Urteil des ArbG Köln vom 26.02.2009

ArbG Köln: vergleich, zulage, juristische person, arbeiter, arbeitsgericht, abmahnung, widerrufsrecht, unbefristet, vergütung, befristung

Arbeitsgericht Köln, 8 Ca 3300/08
Datum:
26.02.2009
Gericht:
Arbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 Ca 3300/08
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Kein Leitsatz
Tenor:
Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
Streitwert: 6.315,12 €.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über Lohn und die Funktion des Klägers.
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Die Beklagte zu 2.), eine hinsichtlich der Regelungen für …………, stellte den Kläger
unter vertraglicher Einbeziehung der entsprechenden Tarifregelungen zum 8. Januar
1990 als Arbeiter ein. Die Beklagte unterhielt u.a. für die Aufgabenbereiche
……………….einen Eigenbetrieb. In diesem war der Kläger beschäftigt, dabei war er
seit Juli 1998 "jederzeit widerruflich" zum ………….in der ……………….. bestellt und
erhielt die entsprechende tarifliche Zulage.
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Im Zuge der Privatisierung übertrug die Beklagte zu 2.) den …………. der Beklagten zu
1.) und schloß mit dieser einen Personalüberleitungs- und -gestellungsvertrag. Das
Arbeitsverhältnis des Klägers verblieb letztlich aufgrund seines Widerspruchs bei der
Beklagten zu 2.), welche ihn der Beklagten zu 1.) im Rahmen des Gestellungsvertrages
überläßt. Am 1. Juli 2007 vereinbarten die Beklagten miteinander, daß das
arbeitgeberseitige Weisungsrecht gegenüber den überlassenen Mitarbeitern auf die
Beklagte zu 1.) übertragen wird zur Ausübung durch den nach der Geschäftsordnung
zuständigen Geschäftsführer bzw. die von ihm beauftragten Mitarbeiter der Beklagten zu
1.).
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Die Beklagte zu 1.) widerrief per 31. August 2005 unter Hinweis auf mangelnde
Arbeitsleistungen und überdurchschnittliche krankheitsbedingte Fehlzeiten die
Bestellung des Klägers zum ………….., weshalb die Beklagte zu 2.) die Zahlung der
Zulage ab September 2005 einstellte. Der Kläger erhob gegen die hiesige Beklagte zu
2.) im Verfahren ……………. Klage auf Nachzahlung der ausgefallenen Zulagen ab
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September 2005 und deren künftige Weitergewährung, welche das Arbeitsgericht durch
Urteil vom 15. März 2006 abwies. Im Berufungsverfahren …………… schlossen die
dortigen Parteien in der mündlichen Verhandlung beim ……………am 15. September
2006 folgenden Vergleich:
1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass der Kläger ab dem 01.10.2006
befristet auf ein Jahr zum Vorarbeiter bestellt wird. Die Beklagte wird nach Ablauf
dieses Jahres unter Berücksichtigung billigen Ermessens entscheiden, inwiefern
die widerrufliche Bestellung zum …………… unbefristet verlängert wird.
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2. Es besteht Einigkeit, dass für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis zum 30.09.2006
dem Kläger keine Vorarbeiterzulagen zugestanden hat.
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3. Es besteht Einigkeit, dass das tarifvertragliche Widerrufsrecht für die Dauer der
befristeten Vorarbeiterbestellung bestehen bleibt.
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Der Kläger wurde entsprechend der getroffenen Regelung ab Oktober 2006 wieder als
……….. eingesetzt und erhielt ab diesem Monat die Vorarbeiterzulage von jeweils
176,40 €.
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Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 teilte die Beklagte zu 1.) ihm mit, daß sie in
Abstimmung mit und ausdrücklichem Einverständnis der Beklagten zu 2.) sich
entschlossen habe, die Bestellung zum ………… nicht zu verlängern, weshalb auch die
Zulage entfalle. Nach vergeblicher vorprozessualer Aufforderung zur Rücknahme der
Maßnahme hat der Kläger am 18. April 2008 das vorliegende Verfahren eingeleitet.
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Er meint, die Beklagte zu 1.) sei zum Widerruf er Vorarbeiterzulage nicht berechtigt
gewesen. Nach Ablauf des im Vergleich festgelegten Jahres sei es nicht mehr möglich
gewesen, von der Vorarbeiterbestellung abzurücken. Dies entspreche auch nicht
billigem Ermessen. Soweit sich die Beklagten vorsorglich auf einen konkludenten und
im Verfahren auch ausdrücklich erklärten Widerruf beriefen, sei auch ein solcher
unwirksam. Er habe, wie im einzelnen schriftsätzlich dargelegt, seine Aufgaben
ordnungsgemäß und fehlerfrei erledigt. Soweit die Beklagten einen Vorfall vom 18.
Dezember 2006 anführen, habe die Beklagte zu 2.) schließlich – insoweit unbestritten -
gemäß ihrer Mitteilung vom 12. Januar 2007 die Vorwürfe nicht weiter verfolgt, und
wegen der zum Vorfall vom 9. Januar 2007 erteilten Abmahnung vom 13. Februar 2007
im Abmahnungsentfernungsprozeß …………… einen Vergleich geschlossen, nach
welchem die Abmahnung am 13. Februar 2008 aus der Personalakte zu nehmen war.
Seine Arbeitsunfähigkeit in 2007 an insgesamt 86 Tagen sei für die Dauer von 61 Tage
durch einen Arbeitsunfall verursacht gewesen.
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Schließlich ist der Kläger der Auffassung, vor dem Widerruf der Vorarbeiterzulage habe
sowohl der Betriebsrat als auch der Personalrat angehört werden müssen, jedenfalls
habe die Beklagte zu 2.) die bei der Gewährung von tariflichen Leistungszuschlägen
vorgesehene Kommission beteiligen müssen.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
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1. die Beklagte zu 2.), hilfsweise die Beklagte zu 1.) zu verurteilen, an ihn
705,60 € brutto zu zahlen, zzgl. 5% Jahreszinsen aus jeweils 176,40 € ab
dem 31.01.2008, 29.02.2008, 31.3.2008 und 30.04.2008,
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2. festzustellen, daß die Beklagte zu 2.), hilfsweise die Beklagte zu 1.),
verpflichtet wird, auch zukünftig monatlich an den Kläger ab dem Monat Mai
2008 eine Vorarbeiterzulage zu zahlen in Höhe von monatlich jeweils 176,40
€,
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3. festzustellen, daß der von der Beklagten zu 1.) mit Schriftsatz vom
31.10.2008 erklärte Widerruf der Vorarbeiterzulage unwirksam ist.
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Die Beklagten beantragten
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweisen darauf, daß der Kläger seine Aufgaben zur Anleitung, Führung und
Überwachung der Kolonne mangelhaft erfüllt habe, beispielhaft dargestellt an den im
einzelnen beschriebenen Vorfällen am 2. November 2006 (………….), 18. Dezember
2006 (…………….) und 9. Januar 2007 (…………….). Zudem stünden die häufigen
Fehlzeiten einem geregelten Einsatz bei der ………….. entgegen. Von den 86
Fehltagen in 2007 hätten nur 59 auf dem Arbeitsunfall beruht, neben den weitere 27
Tagen = 5,5 Wochen Abwesenheit. Dies habe sich in 2008 fortgesetzt, der Kläger habe
– nach insoweit unbestrittenem Vortrag vom 3. November 2008 – seit Januar 2008
bereits wieder an 56 Tagen = 11 Wochen gefehlt.
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Wegen des weiteren hier nach § 313 Abs. 2 S. 1 ZPO knapp zusammengefaßten Sach-
und Streitstandes wird gemäß § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO auf den Akteninhalt Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage konnte keinen Erfolg haben. Diese Bewertung beruht im wesentlichen auf
folgenden gemäß § 313 Abs. 3 ZPO kurz zusammengefaßten Erwägungen, welche die
Kammer bei der Entscheidungsfindung angestellt hat:
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Wegen des Antrags zu 3.) ist die Klage bereits unzulässig. Eine Feststellungsklage ist
gemäß § 256 Abs. 1 ZPO 1. Alt. nur gegeben, wenn der Antrag auf Klärung eines
Rechtsverhältnisses, konkret das Bestehen oder Nichtbestehen eines solchen, gerichtet
ist. Erklärungen oder Handlungen, die in Bezug auf bestimmte Ausgestaltungen des
Rechtsverhältnisses erfolgt sind, sind kein solches, ebensowenig ist dies die
Rechtswirkung entsprechender vertragsbezogener Verhaltensweisen, wie die
Übertragung oder der Entzug von Funktionen. Eine Wirksamkeitsprüfung ist insoweit
inzident im Rahmen der vorrangigen Leistungsklage zur Geltendmachung des
entsprechenden Vertragsanspruchs einzubringen, wie sie der Kläger mit dem Antrag zu
1.) geltend macht, ferner im Rahmen der für die Zeit ab Mai 2008 sowie für die Zukunft
eingeforderten künftigen Zulagenzahlungspflicht, welche im Verhältnis zu einem
öffentlichen Arbeitgeber ausnahmsweise auch im Wege der Feststellungsklage geltend
gemacht werden kann, da bei diesem zu erwarten ist, daß er sich an eine gerichtliche
Feststellung in Bezug auf geschuldete Vergütungsbestandteile halten würde.
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Wegen der danach zulässigen Anträge zu 1.) und 2.) ist die Klage unbegründet. Der
Kläger hat ab Januar 2008 keinen Anspruch auf die geforderte Vorarbeiterzulage,
ebensowenig ist ersichtlich, daß ein solcher künftig entstehen wird. Unstreitig war der
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Kläger über den 31. Dezember 2007 hinaus nicht mehr als Vorarbeiter eingesetzt. Ein
Anspruch auf die Vergütung unter Einschluß der entsprechenden Zulage ergab sich
nicht aus §§ 615 S. 1, 293, 296 S. 1 i.V.m. 615 S. 2, 611 Abs. 1 BGB, denn die Zulage
war nicht dauerhaft Teil der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten "vereinbarten
Vergütung" geworden. Der maßgebliche Arbeitsvertrag des Klägers mit der Beklagten
zu 2.) legt keine konkrete Vergütung unter Einschluß einer Vorarbeiterzulage fest,
sondern diejenige, die sich aus den einbezogenen Tarifbestimmungen ergibt. Diese
umfaßt nicht mehr die Vorarbeiterzulage gemäß § 4 Abs. 2 BZT-G/NRW .
Die tarifliche Vorarbeiterzulage ist als funktionsbezogenes Zusatzentgelt davon
abhängig, daß die entsprechende Funktion übertragen ist und vom Arbeitnehmer
ausgeübt wird. Eine tarifvertragliche Bestimmung über die Vorarbeiterbestellung setzt
daher nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig die Möglichkeit
des Widerrufs voraus. Dieses tarifliche Recht zum jederzeitigen Widerruf steht hier
ersichtlich außer Streit, wurde sogar ausdrücklich – und mehrfach - im Vergleich des
Klägers mit der Beklagten zu 2.) beim …………………….. festgehalten.
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Unstreitig sind dem Kläger seit Januar 2008 keine entsprechenden Funktionen zur
Führung einer Arbeitsgruppe mehr übertragen. Dies war nicht vertragswidrig, denn der
Kläger und die Beklagte zu 2.) haben als Vertragsparteien weder die Vorarbeiterposition
noch die Zulage zum konkreten auf Dauer festgelegten Leistungsinhalt ihres
Arbeitsvertrages gemacht. Vielmehr umfaßte dieser das Austauschverhältnis für die
Tätigkeit als gemeindlicher Arbeiter im Rahmen der hierfür gültigen tariflichen
Bestimmungen.
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Dieser vertragliche und tarifliche – weit gespannte - Rahmen bestimmt auch das
arbeitgeberseitige Direktionsrecht zur Zuweisung konkreter Arbeitsaufgaben, welches
die Beklagte zu 2.) zulässigerweise im Rahmen des Änderungsvertrages vom 1. Juli
2007 zum zwischen den Beklagtenparteien geltenden Personalgestellungsvertrag auf
die Beklagte zu 1.) übertragen hat.
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Die Beklagte zu 1.) war bei Übernahme des Direktionsrechts ebenso wie zuvor die
Beklagte zu 2.) an die Verpflichtungen aus dem von dieser geschlossenen Vergleich
vom 15. September 2006 gebunden, wonach der Kläger ab Oktober 2006 für ein Jahr
zum Vorarbeiter bestellt war – wenngleich bereits für diese Jahresfrist ausdrücklich der
zusätzliche Fortbestand des Widerrufsrechts vereinbart war (Ziff. 3), von welchem aber
weder die Beklagte zu 2.) noch nach Erhalt der "eigenen" Direktionsbefugnisse die
Beklagte zu 1.) Gebrauch gemacht hat.
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Weder hierdurch noch dadurch, daß die Beklagte zu 1.) nicht unmittelbar zum Ablauf
des Jahres die Vorarbeiterbestellung rückgängig gemacht hat, ist dem Kläger die
entsprechende Funktion dauerhaft übertragen worden.
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Die Formulierungen in Ziff. 1 des Vergleichs sind nicht eindeutig. Nach dem Wortlaut
des Satz 1 mit der Befristung der Vorarbeiterbestellung auf ein Jahr wäre diese "von
selbst" mit Ablauf des Jahres wieder entfallen. Nach Satz 2 sollte "nach Ablauf dieses
Jahres" eine erneute Entscheidung getroffen werden, "inwiefern" (?) die widerrufliche
Bestellung zum Vorarbeiter unbefristet verlängert wird. Danach hätte es nur dann einer
(positiven) Entscheidung bedurft, wenn die Vorarbeiterbestellung über das Jahr hinaus
hätte verlängert werden sollen, andernfalls wäre diese mit Ablauf des 30. September
2009 aufgrund der Befristung entfallen. Dann allerdings wäre die "nach Ablauf dieses
30
Jahres", d.h. nach dem schon eingetretenen Wegfall der Vorarbeiterbestellung von der
Arbeitgeberin bzw. inzwischen der Direktionsrechtsinhaberin zu treffende Entscheidung
keine solche über die Verlängerung der Bestellung, sondern über eine erneute
Bestellung gewesen.
Nach den tatsächlichen Abläufen hat die Beklagte zu 1.) den Kläger über die im
Vergleich festgelegte Jahresfrist weiter als Vorarbeiter beschäftigt und die Beklagte zu
2.) ihn mit der entsprechenden Zulage vergütet. Dies ändert nichts daran, daß die
entsprechende Funktion nach wie vor jederzeit widerruflich übertragen war, wobei der
Widerruf – ebenso wie die im Vergleich angesprochene, nach Ablauf des Jahres zu
treffende "Entscheidung" – einseitig vom Inhaber des Direktionsrechts nach den
Grundsätzen billigen Ermessens ausgeübt werden konnte.
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Die Mitteilung der Beklagten zu 1.) im Schreiben vom 28. Dezember 2007 konnte nach
den Vorgaben des beim Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleichs sowohl eine
Entscheidung nach Ziff. 1 S. 2 des Vergleichs sein, wenn die dortige in sich
widersprüchliche Regelung so ausgelegt werden sollte, daß tatsächlich keine Befristung
im Rechtssinne vereinbart wurde, sondern eine jederzeit widerrufliche Stellung
übertragen werden sollte, die aber grundsätzlich für ein Jahr beibehalten bleiben und
erst nach Ablauf des Jahres zur erneuten Überprüfung gestellt werden sollte, wobei die
Beklagte zu 1.) mit dem Schreiben vom 28. Dezember 2007 das Ergebnis der
Abwägung der für die Billigkeitsentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte sowie der
weiterhin erforderlichen Abstimmung mit der Beklagten zu 2.) als Vertragsarbeitgeberin
des Klägers mitgeteilt hat. Jedenfalls ergab sich zugleich der objektive Erklärungswert
eines Widerrufs der - auch bei der schon unbefristet verlängerten widerruflichen
Bestellung zum Vorarbeiter - ohne weiteres zulässig und rechtlich erforderlich war,
wenn der Vergleich entsprechend seinem Wortlaut ausgelegt wird, so daß die befristete
Bestellung mit Jahresablauf zum 30. September 2007 ausgelaufen war und die
anschließende Weiterbeschäftigung eine konkludente Neubestellung zum Vorarbeiter
umfaßte. Auch zu diesem Widerruf war die Beklagte zu 1.) als aktuelle
Direktionsrechtsinhaberin befugt – wobei dies angesichts des ausdrücklichen
Einverständnisses der Beklagten zu 2.) mit der Maßnahme letztlich unerheblich ist.
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Sowohl die Mitteilung einer "Nichtverlängerungsentscheidung" nach Ziff. 1 S. 2 des
Vergleichs vom 15. September 2006 als auch eines Widerrufs der über den Fristablauf
fortgeführten Vorarbeiterbestellung bewirkte, daß dem Kläger seit Januar 2008 keine
Vorarbeiterfunktionen mehr zugewiesen werden mußten und die Beklagte zu 1.)
berechtigt war dem Kläger nur noch die darüber hinaus verbliebenen Tätigkeiten als
vollbeschäftigter Arbeiter gemäß den Bestimmungen der einschlägigen Tarifverträge
zuzuweisen. Nach der Wertung des Bundesarbeitsgerichts ist ebenso wie das Recht zur
Auswahl und Bestellung eines bestimmten Arbeitnehmers zum Vorarbeiter auch das
Recht zur Abberufung aus dieser Funktion und das Widerrufsrecht Bestandteil des
tariflich gestalteten Direktionsrechts des Arbeitgebers. Seine Ausübung führt nicht zu
einer Änderung des Arbeitsvertrages in seinem inhaltlichen Kernbereich, sondern läßt
diesen unberührt. Geändert werden nur die Arbeitsbedingungen im Rahmen des
bestehenden Arbeitsvertrages. Hieraus ergibt sich auch, daß der Widerruf der
Bestellung zum Vorarbeiter nicht der Änderungskündigung durch den Arbeitgeber -
demgemäß auch nicht der entsprechenden Beteiligung des bei ihm bestehenden
Personalrats - bedarf, sondern durch einseitige Erklärung des Arbeitgebers bzw. bei der
hier vorliegenden Aufteilung der Arbeitgeberfunktionen des Direktionsrechtsinhabers
erfolgen kann. Es ist auch nicht ersichtlich, daß eine die Wirksamkeit der Maßnahme
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hindernde notwendige Mitbestimmung des beim Direktionsrechtsinhaber gewählten
Betriebsrats erfolgen muß; auch der Kläger, welcher sich pauschal auf
Beteiligungspflichten beruft, verdeutlicht nicht, welchen konkreten
Mitbestimmungstatbestand er hierfür in Anspruch nehmen will und verletzt sieht.
Die Übertragung von Arbeiteraufgaben ohne Vorarbeiterfunktionen war, wie ausgeführt,
vom Arbeitsvertrag des Klägers abgedeckt. Im den Tarifregelungen für Arbeiter der
Gemeinden unterstellten Arbeitsverhältnis ergab sich ein weiter Raum zur einseitigen
Gestaltung der konkreten Arbeitsbedingungen. Das Direktionsrecht umfaßt die gesamte
Reichweite der für den Arbeitnehmer gültigen Eingruppierung. Zulagen – unter
Einschluß derjenigen für die Vorarbeiterfunktion – gehören allerdings nicht zu den
Merkmalen für die Eingruppierung nach Lohngruppen. Mit der Bestellung zum
Vorarbeiter und Zuerkennung der entsprechenden Zulage ändert sich demnach nicht
die Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe ebensowenig wie umgekehrt mit der
Abberufung bzw. Aberkennung. Nachdem also mit der unter Herausnahme der
Vorarbeiterfunktionen fortgesetzten Beschäftigung seit Januar 2008 keine neue
Eingruppierung – konkret Rückgruppierung – des Klägers verbunden war, ergab sich
auch aus diesem Gesichtspunkt kein gesetzlicher Ansatzpunkt für eine obligatorische
Mitbestimmung des Personalrats seiner Arbeitgeberin – erst Recht nicht des
Betriebsrats der Direktionsrechtsinhaberin. Ebensowenig war eine solche aus dem
Gesichtspunkt der Versetzung geboten, da der Kläger in der unveränderten
vertraglichen Position als Arbeiter seiner Lohngruppe im bisherigen Einsatzbereich
verblieben ist. Daß sich durch den Wegfall der Vorarbeiterfunktionen die Tätigkeit und
die damit verbundenen Arbeitsumstände in der für den Versetzungsbegriff geforderten
Erheblichkeit geändert haben, ist aus dem beigebrachten Vorbringen gleichfalls nicht
erkennbar.
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Ebensowenig ergibt sich eine tarifliche Vorgabe zur Einschaltung einer
Prüfungskommission. Die Vorarbeiterzulage und erst Recht nicht die zugrundeliegende
Vorarbeiterbestellung bzw. deren Rückgängigmachung hat nichts mit einer
Leistungsbewertung zur Festlegung des Leistungszuschlags nach § 4 Abs. 4 BZT-
G/NRW zu tun. Vielmehr war der Entzug der Vorarbeiterfunktionen als der Beklagten zu
1.) übertragene Direktionsmaßnahme im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages
des Klägers mit der Beklagten zu 2.) einseitig und mitbestimmungsfrei zulässig, dabei
war die Beklagte zu 1.) – sowohl nach der Vergleichsbestimmung zur nach Jahresablauf
zu treffenden Entscheidung als auch bei Ausübung des daneben bestehenden und als
uneingeschränkt gültig bestätigten Widerrufsrechts - nur an das allgemeine Gebot der
Beachtung der Billigkeitsgrundsätze der §§ 106 GewO, 315 BGB gebunden, d.h. die
Maßnahme durfte nicht willkürlich und schikanös sein. Solches war nicht erkennbar.
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Beide Beklagten haben die Umstände für die Entscheidung der Beklagten zu 1,), dem
Kläger die Führungs- und Überwachungsfunktionen als Vorarbeiter einer Kolonne nicht
dauerhaft zu übertragen bzw. erneut zu entziehen, im einzelnen dargelegt und zum
einen die Unzufriedenheit mit der Art der Erledigung der entsprechenden
verantwortlichen Aufgaben anhand konkret eingeführter Einzelvorfälle sachlich
begründet, zum anderen auf die außergewöhnlichen Fehlzeiten verwiesen, welche seit
Jahren einen durchgängigen Störungsfaktor bilden und der sinnvollen Einplanbarkeit
des Klägers für die Aufgaben bei der Führung der Arbeitsgruppe entgegenstehen.
Dieser Aspekt war bereits mit ausschlaggebend für den ersten Widerruf der
Vorarbeiterbestellung per Ende August 2005 und, so die ausdrückliche Bestätigung des
Klägervertreters im heutigen Kammertermin, der hauptsächliche Grund für die
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Vereinbarung der befristeten erneuten Vorarbeiterbestellung, damit während des
"Bewährungsjahres" auch die weitere Fehlzeitenentwicklung beobachtet werden
konnte. Die überdurchschnittlich hohen Ausfälle beim Kläger haben sich aber weiter
fortgesetzt, eine krankheitsbedingte Abwesenheit an 86 Tagen im Laufe des Jahres
2007 belegt, daß eine Kontinuität beim Inhaber der Führungs- und
Überwachungsfunktionen mit ihm nicht zu erreichen ist. Es besteht aber ein
anzuerkennendes betriebliches Interesse an geordneten Strukturen mit gefestigten
"Hierarchien", in welchen sinnvoll und reibungsfrei gearbeitet werden kann. Die Gründe
für die überdurchschnittlichen Fehlzeiten spielen für ihre negativen Auswirkungen keine
Rolle. Ein Mitarbeiter, der fehlt, kann die Arbeitsgruppe nicht führen, dies stört die
betrieblichen Einsatzplanungen und Abläufe, unabhängig davon, ob die
Arbeitsunfähigkeit auf einer Aufopferung für den Betrieb beruht, einer schicksalhaften
Erkrankung oder einem ungesunden Lebenswandel.
Auch die weiteren Vorfälle, mit denen die Beklagten die Unzufriedenheit mit den
Leistungen des Klägers als Vorarbeiter begründen, stehen einem schikanösen oder
willkürlichen Hintergrund für die Maßnahme entgegen. Auch der Kläger hat keine
nachvollziehbaren Umstände für eine solche Motivation dargelegt, obwohl dies im
Prozeß seine Aufgabe war, wenn er sich gegenüber einer dem einseitigen
Bestimmungsrecht durch die die gegnerische Partei unterliegenden Maßnahme auf
Unbilligkeit oder gar Rechtsmißbrauch berufen will.
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Dem Arbeitgeber bzw. Direktionsrechtsinhaber ist ein umfassendes Ermessen bei der
Auswahl der Vorarbeiter zugebilligt, welches einen auch subjektiv geprägten
Beurteilungsspielraum einschließt, denn mit den Vorarbeiterfunktionen werden
bestimmte arbeitgeberseitige Weisungsbefugnisse einem Arbeitnehmer zur Ausübung
gegenüber den Kollegen einer Arbeitsgruppe übertragen. Die Vorarbeiterstellung beruht
auf vom Arbeitgeber bzw. Direktionsrechtsinhaber abgeleiteten Befugnissen und es liegt
allein bei diesem, wem er seine Rechte zur Ausübung überträgt und welchem
Arbeitnehmer er die sich daraus ergebenden Tätigkeiten ermöglicht, indem er ihm eine
Gruppe unterstellt und deren Mitglieder arbeitsvertraglich dazu verpflichtet, den
Anweisungen dieses Kollegen Folge zu leisten. Solches erfordert neben dem Zutrauen
in die fachliche Kompetenz auch ein persönliches Vertrauen in die Zuverlässigkeit und
Loyalität des zum "Repräsentanten" vor Ort gemachten Mitarbeiters, seine Fähigkeit zur
sachgerechten Kommunikation und reibungslosen Zusammenarbeit mit den weiteren
Arbeitsgruppenmitgliedern wie den ihm übergeordneten Vorgesetzten und zur
Wahrnehmung der mit der Vorarbeiterstellung verbundenen Vorbildfunktionen. Unter
diesem "Leitbild" konnten die angesprochenen Vorwürfe das Zutrauen in die Eignung
des Klägers als Vorarbeiter "auf Dauer" erheblich beeinträchtigen. Schließlich ist zu
berücksichtigen, daß die Beklagte zu 2.) ihm im Zusammenhang mit der
Einstellungsmitteilung vom 12. Januar 2007 einen förmlichen Vorhalt mit
Pflichtenmahnung erteilt hat und in der Zeit der Entscheidung über die Weiterführung
der Vorarbeiterbestellung bzw. den Widerruf eine formelle Abmahnung vorhanden war,
welche, wie durch den Vergleich im Verfahren ……………. außer Streit gestellt wurde,
in der noch bis zum 13. Februar 2008 laufenden "Bleibefrist" berechtigterweise zur
Personalakte gehörte, dies wegen der zu ………………. geführt habenden Arbeitsweise
in der vom Kläger geführten Kolonne am 9. Januar 2007.
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Gab es danach sowohl objektive (Fehlzeiten) als auch subjektive (Unzufriedenheit)
Gründe dafür, dem Kläger die ihm übertragenen abgeleiteten Leitungsbefugnisse für die
Arbeitsgruppe nicht dauerhaft zu belassen bzw. wieder zu entziehen, war diese
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Maßnahme weder unbillig noch schikanös oder willkürlich oder gar
rechtsmißbräuchlich. Im Gegenteil ist die Beklagte zu 2.) ist dem Kläger bereits im
vorangegangenen Verfahren durch den Abschluß des Vergleichs vom 15. September
2006 entgegengekommen, mit welchem ihm eine erneute Bewährungschance
eingeräumt wurde. Weder sie noch – nach Übernahme der Direktionsbefugnisse - die
Beklagte zu 1.) hat das im Vergleich zusätzlich festgelegte Widerrufsrecht während der
Jahresfrist genutzt, obwohl bereits seit Beginn des vereinbarten Prüfungsjahres erneut
die Störungen aufgetreten und Personalgespräche mit dem Kläger zu führen waren,
auch der Vorhalt und die Abmahnung erteilt werden mußte. Dennoch wurde dem Kläger
das volle Bewährungsjahr ab Oktober 2006 zugebilligt und sogar bis zum Jahresende
2007 verlängert. Der Billigkeit widersprechendes Arbeitgeber- bzw.
Direktionsrechtsinhaberverhalten ist danach nicht zu erkennen.
Die zu Lasten des voll unterlegenen Klägers gehende Kostenentscheidung ergibt sich
aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung nach § 61 Abs. 1 ArbGG erfolgte gemäß
§§ 3, 4, 5 ZPO, 42 Abs. 3 GKG. Die Kammer folgt der Auffassung, nach welcher bei
einer objektiven Klagehäufung sowohl der Leistungsantrag – hier gemäß dem Antrag zu
1.) - zu berücksichtigen ist und darüberhinaus der weitere, hier im Wege der Klage
gemäß § 256 ZPO – zu Ziff. 2) - eingebrachte Antrag, der entsprechend dem dreifachen
Jahresmehrbetrag der damit für die Zukunft zur Feststellung geforderten
Rentenzahlungspflicht unter Berücksichtigung des sgn. Feststellungsabschlags von
20% bewertet wurde. Die Vernachlässigung von Rückständen bis zur Klageerhebung
gemäß § 42 Abs. 5 S. 1 letzter Halbsatz GKG ist nur im Rahmen eines Antrags geboten,
für welchen diese besondere Wertfestsetzungsanordnung für "Wiederkehrende
Leistungen" gilt, d.h. einen Antrag gemäß § 258 ZPO. Für die "normale" Zahlungsklage
gemäß dem Antrag zu 1.) ist § 42 GKG nicht einschlägig, hierfür gelten die allgemeinen
Festsetzungsregelungen in der ZPO, so daß hier gemäß § 3 ZPO der Nennbetrag der
vollen eingeklagten Forderung maßgeblich war. Den weitergehenden Antrag zu 3.) hat
die Kammer in Analogie zum Bestandswert nach § 42 Abs. 4 S. 1 GKG mit dem
Quartalsbetrag der Vorarbeiterzulage bewertet.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen dieses Urteil kann der Kläger
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Berufung
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einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 € übersteigt.
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Für die Beklagten ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Berufung muß innerhalb einer Notfrist (eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht
verlängert werden) von einem Monat beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße
33, 50670 Köln eingegangen sein. Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in
vollständiger Form abgefaßten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach
dessen Verkündung.
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Die Berufungsschrift muß von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter von Gewerkschaften
oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher
Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und
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der Zusammenschluß, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche
Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im
wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange
die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozeßvertretung der
Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.