Urteil des ArbG Karlsruhe vom 10.04.2002

ArbG Karlsruhe: agb, allgemeine geschäftsbedingungen, vergleich, unklarheitenregel, begriff, rückzahlung, pfändung, arbeitslosenhilfe, abtretungsvertrag, krankengeld

ArbG Karlsruhe Urteil vom 10.4.2002, 9 Ca 679/01
Auslegung einer Abtretungsvereinbarung - Sozialabfindung als sonstiger Entgeltanspruch
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf Euro 10.127,34.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten, zuletzt um einen Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung eines Sozialabfindungsbetrages, welchen die Klägerin sowohl an
den Beklagten als auch an die Streithelferin ausgezahlt hat.
2
Zwischen den Parteien bestand ein Arbeitsverhältnis. Nach mehreren Rechtsstreitigkeiten schlossen die Parteien am 20.06.2001 einen
Vergleich vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe (Az. 9 Ca 87/01), wonach das Beschäftigungsverhältnis des hiesigen Beklagten zum 31. Dezember
2001 enden sollte. Die Arbeitgeberin, die hiesige Klägerin, verpflichtete sich, für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Sozialabfindung i. H. v.
20.000,00 DM zu bezahlen. Der Abfindungsbetrag war zum 30.09.2001 zur Zahlung fällig.
3
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2001 wandte sich die Streithelferin an die Klägerin und legte die ihr gegenüber erteilte Abtretung des Beklagten
vom 03.08.1999 (Bl. 10 d. A.). Ein entsprechendes Schreiben hatte die Streitverkündete selbst bereits unter dem 10.03.2000 an die Klägerin
versandt. Nachdem vom Einkommen des Beklagten jedoch keine pfändbaren Anteile verblieben, erfolgte auch keine Zahlung an die
Streithelferin.
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Die Abtretung vom 03.08.1999 (Bl. 11 d. A.) trägt die Überschrift "Abtretung von Ansprüchen auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen". Sie
regelt die abgetretenen Ansprüche unter I. wie folgt:
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"1. Wir treten hiermit den pfändbaren Teil unserer Lohn-, Gehalts-, Pensions- und sonstigen Entgeltansprüche aus unseren gegenwärtigen und
künftigen Arbeitsverhältnissen gegen die jeweiligen Arbeitgeber sowie unserer Provisions- und sonstigen Entgeltansprüche gegen den
jeweiligen Leistungsverpflichteten an die ... ab. Ferner treten wir die gemäß § 53 Absatz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) -- Erstes Buch -- abtretbaren
Teile unserer etwaigen gegenwärtigen und künftigen Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie etwa auf Arbeitslosengeld und
Arbeitslosenhilfe, Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld (§ 19 SGB), Krankengeld (§ 21 SGB), Erwerbsunfähigkeits-, Berufsunfähigkeits-, Alters-
und Hinterbliebenenrecht (§§ 22, 23, 24 SGB) gegen die jeweiligen Leistungsträger an die ... ab."
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Die Klägerin hat daraufhin an die Streithelferin einen Betrag i. H. v. 18.529,92 DM aus der Abfindungssumme bezahlt.
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Mit Schreiben vom 12.10.2001 hat der Beklagte die Klägerin aufgefordert, den Nettobetrag aus der Abfindung i. H. v. 19.300,07 DM an ihn zu
bezahlen.
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Aufgrund vom Beklagten eingeleiteter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zahlte die Klägerin sodann an den Beklagten 19.807,35 DM, deren
Rückzahlung sie nunmehr im Klagewege begehrt.
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Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe mit schuldbefreiender Wirkung aufgrund der vorgelegten Abtretungserklärung an die Streithelferin
zahlen dürfen. Die in dem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Sozialabfindung fielen unter den Begriff "der sonstigen Entgeltansprüche" in Ziff. I
1. der Abtretungserklärung.
10 Der Beklagte habe daher keinen Anspruch mehr aus dem Vergleich des Arbeitsgerichtes Karlsruhe gehabt, so dass er den Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss gegen die Klägerin zu Unrecht erwirkt habe.
11 Die Klägerin hat demgemäß zuletzt beantragt:
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1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.127,34 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu
bezahlen.
13 Der Beklagte hat beantragt
14
Klagabweisung.
15 Die Streithelferin hat sich dem Klageantrag angeschlossen.
16 Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei nicht berechtigt gewesen, aufgrund der Abtretungserklärung vom 03.08.1999 die
Sozialabfindung an die Streithelferin zu bezahlen. Der Abfindungsanspruch sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von der
Abtretungserklärung erfaßt. Jedenfalls hätte er, auch unter Berücksichtigung der Regelungen des AGB-Gesetzes ausdrücklich aufgeführt werden
müssen, nachdem in der Erklärung sehr detailliert eine Vielzahl von Zahlungsansprüchen aufgenommen sei. Jedenfalls sei Ziff. 1 der
Abtretungserklärung im Hinblick auf § 5 AGB unklar. Zu verweisen sei ergänzend auch auf Artikel 5 Satz 2 und 3 der EG-Verbraucherrichtlinie.
17 Schließlich hätte die Klägerin beim Abschluss des Vergleiches den Beklagten über die Offenlegung der Abtretung, welche bereits am 10.03.2000
erfolgt war, hinweisen müssen. Zweck und Geschäftsgrundlage des Vergleiches sei gewesen, dem Beklagten die Sozialabfindung zukommen zu
lassen. Sollte die Lohnabtretung entgegen der Auffassung des Beklagten die Sozialabfindung umfassen, so sei ihm ein Schaden in Höhe der
Klagforderung entstanden. Mit diesem Schadenersatzanspruch erklärt er gegenüber der Klagforderung die Aufrechnung.
18 Schließlich verweist der Beklagte noch auf § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 23.06.1988. Danach bedürfen
Lohnabtretungen zu ihrer Wirksamkeit der ausdrücklichen Zustimmung des Arbeitgebers. Diese Zustimmung wurde von der Klägerin nicht erteilt,
jedenfalls sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die erforderliche Zustimmung zu versagen.
19 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, soweit sie
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Hinsichtlich der Zulässigkeit des bezifferten Klagantrages bestehen keine Bedenken.
II.
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In der Sache hat die Klage jedoch keinen Erfolg.
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Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung des aufgrund des vom Beklagten erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
gezahlten Betrages i. H. v. insgesamt 19.807,35 DM zu.
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Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist zu Recht aufgrund einer Zahlungsforderung des Beklagten aus Ziff. 2 des gerichtlichen
Vergleiches vom 20.06.2001 ergangen.
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Die Klägerin war nicht berechtigt, mit schuldbefreiender Wirkung die Abfindungszahlung an die Streithelferin gemäß § 407 BGB zu leisten.
Der Anspruch des Beklagten war somit durch diese Zahlung noch nicht erloschen.
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1. Zwar kann auch ein Anspruch auf Zahlung einer Sozialabfindung gemäß § 398 BGB abgetreten werden. Der Entschädigungscharakter
der Abfindung steht dem nicht entgegen. Auch eine Vorausabtretung ist zulässig (KR-Spilger, § 10 KSchG, Rdz. 14, 15 m. w. N.).
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Ihrer Rechtsnatur nach handelt es sich bei der Sozialabfindung jedoch weder um einen Ersatz für entgangenes Arbeitsentgelt, noch um
einen vertraglichen oder deliktischen Schadensersatz, sondern um einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes trotz Vorliegens
einer sozialwidrigen Kündigung (allgemeine Ansicht; vgl. BAG, Urteil v. 06.12.1984, AP Nr. 14 zu § 61 KO-Kittner/Däubler-Zwanziger,
Kündigungsschutzrecht, § 10 KSchG Rdz. 26 m. w. N.). Die Abfindung ist ein folgenrechtliches Äquivalent für die Aufgabe des als
"sozialen Besitzstand" anzusehenden Arbeitsplatzes und hat somit Entschädigungsfunktion.
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2. Ob die Abtretungserklärung den Anspruch auf Zahlung einer Sozialabfindung miterfaßt, ist jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen.
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Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der Abtretungsvertrag vom 03.08.1999 von den Vertragsparteien (dem Beklagten,
seiner Ehefrau und der Streithelferin) nicht ausgehandelt worden ist, sondern es sich unstreitig um einen von der ... vorformulierten
Vertragstext, welcher für eine Vielzahl von Fällen zur Anwendung gelangt, handelt. Es handelt sich also um allgemeine
Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 AGB-Gesetz.
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Ausdrücklich ist der Sozialabfindungsanspruch nicht von der Abtretung erfaßt. Die Erklärung bedarf demgemäß der Auslegung. Hierbei
sind die für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden besonderen Auslegungsgrundsätze zu berücksichtigen. Nach ständiger
Rechtsprechung sind AGB im Gegensatz zu Individualverträgen unabhängig von den Einzelfallumständen objektiv auszulegen. Die
objektive Auslegung folgt aus dem Wesen der AGB. Sie enthalten eine vom Verwender im Voraus formulierte generelle Regelung für
eine Vielzahl von Verträgen. Die Auslegung hat deshalb den objektiven Sinn und Inhalt der Klausel zu ermitteln. Maßgebend für den
Inhalt einer Klausel ist somit das typische Verständnis redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der an Geschäften
dieser Art normalerweise beteiligten Kreise (Gehrmann-Hefermehl, Handkommentar zum BGB, § 5 AGB-Gesetz, Rdz. 1, 7 jeweils m. w.
N.).
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Der Klauselinhalt ist vom Wortlaut ausgehend unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinns und Zwecks der Regelung einheitlich
festzustellen. Wenn der Wortlaut eindeutig ist, ist für eine weitere Auslegung in der Regel kein Raum. Neben der Orientierung an dem
Wortlaut hat die Auslegung auch den mit der Klausel verfolgten Sinn und Zweck zu berücksichtigen. Vertragstyp, Geschäftsart, aber
auch die systematische Stellung einer Klausel innerhalb der ABG sind relevante Umstände, aus denen der Sinn und Zweck einer
Regelung abgeleitet werden kann.
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Nur theoretische Auslegungsmöglichkeiten, die als fernliegend ernsthaft nicht in Betracht gezogen werden können, auch wenn sie vom
Wortlaut der Klausel gedeckt wären, werden durch eine am Sinn und Zwecke orientierte Auslegung vom Anwendungsbereich der AGB-
Regelung ausgeschlossen. Einer besonderen, restriktiven Auslegung von Klauseln, die den Vertragspartner belasten, bedarf es
deshalb zur Ausgrenzung von (theoretischen) Ausnahmefällen nicht. Aus der erforderlichen Beachtung des Sinn und Zwecks folgt die
Ausklammerung von atypischen oder völlig ungewöhnlichen Sachverhaltsgestaltungen.
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Der tatsächliche Wille der Vertragsparteien ist im Rahmen der objektiven Auslegung anders als bei der Auslegung von
Individualvereinbarungen nach § 133 BGB ohne Bedeutung. Abzustellen ist für die objektive Auslegung vielmehr auf die Vorstellungen
und Verständnismöglichkeiten eines rechtsunkundigen Durchschnittskunden (Ehrmann-Hefermehl, a. a. O., Rdz. 7 ff.;
Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 8. Aufl., § 5, Rdz. 2 f.).
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Verbleibt nach einer Auslegung nach den oben dargestellten Grundsätzen noch ein nicht behebbarer Zweifel und sind mindestens zwei
Auslegungen rechtlich vertretbar, so kommt die Unklarheitenregel des § 5 AGB-Gesetz zum Tragen. Während bei Individualverträgen
das Risiko für die Klarheit eines geschlossenen Vertrages weitgehend von beiden Seiten getragen werden muss, ist eine derartige
Risikoverteilung bei der AGB nicht angemessen. Die einseitig vorformulierten Klauseln werden ohne Einflussmöglichkeit des AGB
unterworfenen Vertragsteils in den Vertrag eingefügt und der Verwender hat deshalb die Verantwortung und das Risiko für unklare
Regelungen zu tragen. Die Unklarheitenregel ist Ausdruck des Transparenzgebotes, das klare und eindeutige AGB-Bestimmungen
fordert, die für den Durchschnittskunden verständlich sind. Jedoch dürfen deshalb auch die Anforderungen für die
Formulierungsgenauigkeit des Verwenders nicht überspannt werden, da sonst die Gefahr gänzlich unverständlicher und kaum lesbarer
Vertragstexte besteht.
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Ist die AGB-Bestimmung danach jedoch objektiv mehrdeutig, so hat nach der Unklarheitenregel diejenige Auslegungsalternative
ermittelt zu werden, die die günstigste für den AGB-unterworfenen Teil ist. Im Individualprozess erfolgt die Feststellung der günstigsten
Auslegungsvariante durch die sogenannte kundenfreundliche Auslegung (Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 8. Aufl., § 5 Rdz. 1 ff.
m. w. N.).
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3. Nach den oben dargestellten Grundsätzen ergibt die Auslegung der Ziffer 1 I des Abtretungsvertrages vom 03.08.1999 nicht zweifelsfrei,
dass auch der pfändbare Teil einer Sozialabfindung unter die abgetretenen Ansprüche fallen soll. Gemäß Ziff. 1 wurden abgetreten der
pfändbare Teil der Lohn-, Gehalts-, Pensions- und sonstigen Entgeltansprüche aus gegenwärtigen und künftigen Arbeitsverhältnissen
gegen den Arbeitgeber -- Provisions- und sonstige Entgeltansprüche gegen den jeweiligen Leistungsverpflichteten -- gemäß § 53 Abs. 3
SGB I die abtretbaren Teile der gegenwärtigen und künftigen Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie etwa auf Arbeitslosengeld und
Arbeitslosenhilfe, Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld (§ 19 SGB), Krankengeld (§ 21 SGB), Erwerbsunfähigkeits-, Berufsunfähigkeits-,
Alters- und Hinterbliebenenrecht (§ 22, 23, 24 SGB). Die Sozialabfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist ausdrücklich nicht genannt.
Streitig zwischen den Parteien ist, ob sie unter den Begriff der "sonstigen Entgeltansprüche" aus den Arbeitsverhältnissen gefaßt werden
kann.
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Hierbei sind zunächst Pfändung und Abtretung voneinander zu unterscheiden. Zwar sind Sozialabfindungen sowohl nach § 850 ff. ZPO
pfändbar, wie auch gemäß § 398 ff. BGB abtretbar. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts, wonach die Pfändung von "Arbeitseinkommen" im Sinne der §§ 850 ff. ZPO auch eine Abfindung nach §§ 9, 10
KSchG erfaßt nicht ohne weiteres auf die Abtretung von Lohn- und Gehaltsansprüchen übertragbar ist. Ob eine solche Abtretung auch
eine Abfindung ergreift, ist vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung festzustellen (LAG Hamm, Urteil v.
16.01.1987 -- 16 (11) Sa 1921/86 n. v.).
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Im vorliegenden Fall sind insbesondere zwei Dinge zu berücksichtigen:
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Der Abtretungsvertrag ist überschrieben mit dem Passus "Abtretung von Ansprüchen auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen". Das
Vertragswerk spricht von "sonstigen Entgeltansprüchen", die abgetreten werden. Entgeltcharakter kommt der Sozialabfindung jedoch
gerade nicht zu, sondern sie hat eine Entschädigungsfunktion für den Verlust des Arbeitsplatzes. Sodann erfolgt in Ziff. I. 1. eine
Auflistung der abgetretenen Ansprüche. Ob hiervon auch eine Sozialabfindung erfaßt werden soll, erscheint jedenfalls zweifelhaft. Ob
mit den "sonstigen Entgeltansprüchen" tatsächlich nur diejenigen Leistungen gemeint sein sollen, welche auch einen Entgeltcharakter
im juristischen Sinne haben oder ob der in der Überschrift genannte Begriff des Arbeitseinkommens wie von der Rechtsprechung im
Rahmen der Pfändungsvorschriften der §§ 850 ff. ZPO entwickelt, verstanden werden soll, ergibt sich hier nicht hinreichend klar.
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Dies gilt insbesondere auch deshalb, da die Streitverkündete als Verwenderin der AGB nicht die bei Pfändungs- und
Überweisungsbeschlüssen übliche Formulierung in ihren Vertrag übernommen hat, sondern eine Vielzahl näher bezeichneter
Ansprüche aufgenommen hat, die der Abtretung unterfallen sollen und hierzu, soweit Sozialleistungen betroffen sind, sogar die
jeweilige Rechtsgrundlage des Anspruches festgehalten hat. Bei dieser Gestaltung hätte es nahegelegen, auch Ansprüche auf Zahlung
einer Sozialabfindung ausdrücklich aufzunehmen bzw. auf die gesetzlichen Grundlagen der §§ 9, 10 KSchG hinzuweisen, auch
nachdem die Formulierung "sonstige Entgeltansprüche" einmal im Zusammenhang mit Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis und
sodann ein weiteres Mal im Zusammenhang mit sonstigen Dienstverhältnissen gleichermaßen erscheint, in deren Zusammenhang
Abfindungszahlungen üblicherweise nicht in Betracht kommen.
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Bei den Anschreiben der ... an die Klägerin vom 10.03.2000 und 12.09.2001 hat die Streitverkündete diese Problematik wohl gesehen
und im Betreff hinter die sonstigen Bezüge ausdrücklich "(einschließlich Abfindungen)" eingefügt. Diese Klarstellung fehlt jedoch in der
Abtretung selbst gerade.
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4. Nach dem Ergebnis der Auslegung sind somit nach objektiven Maßstäben zwei Ergebnisse denkbar, zum einen eine Gleichsetzung mit
dem "Arbeitseinkommen" im Sinne der Pfändungsschutzvorschriften der ZPO und zum anderen eine Anknüpfung an den Entgeltcharakter
von Leistungen im Arbeitsverhältnis, welcher einer Sozialabfindung üblicherweise jedoch gerade fehlt. Eine hinreichende Klarheit besteht
hier nicht, so dass die Auslegungsregel des § 5 AGB-Gesetz zum Tragen kommt mit der Folge, dass hier zugunsten des Beklagten eine
kundenfreundliche Auslegung vorzunehmen ist, welche dazu führen muss eine Sozialabfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG nicht unter die
"sonstigen Entgeltansprüche" zu subsummieren.
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Zwar hätte eine schuldbefreiende Zahlung der Klägerin an die Streithelferin auch die Wirkung zugunsten des Beklagten gehabt, diesen
von einer bestehenden Verbindlichkeit in der entsprechenden Höhe zu befreien. Dem Beklagten würde damit jedoch die Möglichkeit
genommen, eigene Dispositionen zu treffen, in welchem Umfang und in welcher Reihenfolge er verschiedene vorhandene
Verbindlichkeiten tilgt.
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Damit konnte die Klägerin den Anspruch des Beklagten auf Zahlung einer Sozialabfindung aus dem gerichtlichen Vergleich vom
20.06.1991 nicht durch Zahlung an die ... erfüllen, so dass der Beklagte berechtigterweise gegenüber der Klägerin einen Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss erwirkt hat, aufgrunddessen die Klägerin den klageweise geltend gemachten Betrag (einschließlich Zinsen
und Kosten) zu bezahlen hatte. Ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Beklagten besteht somit nicht.
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Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.
III.
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1. Die Klägerin trägt als unterlegene Partei gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits.
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2. Der Streitwert entspricht dem Wert der bezifferten Klagforderung.