geltenden
Bestimmungen des Dienstvertragsrechts des Diakonischen Werkes in Hessen und
Nassau (DVR/DWHN). Hierbei handelt es sich insbesondere um den
Bundesangestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 und diesen ändernde,
ergänzende oder ersetzende Tarifverträge in der Fassung der Arbeitsvertragsordnung
für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen
und Nassau (BAT/DW). …
...“
3 Art. 71 der Kirchenordnung der zuständigen evangelischen Kirche für Hessen und Nassau
(EKHN) regelt:
„(1) Die Arbeitsverhältnisse der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der
Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau können im Rahmen des kirchlichen
Auftrages unter partnerschaftlicher paritätischer Beteiligung von Vertreterinnen und
Vertretern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst verbindlich für alle
Anstellungsträger geregelt werden.
(2) Das nähere bestimmt ein Kirchengesetz, dem mehr als die Hälfte der gewählten und
berufenen Mitglieder der Kirchensynode zustimmen muss.“
4 Auf dieser Grundlage beschloss die EKHN am 29. November 1979 das Kirchengesetz über das
Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechts-
Regelungsgesetz - ARRG). § 4 ARRG lautet:
„(1) Die durch die Arbeitsrechtliche Kommission oder den Schlichtungsausschuß nach
Maßgabe dieses Kirchengesetzes beschlossenen arbeitsrechtlichen Regelungen sind für
alle Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich dieses Kirchengesetzes verbindlich.
(2) Es dürfen nur Arbeitsverträge geschlossen werden, die den in Absatz 1 genannten
Regelungen entsprechen.“
5 § 1 Abs. 1 der von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsordnung für
Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau
vom 25. September 1980(Ang-AVO/DWHN 1980) regelte, dass auf die Arbeitsverhältnisse der im
kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN als Angestellte beschäftigten Mitarbeiter der Bundes-
Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 sowie die für BAT-Angestellte zusätzlich
abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Tarifverträge in der für das Land Hessen jeweils
geltenden Fassung Anwendung fanden, soweit in Abschnitt II durch die zuständigen Gremien des
DWHN nichts anderes bestimmt war. Für die Arbeiter galt die Arbeitsvertragsordnung für Arbeiter
im kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN (Arbeitervertragsordnung - ArbVO/DWHN) vom
15. Dezember 1982. Gemäß § 1 Abs. 1 ArbVO/DWHN fanden auf die als Arbeiter beschäftigten
Mitarbeiter der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe
(BMT-G II) vom 31. Januar 1962 sowie die für Arbeiter zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge
in der für das Land Hessen am 30. Juni 2004 geltenden Fassung Anwendung, soweit im
Folgenden nichts anderes bestimmt war.
6 Im Jahr 1999 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege des Betriebsübergangs auf das
St. M Krankenhaus über. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin als Köchin und stellvertretende
Küchenleiterin beschäftigt und erhielt eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vc BAT idF der
Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN (BAT/DW).
Seit dem Betriebsübergang wurde sie mit ihrem Einverständnis als Küchenhilfe eingesetzt. Mit
dieser Tätigkeit war sie nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in die Lohngruppe 1
des Hessischen Lohntarifvertrags (HLT) eingruppiert. Die Parteien vereinbarten mündlich eine
Vergütung nach der Lohngruppe 3 HLT. Dies bestätigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten der
Klägerin mit Schreiben vom 22. Juli 2002 wie folgt:
„Gewährung einer außertariflichen Zulage
Sehr geehrte Frau L,
wie in einem persönlichen Gespräch mit Frau La bereits erläutert, werden Sie ab
01. Oktober 2002 nach BMTG II / HLT, Lohngruppe 3 vergütet.
Sie erhalten ab 01. Oktober 2002 eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages von
Vergütungsgruppe V c B/L zur Vergütungsgruppe BMTG II / HLT, Lohngruppe 3.
Diese Zulage vermindert sich bei jeder Erhöhung ihrer Vergütung um 50 % des
entsprechenden Erhöhungsbetrages (z.B. Tariferhöhung).
Des weiteren wird vereinbart, dass Sie mit Vollendung des 60. Lebensjahres ausscheiden
und Rente beantragen werden.
…“
7 In der Folgezeit erhielt die Klägerin stets eine Vergütung nach der Lohngruppe 3 BMT-G II
zuzüglich einer abschmelzenden Zulage, die zuletzt 558,64 Euro brutto monatlich betrug.
8 Zum 1. Januar 2004 ging das Arbeitsverhältnis durch einen weiteren Betriebsübergang auf die
Beklagte über. Diese ist eine kirchlich-diakonische Einrichtung und Mitglied des DWHN.
9 Bis 2004 erhielt die Klägerin ein Urlaubsgeld. Rechtsgrundlage dafür war der Verweis in § 1 Abs. 1
Ang-AVO/DWHN auf den Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte bzw. in § 1
ArbVO/DWHN auf den Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Arbeiter, jeweils vom 16. März 1977.
Am 17. Mai 2005 fasste die Arbeitsrechtliche Kommission den Beschluss über eine
Arbeitsrechtsregelung zum Wegfall des Urlaubsgeldes 2005 (ABl. EKHN 2005 S. 195). Danach
wurde in die Ang-AVO/DWHN folgender § 31 eingefügt:
„Zum Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte
Der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 findet keine
Anwendung. Urlaubsgeld wird nicht gezahlt.“
10 In die ArbVO/DWHN wurde ein entsprechender § 11c eingefügt.
11 Die Klägerin erhielt daraufhin für das Jahr 2005 kein Urlaubsgeld. Mit ihrer Klage begehrt sie
dieses Urlaubsgeld zuletzt in einer Höhe von 284,86 Euro brutto.
12 Mit Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 20. Juli 2005 wurden die materiellen
Arbeitsbedingungen aller Arbeitnehmer sowohl der Evangelischen Kirche Hessen und
Nassau(EKHN) als auch des DWHN im Rahmen einer „Arbeitsrechtsregelung zur Einführung der
Kirchlich-Diakonischen Arbeitsvertragsordnung“ (ARR 2005 [ABl. EKHN 2005 S. 262]) mit
Wirkung zum 1. Oktober 2005 neu geregelt. Ziel dieses Regelwerks war die Sicherung der
Wettbewerbsfähigkeit am Markt der Wohlfahrtspflege und der Arbeitsplätze, die Schaffung eines
einheitlichen Tarifrechts für Arbeiter und Angestellte und die Einführung einer aufgaben- und
leistungsbezogenen Vergütung. Die mit den Änderungen der Arbeitsbedingungen für die Klägerin
verbundenen finanziellen Einbußen betrugen unter Berücksichtigung einer Vergütung nach der
Entgeltgruppe 3 weniger als 20 % der ihr bisher gezahlten Vergütung.
13 Die ARR 2005 ist wie ein Artikelgesetz aufgebaut. Die Kirchlich-Diakonische
Arbeitsvertragsordnung (KDAVO) vom 20. Juli 2005 ist als Art. 1 der ARR 2005 (ABl. EKHN 2005
S. 262) geregelt. § 13 KDAVO setzt die wöchentliche Arbeitszeit auf durchschnittlich 40 Stunden
fest. § 37 KDAVO regelt den Anspruch auf eine Sonderzahlung. § 37 Abs. 2 KDAVO bestimmt:
„In den Jahren 2005 bis 2007 bemisst sich die Sonderzahlung nach folgenden
Prozentsätzen auf der Basis der in Absatz 4 festgelegten Bemessungsgrundlage:
1.
70 Prozent in den Entgeltgruppen E 1 bis E 5
...“
14 Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse vor dem 1. Oktober 2005 begonnen haben, gelten
gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3 KDAVO die Neufassungen der Ang-AVO/DW bzw. der
ArbVO/DW, die als Art. 5 bzw. Art. 6 Teil der ARR 2005 sind. Die Ang-AVO/DWHN idF vom
20. Juli 2005 (ABl. EKHN 2005 S. 281) bestimmt:
㤠1. Geltungsbereich.
Mitarbeiter im Bereich des DWHN, wenn
1. das Arbeitsverhältnis vor dem 1. Oktober 2005 begonnen hat und
2. im Arbeitsvertrag bestimmt wurde, dass die Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im
kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau
(Ang-AVO/DW) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung findet.
§ 2. Anwendung der KDAVO.
die Bestimmungen der Kirchlich-Diakonischen Arbeitsvertragsordnung (KDAVO) in der
jeweils geltenden Fassung entsprechende Anwendung, soweit im Folgenden nichts
anderes bestimmt ist.
...
§ 10. Sonderzahlung 2005.
Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlung im Jahr 2005 die Summe aus dem
Arbeitsentgelt (§ 30 KDAVO), der Leistungszulage (§ 29 KDAVO), der Vergütung für
Mehrarbeit (§ 31 KDAVO), dem Überstundenzuschlag (§ 32 KDAVO) und 65 Prozent der
Besitzstandszulage (§ 8) für den Monat Oktober.
...“
15 Dementsprechende Überleitungsregelungen enthalten §§ 1, 2 und 7 der ArbVO/DWHN idF vom
20. Juli 2005(ABl. EKHN 2005 S. 283).
16 Die Klägerin erhielt im November 2005 eine um 584,21 Euro brutto niedrigere Sonderzahlung als
im November 2004. Diese Differenz ist ebenfalls Gegenstand der Klage. Seit Oktober 2005
arbeitet die Klägerin ohne finanziellen Ausgleich 1,5 Wochenstunden mehr. Den deshalb
erstinstanzlich gestellten Antrag auf eine Mehrarbeitsvergütung von 368,22 Euro brutto hat die
Klägerin in der Berufungsinstanz nicht weiterverfolgt.
17 Die Beklagte gruppierte die Klägerin zum 1. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe 1 um. Dadurch
sank der Grundlohn der Klägerin von 1.947,25 Euro brutto auf 1.364,00 Euro brutto. Unter
Berücksichtigung einer Leistungszulage von 132,40 Euro brutto sowie einer Besitzstandszulage
von 338,14 Euro brutto erhielt die Klägerin insgesamt 1.834,54 Euro brutto im Monat. Die
verbleibende monatliche Differenz von 112,71 Euro brutto zu dem ihr im September 2005
gezahlten Entgelt ist für die neun Monate von Oktober 2005 bis Juni 2006 Gegenstand der Klage.
18 Nach Art. 2 der ARR 2005 erhielten die Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich der KDAVO
fielen, zwischen Dezember 2005 und August 2007 Einmalzahlungen von insgesamt 450,00 Euro
brutto. Die Klägerin hat diese Zahlungen erhalten. In der mündlichen Verhandlung vor dem
Landesarbeitsgericht vom 19. Oktober 2007 haben die Parteien einen Teil-Vergleich geschlossen,
wonach die Beklagte von der Klageforderung die Einmalzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von
150,00 Euro brutto in Abzug bringen darf, sofern die KDAVO auf das Arbeitsverhältnis keine
Anwendung findet.
19 Die Beklagte stellte zum 1. Januar 2006 die Zahlung der mit Schreiben vom 22. Juli 2002
zugesagten außertariflichen Zulage ein, weil die Klägerin über das 60. Lebensjahr hinaus arbeitete.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin diesen für die Zeit vom Januar bis Oktober 2006 in einer
Gesamthöhe von 5.586,40 Euro eingeklagten Entgeltbestandteil rechtskräftig zugesprochen.
20 Soweit für die Revision noch von Bedeutung hat die Klägerin geltend gemacht, mit der
Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags hätten die Parteien das Tarifvertragssystem des
BAT zur Basis ihrer vertraglichen Beziehungen machen wollen. Die Verweisung auf den BAT/DW
erlaube grundsätzlich nur Modifikationen dieser Tarifverträge, verlange aber insgesamt
Systemtreue. Die KDAVO weiche aber in einer Vielzahl von Strukturmerkmalen vom BAT ab. Für
deren Anwendung hätte es daher einer Tarifsystemwechselklausel bedurft. Jedenfalls sei durch
die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 und die spätere Handhabung die Bezugnahmeklausel dahin
abgeändert worden, dass anstelle der vorher geltenden Angestelltenregelungen des BAT ab dem
1. Oktober 2002 ausschließlich und vollständig die Bestimmungen des BMT-G II/HLT zur
Anwendung kommen sollten. Die KDAVO könne deshalb ohne eine Vertragsänderung auf das
Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht angewandt werden.
21 Selbst wenn § 2 des Arbeitsvertrags dahin ausgelegt werden könne, dass davon auch die
Einführung der KDAVO umfasst sei, halte die Klausel einer Inhaltskontrolle nicht stand. Mit diesem
Inhalt sei die Bezugnahmeklausel überraschend. Eine Abkehr vom BAT und dessen Austausch
durch ein völlig anderes Kirchenrecht habe nicht erwartet werden können. Zudem verstoße § 2
des Arbeitsvertrags bei einer solchen Auslegung gegen die Unklarheitenregelung. Die
Bezugnahme erwecke den Eindruck, es gebe einen Tarifvertrag BAT/DW. Dem Transparenzgebot
sei nicht genügt, weil in der Bezugnahmeklausel die Voraussetzungen, unter denen sich die
Beklagte vom BMT-G als Teil des öffentlichen Dienstrechts verabschieden könne, nicht genau
umschrieben seien. Auch berechtige die Bezugnahmeklausel den Arbeitgeber, seine spezifischen
Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnisse einseitig in das Arbeitsverhältnis einzubeziehen.
Darin liege eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Dritte Weg
gewähre keinen § 2 KSchG angenäherten Schutz vor willkürlichen, einseitigen Änderungen der
vertraglich vereinbarten Bedingungen. Insgesamt weiche die Bezugnahmeklausel erheblich vom
Grundgedanken des arbeitsrechtlichen Inhaltsschutzes ab. Anders als bei Tarifverträgen könne
nicht angenommen werden, dass die Entscheidungen der Arbeitsrechtlichen Kommission eine
Gewähr dafür böten, dass die Interessen der Arbeitnehmer nicht unangemessen belastet würden.
Zudem berühre eine entsprechende Auslegung der Bezugnahmeklausel die Klägerin in ihren durch
Art. 12 GG geschützten Rechten. Zwischen kirchlichem Selbstbestimmungsrecht und
Arbeitnehmerrechten müsse eine Abwägung erfolgen.
22 Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die durch die KDAVO erfolgten Eingriffe in das Leistungs-
und Gegenleistungsgefüge seien unbillig. Insoweit hat sie mit der Höhe der Vergütung nach der
Entgeltgruppe E 1 argumentiert. Jedenfalls richte sich die Vergütung auch bei Wirksamkeit der
KDAVO für das Arbeitsverhältnis weiterhin nach der Lohngruppe 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT. Die
Parteien hätten mit der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 eine wirksame Nebenabrede zum
Arbeitsvertrag getroffen, die durch die KDAVO nicht verdrängt worden sei.
23 Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 284,86 Euro brutto Urlaubsgeld zuzüglich Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. August 2005 zu
zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 584,21 Euro brutto Zuwendung zuzüglich Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Dezember 2005 zu
zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.014,39 Euro brutto (Reduzierung des
Monatslohns) zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz aus je 112,71 Euro brutto seit 1. November 2005, 1. Dezember 2005,
1. Januar 2006, 1. Februar 2006, 1. März 2006, 1. April 2006, 1. Mai 2006, 1. Juni
2006 und 1. Juli 2006 zu zahlen;
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr über den 30. September 2005
hinaus Vergütung nach BMT-G II/HLT Lohngruppe 3, Stufe 8 auf der Basis von
anteilig 38,7 Stunden wöchentlich zu zahlen.
24 Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Parteien hätten
sich mit der dynamischen Verweisung im Arbeitsvertrag auf die von der Arbeitsrechtlichen
Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsregelungen deren Bestimmungsrecht unterworfen. Es
sei klar gewesen, dass über § 2 des Arbeitsvertrags nicht der BAT als solcher, sondern die
Arbeitsvertragsregelungen in ihrer jeweiligen Fassung Inhalt des Vertrags werden sollten. Den
Parteien sei bewusst gewesen, dass Inhalt und Umfang der Hauptleistungspflichten an die
jeweiligen Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission gebunden seien. Sie müssten deshalb
Änderungen dieser Regelungen auch dann hinnehmen, wenn sie eine vollständige Umgestaltung
der Rechtsbeziehung beinhalteten. Die KDAVO unterliege nur einer Transparenzkontrolle. Dieser
halte sie stand.
25 Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der für die Revision maßgeblichen Streitgegenstände
abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dabei hat
das Landesarbeitsgericht die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 als konstitutive Vereinbarung der
Lohngruppe 3 BMT-G II/HLT, nicht aber als Inbezugnahme des BMT-G II insgesamt angesehen.
Ausgehend von diesem Rechtsstandpunkt hat es bei der von ihm vorgenommenen
Inhaltskontrolle der Gehaltsreduzierung auf die Entgeltgruppe E 3 als Basis abgestellt. Die
Differenz zu der Entgeltgruppe E 3 hat es der Klägerin gleichwohl nicht zugesprochen. Dem stehe
§ 308 Abs. 1 ZPO entgegen.
26 Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Landesarbeitsgericht
zugelassenen Revision, mit der sie ua. geltend macht, selbst dann, wenn die KDAVO wirksam
eingeführt worden sei und auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Anwendung komme, stehe ihr
wegen der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 zumindest eine Vergütung nach der Lohngruppe 3
Stufe 8 BMT-G II/HLT zu.
Entscheidungsgründe
27 Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit die Beklagte die einzelvertragliche Vereinbarung
zwischen ihrer Rechtsvorgängerin und der Klägerin vom 22. Juli 2002, die Klägerin als Küchenhilfe
außerhalb der geltenden Vergütungsordnung nach der Lohngruppe 3 BMT-G II/HLT zu vergüten,
bei der Überleitung der Klägerin in die ARR 2005 nicht beachtet hat. Die Klägerin hat darum
Anspruch auf die Entgeltdifferenz von 1.014,39 Euro brutto für Oktober 2005 bis Juni 2006. Im
Übrigen ist die Revision unbegründet.
28 A. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Die gleichzeitig erhobene Leistungsklage steht dem
Feststellungsinteresse nicht entgegen. Der Feststellungsantrag umfasst eine strukturell andere
Vergütung als die seit 1. Oktober 2005 der Klägerin gezahlte und geht damit auch weiter als der
auf die Entgeltdifferenz gerichtete Zahlungsantrag. Er basiert auf der Annahme der Klägerin, für sie
gelte der BMT-G II idF des Diakonischen Werkes(BMT-G II/DW) insgesamt und nicht nur
hinsichtlich der Höhe der Vergütung weiter.
29 B. Die Klage ist unbegründet, soweit sich die Klägerin gegen die Anwendung der im Jahr 2005
erfolgten Änderung der Arbeitsvertragsregelungen auf ihr Arbeitsverhältnis wendet. Die
Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 5. August 1992 erfasst auch die Änderungen
der Arbeitsvertragsregelungen durch den Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission vom
17. Mai 2005 über den Wegfall eines Urlaubsgeldes für das Jahr 2005 sowie durch die ARR 2005.
Das ergibt die Auslegung dieser Klausel. Die Änderungen der Arbeitsvertragsregelungen halten
einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand. Darum ist der Antrag auf Zahlung eines
Urlaubsgeldes sowie einer höheren Sonderzuwendung für 2005 ebenso unbegründet wie der aus
der Annahme der Weitergeltung des BMT-G II/DW für das Arbeitsverhältnis resultierende
Feststellungsantrag sowie das Begehren auf Zahlung der Differenz zur im September 2005
gezahlten Vergütung, soweit dieses sich auf die Annahme der Weitergeltung des BMT-G II/DW für
das Arbeitsverhältnis der Parteien stützt.
30 I. Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lässt sich nicht entnehmen, ob die Klägerin
im September 2005 - wie im Vertrag vom 5. August 1992 vereinbart - mit Ausnahme der
Vereinbarung eines Lohns der Lohngruppe 3 BMT-G II/HLT weiterhin den für Angestellte geltenden
Arbeitsvertragsregelungen des DWHN unterfiel oder ob - wie die Klägerin behauptet - das
Arbeitsverhältnis seit dem 22. Juli 2002 insgesamt nach den für Arbeiter geltenden kirchlichen
Bestimmungen behandelt worden ist. In den von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen für
November 2004 und September 2005 ist allerdings als „Tarifwerk“ das Werk 016 angegeben, als
„Tarifgruppe“ 03 und als „Tarifbezeichnung“ BMT-G GrdLT. Dies spricht für eine Behandlung der
Klägerin als Arbeiterin. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin
unterfällt jedenfalls nicht, wie sie annimmt, dem BMT-G II, sondern den jeweils aktuell geltenden
Arbeitsvertragsregelungen.
31 II. Bei der in § 2 des Formulardienstvertrags vom 5. August 1992 getroffenen Bezugnahmeklausel
handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung von
Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einem Formulararbeitsvertrag durch das
Landesarbeitsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung durch das
Bundesarbeitsgericht(st. Rspr., vgl. Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 22, AP BGB
§ 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15). Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist
nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt
und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen
Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise
verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners
des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner
Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (Senat 19. März 2009 - 6 AZR
557/07 - Rn. 21, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17). Dies
gilt auch für Vertragsklauseln, die dynamisch auf Tarifverträge verweisen (Senat 24. September
2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 23 f., aaO). Nehmen die Arbeitsvertragsparteien auf kirchlich-
diakonische Arbeitsbedingungen und ihre Änderungen und Ergänzungen und damit auch auf ein
von ihnen selbst nicht abzuänderndes externes Regelwerk Bezug, besteht kein Anlass, von den
für die Auslegung von AGB allgemein geltenden Grundsätzen abzugehen (BAG 10. Dezember
2008 - 4 AZR 798/07 - Rn. 14).
32 III. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die von der Arbeitsrechtlichen
Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsregelungen maßgeblich sein sollen und die
Bezugnahmeklausel jede im Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der
Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder ordnungsgemäß
zustande gekommene „Änderung und Ergänzung“ der Arbeitsvertragsregelungen umfasst.
33 1. Dies hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008(-
4 AZR 798/07 - Rn. 16 - 27) für eine inhaltsgleiche Bezugnahmeklausel entschieden. Er hat sein
Auslegungsergebnis eingehend insbesondere mit dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck und der
Funktion der Regelung begründet und dabei das auch von der Klägerin vorgebrachte Argument
gewürdigt und dann verworfen, die Bezugnahmeklausel habe das Arbeitsverhältnis dem
Tarifvertragssystem des BAT zeitdynamisch unterstellt. § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags lasse sich
nicht entnehmen, dass damit der BAT als solches, eine ihm entsprechende Grundstruktur oder
jedenfalls eine Bindung an das Tarifvertragssystem des öffentlichen Dienstes Gegenstand der
Bezugnahme sein sollte. Damit solle nur die seinerzeit geltende Rechtslage umschrieben und das
aktuelle Dienstvertragsrecht dargestellt werden. Eine inhaltliche Eingrenzung der Dynamik der
Bezugnahmeklausel werde mit dieser Formulierung nicht begründet.
34 Die Bezugnahme erlaubt auch das Außerkraftsetzen der in das Arbeitsverhältnis einbezogenen
Regelungen. Darum umfasst die Bezugnahmeklausel auch den von der Arbeitsrechtlichen
Kommission am 17. Mai 2005 gefassten Beschluss über den Wegfall des Urlaubsgeldes
2005(BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 28).
35 2. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt es nicht, an diesen überzeugenden Ausführungen des
Vierten Senats und seinem Auslegungsergebnis nicht festzuhalten. Entgegen der Auffassung der
Klägerin erfordert die Einbeziehung der ARR 2005 in das Arbeitsverhältnis nicht die Vereinbarung
einer „Tarifsystemwechselklausel“. Die Bezugnahmeklausel in § 2 der Ergänzung vom 5. August
1992 zum Arbeitsvertrag verweist nicht in erster Linie auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag und
nur in zweiter Linie auf etwaige Anpassungen dieses Tarifvertrags durch die Arbeitsrechtliche
Kommission. Einen Bundes-Angestelltentarifvertrag idF der Empfehlung des DWHN als ein
abgeschlossenes Normenwerk dieses Namens gab es nicht(BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR
801/07 - Rn. 17, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche
Arbeitnehmer Nr. 10). Deshalb hilft der Klägerin auch der Hinweis nicht weiter, aufgrund der
Abkoppelung vom Bundes-Angestelltentarifvertrag liege materiell ein „Tarifwechsel“ vor.
36 3. Entgegen der Auffassung der Revision steht die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 der
Einbeziehung der durch die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 17. Mai 2005
über den Wegfall eines Urlaubsgeldes für das Jahr 2005 sowie vom 20. Juli 2005 über die
ARR 2005 in das Arbeitsverhältnis nicht entgegen.
37 Die Klägerin nimmt insoweit an, durch die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 und die anschließende
Handhabung habe die Beklagte die verbindliche Zusage gegeben, das Arbeitsverhältnis der
Klägerin ausschließlich nach den Bestimmungen des BMT-G II zu behandeln. Zwar geht der
übereinstimmende Wille der Vertragsparteien, eine Klausel habe einen bestimmten Inhalt, auch der
Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen vor(Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 -
Rn. 25, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15; BGH 16. Juni 2009 - XI ZR
145/08 - Rn. 16, BGHZ 181, 278). Eine solche übereinstimmende Vorstellung der Parteien vom
Inhalt der Bezugnahmeklausel bringt die Vereinbarung vom 22. Juli 2002 aber nicht zum
Ausdruck. Vielmehr haben die Parteien nach dem Vortrag der Klägerin damit in Anlehnung an die
Vergütungssicherung im Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom
9. Januar 1987 (TV Ratio) eine vom kirchlichen Vergütungssystem abweichende Entgeltregelung
getroffen. Deshalb lässt sich der getroffenen Vereinbarung nichts für das Verständnis der Parteien
über den Inhalt der Bezugnahmeklausel entnehmen. Ebenso wenig beinhaltet sie eine verbindliche
Zusage der Rechtsvorgängerin der Beklagten, das Arbeitsverhältnis der Klägerin künftig
ausschließlich nach den Bestimmungen des BMT-G II/HLT zu behandeln. Bis auf die
einzelvertragliche Entgeltvereinbarung sollte es bei der Bezugnahme auf die jeweils gültigen
einschlägigen kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen bleiben. Davon ist das Landesarbeitsgericht
zutreffend ausgegangen. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe den erkennbaren
Willen der Parteien nicht ausreichend beachtet, ist daher unbegründet.
38 IV. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags vom 5. August 1992 ist wirksam. Sie hält
einer Vertragskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand.
39 1. Die Bezugnahmeklausel ist hinreichend klar und verständlich iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und
steht nicht zu anderen im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen in Widerspruch.
40 2. Es handelt sich auch nicht um eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein
Überraschungsmoment ergibt sich weder aus der äußeren Form und Positionierung der in einem
gesonderten Paragraphen vereinbarten Klausel noch aus ihrer inhaltlichen Gestaltung. Ein
Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung eines Diakonischen Werkes schließt,
hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner
jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will und dazu auch
kirchenrechtlich verpflichtet ist(vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 798/07 - Rn. 34). Entgegen
der Auffassung der Klägerin ist die Klausel nicht deshalb überraschend, weil sie mit Änderungen,
wie sie durch die ARR 2005 erfolgt sind, nicht habe rechnen müssen. Auch dann wäre die
Bezugnahmeklausel selbst noch nicht überraschend (Deinert ZTR 2005, 461, 478).
41 Der Senat hat im Urteil vom 24. September 2008(- 6 AZR 76/07 - Rn. 21, AP BGB § 305c Nr. 11 =
EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15) ebenso wie vor der Schuldrechtsreform in seiner Entscheidung
vom 28. Juni 2001 (- 6 AZR 114/00 - BAGE 98, 175, 195) offengelassen, ob über eine an sich
nicht überraschende Bezugnahmeklausel solche tariflichen Bestimmungen nicht Vertragsinhalt
werden, die für die Vertragspartner bei Abschluss des Vertrags schlechterdings nicht
vorhersehbar waren. Die Frage des Überraschungsschutzes stellt sich auch bei auf kirchlich-
diakonische Arbeitsvertragsregelungen bezogenen vertraglichen Jeweiligkeitsklauseln (bejahend
für Änderungen, mit denen der Arbeitnehmer gemeinhin nicht rechnen musste, Deinert ZTR 2005,
461, 477 f.). Ein Fall bei Vertragsschluss generell nicht vorhersehbarer Änderungen liegt jedoch
nicht vor. Mit den neuen Regelungen, zB der Anhebung der durchschnittlichen wöchentlichen
Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden, der Änderung der Vergütung von Bereitschaftsdiensten und
der geringeren Sonderzahlung, musste die Klägerin rechnen. Es handelt sich dabei um
Veränderungen, wie sie als Reaktion auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage oder der
Wettbewerbssituation auch in anderen Bereichen, zB im öffentlichen Dienst, nicht ungewöhnlich
sind. Deshalb kann auch hier dahinstehen, ob bei Vertragsschluss schlechterdings nicht
vorhersehbare Änderungen der in Bezug genommenen Regelungen Vertragsinhalt werden und an
welchen Kriterien gegebenenfalls die Unvorhersehbarkeit zu messen wäre.
42 3. Die Bezugnahmeklausel genügt auch dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB(BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 798/07 - Rn. 40 - 44). Entgegen der Auffassung der
Revision verlangt das Transparenzgebot nicht die Nennung der Voraussetzungen für eine
inhaltliche Änderung oder grundlegende Umgestaltung der bestehenden Regelungen in der
Klausel. Die Bestimmbarkeit der jeweils Anwendung findenden Regelung reicht aus.
43 4. Auf die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB kann sich die Klägerin nicht berufen, weil
die Auslegung der Bezugnahmeklausel keinen Anlass zu Zweifeln gibt(BAG 21. Oktober 2009 -
4 AZR 880/07 - Rn. 36).
44 5. Die Bezugnahmeklausel in § 2 der Ergänzung vom 5. August 1992 zum Arbeitsvertrag ist
entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deswegen unwirksam, weil die Beklagte dadurch
ihre „spezifischen Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnisse“ einseitig in das Arbeitsverhältnis
einbeziehen könnte.
45 a) Behält sich ein Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag einseitig das Recht vor, eine versprochene
Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, ist diese Abrede nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam,
wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der
Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Ein Abänderungsvorbehalt stellt
eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar(BAG
11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Dass Verträge die
Vertragsparteien grundsätzlich binden („pacta sunt servanda“), gehört zu den Grundelementen
des Vertragsrechts (BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140, 144). Die
automatische Änderung vertraglicher Leistungspflichten oder sonstiger vertraglicher
Bestimmungen aufgrund der Änderung eines externen Regelungswerkes läuft diesem Grundsatz
zuwider. Auf vom Arbeitgeber formulierte allgemeine Arbeitsbedingungen verweisende
Jeweiligkeitsklauseln unterliegen daher den strengen Anforderungen der Änderungsvorbehalte
(Preis NZA 2010, 361, 362). Die Kontrolle von dynamischen Bezugnahmeklauseln am Maßstab
der §§ 305 ff. BGB entspricht auch der Rechtsprechung des Fünften Senats des
Bundesarbeitsgerichts (14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 20, BAGE 122, 12). Allerdings hat der
Fünfte Senat die dynamische Verweisung in einem Formulararbeitsvertrag auf die für Beamte
geltende Arbeitszeit nur einer eingeschränkten Überprüfung unterzogen. Dies beruhte jedoch
darauf, dass die Klausel die Arbeitszeit und damit die einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle
entzogene Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers betraf. Auch der Vierte Senat des
Bundesarbeitsgerichts hat ausdrücklich angenommen, dass seit dem Inkrafttreten der
Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 die AGB-Kontrolle für Arbeitsverträge und damit auch für
arbeitsrechtliche Bezugnahmeklauseln gesetzlich angeordnet ist (18. April 2007 - 4 AZR 652/05 -
Rn. 43, BAGE 122, 74). Diese Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle von dynamischen
Bezugnahmeklauseln steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser
hat die dynamische Verweisung in einem vorformulierten Heimvertrag mit pflegebedürftigen
Bewohnern auf bestimmte Regelungen des jeweils gültigen Rahmenvertrags gemäß § 75 SGB XI
einer Inhaltskontrolle unterzogen (BGH 8. November 2001 - III ZR 14/01 - zu II 4 b der Gründe,
BGHZ 149,146).
46 b) Bei der Angemessenheitskontrolle ist nicht auf die durch den Arbeitgeber tatsächlich erfolgten
Änderungen abzustellen, sondern auf die Möglichkeiten, die ihm eine Klausel einräumt(BAG
11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Die gesetzlichen Vorschriften der
§§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner
Geschäftsbedingungen, nicht erst den unangemessenen Gebrauch einer Klausel im konkreten
Einzelfall. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit tragen auch solche Klauseln, die in ihrem
Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfalle nicht
realisiert hat (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 38 mwN, BAGE 118, 36). Eine
Bezugnahmeklausel in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlich-diakonischen Anstellungsträger,
die nicht ausschließlich auf die auf dem Dritten Weg von einer paritätisch mit
weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen
Arbeitsvertragsregelungen Bezug nimmt, sondern darüber hinaus - etwa bei einem
kirchenrechtlich vorgesehenen Letzentscheidungsrecht der Synode oder des Bischofs - auch
einseitig von der Dienstgeberseite vorgegebene Regelungen erfasst und damit inhaltlich ein
Vertragsänderungsrecht der Dienstgeberseite darstellt, dürfte zu weit gefasst und damit insgesamt
unwirksam sein (vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23, aaO), wenn die Klausel
sprachlich nicht teilbar ist und sie deshalb nicht auf einen verständlichen, zulässigen Inhalt
zurückgeführt werden kann (vgl. zu diesem sog. blue-pencil-test BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR
443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44; 12. März 2008 - 10 AZR
152/07 - AP BGB § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33).
47 c) Soweit der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008(-
4 AZR 798/07 - Rn. 35 ff.) angenommen hat, die Bezugnahmeklausel beschränke sich auf die
(dynamische) Verweisung, weiche nicht von Rechtsvorschriften ab, weise damit keinen
kontrollfähigen Inhalt auf und unterliege deshalb nur einer eingeschränkten Inhaltskontrolle, hat er
sich zu der Frage, ob und inwieweit eine Inhaltskontrolle deswegen geboten ist, weil die
dynamische Bezugnahme auf ein kirchliches Regelungswerk den Arbeitgeber der Notwendigkeit
enthebt, Änderungen des kirchlichen Arbeitsrechts im Wege einer einvernehmlichen
Vertragsänderung oder Änderungskündigung durchzusetzen, nicht geäußert. Er hat lediglich auf
den Grundsatz „pacta sunt servanda“ hingewiesen und angenommen, der Arbeitgeber könne die
dynamische Bezugnahmeklausel nicht einseitig ändern.
48 d) Der Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt in § 2 der Ergänzung vom 5. August 1992 zum
Arbeitsvertrag erfasst jedoch anders als in jenem Fall, der der Entscheidung des Zehnten Senats
vom 11. Februar 2009(- 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9) zugrunde lag, nicht die
einseitige Änderung einer Arbeitsordnung durch den Arbeitgeber. Er bezieht sich nur auf für das
Arbeitsverhältnis einschlägige kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem
Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten
Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Ein so eingeschränkter Änderungs- und
Ergänzungsvorbehalt stellt keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
dar. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis einer
Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen bedarf und schränkt wesentliche Rechte der
Klägerin, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben, nicht so ein, dass die Erreichung
des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
49 aa) Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die
Gesetzesbestimmungen selbst, sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden
allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze. Dazu zählen alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze,
die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242
BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und
Pflichten(BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308
Nr. 6). Der Senat hat im Urteil vom 17. November 2005 (- 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611
Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7) eingehend begründet,
dass kirchliche Arbeitsvertragsregelungen seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am
1. Januar 2002 grundsätzlich einer Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen. Er hat
jedoch auch anerkannt, dass bei der Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen gemäß
§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit angemessen zu
berücksichtigen ist, dass kirchliche Arbeitsvertragsregelungen auf dem Dritten Weg entstehen und
von einer paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden (Senat
19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611
Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 12; 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - aaO). Dies kann dazu
führen, dass in kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen von den allgemeinen Grundsätzen
abweichende Gestaltungen zulässig sind.
50 bb) Die angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4
Satz 2 BGB schließt es ein, dass in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlich-diakonischen
Anstellungsträger auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägige, von einer paritätisch mit
weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossene
Arbeitsvertragsordnung in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen werden kann. Eine
solche Bezugnahme gewährleistet ebenso wie die arbeitsvertragliche Bezugnahme eines
einschlägigen Tarifvertrags eine Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände und
liegt nicht nur im Interesse des Anstellungsträgers, sondern auch des Arbeitnehmers. Unabhängig
davon, ob man den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission eine Richtigkeitsgewähr
zubilligt, gewährleisten paritätische Besetzung und Unabhängigkeit der Mitglieder der Kommission,
dass die Arbeitgeberseite bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen ihre Interessen
nicht einseitig durchsetzen kann(vgl. Deinert ZTR 2005, 461, 475). Die Bezugnahme stabilisiert
das Arbeitsverhältnis insofern, als eine notwendige Anpassung der Arbeitsbedingungen an
veränderte Umstände auch ohne Änderungskündigung und damit ohne Gefährdung des
Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses erreicht werden kann. Beschließt die Arbeitsrechtliche
Kommission für den Arbeitnehmer günstige Regelungen, zB die Erhöhung der Vergütung, finden
diese ohne eigenes Zutun des Arbeitnehmers auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die
Bezugnahmeklausel verschafft dem Arbeitnehmer damit die Teilhabe an der Entwicklung der
Lohn- und Gehaltsentwicklung.
51 e) Entgegen der Auffassung der Revision benachteiligt die Bezugnahmeklausel die Klägerin auch
nicht deshalb unangemessen iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil dadurch vom Grundgedanken des
§ 2 KSchG abgewichen würde. Das Kündigungsschutzgesetz schützt den Arbeitnehmer lediglich
vor einseitig vom Arbeitgeber auf der Grundlage kollektiver Ermächtigungen verfügten
Änderungen. Es schützt dagegen nicht vor Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die in
Bezug genommene kirchliche Arbeitsvertragsregelung selbst, wenn und soweit diese im
Verfahren des Dritten Weges ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Die Änderung der
Arbeitsbedingungen erfolgt bei der Bezugnahme auf kirchliche Arbeitsvertragsregelungen nicht
einseitig durch den Arbeitgeber, sondern aufgrund der im Arbeitsvertrag vereinbarten
Bezugnahmeklausel und damit rechtstechnisch gesehen einvernehmlich durch beide
Vertragspartner(Deinert ZTR 2005, 461, 473; vgl. für Tarifverträge Senat 24. September 2008 -
6 AZR 76/07 - Rn. 49, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15).
52 V. Die Änderung der Arbeitsvertragsregelungen durch die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen
Kommission vom 17. Mai 2005 und 20. Juli 2005 ist wirksam.
53 1. Anhaltspunkte, die Zweifel an der formellen Ordnungsgemäßheit dieser Beschlüsse begründen
könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Solche Zweifel hat die Klägerin auch nicht
geäußert.
54 2. Die durch diese Beschlüsse geänderten Arbeitsvertragsregelungen unterliegen ebenso wie die
beim Abschluss des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen kirchlich-diakonischen
Arbeitsvertragsregelungen der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB.
55 a) Soweit der Dritte und Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts(vgl. 19. August 2008 - 3 AZR
383/06 - Rn. 38 ff., NZA 2009, 1275; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 71 ff., AP BGB
§ 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10; - 4 AZR
798/07 - Rn. 52 ff.) kirchliche Arbeitsvertragsregelungen im Falle ihrer Änderung auch nach dem
Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 ausschließlich am Maßstab der §§ 317 ff.
BGB gemessen und nur daraufhin überprüft haben, ob die Änderung offenbar unbillig iSv. § 319
Abs. 1 Satz 1 BGB ist, weil sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies
bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt, haben sie kirchliche
Arbeitsvertragsregelungen anhand eines anderen Kontrollmaßstabs überprüft als der Senat im
Urteil vom 17. November 2005 (- 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB
2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7). Eine entscheidungserhebliche Abweichung von dem
vorhergehenden Urteil des Senats haben der Dritte und der Vierte Senat nicht angenommen und
daher von einer Anfrage beim Senat bzw. Vorlage an den Großen Senat des
Bundesarbeitsgerichts nach § 45 ArbGG abgesehen.
56 b) Für eine einheitliche Kontrolle kirchlich-diakonischer Arbeitsvertragsregelungen und ihrer
Änderungen und Ergänzungen am Maßstab der §§ 305 ff. BGB spricht jedoch, dass das
paritätische Rechtsetzungsverfahren die Qualität der Arbeitsvertragsregelungen als Allgemeine
Geschäftsbedingungen nicht grundsätzlich in Frage stellt(Deinert ZTR 2005, 461, 474). Dieser
Inhaltskontrolle steht deshalb nicht entgegen, dass die geänderten oder ergänzten
Arbeitsvertragsregelungen nicht einseitig vom kirchlich-diakonischen Anstellungsträger, sondern
von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurden (Reichold NZA 2009, 1377;
Reichold/Ludwig Anm. zu BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - AP BGB § 611 Kirchendienst
Nr. 52). Wie ein Regelungskomplex zustande gekommen ist, ob durch einseitige
Arbeitgeberfestlegung oder unter Mitwirkung einer Arbeitnehmervertretung, hat nach seiner
Aufnahme in den Arbeitsvertrag für seine rechtliche Qualifizierung als Individualvertragsinhalt
keine Bedeutung (Dütz FS Schaub S. 157, 167). Maßgebend ist, dass solche Änderungen und
Ergänzungen der Arbeitsvertragsregelungen nicht auf den Arbeitnehmer zurückgehen und nach
§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt gelten,
es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Dies hat ua. auch
zur Folge, dass sich der Unternehmer nicht auf die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen in den
Arbeitsvertragsregelungen berufen darf (vgl. BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 26;
18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - Rn. 42, AP ZPO § 717 Nr. 9).
57 c) Gegen die Annahme, kirchliche Arbeitsvertragsregelungen unterlägen nur bei der(erstmaligen)
Bezugnahme im Arbeitsvertrag einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, nicht jedoch im Falle ihrer
Änderung oder Ergänzung, spricht vor allem auch die Funktion kirchlicher
Arbeitsvertragsregelungen. Sie bezwecken einheitliche Arbeitsbedingungen (Dütz FS Schaub
S. 157). Diesem Ziel entspräche es nicht, wenn kirchliche Arbeitsvertragsregelungen anhand
unterschiedlicher Kontrollmaßstäbe überprüft würden, je nachdem, ob im Arbeitsvertrag auf die
kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen vor oder nach ihrer Änderung bzw. Ergänzung verwiesen
worden ist. Es kommt hinzu, dass die Arbeitsvertragsparteien die Regelung der
Arbeitsbedingungen der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht im Vertrauen auf die Redlichkeit und
das ausgewogene Urteil eines Dritten übertragen, sondern im Vertrauen auf die Ausgewogenheit
des Verhandlungsergebnisses. Dies ist etwas anderes und wird vom Ziel des § 317 BGB, der an
der Redlichkeit des Dritten und nicht an seiner Verhandlungsstärke ansetzt, nicht erfasst. Die
§§ 317, 319 BGB zielen auf eine rechtsfolgenorientierte Vertragsergänzung bzw. tatbestandliche
Feststellungen durch einen neutralen Dritten im Rahmen einzelner Rechtsverhältnisse. So ist in
der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass die Mehrheitsentscheidungen der
hinsichtlich des betrieblichen Vorschlagswesens geschaffenen paritätischen Kommissionen in
entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB auf grobe Unbilligkeit und Verstoß gegen die
zugrunde liegenden Vorschriften zu überprüfen sind (zuletzt BAG 20. Januar 2004 - 9 AZR
393/03 - BAGE 109, 193, 201 f.). Die Arbeitsrechtliche Kommission steht dagegen außerhalb der
konkreten Vertragsbeziehung der Parteien und regelt für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen
und Mitgliedern des DWHN den Inhalt der Rechtsbeziehungen, die über eine vertragliche
Bezugnahmeklausel für das konkrete Arbeitsverhältnis wirksam werden. Dieser
Regelungsmechanismus unterscheidet sich grundlegend von den Sachverhalten, auf die §§ 317,
319 BGB zugeschnitten sind (vgl. Thüsing Anm. zu BAG 17. April 1996 - 10 AZR 558/95 - AP
BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24; ders. Anm. zu BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - EzA
BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 16; ders. Kirchliches Arbeitsrecht S. 134 f.).
58 d) Die Überprüfung einer Leistungsbestimmung oder ihrer Änderung nach § 319 BGB bezöge sich
anders als die AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB auch auf die beiderseitigen
Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis und wäre fallbezogen vorzunehmen. Eine
Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls
abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind(st. Rspr.,
vgl. Senat 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - BAGE 112, 80, 83 mwN). Die fallbezogene
Abwägung der Umstände und Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zielt jedoch auf die
individuelle Situation der Arbeitsvertragsparteien und nicht auf die möglicherweise sehr
unterschiedliche Lage, in der sich die einzelnen kirchlich-diakonischen Anstellungsträger und ihre
Arbeitnehmer jeweils befinden. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom
21. Oktober 2009 (- 4 AZR 880/07 - Rn. 42) deshalb bei der Ausübungskontrolle nach den §§ 317,
319 Abs. 1 Satz 1 BGB ua. auch auf die wirtschaftliche und finanzielle Situation des beklagten
kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers abgestellt (zum Erfordernis einer arbeitgeberbezogenen
Billigkeitskontrolle vgl. auch Deinert ZTR 2005, 461, 469). Demgegenüber kommt es bei einer
Angemessenheitskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht auf die individuellen Verhältnisse beim
jeweiligen Anstellungsträger und seinen Arbeitnehmern an (Deinert ZTR 2005, 461, 477).
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auf der Basis der Verhältnisse zu prüfen, wie sie bei
Verwender und Verwendungsgegner typischerweise gegeben sind.
59 e) Würde die Billigkeitskontrolle nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu führen, dass eine einzelne
Regelung oder ein gesamtes kirchlich-diakonisches Regelungswerk unverbindlich ist, müsste „die
Bestimmung“ gemäß § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Urteil erfolgen. Ob eine solche nicht auf eine
Inhaltskontrolle beschränkte Entscheidung der Gerichte für Arbeitssachen mit dem
verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen vereinbar wäre, erscheint
zumindest zweifelhaft. Mit dem Dritten Weg haben die Kirchen für den überbetrieblichen Bereich
ein eigenständiges kollektives Arbeitsrecht geschaffen, dessen Verfassungsmäßigkeit,
insbesondere dessen Vereinbarkeit mit Art. 9 Abs. 3 GG, heute außer Frage steht(Dütz FS
Schaub S. 157, 158; Joussen RdA 2010, 182, 183 f.).
60 3. Die Änderungen der Arbeitsvertragsregelungen durch die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen
Kommission vom 17. Mai 2005 und vom 20. Juli 2005 benachteiligen die Klägerin auch nicht
unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
61 a) Bei der Inhaltskontrolle der Änderung der Arbeitsvertragsregelungen ist gemäß § 310 Abs. 4
Satz 2 BGB als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit angemessen zu berücksichtigen, dass
diese Arbeitsvertragsregelung auf dem Dritten Weg entstanden ist und von einer paritätisch mit
weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurde.
Der Senat hat für auf dem Dritten Weg entstandene kirchliche Arbeitsvertragsregelungen
angenommen, dass sie jedenfalls dann, wenn sie einschlägige tarifvertragliche Regelungen des
öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernehmen, wie
Tarifregelungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen (19. November
2009 - 6 AZR 561/08 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche
Arbeitnehmer Nr. 12; 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 =
EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; vgl. auch bereits BAG 6. November 1996 -
5 AZR 334/95 - BAGE 84, 282). In diesem Fall rechtfertigten die Unterschiede gegenüber der
Entstehung von Tarifverträgen keine weitergehende Überprüfung. Die kirchlichen
Arbeitsvertragsrichtlinien seien bei einer solchen Übernahme einschlägiger Tarifverträge des
öffentlichen Dienstes wie diese nur daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen die Verfassung, gegen
anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstießen (Senat 17. November
2005 - 6 AZR 160/05 - mwN, aaO).
62 b) An diesem Überprüfungsmaßstab hält der Senat unter der Voraussetzung fest, dass die
Arbeitsvertragsregelung auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und
Verfahrensvorschriften entstanden ist, von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern
besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurde und damit nicht der Arbeitgeberseite
zugeordnet werden kann. Er macht diese eingeschränkte Kontrolle aber grundsätzlich nicht mehr
davon abhängig, dass einschlägige tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz
oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernommen werden(ebenso Thüsing Anm. zu BAG
6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 16; Schliemann FS
Hanau S. 577, 597; Staudinger/Coester [2006] § 310 Rn. 89). Sind vorstehende Voraussetzungen
der eingeschränkten Kontrolle nicht erfüllt und liegt damit keine im Arbeitsrecht geltende
Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB mehr vor, unterliegen kirchlich-diakonische
Arbeitsvertragsregelungen der uneingeschränkten Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB. Dafür
bestehen hier allerdings keine Anhaltspunkte.
63 aa) Kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen erfassen nicht nur, aber doch vor allem auch
Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. In diesem Markt konkurrieren sie zunehmend nicht mehr nur
mit entsprechenden Einrichtungen öffentlicher Arbeitgeber. So ist insbesondere eine Vielzahl
kommunaler Krankenhäuser privatisiert worden. Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit
kirchlich-diakonischer Einrichtungen kann es deshalb erfordern, von der Übernahme oder der
Übernahme des wesentlichen Inhalts einschlägiger Tarifverträge des öffentlichen Dienstes
abzusehen.
64 bb) Es kommt hinzu, dass sich nach der Ersetzung des BAT und anderer für das gesamte
Bundesgebiet geltender Tarifverträge durch das neue Tarifrecht für die Beschäftigten des
öffentlichen Dienstes beim Bund und den Kommunen sowie den Ländern und aufgrund spezieller
Tarifverträge zB für Ärzte mit unterschiedlichen Regelungen wie im TV-Ärzte (Länder) und im TV-
Ärzte (VKA) oft nicht oder nur schwer feststellen lässt, welcher Tarifvertrag im öffentlichen Dienst
„einschlägig“ ist.
65 cc) Dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliegt die Festlegung des Verfahrens, in dem
die kollektiven Regelungen des kirchlichen Arbeitsrechts zustande kommen. Zum Abschluss von
Tarifverträgen sind die Kirchen nicht verpflichtet. Aus Art. 9 Abs. 3 GG kann eine derartige Pflicht
nicht abgeleitet werden(Joussen RdA 2010, 182, 183). Dass es den Kirchen gestattet ist, den
kirchlichen Dienst und den Dienst in ihren Einrichtungen auf der Grundlage ihres
Selbstverständnisses zu gestalten, keine Tarifverhandlungen zu führen und sich nicht in
Arbeitskämpfen zu engagieren, wird auch von einem Teil des Schrifttums zugestanden, der eine
Richtigkeitsvermutung für auf dem Dritten Weg beschlossene Arbeitsrechtsregelungen ablehnt
(vgl. Deinert ZTR 2005, 461, 464). Mit dem Erfordernis, dass die Arbeitsvertragsregelungen auf
dem Dritten Weg entstanden und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern
besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sein müssen, wird der Gefahr
einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer eines kirchlich-diakonischen
Anstellungsträgers ausreichend Rechnung getragen (aA Deinert ZTR 2005, 461, 467). Das
Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und
Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die Arbeitgeberseite nicht einseitig
ihre Interessen durchsetzen kann (vgl. Senat 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - mwN, AP BGB
§ 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; Deinert ZTR
2005, 461, 475; Joussen RdA 2010, 182, 185 f.). Die Einflussmöglichkeit des einzelnen kirchlich-
diakonischen Anstellungsträgers ist ähnlich begrenzt wie die eines Mitgliedsunternehmens eines
Arbeitgeberverbandes beim Abschluss von Tarifverträgen, so dass die für die Annahme einer
einseitigen Leistungsbestimmung erforderliche Durchsetzungsfähigkeit nicht besteht und damit
auch nicht die Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer. Hinsichtlich der
Vergütung wird die Gefahr zudem dadurch begrenzt, dass die Arbeitgeberseite kirchenrechtlich
auf das Gebot der Lohngerechtigkeit verpflichtet ist (vgl. Thüsing ZTR 1999, 298, 300).
66 c) Bei Anlegung dieses Prüfungsmaßstabs hat die Arbeitsrechtliche Kommission die Grenzen
ihrer Regelungsmacht nicht überschritten. Ihre Beschlüsse vom 17. Mai 2005 und 20. Juli 2005
verstoßen nicht gegen höherrangiges zwingendes Recht oder gesetzesvertretendes
Richterrecht.Entgegen der Auffassung der Klägerin wird sie durch die ARR 2005 nicht in ihrem
Recht aus Art. 12 GG verletzt. Sie macht schon nicht geltend, dass ihr Verdienst auch unter
Beachtung der getroffenen Besitzstandsregelungen so abgesunken sei, dass sie gezwungen sei,
ihren Arbeitsplatz aufzugeben. Es kann daher dahinstehen, ob in einer Verschlechterung
kirchlicher Arbeitsbedingungen, zumal unter Berücksichtigung des kirchlichen
Selbstbestimmungsrechts, überhaupt ein Eingriff in die Rechte aus Art. 12 GG liegen könnte.
67 Die Annahme der Arbeitsrechtlichen Kommission, die neuen Regelungen, zB die Anhebung der
durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden, die geänderte Vergütung
von Bereitschaftsdiensten und die geringere Sonderzahlung, seien zur Sicherung der
Wettbewerbsfähigkeit am Markt der Wohlfahrtspflege und zur Sicherung der Arbeitsplätze
erforderlich, hält sich innerhalb ihrer Einschätzungsprärogative. Dies gilt auch, soweit sie die
Schaffung eines einheitlichen Tarifrechts für Arbeiter und Angestellte und die Einführung einer
aufgaben- und leistungsbezogenen Vergütung für angemessen gehalten hat.
68 VI. Die Voraussetzungen einer Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG sind nicht erfüllt.
69 1. Eine eventuelle Vorlagepflicht bestünde nur dann, wenn die Überprüfung der Änderungen der
Arbeitsvertragsregelungen am Maßstab der §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu einem für die
Klägerin günstigeren Ergebnis führen würde. Dies ist nicht der Fall. Die Streichung des
Urlaubsgeldes für das Jahr 2005 und die in der ARR 2005 getroffenen Regelungen sind nicht
offenbar unbillig, weil sich bei unbefangener Sachprüfung nicht sofort aufdrängt, dass sie in grober
Weise gegen Treu und Glauben verstoßen(BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 71 ff.,
AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10). Die
auf den Monat umgerechnete Absenkung der Sonderzuwendung und die Streichung des
Urlaubsgeldes von 48,68 Euro brutto bzw. von 23,73 Euro brutto ist unter Berücksichtigung der
erheblichen Absenkungen oder Streichungen der Sonderzuwendungen und des Urlaubsgeldes im
öffentlichen Dienst (vgl. dazu im Einzelnen BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 798/07 - Rn. 74 f.
[Sonderzuwendung]; - 4 AZR 801/07 - Rn. 86 [Urlaubsgeld], aaO) als nicht offenbar unbillig
anzusehen. Die Klägerin reklamiert selbst die Orientierung ihrer Arbeitsbedingungen an denen des
öffentlichen Dienstes. Ihr Prozessvortrag gibt keinen Anlass, die Billigkeit der Entgelthöhe der
Entgeltgruppe E 3 zu überprüfen. Sie rügt nur die Unbilligkeit der Vergütung der Entgeltgruppen E 1
und E 2, die für sie aufgrund der getroffenen besonderen Vergütungsvereinbarung nicht
einschlägig sind.
70 Damit ist die Frage, ob Änderungen kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen am Maßstab der
§§ 305 ff. BGB oder der §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu überprüfen sind, nicht
entscheidungserheblich. Eine Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG kommt nur dann in Betracht, wenn
eine entscheidungserhebliche Abweichung zu der identischen Rechtsfrage vorliegt. Diese
Voraussetzung betrifft die zu treffende Entscheidung wie die vorhergehende Entscheidung, von
der abgewichen werden soll(vgl. BAG 23. Oktober 1996 - 1 AZR 299/96 - zu II 3 a der Gründe,
EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 59; zur Entscheidungserheblichkeit als
Zulässigkeitsvoraussetzung jeder Vorlage BGH Vereinigte Große Senate 5. Mai 1994 - VGS 1-
4/93 - BGHZ 126, 63, 71; GMP/Prütting 7. Aufl. § 45 Rn. 22 f.; GK-ArbGG/Dörner Stand April 2010
§ 45 Rn. 26; ErfK/Koch 10. Aufl. § 45 ArbGG Rn. 4, 5).
71 2. Die Annahme des Vierten Senats in den Urteilen vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 801/07 - AP
BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10; - 4 AZR
798/07 -; - 4 AZR 802/07 -; - 4 AZR 845/07 -), die von der Arbeitsrechtlichen Kommission
beschlossenen Änderungen seien nur nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu kontrollieren, war im
Übrigen nicht tragend. Der Vierte Senat hat als Zweitbegründung für die Wirksamkeit der durch die
ARR 2005 vorgenommenen Änderungen angeführt, dass diese nicht die Orientierung an den
Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst verlassen hätten und als Bestandteil einer
Umorientierung gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes - etwa durch die Vereinbarung des
zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen TVöD - als auch im weiteren kirchlichen Bereich gesehen
werden müssten. Die (Wieder-)Heraufsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich
orientiere sich an in vergleichbaren Bereichen ebenfalls durchgeführten Veränderungen. Auch in
seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 880/07 - Rn. 42) hat der Vierte Senat darauf
abgestellt, dass im Bereich des öffentlichen Dienstes vom Bund und der TdL Tarifverträge
gekündigt worden sind und die neuen Tarifverträge bisherige Leistungen nicht mehr vorsehen.
72 C. Die Klage ist begründet, soweit die Klägerin hilfsweise auf der Grundlage der Vereinbarung vom
22. Juli 2002 die monatliche Entgeltdifferenz von 112,71 Euro zu der Vergütung von
Arbeitnehmern, die aus der Lohngruppe E 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT in die neue Entgeltordnung
übergeleitet worden sind, für die Zeit von Oktober 2005 bis einschließlich Juni 2006, insgesamt
somit 1.014,39 Euro brutto, begehrt.
73 I. Die Parteien haben mit der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 konstitutiv eine über das
Vergütungssystem des DWHN hinausgehende Entgeltvereinbarung getroffen. Das hat das
Landesarbeitsgericht festgestellt, ohne dass die Beklagte in der Revisionsinstanz dagegen eine
Rüge erhoben hätte. Aufgrund dieser Vereinbarung musste die Beklagte die Klägerin mit einem
Entgelt der Lohngruppe 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT in die ARR 2005 überleiten und ihr die sich daraus
ergebende Vergütung zahlen. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin
dies hilfsweise auch geltend gemacht. Sie hat in der Berufungsbegründung vorgetragen, die
Vereinbarung vom 22. Juli 2002 sei ungeachtet der ARR 2005 wirksam geblieben und durch diese
nicht verdrängt worden. Die Revision rügt die rechtliche Behandlung ihres Vorbringens durch das
Landesarbeitsgericht. Auch wenn sie aus der Vereinbarung vom 22. Juli 2002 unzutreffend den
rechtlichen Schluss gezogen hat, die Klägerin müsse weiterhin eine Vergütung nach der
Lohngruppe 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT auch unter der Geltung der ARR 2005 erhalten, hat die
Verfahrensrüge Erfolg. Dafür reicht es aus, dass hinreichend deutlich gerügt ist, dass das
Landesarbeitsgericht dem Klagantrag zu Ziff. 3 zu Unrecht nicht jedenfalls aufgrund der
Vereinbarung vom 22. Juli 2002 entsprochen hat.
74 II. Die Lohngruppe 3 Stufe 8 BMT-G II/HLT ist ausweislich des „Umklappkatalogs HLT-
Lohngruppen“(ABl. EKHN 2005 S. 302) der Entgeltgruppe E 3 zugeordnet worden. Daraus stand
der Klägerin, die bereits mehr als elf anrechnungsfähige Dienstjahre aufwies, eine Vergütung von
1.835,00 Euro brutto monatlich zu (Anlage 2 zu KDAVO, ABl. EKHN 2005 S. 298). Außerdem war
ihr gemäß § 6 Abs. 1 ArbVO/DW eine Besitzstandszulage in Höhe der Differenz zwischen der ihr
im September 2005 und im Oktober 2005 zustehenden Vergütung als Besitzstandszulage zu
zahlen. Diese Differenz betrug 112,25 Euro. Ihr Gesamtverdienst hätte dann unverändert
1.947,25 Euro betragen. Allgemeine Entgelterhöhungen, die gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 ArbVO/DW
auf die Besitzstandszulage anzurechnen gewesen wären, haben im streitbefangenen Zeitraum
von Oktober 2005 bis Juni 2006 nicht stattgefunden. Die Einmalzahlung von 150,00 Euro im
Dezember 2005 (Art. 2 ARR 2005, ABl. EKHN 2005 S. 278) wird von der Anrechnungsregelung
des § 6 Abs. 3 Satz 1 ArbVO/DW nicht erfasst.
75 Es kann dahinstehen, ob die der Klägerin gezahlte Leistungszulage anrechnungsfähig war, weil
sich die Klägerin diese Zahlung anrechnen lässt.
76 III. Der vor dem Landesarbeitsgericht geschlossene Teil-Vergleich berechtigt die Beklagte nicht
dazu, von der Klageforderung weitere 150,00 Euro abzusetzen. Danach sollte ein Abzug der
Einmalzahlung von 150,00 Euro für das Jahr 2005 nur erfolgen, wenn die KDAVO keine
Anwendung auf das Arbeitsverhältnis findet. Der Vergleich beruht ersichtlich auf den Ausführungen
der Beklagten im zwei Tage vor dem Termin der mündlichen Verhandlung vor dem
Landesarbeitsgericht eingereichten Schriftsatz vom 17. Oktober 2007. Darin hatte die Beklagte
darauf hingewiesen, dass die Klägerin zwischenzeitlich die in Art. 2 § 1 ARRG vorgesehenen
Einmalzahlungen für 2005, 2006 und 2007 erhalten habe. Sie hatte geltend gemacht, dass die
Klägerin diese Zahlungen zurückzahlen müsse, wenn die KDAVO nicht anzuwenden sei. Vor
diesem Hintergrund ist der Vergleich auszulegen. Die Verrechnung mit der Einmalzahlung für
2005, also für den von der bezifferten Leistungsklage erfassten Zeitraum, sollte nur dann erfolgen,
wenn die Klägerin von den Nachteilen der KDAVO nicht erfasst wurde. Dann - und nur dann -
sollte sie auch von einem von den Parteien genau bezeichneten Vorteil der KDAVO, eben der
Einmalzahlung für 2005, nicht profitieren. Diese Voraussetzung des Vergleichs liegt nicht vor. Die
Klägerin erhält die Differenz zu der ihr zuletzt gezahlten Vergütung lediglich deshalb, weil die
Beklagte die einzelvertragliche Vereinbarung einer Vergütung nach der Lohngruppe 3 BMT-
G II/HLT bei der Überleitung der Klägerin in die neue Arbeitsvertragsregelung missachtet hat. Im
Übrigen wird die Klägerin von allen Nachteilen der KDAVO erfasst. Sie darf nach dem
Regelungszweck des Teil-Vergleichs dann auch von deren Vorteilen profitieren.
77 IV. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288, 291 BGB.
78 D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die
Klägerin erstinstanzlich zum Teil rechtskräftig obsiegt hat, die Klageabweisung bezüglich der
Mehrarbeitsvergütung durch das Arbeitsgericht rechtskräftig geworden ist und die Klägerin den
allgemeinen Feststellungsantrag, dass die KDAVO auf sie keine Anwendung findet, in der
Revisionsinstanz nicht mehr gestellt hat.
Fischermeier
Brühler
Spelge
Sieberts
Spiekermann