Urteil des ArbG Oberhausen vom 20.10.2005

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Arbeitsgericht Oberhausen, 1 Ca 1111/05
Datum:
20.10.2005
Gericht:
Arbeitsgericht Oberhausen
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 Ca 1111/05
Schlagworte:
ohne
Normen:
ohne
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
kein Leitsatz vorhanden
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.000,00 im
Zusammenhang mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung April 2005 zu
bezahlen.
2. Die Kosten hat die Beklagte zu tragen.
3. Der Streitwert beträgt € 13.000,00.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger war vom 05.01.2005 bis zum 30.06.2005 als Lizenz-Fußballspieler bei dem
Beklagten beschäftigt.
2
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von dem Beklagten die Zahlung von
13.000,00 €.
3
Mit Schreiben vom 02.05.2005 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass sie ihm
gegenüber eine Vertragsstrafe in Höhe eines Monatsgehaltes verhänge, welche sie von
den Gehältern April bis Juni 2005 in Abzug bringe.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 13.000,00 im Zusammenhang mit der
Lohn- und Gehaltsabrechnung April zu bezahlen.
6
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zum Hintergrund der Vertragsstrafe trägt der Beklagte wie folgt vor:
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Der Kläger habe am 29.04.2005 wegen eines Foulspiels eine Rote Karte erhalten und
sei sodann vom Sportgericht des DFB durch Urteil vom 02.05.2005 wegen einer
Tätlichkeit mit einer Sperre von 3 Meisterschaftsspielen der Lizenzligen belegt worden.
Der Schiedsrichterbericht sage aus, dass der Kläger ein Foulspiel durch Beinstellen
beging und er sodann als der gefoulte Spieler zu Boden fiel, mit seinem rechten Beinen
an den rechten Unterschenkel des Gegenspielers getreten habe. Der Ball konnte dabei
nicht gespielt werden.
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Der Beklagte ist der Auffassung, aufgrund dieser Tätlichkeit habe der Kläger die
Vertragsstrafe verwirkt, die in § 5 des Arbeitsvertrages vereinbart worden sei. Für den
Beklagten habe das Verhalten des Klägers zur Konsequenz gehabt, dass der Kläger als
Spieler während des Abstiegkampfes nicht zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger
habe die Tätlichkeit schuldhaft begangen. Unter Berücksichtigung dass das
Arbeitsverhältnis ohnehin noch nicht einmal für 6 Monate eingegangen sei, beinhalte
die Spielsperre einen hierauf bezogen erheblichen Zeitrahmen.
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Der Kläger habe seine Arbeitsleistung in Form der Teilnahme an den
Meisterschaftsspielen nicht mehr erbringen können. Vorsorglich erhebt der Beklagte die
Einrede des nichterfüllten Vertrages.
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Der Kläger trägt vor, entgegen der Bewertung des Schiedsrichters habe er durchaus
versucht noch den Ball zu spielen. Der Gegenspieler sei auch nicht nennenswert
berührt worden. Das zuständige Sportgericht haben den Vorfall auch lediglich als
leichtes Vergehen angesehen und daher nur die Mindeststrafe verhängt. Der Kläger
rügt, dass er von der Beklagten nie die Möglichkeit erhalten habe gegen das Urteil des
DFB vorzugehen.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze beider Parteien Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
15
I.
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Die Klage ist begründet.
17
Der Beklagte ist gem. § 611 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag verpflichtet dem Kläger das
restliche Gehalt in Höhe von 13.000,00 € zu zahlen.
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Der Beklagte kann gegenüber dieser Forderungen nicht mit einer Vertragsstrafe gem. §
5 des Arbeitsvertrages aufrechnen.
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§ 5 des Arbeitsvertrages lautet wie folgt:
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"...
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Bei Verstößen des Spielers gegen Vertragspflichten ist der Club ... im Rahmen der
gesetzlichen Bestimmungen in jedem Einzelfall berechtigt, Vertragsstrafen gem. § 315
BGB gegen den Spieler festzusetzen. Als Vertragsstrafen werden vorgesehen Verweis,
Ausschluss von Clubveranstaltungen sowie Geldbußen bis zur Höhe von 1
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Monatsgehalt.
..."
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Die vorliegende Vertragsstrafenabrede ist als allgemeine Geschäftsbedingungen in den
Arbeitsvertrag der Parteien einbezogen worden. Dieses wurde erst im Jahre 2005
geschlossen, so dass die §§ 305 ff BGB Anwendung finden. Da es sich um einen
Klauselarbeitsvertrag handelt, den die Beklagte standardmäßig verwendet und der für
eine Vielzahl von Verträgen formuliert wurde, ist die Klausel § 5 des Arbeitsvertrages
gem. den oben genannten Bestimmungen zu überprüfen.
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Die Klausel ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie eine unangemessene
Benachteiligung des Klägers darstellt.
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Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 04.03.2004 (Az. 8 AZR 196/03) zwar
entschieden, dass Vertragsstrafenabreden in Formularverträgen des Arbeitsrechts
grundsätzlich zulässig seien. Gem. § 307 BGB sind Bestimmungen in AGBs unwirksam,
wenn sie den Vertragspartnern entgegen Treu und Glauben unangemessen
benachteiligen. Die unangemessene Benachteiligung liegt hier nicht in der Höhe der
Vertragsstrafe. Insofern hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 04.03.2004
ebenfalls entschieden, dass ein Monatsgehalt generell als Maßstab einer
angemessenen Vertragsstrafe geeignet sei. Eine unangemessene Benachteiligung des
Klägers ergibt sich jedoch daraus, dass die Bestimmungen nicht klar und verständlich
sind. Die Formulierung benennt die Art der Pflichtverletzung nicht so klar, dass sich der
Arbeitnehmer in seinem Verhalten darauf einstellen könnte. Es handelt sich um ein
globales Strafversprechen, dass auf die Absicherung aller arbeitsvertraglichen Pflichten
zielt. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht bereits durch die Entscheidung vom
14.12.1988, 5 AZR 10/88, entschieden, dass eine Regelung, die nicht klar erkennen
lässt, welche konkreten Pflichten durch sie tatsächlich gesichert werden sollen, mangels
Bestimmtheitsgebotes unwirksam ist. Dies wird auch durch das Urteil des
Bundesarbeitsgerichts vom 21.04.2005, Az. 8 AZR 425/04 bestätigt. Das
Bundesarbeitsgericht sieht die Pauschalabrede zur Einhaltung sämtlicher
arbeitsvertraglicher Pflichten als eine unangemessene Übersicherung des Arbeitgebers
und weist darauf hin, dass bei schuldhaften vertragswidrigen Verhaltens der Arbeitgeber
zur fristlosen Kündigung berechtigt ist und hierdurch ausreichend geschützt sei. Eine
darüber hinaus gehende Bestrafung des Arbeitnehmers könne nur durch die Verletzung
weiterer schutzwerter Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt seien. Diese müssten
dann aber auch genau bezeichnet werden.
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Die pauschale Regelung in § 5 widerspricht damit den Grundsätzen der
Rechtsprechung zum Bestimmtheitsgebot und ist bereits aus diesem Grunde
unwirksam, so dass die Beklagte hieraus keine Recht herleiten kann.
27
Daher war wie geschehen zu erkennen..
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II.
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1.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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2.
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Die Streitwertentscheidung erging nach § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 3 ZPO.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
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B e r u f u n g
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eingelegt werden.
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Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Berufung muss
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innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form
abgefassten Urteils
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beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
(0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
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Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft
oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher
Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und
der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche
Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im
wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange
die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der
Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
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* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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