Urteil des ArbG Wuppertal vom 24.07.2008

ArbG Wuppertal: fristlose kündigung, vergütung, gegen die guten sitten, juristische person, ultra petita, arbeitsgericht, sittenwidrigkeit, gegenleistung, kündigungsfrist, mitwirkungshandlung

Arbeitsgericht Wuppertal, 7 Ca 1177/08
Datum:
24.07.2008
Gericht:
Arbeitsgericht Wuppertal
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 Ca 1177/08
Schlagworte:
sittenwidrige Vergütung
Normen:
BGB § 138 BGB § 612
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Eine vereinbarte Vergütung ist sittenwidrig, wenn sie mehr als 1/3
unterhalb der ortsüblichen Vergütung liegt. 2. Die Ortsüblichkeit der
Vergütung bestimmt sich zunächst nach der tariflichen Vergütung. Für
eine abweichende Ortsüblichkeit ist der Arbeitgeber darlegungs- und
beweispflichtig.
Tenor:
1.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
fristlose Kündigung des Beklagten vom 14.04.2008 nicht aufgelöst wird,
sondern bis zum 15.05.2008 fortbestand.
2.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
weitere fristlose Kündigung vom 24.04.2008 nicht aufgelöst ist, sondern
bis zum 15.05.2008 fortbestand.
3.Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.027,00 € brutto nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus
jeweils 1.722,00 € seit dem 01.03.2008, seit dem 01.04.2008 und seit
dem 01.05.2008 sowie aus 861,00 € seit dem 01.06.2008 zu zahlen,
abzüglich am 29.02.2008 gezahlter 800,00 € netto sowie abzüglich am
31.03.2008 gezahlter 500,00 € netto.
4.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
5.Streitwert: 8.171,00 €.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten über den Ausspruch zweier fristloser Kündigungen sowie über
Vergütungsansprüche des Klägers.
2
Der am 03.10.1985 geborene Kläger absolvierte beim Beklagten, der einen Kfz-
Reparaturbetrieb unterhält, zunächst in der Zeit vom 01.10.2004 bis zum 26.01.2008
3
eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Nach Bestehen der Abschlussprüfung wurde
der Kläger vom Beklagten als Kfz-Mechatroniker weiter beschäftigt. Die Parteien
vereinbarten eine monatliche Nettovergütung von 800,00 €. Der Kläger war der einzige
Arbeitnehmer des Beklagten.
Am Freitag, den 28.03.2008, gegen 17 Uhr kam es zu Meinungsverschiedenheiten
zwischen den Parteien, dessen Einzelheiten zwischen ihnen streitig sind. In diesem
Zusammenhang kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mündlich fristlos, bzw.
erklärte, der Kläger solle seine Papiere nehmen und nicht wieder kommen. Zwischen
den Parteien ist streitig, ob der Kläger am Montag, den 31.03.2008, seine
Arbeitsleistung nochmals persönlich beim Beklagten anbot.
4
Am 02.04.2008 erhob der Kläger auf der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts
Wuppertal unter dem Aktenzeichen 7 Ca 1032/08 Klage gegen die mündliche
Kündigung des Beklagten vom 28.03.2008. Die Klage wurde dem Beklagten am
10.04.2008 zugestellt. Das Verfahren endete durch Klagerücknahme, nachdem der
Beklagtenvertreter im Gütetermin vom 21.05.2008 erklärte, dass aus einer mündlichen
Kündigung vom 28.03.2008 keinerlei Rechte mehr hergeleitet würden.
5
Mit Schreiben vom 04.04.2008 teilte der Kläger dem Beklagten folgendes mit:
6
„Wie Sie wissen, endete mein Arbeitsverhältnis am 28. März 2008 um ca. 17:06
Uhr. Wie wir besprochen haben, übersende ich Ihnen mein selbst verfasstes
Arbeitszeugnis zur Unterschrift.
7
Ich bitte Sie, mir das Arbeitszeugnis bis Mittwoch, den 16. April 2008, zurück zu
senden, da ich es sehr dringend für meine Unterlagen benötige.“
8
Mit Schreiben vom 14.04.2008, zugegangen am gleichen Tage, kündigte der Beklagte
das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 15.05.2008. Mit weiterem
Schreiben vom 24.04.2008 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers
erneut fristlos.
9
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die beiden fristlosen Kündigungen und
begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis erst durch die hilfsweise
ausgesprochene fristgerechte Kündigung vom 14.04.2008 zum 15.05.2008 sein Ende
gefunden hat. Er bestreitet das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626
Abs. 1 BGB.
10
Der Kläger macht ferner für die Zeit vom 01.02.2008 bis zum 15.05.2008
Vergütungsansprüche gegen den Beklagten nach der Entgeltgruppe III des
Entgeltrahmenabkommens für das Kraftfahrzeuggewerbe in Nordrhein-Westfalen
geltend. Zur Begründung trägt er vor, dass die vereinbarte Nettovergütung von 800,00 €
sittenwidrig sei. Der Tariflohn betrage 1.722,00 € brutto bei einer wöchentlichen
Arbeitszeit von 36,5 Stunden. Selbst wenn man die seitens des Beklagten behauptete
wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden zugrunde lege - nach Vortrag des Klägers
arbeitete dieser meistens mehr als 50 Stunden wöchentlich - ergebe ich aus einem
Nettolohn von 800,00 € bezogen auf eine 36,5 Stunden-Woche eine Bruttovergütung
von 981,21 €. Diese Vergütung betrage daher nur 56,6 % des Tariflohnes, so dass die
Sittenwidrigkeit auf der Hand liege.
11
Der Kläger beantragt,
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1.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose
Kündigung des Beklagten vom 14.04.2008 nicht aufgelöst wird, sondern bis zum
15.05.2008 fortbestand.
13
2.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die weitere fristlose
Kündigung des Beklagten vom 24.04.2008 nicht aufgelöst ist, sondern bis zum
15.05.2008 fortbestand.
14
3.den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 6.027,00 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.722,00 € seit
dem 01.03., seit dem 01.04.und seit dem 01.05.2008 sowie aus 861,00 € seit dem
01.06.2008 zu zahlen, abzüglich am 29.02.2008 gezahlter 800,00 € netto sowie
abzüglich am 31.03.2008 gezahlter 500,00 € netto.
15
Der Beklagte beantragt,
16
die Klage abzuweisen.
17
Zur Begründung der fristlosen Kündigungen trägt der Beklagte vor, dass der Kläger seit
dem 31.03.2008 unentschuldigt fehle und seine Arbeitsleistung nicht angeboten habe,
so dass wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung zu kündigen gewesen sei. Da der
Kläger seine Arbeitsleistung ab dem 31.03.2008 nicht weiter angeboten hätte, stünden
ihm auch keinerlei Vergütungsansprüche für die Monate April und Mai 2008 zu.
Ausweislich des Schreibens vom 04.04.2008 sei der Kläger selbst davon ausgegangen,
dass das Arbeitsverhältnis am 28. März 2008 um 17:06 Uhr geendet habe. Das
Schreiben enthalte keinerlei Hinweis, dass der Kläger mit der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses nicht einverstanden sei. Er habe die vom Beklagten
ausgesprochene mündliche Kündigung ausdrücklich akzeptiert und das
Arbeitsverhältnis als mit dem 28.03.2008 beendet angesehen.
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Die vereinbarte Vergütung sei nicht sittenwidrig. Bereits im August 2007 habe der
Beklagte den Kläger gefragt, ob er im Anschluss an die Ausbildung als Geselle im
Betrieb des Beklagten beschäftigt werden wolle. Auf Frage des Klägers habe der
Beklagte ihm erklärt, dass er bereit sei, an den Kläger im 1. Gesellenjahr monatlich
800,00 € netto zu zahlen, im 2. Gesellenjahr 1.000,00 € netto und im 3. Gesellenjahr
1.200,00 € netto, was nach eingeholter Auskunft einer üblichen Vergütung für Gesellen
in entsprechendem Alter und Ausbildungsstand entspreche. Hiermit habe sich der
Kläger ausdrücklich einverstanden erklärt. Die Vergütung sei als ortsüblich und
angemessen für den nicht tarifgebundenen Bereich einzustufen.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
20
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21
I.
22
Die Klage ist vollumfänglich begründet.
23
1.
24
Die fristlose Kündigung vom 14.04.2008 ist in Ermangelung eines wichtigen Grundes im
Sinne des § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.
25
Soweit sich der Beklagte in dem Kündigungsschreiben vom 14.04.2008 auf eine
Arbeitsverweigerung des Klägers beruft, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger nicht
verpflichtet war, seine Arbeitsleistung beim Beklagten wieder anzubieten, solange
dieser nicht ausdrücklich erklärt, dass aus der mündlichen Kündigung vom 28.03.2008
keinerlei Rechte mehr hergeleitet würden. Dies erklärte der Beklagte bzw. sein
Prozessbevollmächtigter jedoch erst im Gütetermin des Parallelverfahrens 7 Ca 1032/08
am 24.04.2008.
26
2.
27
Auch die fristlose Kündigung vom 24.04.2008 ist in Ermangelung eines wichtigen
Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.
28
Nach Erhalt des fristlosen Kündigungsschreibens vom 14.04.2008 war der Kläger nicht
verpflichtet, seine Arbeitsleistung beim Beklagten anzubieten, bevor dieser erklärt, dass
aus der fristlosen Kündigung vom 14.04.2008 keinerlei Rechte mehr hergeleitet würden.
Dies ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 01.07.2008 jedoch nicht
geschehen.
29
Das Arbeitsverhältnis endete somit aufgrund der hilfsweise fristgerechten Kündigung
vom 14.04.2008 mit Ablauf des 15.05.2008.
30
3.
31
Dem Kläger stehen auch die geltend gemachten Vergütungsansprüche zu. Die
zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung von 800,00 € netto monatlich ist gemäß §
138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, so dass gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung
als vereinbart anzusehen ist. In Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte hielt die
Kammer die Tarifvergütung für angemessen. Der Beklagte schuldet die Vergütung auch
für die Zeit vom 31.03.2008 bis zum 15.05.2008 unter dem Gesichtspunkt des
Annahmeverzugs im Sinne des § 615 BGB. Im Einzelnen:
32
a)
33
Nach der in der ständigen Rechtsprechung bemühten Formel verstößt eine
arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 BGB
und erfüllt ggf. auch den Wuchertatbestand des § 291 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB wenn ein
auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt (vergl. zuletzt
BAG vom 24.03.2004, 5 AZR 303/03, NZA 2004, 971). Nach Auffassung des BAG ist bei
der Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
vorliegt, der Wert der Leistung des Arbeitnehmers nach ihrem objektiven Wert zu
beurteilen. Ausgangspunkt zur Feststellung des Wertes der Arbeitsleistung sind dabei in
der Regel die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweiges (vergl. BAG vom
24.03.2004, a.a.O.; BAG vom 23.05.2001, 5 AZR 527/99, AuR 2001, 509). Dies gilt
jedenfalls dann, wenn in dem Wirtschaftsgebiet üblicherweise der Tariflohn gezahlt
wird. Denn dann kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass Arbeitskräfte auf
34
dem Arbeitsmarkt nur zu den Tariflohnsätzen gewonnen werden können. Liegt
allerdings die verkehrsübliche Vergütung unterhalb des Tariflohns, ist zur Ermittlung des
Wertes der Arbeitsleistung von diesem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet
auszugehen (vergl. BAG vom 23.05.2001, a.a.O.).
Nach Auffassung der Kammer ist der Arbeitgeber für eine von den Tariflöhnen
abweichende Verkehrsüblichkeit darlegungs- und beweispflichtig. Eine niedrigere
verkehrsübliche Vergütung stellt eine für den Arbeitgeber günstige Tatsache dar. Mit
den pauschalen Behauptungen, dass die vereinbarte Vergütung den bei vergleichbaren
Arbeitsverhältnissen an Berufsanfänger gezahlten Beträgen entspreche und die
Vergütung als ortsüblich und angemessen für den nicht tarifgebundenen Bereich
einzustufen sei, wird der Beklagte seiner Darlegungslast nicht gerecht. Es ist noch nicht
mal erkennbar, bei welcher Person der IHK bzw. der Innung der Beklagte Auskünfte
eingeholt haben will. Auch wird nicht dargelegt, auf welchen Erhebungen die
eingeholten Auskünfte beruhen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist daher von der
tariflichen Vergütung auszugehen.
35
Zwar ist ein endgültiger Richtwert, nach dem ein auffälliges Missverhältnis zwischen
Leistung und Gegenleistung vorliegt, bislang nicht entwickelt worden, jedoch sehen die
Instanzgerichte in der Regel eine Vergütungsabrede als sittenwidrig an, wenn sie
weniger als 2/3 des Tariflohns beträgt (vergl. LAG Berlin vom 20.02.1998, 6 Sa 145/97,
AuR 1998, 468; sowie jüngst LAG Bremen vom 17.06.2008, 1 Sa 29/08,
Pressemitteilung in NZA 2008, Heft 12 Seite IV). Das Bundesarbeitsgericht hat die
Vergütung einer Lehrkraft an einer Privatschule, die weniger als 75 % der Vergütung
vergleichbarer Lehrkräfte an öffentlichen Schulen erreicht, für sittenwidrig gehalten
(BAG vom 26.04.2006, 5 AZR 549/05, AP Nr. 63 zu § 138 BGB).
36
Der Kläger wäre als Kfz-Mechatroniker mit abgeschlossener Berufsausbildung in die
Entgeltgruppe III des Entgeltrahmentarifvertrages für das Kraftfahrzeuggewerbe in
Nordrhein-Westfalen einzugruppieren. Die dortige Bruttomonatsvergütung liegt bei
1.765,00 € bei einer 36,5 Stunden-Woche. Demgegenüber ergibt sich bei einer
Nettovergütung von 800,00 € ausgehend von den Steuerdaten des Klägers bei einem
Krankenversicherungsbeitrag von 13,8 % ein Bruttoverdienst von 1.034,98 € (vergl.
Einzelauskunft, Blatt 23 der Akte), dessen rechnerische Richtigkeit auch vom Beklagten
nicht in Zweifel gezogen wurde. Rechnet man diese Bruttovergütung von einer 38,5
Stunden-Woche auf die sich nach dem Manteltarifvertrag für das Kraftfahrzeuggewerbe
in Nordrhein Westfahlen ergebende 36,5 Stunden-Woche um, ergibt sich eine
Bruttovergütung von 981,21 €, was mithin lediglich rund 55 % des Tariflohnes entspricht.
Bei diesem Wert liegt nach übereinstimmender Meinung im Schrifttum sowie nach der
Rechtsprechung der Instanzgerichte eine sittenwidrige Vergütung vor.
37
Der Sittenwidrigkeit der Vergütung steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass der
Kläger sich mit einer Nettovergütung von 800,- € im ersten Gesellenjahr ausdrücklich
einverstanden erklärt hat. Zum einen stellt sich die Frage der Sittenwidrigkeit einer
Vergütung ja überhaupt erst dann, wenn es zuvor eine Vereinbarung in Form eines
Vertrages über die Vergütung gegeben hat. Zudem erscheint es auch nicht
rechtsmissbräuchlich, wenn ein Arbeitnehmer - insbesondere, wenn auf das
Arbeitsverhältnis das KSchG keine Anwendung findet - zunächst zu der vereinbarten
Vergütung seine Arbeitsleistung erbringt und erst zu einem späteren Zeitpunkt die
Sittenwidrigkeit geltend macht. Dieses Risiko muss dem sittenwidrige Löhne
vereinbarenden Arbeitgeber bewusst sein.
38
b)
39
Aufgrund der Unwirksamkeit der Vergütungsabrede schuldet der Beklagte gemäß § 612
Abs. 1 BGB die übliche Vergütung, wobei mangels sonstiger Anhaltspunkte von der
tariflichen Vergütung auszugehen ist. Da der Kläger bei der Berechnung seiner
Ansprüche die letzte Tariflohnerhöhung unberücksichtigt ließ, war nach dem Grundsatz
„ne ultra petita“ für jeden vollen Monat der Betrag von 1.722,00 € brutto zugrunde zu
legen, wobei der Kläger sich die erhaltenen Zahlungen von 800,00 € netto sowie von
500,00 € netto anrechnen lässt.
40
c)
41
Die Vergütung ist auch für den Zeitraum vom 31.03.2008 bis zum 15.05.2008 unter dem
Gesichtspunkt des Annahmeverzugs geschuldet. Es kann dahinstehen, ob der Kläger
am Montag, den 31.03.2008, seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß beim Beklagten
angeboten hat. Nach § 296 BGB bedarf es noch nicht einmal eines wörtlichen
Angebots, wenn die vom Arbeitgeber vorzunehmende Handlung nach Zeit und
Kalender bestimmt ist und der Arbeitgeber die Mitwirkungshandlung nicht rechtzeitig
vorgenommen hat. Nach ständiger Rechtsprechung erscheint es als reine Formsache
und damit sinnlos, dem kündigenden Arbeitgeber ein von vorneherein zur Ablehnung
verurteiltes Angebot unterbreiten zu müssen (vergl. BAG vom 10.07.1969, 5 AZR
322/68; LAG Niedersachsen vom 11.10.2004, 5 Sa 1360/03). In der Kündigung liegt
zugleich die Erklärung, die Arbeitsleistung nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr
anzunehmen. Von diesem Zeitpunkt an hat der Arbeitgeber eine kalendarisch
bestimmte Mitwirkungshandlung vorzunehmen, die darin besteht, dem Arbeitnehmer
einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm Arbeit
zuzuweisen. Diese Mitwirkungshandlung ist eine kontinuierliche, mit dem Kalender
synchron laufende Daueraufgabe und lässt die Feststellungsfunktion des Angebots
entfallen (vergl. BAG vom 18.01.2000, 9 AZR 932/98, BAGE 93, 179; BAG vom
24.09.2003, 5 AZR 500/02, AP Nr. 9 zu § 615 BGB Böswilligkeit).
42
Der Annahmeverzug ist auch nicht nach § 297 BGB ausgeschlossen. Nach dieser
Vorschrift tritt Annahmeverzug nicht ein, wenn der Arbeitnehmer in Bezug auf die
geschuldete Leistung nicht leistungsfähig oder nicht leistungswillig ist. Dabei muss der
ernsthafte Wille, die Leistung in zeitlich geschuldeten Umfang zu erbringen, vorliegen.
Der Leistungswilligkeit des Klägers steht sein Schreiben vom 04.04.2008 nicht
entgegen. Die Leistungswilligkeit kann über den Zeitpunkt des Ablaufs der
Kündigungsfrist hinaus bestehen, obwohl der Arbeitnehmer auf den Vorschlag des
Arbeitgebers zu erkennen gibt, er sei mit der Vertragsbeendigung einverstanden und
nach Ablauf der Kündigungsfrist seine Arbeitskraft zunächst nicht weiter anbietet (vergl.
LAG Niedersachsen a.a.O.). Angesichts der eindeutigen Erklärung des Beklagten vom
31.03.2008 blieb dem Kläger zunächst nichts anderes übrig, als diese Fakten zu
akzeptieren. Dies bedeutet indes nicht, dass er nicht über den 31.03.2008 hinaus bereit
gewesen wäre, die vertraglichen Tätigkeiten für den Beklagten zu übernehmen. Dies gilt
umso mehr, als dass der Kläger durch seine Klage gegen die mündliche Kündigung
beim Arbeitsgericht - aufgegeben bereits am 02.04.2008 - eindeutig zu erkennen
gegeben hat, dass er ein Interesse an einer Weiterbeschäftigung hat.
43
II.
44
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert
hat das Gericht gemäß §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 4 GKG im Urteil festgesetzt, wobei
das Gericht neben dem Zahlungsantrag für die beiden fristlosen Kündigungen jeweils
ein Gehalt in Höhe von 1.722,00 € zugrunde gelegt hat. Der Streitwert gilt zugleich als
Wert für die Gerichtsgebühren im Sinne des § 63 Abs. 2 GKG.
45
Rechtsmittelbelehrung
46
Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
47
B e r u f u n g
48
eingelegt werden.
49
Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
50
Die Berufung muss
51
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
52
beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
0211 7770 2199 eingegangen sein.
53
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
54
Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
55
1.Rechtsanwälte,
56
2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder
Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
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3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer
der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person
ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser
Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit
vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die
Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
58
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
59
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
60
Dr. Elz
61