Urteil des ArbG Heilbronn vom 14.03.2001

ArbG Heilbronn: einstweilige verfügung, betriebsrat, freistellung von der arbeit, veranstaltung, ordentliches verfahren, drohende gefahr, seminar, gerichtsakte, erlass, leistungsverfügung

ArbG Heilbronn Beschluß vom 14.3.2001, 7 BVGa 3/01
Seminarteilnahme eines Betriebsratsmitglieds
Tenor
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, das Betriebsratsmitglied ... für die Teilnahme an der
Schulungsveranstaltung "Konflikte mit dem Arbeitgeber lösen" vom 25.3. bis 30.3.2001 in N von der Arbeit freizustellen.
Gründe
A.
1
Die Beteiligten streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren darüber, ob die Beteiligte Ziffer 2 den Beteiligten Ziffer 1, das Betriebsratsmitglied ...
für die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung "Konflikte mit dem Arbeitgeber lösen" vom 25.03. bis 30.03.2001 in N von der Arbeitsleistung
freistellen muss.
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Der Beteiligte Ziffer 1 ist bei der Beteiligten Ziffer 2 beschäftigt und freigestelltes Betriebsratsmitglied.
3
Am 07.02.2001 beschloss der Betriebsrat, den Beteiligten Ziffer 1 auf ein Seminar zu entsenden mit dem Thema "Konflikte mit dem Arbeitgeber
lösen" im DGB-Bildungszentrum N vom 25.03. bis 30.03.2001 (vergl. Blatt 32 der Gerichtsakte).
4
Mit Schreiben vom 21.02.2001 lehnte die Beteiligte Ziffer 2 den Bildungsbedarf des Betriebsrates hinsichtlich des Seminars "Konfliktbearbeitung"
ab mit der Begründung, die Seminarinhalte seien nach der Einschätzung der Beteiligten Ziffer 2 nicht geeignet, die betriebliche Situation zu
verbessern. Stattdessen schlug sie eine gemeinsame Veranstaltung des Betriebsrates und der Führungskräfte des Unternehmens vor (vergl.
Blatt 14 der Gerichtsakte). Eine weitere Ablehnung der Teilnahme an dem Seminar "Konfliktbearbeitung" erfolgte durch die Beteiligte Ziffer 2 mit
Schreiben vom 28.02.2001 (vergl. Blatt 15 der Gerichtsakte). Daraufhin beschloss der Betriebsrat in seiner Sitzung am 01.03.2001 die Teilnahme
des Beteiligten Ziffer 1 an dem Seminar "Konflikte mit dem Arbeitgeber lösen" vom 25.03. bis 30.03.2001 in N erneut (vergl. Blatt 31 der
Gerichtsakte).
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Nachdem der Betriebsrat der Beteiligten Ziffer 2 eine weitere Überlegungsfrist bis zum 05.03.2001 angeboten hatte, verweigerte diese mit
Schreiben vom 07.03.2001 wiederum die Teilnahme bzw. Freistellung (vergl. Blatt 17 der Gerichtsakte).
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Das Seminar "Konflikte mit dem Arbeitgeber lösen" findet vom 25.03. bis 30.03.2001 im DGB-Bildungszentrum N ... statt und soll laut
Seminarbeschreibung neue Wege aufzeigen, aus Konflikten mit dem Arbeitgeber zu finden (vergl. Blatt 23 ff der Gerichtsakte).
7
Der Betriebsrat und die Beteiligte Ziffer 2 streiten sich über die Änderung des Entlohnungsgrundsatzes von Akkord- auf Zeitlohn im Rahmen
eines Beschlussverfahrens, welches inzwischen beim Landesarbeitsgericht entschieden wurde. Im Zusammenhang mit den Geltendmachungen
von Ansprüchen der Arbeitnehmer sind Betriebsratsmitglieder abgemahnt worden.
8
Der Beteiligte Ziffer 1 ist der Ansicht,
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die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung "Konflikte mit dem Arbeitgeber lösen" vermittele die erforderlichen Kenntnisse für die
Betriebsratsarbeit, gerade im Hinblick auf die Konfliktsituation, die bei der Beteiligten Ziffer 2 bestehe.
10 Der Beteiligte Ziffer 1 behauptet weiterhin, vorliegend sei eine einstweilige Verfügung erforderlich, da aufgrund bereits in der Vergangenheit
ausgesprochener Abmahnungen gegenüber Betriebsratsmitgliedern wegen ihrer Betriebsratstätigkeiten auch in diesem Fall nicht davon
ausgegangen werden könne, dass die Beteiligte Ziffer 2 auf eine Erteilung einer Abmahnung verzichte.
11 Der Beteiligte Ziffer 1 beantragt,
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Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, das Betriebsratsmitglied ... für die Teilnahme an der
Schulungsveranstaltung "Konflikte mit dem Arbeitgeber lösen" vom 25.03. bis 30.03.2001 in N von der Arbeit freizustellen.
13 Die Beteiligte Ziffer 2 beantragt,
14
Den Antrag zurückzuweisen.
15 Die Beteiligte Ziffer 2 behauptet,
16 es fehle an der Erforderlichkeit der Teilnahme des Beteiligten Ziffer 1 an der streitgegenständlichen Schulungsveranstaltung, da von Seiten der
Geschäftsleitung der Beteiligten Ziffer 2 angeboten worden sei, eine gemeinsame Veranstaltung des Betriebsrates und der Führungskräfte des
Unternehmens durchzuführen. Diese Veranstaltung hätte von einem geeigneten externen Moderator geleitet werden sollen und das Ziel haben
sollen, Spielregeln für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat zum Wohle der Mitarbeiter und des
Unternehmens zu erarbeiten.
17 Desweiteren bestreitet die Beteiligte Ziffer 2, dass bei dem Betriebsratsbeschluss hinsichtlich der Entscheidung der Teilnahme des Beteiligten
Ziffer 1 an der streitgegenständlichen Schulungsveranstaltung ein ordentliches Verfahren eingehalten worden sei.
18 Der Beteiligte Ziffer 1 hat mit Antrag vom 07.03.2001, eingegangen am 07.03.2001 beim erkennenden Gericht, den Erlass einer einstweiligen
Verfügung hinsichtlich der Freistellung von der Arbeit für die streitgegenständliche Schulungsveranstaltung beantragt.
19 Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2001 waren, Bezug genommen.
B
20 Dem Antrag des Beteiligten Ziffer 1 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war stattzugeben, denn der Antrag ist zulässig und begründet.
I.
21 Über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der die Gestattung der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung zum
Gegenstand hat, ist gemäß § 2a i.V.m. § 85 Absatz 2 Satz 1 ArbGG im Beschlussverfahren zu entscheiden.
22 Dieser Antrag, der auf Erlass einer Leistungsverfügung gemäß § 940 ZPO i.V.m. § 85 Absatz 2 ArbGG gerichtet ist, ist auch ansonsten statthaft
und zulässig.
23 Im vorliegenden Falle ist die Antragsberechtigung des Beteiligten Ziffer 1 als Betriebsratsmitglied zu bejahen, da nach den Beschlüssen des
Betriebsrates vom 07.02. und 01.03.2001 über seine Schulungsteilnahme von der Beteiligten Ziffer 2 die Erforderlichkeit der Schulung bestritten
wird.
II.
24 Der gestellte Antrag ist auch begründet, da Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht worden sind.
25 Die gebotene summarische Prüfung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund auf der Grundlage der glaubhaft gemachten Fakten führt
hier dazu, dass dem Antrag stattzugeben war.
26 1. Der Verfügungsanspruch ergibt sich hier aus § 37 Absatz 6 i.V.m. Absatz 2 BetrVG i.V.m. § 940 ZPO i.V.m. § 85 Absatz 2 ArbGG.
27
Daraus resultiert ein Anspruch des Beteiligten Ziffer 1 auf Gestattung der Teilnahme an der Schulungsveranstaltung "Konflikte mit dem
Arbeitgeber lösen" in der Zeit vom 25.03. bis 30.03.2001 in N.
28
Nach § 37 Absatz 6 i.V.m. Absatz 2 BertrVG hat ein Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf Arbeitsbefreiung für die Teilnahme an
Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrates erforderlich sind.
29
Der Beteiligte Ziffer 1 hat vor allem auch durch Vorlage der Seminarbeschreibung und des Veranstaltungsprogrammes des
streitgegenständlichen Seminars glaubhaft gemacht, dass das streitgegenständliche Seminar Kenntnisse vermittelt, die für die
Betriebsratsarbeit erforderlich sind.
30
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn diese unter Berücksichtigung
der konkreten Verhältnisse im Betrieb und im Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft
anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann (BAG 09.10.73, 06.11.73, 27.09.74, 08.02.77, 21.11.78, 15.05.86, 15.02.95 und
19.07.95, AP Nr. 4, 6, 18, 26, 35, 54, 106 und 110 zu § 37 BetrVG 1972; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, Betriebsverfassungsgesetz,
Kommentar, 20. Auflage, 2000, § 37 Rdn. 113 m.w.N.). Bei der Prüfung der Frage, ob die konkreten Aufgaben eines Betriebsrates eine
Schulung notwendig erscheinen lassen, ist darauf abzustellen, ob nach den Verhältnissen des konkreten einzelnen Betriebes Fragen und
Probleme anstehen oder in naher Zukunft anstehen werden, die der Beteiligung des Betriebsrates unterliegen und bei denen im Hinblick auf
den Wissensstand des konkreten Betriebsrates eine Schulung von Betriebsratsmitgliedern erforderlich erscheint, damit der Betriebsrat seine
Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (herrschende Meinung, vergl. Rechtsprechungsnachweise bei
Fitting/Kaiser/Heither/Engels a.a.O., § 37 Rdn. 119). Es muss eine Aktualität für die Notwendigkeit einer Schulung in dem Sinne bestehen,
dass die vermittelten Kenntnisse, wenn auch nicht sofort, so doch voraussichtlich in absehbarer Zeit benötigt werden (vergl. Nachweise bei
Fitting/Kaiser/Heither/Engels, a.a.O., § 37 Rdn. 119).
31
Nach den konkreten Verhältnissen im Betrieb der Beteiligten Ziffer 2 und der Situation des Betriebsrates ist nach Ansicht der Kammer die
Vermittlung von Kenntnissen in dem Bereich der Konfliktlösung des Betriebsrates mit dem Arbeitgeber dringend erforderlich. In der aktuellen
Situation ist das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat durch verschiedentliche Konflikte, vor allem im Hinblick auf den bis zum
jetzigen Zeitpunkt noch nicht beigelegten Streit über die Änderung des Entlohnungsgrundsatzes von Akkord auf Zeitlohn belastet.
Desweiteren sind Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit einzelnen Betriebsratsmitgliedern erteilten Abmahnungen anhängig. Eine
Schulung von Betriebsratsmitgliedern mit dem Thema "Konflikte mit dem Arbeitgeber lösen" erscheint in dieser Situation erforderlich. Die
Erforderlichkeit ergibt sich desweiteren daraus, dass zwischen den Beteiligten gerade auch über die Frage der Erforderlichkeit der
streitgegenständlichen Schulung mit dem Thema "Konflikte mit dem Arbeitgeber lösen" ein Konflikt entstanden ist, der im Vorfeld nicht ohne
gerichtliche Hilfe geklärt werden konnte.
32
Die Erforderlichkeit der Teilnahme gerade des Beteiligten Ziffer 1 ergibt sich daraus, dass dieser, wie auch alle anderen
Betriebsratsmitglieder, noch keine Veranstaltung zum Thema Konfliktlösung besucht hat. Hinsichtlich der Auswahl der teilnehmenden
Betriebsratsmitglieder steht dem Betriebsrat, wie auch hinsichtlich der Auswahl einer bestimmten Schulungsveranstaltung, ein
Beurteilungsspielraum zu (vergl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, a.a.O., § 37 Rdn. 37 m.w.N.). Der Betriebsrat darf die Entscheidung über die
Entsendung jedoch nicht allein nach seinem subjektiven Ermessen treffen, sondern muss vom Standpunkt eines vernünftigen Dritten aus,
der die Interessen der Beteiligten (Betrieb, Betriebsrat, Arbeitnehmerschaft) gegeneinander abwägt, fragen, ob unter Berücksichtigung der
konkreten Situation im Betrieb und im Betriebsrat die Schulung nach dem mitgeteilten Lehrplan geeignet erscheint, die Kenntnisse zu
vermitteln, die der Betriebsrat zur ordnungsgemäßen Durchführung der ihm obliegenden Aufgaben benötigt (vergl.
Fitting/Kaiser/Heither/Engels, a.a.O., § 37 Rdn. 141).
33
Der Betriebsrat hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum weder hinsichtlich der ausgewählten Schulungsveranstaltung noch
hinsichtlich deren Dauer und der Auswahl der Teilnehmer überschritten.
34
Eine ca. einwöchige Veranstaltung zum Thema Konfliktlösung überschreitet nach Ansicht der Kammer vor allem auch im Hinblick auf die im
Seminarplan angegebenen und vorgesehenen praktischen Übungen den Rahmen des Erforderlichen nicht.
35
Die Auswahl des Beteiligten Ziffer 1 steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Der Betriebsrat hat insoweit seinen Beurteilungsspielraum
korrekt ausgeübt. Es steht hier auch nicht entgegen, dass neben dem Beteiligten Ziffer 1 auch noch das Betriebsratsmitglied Bernd R. zur
Teilnahme an der streitgegenständlichen Schulungsveranstaltung durch den Betriebsrat vorgesehen war. Bei einer Größe des Betriebsrats
von 11 Mitgliedern sowie der konkreten Situation im Betrieb der Beteiligten Ziffer 2 ist die Teilnahme von 2 Betriebsratsmitgliedern an einer
Veranstaltung zur Konfliktlösung als angemessen anzusehen.
36
Der Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Schulungsveranstaltung steht auch nicht entgegen, dass die Beteiligte Ziffer 1 mit Schreiben
vom 21.02.2001 an den Betriebsrat angeboten hat, eine gemeinsame Veranstaltung des Betriebsrates und der Führungskräfte des
Unternehmens unter Leitung eines externen Moderators durchzuführen, um Spielregeln für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen
Geschäftsleitung und Betriebsrat zu erarbeiten.
37
Die streitgegenständliche Veranstaltung, durch die der Beteiligte Ziffer 1 zur Erlernung der theoretischen und praktischen Grundkenntnisse
in der Konfliktlösung mit dem Arbeitgeber angeleitet werden soll, und die von Arbeitgeberseite angebotene gemeinsame Veranstaltung
stehen nach Ansicht der Kammer nicht in einem alternativen Verhältnis, sondern sind möglicherweise nacheinander geschaltet geeignet, zur
Konfliktbewältigung zwischen den Beteiligten beizutragen.
38
Nach Ansicht der Kammer ist eine Vergleichbarkeit der gemeinsamen Veranstaltung mit dem streitgegenständlichen Seminar, selbst wenn
man von ähnlichen Inhalten ausgehen wollte, nicht gegeben. Der Betriebsrat verfügt derzeit über keine durch fachlich versierte Dozenten
vermittelte Spezialkenntnisse in dem Bereich der Konfliktlösung mit dem Arbeitgeber. Ohne Vorschaltung einer derartigen Veranstaltung, bei
der ein Betriebsratsmitglied theoretische und praktische Kenntnisse in diesem Bereich vermittelt bekommt, ist weiterhin die Gefahr gegeben
und zu erwarten, dass eine gemeinsame Veranstaltung des Betriebsrates und der Führungskräfte, auch wenn ein externer Moderator die
Leitung übernimmt, die Konflikte nicht ohne weiteres lösen kann, sondern im Gegenteil weitere Konflikte zwischen den Beteiligten
hervorbrechen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass zwischen den Beteiligten bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Einigkeit über die Person des
Moderators und die Inhalte einer derartigen Veranstaltung gefunden werden konnte.
39
Die Kammer sieht allerdings eine gemeinsame Veranstaltung, die auch die konkreten Konflikte zwischen der Geschäftsleitung und dem
Betriebsrat zum Anlass nimmt, Lösungsmethoden und Vorschläge zu erarbeiten, durchaus zusätzlich, nach Absolvierung des
streitgegenständlichen Seminars, als sinnvoll an.
40
Das Angebot des Arbeitgebers hinsichtlich einer gemeinsamen Veranstaltung führt jedoch nicht zum Ausschluss der Erforderlichkeit der
Teilnahme des Beteiligen Ziffer 1 an der streitgegenständlichen Schulungsveranstaltung. Es ist insbesondere auch erneut auf den
Beurteilungsspielraum des Betriebsrates hinzuweisen, der im vorliegenden Falle nicht überschritten wurde.
41
Der Betriebsrat hat der Beteiligten Ziffer 2 auch rechtzeitig gemäß § 37 Absatz 6 Satz 3 BetrVG die Teilnahme und die zeitliche Lage der
Schulungs- und Bildungsveranstaltung bekannt gegeben. Die Bekanntgabe erfolgte mit Schreiben vom 08.02.2001. Das Seminar findet vom
25.03. bis 30.03.2001 statt. Insoweit ist dem Arbeitgeber genügend Zeit gegeben, auf die beschlossene Teilnahme zu reagieren.
42
Mängel in der Beschlussfassung des Betriebsrates bzw. bei der Durchführung des Verfahrens hinsichtlich der beschlossenen Teilnahme des
Beteiligten Ziffer 1 an der streitgegenständlichen Schulungsveranstaltung sind -- vor allem im Hinblick auf die vorgelegten Protokolle und
Listen -- weder bei dem Beschluss vom 07.02.2001 noch bei dem Beschluss vom 01.03.2001 ersichtlich.
43
Dem Beteiligten Ziffer 1 steht damit der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung für die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung
"Konflikte mit dem Arbeitgeber lösen" vom 25.03. bis 30.03.2001 in N zu; der Verfügungsanspruch ist glaubhaft gemacht worden.
44 2. Auch ein Verfügungsgrund nach § 85 Absatz 2 ArbGG i.V.m. § 940 ZPO ist vorliegend gegeben.
45
Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten Leistungsverfügung sind hier erfüllt.
46
Ein Verfügungsgrund besteht, wenn die durch den Verfügungsanspruch belegten Interessen des Antragstellers so gefährdet sind, dass sie
im Hauptsacheverfahren nicht wirksam geschützt werden können. Bei einer Leistungsverfügung sind immer die dem
47
Antragsgegner drohenden Nachteile gegen die Interessen des Antragstellers abzuwägen (Schäfer, Einstweiliger Rechtsschutz im
Arbeitsrecht, 21. Auflage, 1996, Rdn. 170).
48
Dass durch eine die Teilnahme gestattende einstweilige Verfügung endgültige Tatsachen geschaffen werden, steht dem Erlass einer
einstweiligen Verfügung nicht entgegen, jedenfalls dann nicht, wenn die Regelung dringend geboten ist (Fitting/Kaiser/Heither/Engels,
a.a.O., § 37 Rdn. 203 m.w.N.).
49
Die einstweilige Regelung bzw. Befriedigung des Beteiligten Ziffer 1 erscheint notwendig, um wesentliche Nachteile für den Beteiligten Ziffer
1 abzuwenden, § 940 ZPO.
50
Die Leistungsverfügung ist notwendig, weil die Effektivität des Hauptsacherechtsschutzes durch den damit verbundenen Zeitablauf gefährdet
ist. Das ist zunächst bei allen Ansprüchen der Fall, die aufgrund ihrer Zeitgebundenheit einer bloßen Sicherung gar nicht zugänglich sind.
Die "Notwendigkeit" der einstweiligen Befriedigung des Antragstellers beruht darauf, dass die nicht termingerechte Erfüllung einen
endgültigen Rechtsverlust bedeutet (Walker, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess und in arbeitsgerichtlichen Verfahren, 1. Auflage,
1993, Rdn. 247).
51
Hier beginnt die Schulungsveranstaltung bereits am 25.03.2001. Der Arbeitgeber hat bis zur Einreichung der einstweiligen Verfügung bei
Gericht am 07.03.2001 keine Zustimmung zur Teilnahme erteilt, sondern vielmehr der Teilnahme des Beteiligten Ziffer 1 an der
Schulungsveranstaltung widersprochen.
52
Eine Regelung erscheint in diesem Falle dringend geboten. Insbesondere ist der Verweis auf eine andere Schulungsveranstaltung nicht
geeignet, die Dringlichkeit auszuschließen (vergl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels, a.a.O. § 37 Rdn. 203).
53
Der Dringlichkeit steht desweiteren nicht entgegen, dass ein Betriebsratsmitglied nicht der Zustimmung des Arbeitgebers zur Teilnahme an
einer Schulungsveranstaltung bedarf, da es in seiner Amtsausübung nicht den Weisungen des Arbeitgebers unterliegt, da im vorliegenden
Fall -- v. a. im Hinblick auf das Verhalten der Beteiligten Ziffer 2 in der Vergangenheit -- die Gefahr der Erteilung einer Abmahnung durch die
Beteiligte Ziffer 2 im Hinblick auf die Teilnahme an der Schulungsmaßnahme besteht. Selbst wenn man also davon ausgehen sollte, dass
die einstweilige Verfügung hier nicht auf eine Regelung, sondern auf eine Feststellung gerichtet sei, fehlt es im vorliegenden Falle nicht am
Verfügungsgrund. Dieser ergibt sich aus der besonderen Situation im vorliegenden Falle. Die einstweilige Verfügung erscheint notwendig,
um die drohende Gefahr einer Abmahnung für den Beteiligten Ziffer 1 abzuwenden.
54
Ein Verfügungsgrund ist damit gegeben.
III.
55 Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei, § 12 Absatz 5 ArbGG.
56 D.Vorsitzende: ...