Urteil des ArbG Köln vom 23.04.2009
ArbG Köln: anspruch auf beschäftigung, juristische person, halle, arbeitsgericht, feiertag, organisation, arbeitsentgelt, eigentum, berufungsschrift, verkündung
Arbeitsgericht Köln, 6 Ca 6969/08
Datum:
23.04.2009
Gericht:
Arbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 Ca 6969/08
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Kein Leitsatz
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Maschinenschachtmeister
zu beschäftigen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 24 % und der
Beklagten zu 76 % auferlegt.
4. Streitwert: 10.300,43 €.
T a t b e s t a n d :
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Die Parteien streiten um restliche Entgeltfortzahlungsansprüche des Klägers sowie um
dessen vertragsgemäße Beschäftigung.
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Der Kläger, zu 80 % schwerbehindert, ist seit dem Jahre 1982 bei der Beklagten –
zuletzt als Maschinenschachtmeister zu einem durchschnittlichen monatlichen Lohn von
3.913,26 € brutto beschäftigt.
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Mit der Begründung, er habe in der Vergangenheit pro Monat durchschnittlich 40
Überstunden geleistet und sei deshalb die Beklagte verpflichtet, auch für Zeiten seiner
Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung für diese Stunden zu zahlen, begehrt der Kläger
mit der vorliegenden Klage restliche Entgeltfortzahlung für die Monate April, Mai, Juni
und Juli 2008. Hinsichtlich der Berechnung seiner Klageforderung wird auf die von ihm
zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze verwiesen.
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Des Weiteren begehrt der Kläger seine Beschäftigung als Maschinenschachtmeister.
Unstreitig wird er derzeit als Solcher nicht beschäftigt. Die Beklagte beauftragte ihn
vielmehr Arbeiten in der Betriebshalle in ......... durchzuführen. Danach soll der Kläger
zunächst einen Plan zur Katalogisierung aller vorhandenen Geräte entwickeln und
diesen mit ihrem Geschäftsführer abstimmen, um dann alle Geräte entsprechend zu
erfassen und zu nummerieren. Sodann soll er eine Materialbestandsaufnahme machen;
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die Zuordnung der Maschinen soll durch ihn organisiert werden. Parallel dazu soll er
alle notwendigen Maschinenreparaturen erfassen, um hier ein Controlling zur
Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen vorzuhalten. Daneben wurde ihm aufgegeben, sich in
den Bereich des Arbeitsschutzes einzuarbeiten. Die früher von einem inzwischen
ausgeschiedenen Mitarbeiter, einem Ingenieur, geleisteten Tätigkeiten als Fachkraft für
Arbeitsschutz waren von Seiten der Beklagten dem TÜV übertragen worden. Gleiches
galt für die Tätigkeiten eines Gefahrenbeauftragten. Die Beklagte beabsichtigt, diese
Tätigkeiten aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen wieder durch einen
eigenen Mitarbeiter durchführen zu lassen. Sie will hiermit den Kläger beauftragen. Die
Beklagte ist insoweit der Meinung, der Kläger als Meister sei hierzu fachlich in der Lage.
Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn
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- 247,39 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 01.05.2008,
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- 989,56 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 01.06.2008,
9
- 247,40 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 01.07.2008,
10
- 989,56 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 01.08.2008,
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zu zahlen;
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2. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Maschinenschachtmeister zu beschäftigen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf
den Akteninhalt wird Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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I.
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Die Klage war nur im zugesprochenen Umfang begründet.
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1. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 611 BGB einen Anspruch auf
Beschäftigung als Maschinenschachtmeister. In dieser Funktion ist und war er bei der
Beklagten eingesetzt. Die Beklagte schuldet folglich die Beschäftigung des Klägers in
dieser Position.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten ist sie nicht berechtigt, dem Kläger die von ihr
genannten Tätigkeiten in der Halle zuzuweisen. Dabei kann dahinstehen, ob diese
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Tätigkeiten denen eines Maschinenschachtmeisters gleichwertig sind. Denn die
Beklagte ist aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, dem Kläger die vertraglich
geschuldete Arbeitsleistung zuzuweisen. Sie ist nicht berechtigt, ihm sozusagen
jedwede andere – gleichwertige – Arbeit zu übertragen.
Zwar haben die Parteien keinen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen. Dass die
Beklagte aber vertraglich berechtigt wäre, dem Kläger jedwede andere gleichwertige
Arbeit zu übertragen, hat sie selbst nicht behauptet.
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Die dem Kläger übertragenen Aufgaben in der Halle mögen zwar gleichwertig sein, sie
sind aber keine Solchen, die dem Berufsbild eines Maschinenschachtmeisters
entsprechen. Letzere sind solche vor Ort bei den Baustellen und keine
Inventarisierungsarbeiten in einer Halle.
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Mithin war dem Beschäftigungsantrag des Klägers stattzugeben.
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2. Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen
Anspruch gemäß § 4 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz auf Entgeltfortzahlung für die von
ihm in der Vergangenheit geleisteten Überstunden. Denn gemäß § 4 Abs. 1 a
Entgeltfortzahlungsgesetz gehört zu dem fortzuzahlenden Arbeitsentgelt gerade nicht
"das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt".
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Soweit das Bundesarbeitsgericht diese Frage anders entschieden hat, folgt die Kammer
dieser Rechtssprechung nicht, weil sie nicht nur gegen den eindeutigen Wortlaut des §
4 Abs. 1 a Entgeltfortzahlungsgesetz verstößt sondern auch gegen dessen Sinn und
Zweck. Der Gesetzgeber wollte mit der Änderung des Lohnfortzahlungsgesetzes das
bisher geltende Lohnausfallprinzip für die Lohnfortzahlung gerade nicht mehr
beibehalten.
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Soweit das BAG argumentiert, regelmäßige Überstunden beinhalteten eine
regelmäßige Arbeitszeit und fielen diese nicht unter die Bestimmung des § 4 Abs. 1a
EntgeltfortzahlungsG, verkennt das Gericht den eindeutigen juristischen Begriff der
"Überstunde". Eine solche ist eine über die tarifliche oder gesetzliche Arbeitszeit hinaus
geleistete Stunde. Sie wird in ihrem Charakter nicht dadurch verändert, dass sie
regelmäßig anfällt; sie wird damit nicht zur tariflichen oder gesetzlichen Arbeitszeit.
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Dass diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht gesetzeskonform ist,
ergibt sich auch aus der Regelung des Absatzes 2 von § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz.
Dort ist nämlich für den Fall, dass der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung für einen Feiertag
schuldet, ausdrücklich festgehalten, dass sich in diesem Fall der Anspruch des
Arbeitnehmers nach 3 § EntgeltfortzahlungsG bemißt, also nach dem Lohnausfallprinzip
zu berechnen ist. Dazu gehören dann auch die Überstunden, die regelmäßig anfallen
und somit auch an dem besagten Feiertag angefallen wären. Eine solche Regelung
hätte sich erübrigt, schuldete
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der Arbeitgeber auch gem. § 4 Abs. 1a EntgeltfortzahlungsG bereits Entgeltfortzahlung
inklusive der regelmäßigen Überstunden.
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Mithin war insoweit die Klage abzuweisen.
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II.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG / 92 Abs. 1 ZPO / 61 Abs. 1
ArbGG / 3 ff. ZPO.
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III.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei
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B e r u f u n g
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eingelegt werden.
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Die Berufung muss
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innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat
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beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln eingegangen sein.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
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Die Berufungsschrift
muss
Bevollmächtigte
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1. Rechtsanwälte,
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2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse
mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
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3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in
Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich
die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder
eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung
entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der
Bevollmächtigten haftet.
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Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
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* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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