Urteil des BAG vom 24.05.2012

Betriebsbedingte Änderungskündigung - Stationierungsstreitkräfte

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 24.5.2012, 2 AZR 163/11
Betriebsbedingte Änderungskündigung - Stationierungsstreitkräfte
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Hamm vom 22. September 2010 - 5 Sa 1315/09 - wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.
2 Der 1957 geborene Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Seinen Wohnsitz hat er in der
Bundesrepublik Deutschland, wo er sich auch gewöhnlich aufhält. Seit September 1993 ist
er bei den britischen Streitkräften als zivile Arbeitskraft iSv. Art. IX Abs. 4 des NATO-
Truppenstatuts (NTS), Art. 56 Abs. 1 Buchst. a Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut
(ZA-NTS) beschäftigt. Zuletzt war er am Standort G in der Abteilung „N“ als „Senior
Supervisor“ - und damit als einer von mehreren „Station Managern“ - tätig. Gemäß seiner
Stellenbeschreibung war er verantwortlich „für die gesamte Aufsicht und die Aufsicht über
alle Messen der P Kaserne unter Berücksichtigung festgelegter Budgetrahmen und
Richtlinien“. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der
Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Danach war der Kläger zuletzt in die Gehaltsgruppe C 6a TV AL II eingruppiert.
3 Im November 2008 beschloss die oberste Dienstbehörde der britischen Streitkräfte in
Deutschland unter Mitwirkung der Hauptbetriebsvertretung Änderungen ihrer
Organisationsstruktur auf der Grundlage eines zuvor in Auftrag gegebenen Studienberichts.
Gemäß diesem Bericht waren bei den Streitkräften bisher bundesweit in fünf Garnisonen
19 Führungskräfte als sog. Station Manager mit unterschiedlichem Verantwortungsbereich
beschäftigt. Zwei dieser Arbeitnehmer - sog. DEL-Beschäftigte - waren in Deutschland
akquiriert worden und unterstanden deshalb als zivile Arbeitskräfte dem deutschen
Arbeitsrecht. Bei den übrigen Beschäftigten handelte es sich um in Großbritannien
akquirierte Arbeitnehmer, auf die britisches Arbeits- und Sozialversicherungsrecht zur
Anwendung gelangte. Um einer veränderten Bedarfssituation besser Rechnung zu tragen,
sollten diese Stellen künftig entfallen. Stattdessen sollten insgesamt 14 Stellen mit der
Bezeichnung „Station Business Manager“ geschaffen werden. Diese Mitarbeiter sollten die
Gesamtverantwortung für den Einzelhandelsbereich und den Freizeit- und
Verpflegungsbereich der betreffenden Einheit übernehmen, wozu die volle Verantwortung
für die Gewinn- und Verlustrechnung aller am Standort vorhandenen Einrichtungen zählen
sollte. Die „Station Business Manager“ sollten - anders als die Beschäftigten im Rahmen
der bisherigen Aufgabenverteilung - künftig unmittelbar dem leitenden Management der N
berichten. Außerdem sollten sie für eine bessere Schulung und Weiterentwicklung der am
Standort beschäftigten Abteilungsleiter Sorge tragen.
4 Zugleich entschied die oberste Dienstbehörde, der „neue Posten“ des „Station Business
Managers“ solle Teil des zivilen Gefolges der Streitkräfte werden. Die Ausschreibung der
Stellen erfolgte nur in Großbritannien und richtete sich an dort lebende Interessenten.
Gesucht wurde eine Arbeitskraft als Mitglied des zivilen Gefolges iSd. Art. I Abs. 1 Buchst. b
NTS. Der Kläger bewarb sich nicht.
5 Nach Beteiligung der am Standort G bestehenden Betriebsvertretung und mit deren
Billigung kündigten die britischen Streitkräfte mit Schreiben vom 17. Februar 2009 das
Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. August 2009. Zugleich boten sie ihm für die Zeit ab
1. September 2009 den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags als „P Barracks SHE
Advisor Team Manager“ - bei Eingruppierung in die - niedrigere - Gehaltsgruppe C 5a
TV AL II - an. Außerdem sagten sie ihm die Zahlung einer persönlichen Zulage gemäß § 8
Nr. 6 SchutzTV und für die Dauer von 12 Monaten auch einer „Einkommensschutzzulage“
gemäß § 5 Abs. 2 Buchst. b SchutzTV zu.
6 Der Kläger hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung
angenommen und - fristgerecht - die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Er hat die
Auffassung vertreten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei unwirksam. Die Tätigkeit
eines „Station Business Managers“ sei im Kern identisch mit seiner bisherigen
Arbeitsaufgabe. Die Entscheidung der Streitkräfte, auf den betreffenden Arbeitsplätzen nur
Mitarbeiter zu beschäftigen, deren regelmäßiger Wohnsitz in Großbritannien liege, sei
sachlich nicht gerechtfertigt. Es gehe allein darum, Sozialversicherungsabgaben
einzusparen. Dies sei weder mit § 1 KSchG noch mit den Regelungen des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes vereinbar.
7 Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - sinngemäß beantragt
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang
mit der Kündigung vom 17. Februar 2009 sozial ungerechtfertigt ist.
8 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die
Änderungskündigung sei aus dringenden betrieblichen Gründen gerechtfertigt. Aufgrund
der getroffenen Organisationsentscheidungen habe keine Möglichkeit mehr bestanden, den
Kläger zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen. Dabei komme es nicht
entscheidend auf dessen fachliche Qualifikation an. Maßgeblich sei vielmehr der -
unstreitig - auf eine Entscheidung des britischen Parlaments zurückgehende Entschluss
der Streitkräfte, auf den Stellen der „Station Business Manager“ ausschließlich ziviles
Gefolge iSv. Art. I Abs. 1 Buchst. b NTS zu beschäftigen. Das zivile Gefolge stehe der
Truppe näher als Zivilpersonal, das im Aufnahmestaat akquiriert werde. Die durch den
Entsendestaat kraft seiner Hoheitsgewalt getroffene Entscheidung zur „Militarisierung“ der
Dienstposten sei einer Kontrolle durch die deutschen Gerichte entzogen. Sie bedürfe keiner
weiteren Legitimation. Eine Diskriminierung iSd. AGG liege nicht vor. Die Anknüpfung an
den Wohnsitz in Großbritannien sei sachlich begründet und nicht willkürlich. In Art. IX
Abs. 4 NTS sei geregelt, dass nur die zivilen Arbeitskräfte des „örtlichen Bedarfs“ einer
Truppe oder eines zivilen Gefolges dem deutschen Arbeitsrecht unterlägen, wobei diese in
keiner Beziehung Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges seien. Die
wirtschaftlichen Folgen der getroffenen Entscheidung seien dem Kläger zumutbar, zumal er
für eine Übergangszeit einen Ausgleich erhalte.
9 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie
abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der
erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
10 Die Revision ist unbegründet. Die dem Kläger mit der Kündigung vom 17. Februar 2009
angetragene und auf betriebliche Gründe gestützte Änderung der Arbeitsbedingungen ist
sozial gerechtfertigt iSv. §§ 2, 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG.
11 I. Der Kläger war im Kündigungszeitpunkt zivile Arbeitskraft iSv. Art. IX Abs. 4 NTS. Nach
Art. 56 Abs. 1 Buchst. a ZA-NTS gelten für die Beschäftigungsverhältnisse der bei einer
Truppe und bei dem zivilen Gefolge beschäftigten zivilen Arbeitskräfte alle für die zivilen
Arbeitnehmer der Bundeswehr maßgeblichen arbeitsrechtlichen Vorschriften, soweit nicht
ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Das Kündigungsschutzgesetz findet daher auf
das Arbeitsverhältnis des Klägers mit den Stationierungsstreitkräften Anwendung (vgl.
BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung
Nr. 157 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 148).
12 II. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 KSchG sozial
gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf
beschränkt hat, solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise
hinnehmen muss.
13 1. In diesem Rahmen ist zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer
zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei
Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende
Änderung angeboten wurde (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17, AP
KSchG 1969 § 2 Nr. 151 = EzA KSchG § 2 Nr. 82; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 -
Rn. 30, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 150 = EzA KSchG § 2 Nr. 81; jeweils mwN). Dieser
Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt
oder unter Vorbehalt angenommen hat (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 45/11 - Rn. 11;
26. November 2009 - 2 AZR 658/08 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 144 = EzA KSchG
§ 2 Nr. 76).
14 2. Eine Änderungskündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2
KSchG bedingt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme
entschlossen hat, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die
Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entweder ganz oder jedenfalls zu den bisherigen
Vertragsbedingungen entfällt (BAG 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 13, AP
KSchG 1969 § 2 Nr. 141; 27. September 2001 - 2 AZR 246/00 - zu I 1 b der Gründe, EzA
KSchG § 2 Nr. 41).
15 III. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
16 1. Aufgrund der Entscheidung der britischen Streitkräfte, bundesweit in fünf Garnisonen
statt bisher 19 „Station Manager“ künftig nur noch 14 „Station Business Manager“ mit
zumindest teilweise geändertem Aufgaben- und Verantwortungsbereich zu beschäftigen,
lagen dringende betriebliche Erfordernisse zur Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 1
Abs. 2 Satz 1 KSchG vor.
17 a) Nach den für den Senat gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des
Landesarbeitsgerichts haben die Streitkräfte die entsprechende Entscheidung zur
Umstrukturierung in Umsetzung eines N-Studienberichts getroffen und durchgeführt.
18 b) Es gehört zum Kern der unternehmerischen Freiheit, die betriebliche Organisation zu
gestalten und festzulegen, an welchem Standort welche arbeitstechnischen Zwecke und
Ziele verfolgt werden sollen. Der gesetzliche Kündigungsschutz verpflichtet den
Arbeitgeber nicht, eine bestimmte betriebliche Organisationsstruktur oder einen konkreten
Standort beizubehalten (BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 17, AP KSchG 1969
§ 2 Nr. 146 = EzA KSchG § 2 Nr. 78; 21. Februar 2002 - 2 AZR 556/00 - zu II 2 der Gründe,
EzA KSchG § 2 Nr. 45). Zu diesem Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers zählt
grundsätzlich auch die Befugnis, den Inhalt der Arbeitsaufgaben und damit das
Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes zu bestimmen. Außerdem unterliegt es seiner freien
Entscheidung, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe -
zukünftig - erledigt werden soll (BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 30, AP
KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte
Kündigung Nr. 148; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61). Solche
unternehmerischen Entscheidungen können von den Gerichten für Arbeitssachen nur
daraufhin überprüft werden, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind.
19 c) Der Kläger stellt den Rückgang von 19 auf 14 Stellen nicht in Frage. Seinen eigenen
Angaben zufolge hängt dieser Abbau damit zusammen, dass das Arbeitsvolumen
insgesamt zurückgegangen ist. Mehrere Standorte seien geschlossen und die
Truppenstärke erheblich reduziert worden. Ebenso wenig bezweifelt er die Entscheidung
der Streitkräfte, die Funktion des „Station Managers“ in ihrer bisherigen Ausgestaltung
entfallen zu lassen und stattdessen 14 Arbeitsplätze für „Station Business Manager“ mit
erweitertem Aufgaben- und Verantwortungsbereich vorzuhalten. Da die britischen
Streitkräfte die Änderungen der Organisationsstruktur auch tatsächlich umgesetzt haben,
ist die Vermutung berechtigt, dass die Organisationsentscheidung aus sachlichen
Gründen erfolgt ist und kein Rechtsmissbrauch vorliegt (BAG 23. April 2008 - 2 AZR
1110/06 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177 = EzA KSchG
§ 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160). Der Kläger hat keine Umstände dargelegt, aus
denen sich Anderes ergäbe. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, damit sei die
Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung des Klägers zu den bisherigen Arbeitsbedingungen
entfallen, lässt auf dieser Grundlage keinen Rechtsfehler erkennen.
20 2. Die britischen Streitkräfte haben sich darauf beschränkt, dem Kläger solche
Änderungen anzubieten, die er billigerweise hat hinnehmen müssen.
21 Zwar waren im Kündigungszeitpunkt außer der Position, die die Beklagte dem Kläger
angetragen hat, auch die neu zugeschnittenen Positionen der „Station Business Manager“
zu besetzen. Eine Beschäftigung auf einer dieser Stellen wäre für den Kläger weniger
belastend gewesen, da finanzielle Einbußen insoweit nicht zu erwarten standen. Die
Streitkräfte waren aber kündigungsschutzrechtlich nicht verpflichtet, dem Kläger die
Weiterbeschäftigung als „Station Business Manager“ anzubieten. Dies hat das
Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.
22 a) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass er ungeachtet des erweiterten
Aufgaben- und Verantwortungsbereichs fachlich in der Lage gewesen wäre, die fragliche
Tätigkeit zu verrichten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es sich bei den Arbeitsplätzen
der „Station Business Manager“ gegenüber denen der „Station Manager“ um sog.
Beförderungsstellen gehandelt hätte, zumal nach Darstellung der Beklagten auch die
erstgenannten Tätigkeiten in die Gehaltsgruppe C 6a TV AL II eingruppiert sind. Im
Übrigen wäre selbst im anderen Fall fraglich, ob die Umwandlung der Stellen der „Station
Manager“ in Beförderungsstellen für sich genommen einer Weiterbeschäftigung des
Klägers entgegenstünde (zur Problematik vgl. BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 -
Rn. 40, BAGE 133, 226; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 37, AP KSchG 1969
Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung
Nr. 163).
23 b) Der Annahme, die Streitkräfte hätten dem Kläger eine Weiterbeschäftigung auf der
Position „Station Business Manager“ ermöglichen müssen, dürfte im Streitfall schon deren
Entscheidung entgegenstehen, die Stellen durch Mitglieder des zivilen Gefolges iSd. Art. I
Abs. 1 Buchst. b NTS zu besetzen. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dabei
handele es sich um ein berechtigterweise festgelegtes Stellenprofil, ist revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden.
24 aa) „Ziviles Gefolge“ ist gemäß Art. I Abs. 1 Buchst. b NTS das die Truppe einer
Vertragspartei des NTS begleitende Zivilpersonal, das bei den Streitkräften beschäftigt ist,
soweit es sich ua. nicht um Staatsangehörige des Staates handelt, in welchem die Truppe
stationiert ist, oder um Personen, die dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Der
Unterschied der Zivilpersonen, die die Truppe begleiten, zu den von Art. IX Abs. 4 NTS
erfassten zivilen Arbeitnehmern besteht darin, dass die zuletzt genannten Beschäftigten im
Aufnahmestaat akquiriert werden, um den örtlichen Bedarf der Truppe zu decken.
Demgegenüber stehen die die Truppe begleitenden und bei ihr beschäftigten
Zivilpersonen iSv. Art. I Abs. 1 Buchst. b NTS regelmäßig in einer engen
organisatorischen Verbindung zur Truppe selbst und erbringen Arbeitsleistungen, die für
den Bestand, die Erhaltung und Unterhaltung der Truppe von Bedeutung sind, ständig
anfallen und die typischerweise eine Qualifikation erfordern, die die Kenntnis der
Verhältnisse und des Rechts des Entsendestaats einschließt. Ihre
Beschäftigungsbedingungen werden regelmäßig durch das Recht des Entsendestaates
bestimmt (BAG 12. Februar 1985 - 1 ABR 3/83 - zu B III 2 und 3a der Gründe, BAGE 48,
81). Da der Kläger im Kündigungszeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland hatte, konnte er nicht Mitglied des zivilen Gefolges im Sinne
des Vertragswerks sein. Er erfüllte damit nicht das von den Streitkräften festgelegte
Anforderungsprofil für die Tätigkeit des „Station Business Managers“.
25 bb) Die Auffassung des Klägers, die Besetzung der Arbeitsplätze der „Station Business
Manager“ ausschließlich mit Zivilpersonen iSv. Art. I Abs. 1 Buchst. b NTS sei sachlich
ungerechtfertigt, weil die ihr zugrunde liegende Entscheidung von rein fiskalischen und
nicht von militärischen Erwägungen bestimmt sei, geht fehl.
26 (1) Richtig ist, dass im Zusammenhang mit einer Kündigung auch die - grundsätzlich der
freien Unternehmerentscheidung unterliegende - Gestaltung des Anforderungsprofils
eines neu eingerichteten Arbeitsplatzes der rechtlichen Überprüfung auf offenbare
Unsachlichkeit hin unterliegt (BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32, AP KSchG 1969
§ 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung
Nr. 138; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1
Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Gestaltet der Arbeitgeber das Stellenprofil für
Arbeitsplätze um, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind,
muss er darlegen, dass es sich bei einer neuen Anforderung nicht nur um eine
„wünschenswerte Voraussetzung“ für die Tätigkeit handelt, sondern um ein
nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für eine Stellenprofilierung (BAG
18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 20, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626
Unkündbarkeit Nr. 17; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 1
Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung
Nr. 163).
27 (2) Diese Grundsätze sind allerdings auf den Bereich der Stationierungsstreitkräfte nur mit
Einschränkungen übertragbar. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts entscheidet der Entsendestaat aufgrund seiner Hoheitsgewalt
grundsätzlich allein, ob er den Bedarf seiner Truppe an zivilen Arbeitskräften durch
örtliche Arbeitskräfte iSv. Art. IX Abs. 4 NTS oder durch Zivilpersonen iSv. Art. I Abs. 1
Buchst. b NTS, die bei der Truppe beschäftigt sind und diese begleiten, decken will. Nach
Art. 56 Abs. 7 Buchst. a Satz 1 ZA-NTS bestimmen die Behörden der Truppe und eines
zivilen Gefolges zudem die Zahl und Art der benötigten Arbeitsplätze. Hat der
Entsendestaat aufgrund seiner Hoheitsgewalt abschließend entschieden, die vom
Arbeitnehmer erledigten Arbeiten in Zukunft nicht mehr im bisherigen Umfang durch
örtliche Arbeitskräfte erledigen zu lassen, so entfällt damit infolge einer grundsätzlich nicht
nachprüfbaren Entscheidung der bisherige Arbeitsplatz (BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR
245/05 - Rn. 30, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157 = EzA KSchG
§ 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 148; 27. Februar 1997 - 2 AZR 361/96 - zu II 3 der
Gründe, RzK III 2a Nr. 37). Dies beruht ua. auf der Überlegung, dass die Organisation der
Truppe, von der die Bestimmungen des NTS ausgehen, keine statische ist. Sie muss an
veränderte Verhältnisse oder bessere Erkenntnisse angepasst werden können. Schon aus
diesem Grund muss es dem Entsendestaat freistehen, seine Organisation zu ändern und
aufgrund seines Organisationsrechts zu bestimmen, dass Tätigkeiten künftig nur noch von
Zivilpersonen ausgeübt werden sollen, die in einem so engen Verhältnis zur Truppe
stehen, dass sie zu dem die Truppe begleitenden Zivilpersonal gehören, auch wenn diese
Tätigkeiten bislang von örtlichen Arbeitskräften verrichtet wurden (BAG 12. Februar 1985 -
1 ABR 3/83 - zu B III 3 b der Gründe, BAGE 48, 81). Dem steht nicht entgegen, dass die
Entsendestaaten in Art. IX Abs. 4 NTS die Verpflichtung eingegangen sind, von ihrer
Organisationsgewalt nicht in vollem Umfang Gebrauch zu machen und ihren Bedarf an
Zivilbediensteten in einem möglichst großen Umfang durch örtlich requirierte zivile
Arbeitskräfte zu decken. Wenn ein Entsendestaat dieser Verpflichtung nicht entspricht und
von seiner Organisationsgewalt einen zu weitgehenden Gebrauch macht, mag deshalb
ein Verstoß gegen das Vertragswerk vorliegen. Er führt aber allenfalls zu einer Streitigkeit
zwischen den Vertragsparteien des NTS über die Auslegung oder Anwendung dieses
Abkommens im Sinne von Art. XVI NTS, die ggf. in dem dort geregelten Verfahren
auszutragen und beizulegen ist (BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - aaO; 12. Februar
1985 - 1 ABR 3/83 - aaO; 28. Mai 2002 - 1 ABR 35/01 - BAGE 101, 232). Die Würdigung
der Rechtsfolgen eines solchen Verstoßes unterliegt dagegen nicht der deutschen
Gerichtsbarkeit. Das schließt es zugleich aus, mögliche Verstöße gegen das Vertragswerk
kündigungsrechtlich zugunsten der Arbeitnehmer zu berücksichtigen.
28 cc) Ebenso wenig kann der Ansicht des Klägers gefolgt werden, die Entscheidung der
britischen Streitkräfte sei deshalb kündigungsrechtlich unbeachtlich, weil sie gegen
Regelungen der Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 und der Richtlinie
2000/43/EG vom 29. Juni 2000 in ihrer innerstaatlichen Ausformung durch das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoße. Auch einer solchen Beurteilung hätte die
Prüfung vorauszugehen, ob die Entsendestaaten von der ihnen durch das NTS
zuerkannten Organisationsgewalt in zulässiger Weise Gebrauch gemacht haben. Eben
diese Prüfung ist der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen. Es kann daher offenbleiben, ob
bei Sachverhalten wie dem vorliegenden der Anwendungsbereich der Richtlinien
und/oder des AGG überhaupt eröffnet ist. Entsprechendes gilt für die Ansicht des Klägers,
die Entscheidung der Streitkräfte verstoße gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden
allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.
29 dd) Es besteht kein Anlass zu entscheiden, ob es Fälle geben kann, in denen der
Entscheidung des Entsendestaates und seiner Streitkräfte darüber, welche Arbeitsplätze
mit Zivilpersonen iSv. Art. I Abs. 1 Buchst. b NTS besetzt werden sollen, eine
Bindungswirkung im aufgezeigten Sinne ausnahmsweise nicht zukommt, etwa weil die
betreffenden Festlegungen von evident sachwidrigen, nicht mit dem Vertragswerk in
Einklang stehenden Erwägungen getragen sind. Für eine solche Annahme fehlt es im
Streitfall an jeglichen Anhaltspunkten. Die auf eine Entschließung des britischen
Parlaments zurückgehende Organisationsentscheidung der Streitkräfte zielt nicht
spezifisch auf das Arbeitsverhältnis des Klägers. Sie beruht auf einem übergreifenden,
einen ganzen Arbeitsbereich gleichmäßig betreffenden Konzept. Sie geht einher mit einer
Erweiterung des Aufgabenbereichs und Änderung der Berichtspflichten der künftigen
Arbeitsplatzinhaber. Auch waren schon die Stellen der „Station Manager“ hauptsächlich
mit Personen besetzt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Großbritannien hatten. Selbst
wenn die Entscheidung, die verbliebenen Stellen ausschließlich dem zivilen Gefolge
vorzubehalten, wesentlich durch Überlegungen zur Kosteneinsparung bestimmt gewesen
sein sollte, kann deshalb nicht die Rede davon sein, sie bewege sich offensichtlich
außerhalb der Zwecke, die dem NTS immanent sind. Das gilt umso mehr, als sich die
Beklagte ausdrücklich auf eine von den Streitkräften angestrebte stärkere „Militarisierung“
der Dienstposten berufen hat.
30 c) Im Ergebnis kommt es auf die Berechtigung der Streitkräfte, die Stellen der „Station
Business Manager“ Personen des zivilen Gefolges vorzubehalten, nicht an. Angesichts
des zugleich beschlossenen und tatsächlich durchgeführten Personalabbaus könnte sich
der Kläger auf eine Weiterbeschäftigung als „Station Business Manager“ nur berufen,
wenn er bei der Stellenbesetzung nach den Grundsätzen der Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3
Satz 1 KSchG) vorrangig zu berücksichtigen gewesen wäre. Darauf hat er sich zu keiner
Zeit berufen.
31 aa) Sind von einer Organisationsmaßnahme mehrere vergleichbare Arbeitnehmer
betroffen, so hat der Arbeitgeber - soweit diese um eine geringere Anzahl im Betrieb
fortbestehender Beschäftigungsmöglichkeiten konkurrieren - durch eine Sozialauswahl
gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zu entscheiden, welchen Arbeitnehmer er auf welchem der
noch vorhandenen Arbeitsplätze weiterbeschäftigt (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 45/11 -
Rn. 12; 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 40 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA
KSchG § 2 Nr. 79). Dieser Grundsatz kommt auch bei der Änderungskündigung zum
Tragen. § 2 Satz 1 KSchG verweist uneingeschränkt auf § 1 Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3,
Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 KSchG. Liegen dringende betriebliche Erfordernisse vor, die eine
Änderung der Arbeitsbedingungen bedingen, und stehen für eine Weiterbeschäftigung
Tätigkeiten zur Verfügung, von denen sich einige mehr und andere weniger vom Inhalt des
bisherigen Arbeitsvertrags entfernen, ist es grundsätzlich eine Frage der sozialen
Auswahl, welchem Arbeitnehmer das in dieser Hinsicht „günstigere“
Weiterbeschäftigungsangebot zu unterbreiten ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 45/11 -
aaO; 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 41 mwN, aaO).
32 bb) Will der Arbeitnehmer geltend machen, der Arbeitgeber habe bei der Beurteilung,
welchem Arbeitnehmer er die Weiterbeschäftigung zu objektiv schlechteren Bedingungen
anbietet, soziale Gesichtspunkte nicht hinreichend beachtet, muss er dies - wie in den
Fällen der Beendigungskündigung - konkret rügen. Andernfalls braucht der Arbeitgeber
die soziale Rechtfertigung der getroffenen Auswahlentscheidung mit Blick auf § 1 Abs. 3
KSchG nicht näher zu begründen.
33 cc) So liegt es hier. Aufgrund des von den Streitkräften beschlossenen Personalabbaus
kamen nur 14 der bisher 19 „Station Manager“ für eine Weiterbeschäftigung als „Station
Business Manager“ in Frage. Dem eigenen Vorbringen des Klägers zufolge wurden diese
Stellen ausschließlich mit Personen besetzt, die zuvor als „Station Manager“ beschäftigt
waren. Die Angriffe des Klägers gegen die Auswahlentscheidung richten sich nicht gegen
die Auswahl als solche, sondern ausschließlich gegen das für die verbliebenen
14 Arbeitsplätze festgelegte Stellenprofil. Darauf käme es für die Entscheidung aber nur
an, wenn auf den fraglichen Arbeitsplätzen Arbeitnehmer weiterbeschäftigt würden, die
nach den Maßstäben des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG sozial weniger schutzbedürftig sind als
der Kläger. Das hat der Kläger schon in den Vorinstanzen nicht geltend gemacht.
34 d) Da keine Verpflichtung der Streitkräfte bestand, dem Kläger eine Weiterbeschäftigung
als „Station Business Manager“ anzubieten, kann dahinstehen, ob die Beklagte dem
Kläger andernfalls entgegenhalten könnte, er habe sich auf die in Großbritannien
ausgeschriebenen Stellen nicht beworben.
35 e) Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist nicht aus anderen Gründen
unverhältnismäßig.
36 aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, eine andere Beschäftigungsmöglichkeit,
die gegenüber einer Tätigkeit als „P Barracks SHE Advisor Team Manager“ zu finanziell
geringeren Belastungen des Klägers geführt hätte, sei nicht ersichtlich. Dagegen wendet
sich dieser nicht. Ein Rechtsfehler ist auch objektiv nicht erkennbar.
37 bb) Unschädlich ist, dass die Beklagte die angestrebte Änderung der Vergütung des
Klägers nicht näher begründet hat. Wenn durch die Änderungskündigung neben der
Tätigkeit des Arbeitnehmers auch dessen Vergütung geändert werden soll, sind
grundsätzlich beide Elemente des Änderungsangebots am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
zu messen. Eine gesonderte Rechtfertigung des Vergütungsangebots ist allerdings dann
entbehrlich, wenn sich die geänderte Vergütung aus einem im Betrieb angewandten
tariflichen Vergütungssystem ergibt - also bei Eingreifen der sog. Tarifautomatik (BAG
9. September 2010 - 2 AZR 936/08 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 149; 27. November
2008 - 2 AZR 757/07 - Rn. 31 mwN, BAGE 128, 308). Davon ist im Streitfall auszugehen.
Die Parteien hatten arbeitsvertraglich die Geltung des TV AL II in seiner jeweils gültigen
Fassung vereinbart. Diese Vereinbarung blieb von der Änderung der
Vertragsbedingungen unberührt.
38 IV. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Kreft
Koch
Berger
Gans
F. Löllgen