Urteil des ArbG Heilbronn vom 31.08.2006

ArbG Heilbronn (verzicht auf leistungen, kläger, mitarbeiter, treu und glauben, zuwendung, verzicht, zahlung, geschäftsführer, aufschiebende bedingung, wirtschaftliche lage)

ArbG Heilbronn Urteil vom 31.8.2006, 2 Ca 59/06
Auslegung: Vereinbarung betreffend eines Verzichts auf tarifliche Leistungen im Nachwirkungszeitraum;
Zustimmung aller Arbeitnehmer als aufschiebende Bedingung für das Zustandekommen der
Verzichtsvereinbarung
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, EUR 1.811,98 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2006 an den Kläger zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 8 % und die Beklagte zu 92 % zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf EUR 1.811,98 festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten zuletzt noch über die Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger eine tarifliche
Zuwendung für das Jahr 2005 zu zahlen.
2
Der Kläger, geboren am……, ist bei der Beklagten seit dem 26.08.2002 als Physiotherapeut gegen eine
monatliche Bruttovergütung von EUR 2.013,31 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit vom 40 Stunden
beschäftigt. Die Beklagte betreibt in B…. die K…. und …. mit insgesamt etwa 125 Arbeitnehmern. Sie bietet
medizinische Leistungen, wie Anschlussheilbehandlungen, Rehabilitations- und Präventionsleistungen an. Es
ist ein Betriebsrat eingerichtet.
3
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft Nachwirkung der Manteltarifvertrag zwischen der K…. und
der Deutschen Angestellten Gewerkschaft, Bezirk Unterfranken, vom 01.01.1999 (im Folgenden kurz: MTV)
sowie der Entgelttarifvertrag zwischen der K….und der Deutschen Angestellten Gewerkschaft, Bezirk
Unterfranken, vom 06./13.07.2000 (im Folgenden kurz: Entgelt-TV) Anwendung.
4
Gemäß § 10.5 des MTV können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beklagten in Abhängigkeit von
der Auslastung der K…., einschließlich K…, eine jährliche Zuwendung beanspruchen, welche in der Regel mit
dem Novembergehalt zur Auszahlung gelangt. Auf dieser Grundlage ist für das Jahr 2005 zunächst unstreitig
ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Zuwendung in Höhe von 90 % seiner Grundvergütung entstanden.
Dies entspricht einem Betrag in Höhe von EUR 1.811,98 brutto.
5
Am 15.09.2004 wurden der Kläger sowie die weiteren Physiotherapeuten H…, F…, Z… und Z… und die
Physiotherapeutin S.. in das Büro des damaligen Verwaltungsdirektors der Beklagten, Herrn S…, gerufen.
Nach einem Bericht über die wirtschaftliche Lage der Klinik legte dieser dem Kläger und den weiteren
anwesenden Mitarbeitern jeweils Zusatzvereinbarungen zum Dienstvertrag vor. Diese enthielten gleichlautend
unter Nummern 2 und 3 einen Verzicht sowohl auf die Zahlung eines Urlaubsgeldes, als auch auf die Zahlung
einer Zuwendung.
6
Der Kläger unterzeichnete die auf seinen Namen lautende und auf den 14.09.2004 datierte Zusatzvereinbarung
zum Dienstvertrag (Bl. 29 d. A.). Insgesamt leisteten ca. 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, d.h. etwa zwei
Drittel aller Beschäftigten der Beklagten, ihre Unterschrift auf einer solchen Zusatzvereinbarung.
7
Unter dem Datum des 27.09.2004 richtete der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten, Herr R…,
ein Schreiben an alle Mitarbeiter, darunter auch den Kläger, in dem es u.a. wie folgt lautet:
8
"Ich erkläre mich hiermit ausdrücklich bereit, die Initiative von Herrn S... dadurch zu unterstützen, daß ich
im Falle, daß alle Mitarbeiter die Ergänzung zum Arbeitsvertrag unterschreiben, dafür sorgen werde, daß
die Pachtzahlung der K… an die Eigentümergesellschaft monatlich um ca. 30.000 EUR gesenkt wird. Nur
so kann aus meiner Sicht die aktuell sehr schwierige wirtschaftliche Situation der K… mittelfristig beseitigt
... werden.
9
... Sollte, wider Erwarten, diese gemeinsame von Ihnen mitgetragene Aktion nicht zustande kommen
(Absenkung von Personalkosten und Pacht) wird denjenigen, die die Ergänzung zum Arbeitsvertrag
unterschrieben haben kein Nachteil entstehen. In diesem Fall wird die Ergänzung zum Arbeitsvertrag
gegenstandslos. ..."
10 Wegen des vollständigen Inhalts dieses Schreibens wird auf Blatt 43/44 der Akte verwiesen.
11 Im Rahmen der damals zeitgleich stattfindenden Tarifverhandlungen richtete die Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di e.V. am 23.11.2004 ein Schreiben an den Geschäftsführer der
Komplementärin der Beklagten sowie den damaligen Verwaltungsdirektor (Bl. 30/31 d. A.). Dort heißt es
auszugsweise wie folgt:
12
" ... Sollte es zu einer Einigung kommen, davon gehen wir aus, sind die abgeschlossenen
Einzelvereinbarungen Gegenstandslos. Das hatten Sie bereits in der letzten Tarifverhandlung zugesagt,
nur wollen wir es der Ordnung halber noch einmal festhalten. ..."
13 Nachdem er die Zuwendung für das Jahr 2005 nicht erhielt, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19.01.2006,
welcher am 24.01.2006 beim Arbeitsgericht Heilbronn eingegangen und der Beklagten am 27.01.2006 zugestellt
worden ist, Klage erhoben. Hinsichtlich eines mit dieser zunächst ebenfalls verfolgten streitigen Anspruchs auf
Zahlung eines Urlaubsgeldes für das Jahr 2005 hat der Kläger seine Klage im Termin zur mündlichen
Verhandlung vor der Kammer am 31.08.2006 wieder zurückgenommen.
14 Er ist der Auffassung und trägt im Wesentlichen vor:
15 Er habe auf die Zahlung einer Zuwendung nicht wirksam verzichtet. Denn die Zusatzvereinbarung vom
14.09.2004 sei unter den Vorbehalt gestellt worden, dass sie nur wirksam werde, wenn alle Beschäftigten eine
solche Vereinbarung unterschreiben. Dies habe der seinerzeitige Verwaltungsdirektor bereits am 15.09.2004
erklärt. Ergänzend habe er erklärt, dass diejenigen, die unterschreiben, sich nicht schlechter stellen würden,
als die anderen, eher besser, und außerdem könne jeder, der es sich anders überlegt, die Vereinbarung
zurückbekommen. Dieser Vorbehalt sei dann durch das Schreiben vom 27.09.2004 nochmals von der
Beklagten bestätigt worden.
16 Der Kläger beantragt zuletzt noch:
17
Die Beklagte wird verurteilt, EUR 1.811,98 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung an den Kläger zu zahlen.
18 Die Beklagte beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20 Sie ist der Ansicht und trägt im Wesentlichen vor:
21 Der Kläger habe mit der Zusatzvereinbarung vom 14.09.2004 auf die Zahlung einer Zuwendung wirksam
verzichtet. Mündliche Absprachen hätten nicht bestanden. Soweit der Kläger sich auf das Schreiben der
Beklagten vom 27.09.2004 berufe, habe die darin enthaltene Aussage, dass den Mitarbeitern bei einem
Fehlschlag der gemeinsamen Aktion keine Nachteile durch die Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung
entstehen sollten, lediglich für die Fälle gegolten, dass es zu einer für alle Mitarbeiter verbindlichen tariflichen
Regelung kommen würde, aufgrund derer die Mitarbeiter, die die Zusatzvereinbarung unterschrieben haben,
schlechter gestellt wären, bzw. dass der Geschäftsführer der Beklagten seiner Verpflichtung nicht
nachkommen würde, seinerseits die Pacht monatlich um rund EUR 30.000,00 zu senken. Dies zeige sich auch
vor dem Hintergrund des Schreibens der ver.di vom 23.11.2004. Da keiner dieser Fälle eingetreten sei, sei die
Zusatzvereinbarung wirksam. Keiner der Mitarbeiter, die die Zusatzvereinbarung unterschrieben haben, sei im
Übrigen in irgendeiner Form mit rechtswidrigen Mitteln zur Unterschriftsleistung genötigt worden.
22 Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle vom 27.02.2006 (Bl. 14 d. A.) und 31.08.2006 (Bl.
53/54 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
23 Die zulässige Klage ist in ihrem zuletzt noch zur Entscheidung gestellten Umfang begründet.
I.
24 Der Kläger kann von der Beklagten auf Grundlage von § 10.5 des MTV die Zahlung einer Zuwendung für das
Jahr 2005 in Höhe von 90 % seiner Grundvergütung verlangen. Dies entspricht dem mit Klageantrag zu Ziffer 1
eingeforderten Betrag in Höhe von EUR 1.811,98 brutto. Des Weiteren hat der Kläger Anspruch auf Zahlung
von Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2006.
25 1. Der Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung für das Jahr 2005 ist zunächst unstreitig gemäß § 10.5 MTV
entstanden.
26 2. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Anspruch auch nicht infolge der Verzichtserklärung des
Klägers in der Zusatzvereinbarung vom 14.09.2004 untergegangen. Denn dieser Erlass (§ 397 Abs. 1 BGB)
stand unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), dass alle Arbeitnehmer der Beklagten eine
entsprechende Zusatzvereinbarung zu ihren Dienstverträgen unterzeichnen. Dies ist unstreitig nicht der Fall, da
mit ca. 85 Arbeitnehmern lediglich etwa zwei Drittel der gesamten Belegschaft einen solchen Verzicht erklärt
haben.
27 a) Der Beklagten ist zunächst zuzugeben, dass in der schriftlichen Zusatzvereinbarung vom 14.09.2004 selber
eine solche Bedingung nicht ausdrücklich festgehalten wurde.
28 Für diese über ein Rechtsgeschäft (Ergänzung bzw. Modifikation der bestehenden Regelungen des
Arbeitsverhältnisses) aufgenommene Urkunde besteht grundsätzlich die Vermutung der Richtigkeit und
Vollständigkeit. Diese Vermutung ist allerdings widerleglich, wobei an den Beweis der Unrichtigkeit oder
Unvollständigkeit strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Auflage, §
125 BGB, Rn 15 m. w. N.).
29 b) Zur Überzeugung der Kammer ist die in der Zusatzvereinbarung vom 14.09.2004 enthaltene Vermutung der
Vollständigkeit hiernach widerlegt. Die Parteien haben in einer Nebenabrede die Wirksamkeit des in der
Vereinbarung enthaltenen Erlassvertrages an den Eintritt eines zukünftigen, ungewissen Ereignisses und damit
einer Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB geknüpft.
30 aa) Dies ergibt sich aus dem Schreiben des Geschäftsführers der Komplementärin der Beklagten vom
27.09.2004 im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB.
31 Demnach sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die
Verkehrssitte es erfordern, wobei der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des
Ausdrucks zu haften ist.
32 Aus dem Schreiben vom 27.09.2004 ergibt sich vor diesem Hintergrund Folgendes:
33 Im 3. Absatz des Schreibens nimmt der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten Bezug auf die
durch den Verwaltungsdirektor bereits "eingeleitete Initiative, aufgrund derer sich viele Mitarbeiter, wenn nicht
sogar die große Mehrheit der Mitarbeiter bereit erklärt hat, auf bestimmte Leistungen, wie z.B. Zuwendungen
und Urlaubsgeld, zu verzichten." Zu diesem Zeitpunkt hatten insofern unstreitig bereits viele, aber nicht alle
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beklagten eine entsprechende Zusatzvereinbarung unterzeichnet.
34 Diesen bis dahin erfolgten Beitrag der Belegschaft hat der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten
indes nicht als ausreichend angesehen, um die eingangs in seinem Schreiben geschilderte schwierige
wirtschaftliche Situation zu überwinden. Denn seine Bereitschaft, die Initiative des Verwaltungsdirektors
dadurch zu unterstützen, dass er für eine Pachtsenkung sorgen werde, hat der Geschäftsführer der
Komplementärin der Beklagten im 4. Absatz des Schreibens ausdrücklich an die Voraussetzung geknüpft,
"dass alle Mitarbeiter die Ergänzung zum Arbeitsvertrag unterschreiben". Nur so könne aus seiner Sicht die
aktuell sehr schwierige wirtschaftliche Situation mittelfristig beseitigt werden.
35 Beide Punkte - Personalkostensenkung sowie Pachtreduzierung - hat er sodann im vorletzten Absatz
nochmals aufgegriffen: "Sollte, wider Erwarten, diese gemeinsame von Ihnen mitgetragene Aktion nicht
zustande kommen (Absenkung von Personalkosten und Pacht) wird denjenigen, die die Ergänzung zum
Arbeitsvertrag unterschrieben haben kein Nachteil entstehen. In diesem Fall wird die Ergänzung zum
Arbeitsvertrag gegenstandslos".
36 Diese Erklärung kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht isoliert betrachtet und allein darauf
bezogen werden, dass neben einer Personalkostensenkung - gleich welchen Umfangs - jedenfalls eine
Pachtreduzierung erreicht wird. Denn als Voraussetzung der hier in Bezug genommenen "gemeinsamen von
Ihnen mitgetragenen Aktion" bzw. für deren Erfolg hat der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten
zuvor ausdrücklich die Mitwirkung aller Mitarbeiter durch Unterschrift einer Zusatzvereinbarung zum
Arbeitsvertrag benannt, in deren Folge er dann erst für eine Pachtsenkung sorgen werde.
37 Im Gesamtzusammenhang des Schreibens ist der vorletzte Absatz mithin dahingehend zu verstehen, dass die
Wirksamkeit der Verzichtserklärungen nicht zuvorderst von einer Absenkung der Pacht abhängig sein sollte,
sondern vielmehr - quasi als Eingangsvoraussetzung - von einem Verzicht aller Mitarbeiter. Denn der
Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten hat erklärt, für eine Pachtabsenkung überhaupt nur dann zu
sorgen, wenn zuvor sämtliche Mitarbeiter einen Verzicht auf Zuwendung und Urlaubsgeld erklären. Für den
Fall, dass dieser gemeinsame Beitrag nicht zustande kommen sollte, sollte denjenigen, die bereits
Zusatzvereinbarungen unterzeichnet hatten, kein Nachteil entstehen.
38 Dafür, dass die Aussagen in dem Schreiben entsprechend dem Vortrag der Beklagten lediglich die Fälle
betreffen sollten, dass es entweder nicht zu einer Pachtabsenkung kommen werde oder aber mit der
Gewerkschaft auf tarifvertraglicher Ebene eine einheitliche Lösung herbeigeführt werden könne, finden sich in
dem Schreiben nach alle dem keine hinreichenden Anhaltspunkte. Letzteres ist nicht einmal ansatzweise
erwähnt.
39 bb) Das Schreiben der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di e.V. vom 23.11.2004 kann für die
Auslegung insofern allenfalls ergänzend herangezogen werden. Denn zum einen nimmt es Bezug auf
Erklärungen, die beklagtenseits im Rahmen von Tarifverhandlungen, also nicht direkt gegenüber dem Kläger
abgegeben worden sein sollen. Zum anderen richtet sich auch das Schreiben selber nicht an den Kläger,
sondern an die Beklagte. Im Rahmen der nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung kommt es aber
entscheidend auf die zwischen den Parteien abgegebenen Erklärungen an.
40 Davon abgesehen steht der Inhalt dieses Schreibens jedenfalls in keinem Widerspruch zu der vorstehend
gefundenen Auslegung. Wenn die Beklagte den Gewerkschaftsvertretern zugesagt hat, die einzelvertraglichen
Vereinbarungen im Falle einer einheitlichen tarifvertraglichen Regelung als gegenstandslos anzusehen, schließt
dies eine Vereinbarung mit den einzelnen Arbeitnehmern - hier: dem Kläger - nicht aus, wonach die
Wirkungslosigkeit der Verzichtserklärungen auch infolge anderer Umstände - hier: Unterzeichnung nicht durch
sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - eintreten sollte. Beide Fälle würden schließlich gegebenenfalls
gleichermaßen dazu führen, dass diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Verzichtserklärungen
abgegeben haben, gegenüber den anderen, welche keinen persönlichen Verzicht leisten, im Nachteil stünden.
41 cc) Einer weiteren Aufklärung, welche Erklärung der ehemalige Verwaltungsdirektor der Beklagten am
15.09.2004 gegenüber dem Kläger und den anderen anwesenden Mitarbeitern genau abgegeben hat, bedurfte
es nicht.
42 Denn sofern er sich mit dem klägerseits behaupteten Wortlaut geäußert haben sollte, wonach die
Zusatzvereinbarung nur dann Gültigkeit erhalten sollte, wenn alle Beschäftigten unterzeichnen würden, und
dass daher niemandem Nachteile entstehen würden, wäre diese mündliche Zusage durch das Schreiben vom
27.09.2004 lediglich noch einmal bestätigt worden.
43 Sollte der damalige Verwaltungsdirektor sich wie von der Beklagten behauptet geäußert haben, würde sich
ebenfalls keine andere Einschätzung ergeben.
44 Mit Schriftsatz vom 07.08.2006 hat die Beklagte insoweit vorgetragen: "...sagte Herr S…. den ersten
Unterschreibenden (...) zu, dass wenn die Eigentümerin sich nicht bereit erklärte, auch verzichtet
(Pachtverzicht) zu leisten, er diese Zusatzvereinbarung in den Reißwolf werfen werde und somit keiner dieser
Unterzeichner Nachteile durch diese frühe Unterschrift zu erwarten hätte." Des Weiteren soll Herr S…. "immer
erklärt haben, dass, sollte die Vereinbarung auf gegenseitigen Verzicht (Verzicht auf Leistungen aus dem
Tarifvertrag / Verzicht auf Pacht) nicht zustande kommen, die Zusatzvereinbarungen vernichtet werden."
45 Nach diesen Formulierungen bestehen bereits Zweifel, was genau der Verwaltungsdirektor nach der
Behauptung der Beklagten gesagt haben soll. Denn der Umstand, dass gerade die wesentlichen Passagen - ...
(Pachtverzicht) ... und ... (Verzicht auf Leistungen aus dem Tarifvertrag / Verzicht auf Pacht) ... - in Klammern
gesetzt wurden, lässt vermuten, dass es sich hierbei nicht um wörtliche Äußerungen, sondern möglicherweise
nur gedankliche Vorgänge gehandelt haben soll.
46 Dies kann indes dahinstehen. Denn selbst wenn die Erklärungen des Verwaltungsdirektors am 15.09.2004 ihren
inhaltlichen Schwerpunkt erkennbar auf einer Gegenseitigkeit von Verzichtsleistungen, insbesondere einer
Pachtreduzierung, gehabt haben sollten, stünde auch dies jedenfalls nicht im Widerspruch zu den späteren
schriftlichen Erklärungen vom 27.09.2004. Denn diese greifen ebenfalls den Pachtverzicht auf, knüpfen die
weiteren Bemühungen um diesen jedoch - wie dargelegt - erkennbar an einen vorherigen Verzicht aller
Mitarbeiter auf die Sonderzahlungen, nachdem die bis dahin erfolgten ca. 60 Verzichtserklärungen nicht als
ausreichend betrachtet wurden. Da das Schreiben zeitlich nach den streitigen mündlichen Äußerungen erfolgte,
wären im Übrigen die früheren, selbst wenn anderslautenden Erklärungen im Zweifel überholt. Dies zumal das
Schreiben durch den Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten persönlich verfasst wurde, mithin von
"höchster Stelle" der Beklagten stammt.
47 dd) Da es sich für den Kläger ersichtlich als lediglich rechtlich vorteilhaft darstellte, die Wirksamkeit seiner
Verzichtserklärung an eine solche Bedingung zu knüpfen, war eine entsprechende ausdrückliche
Annahmeerklärung des Angebots auf Vereinbarung der Bedingung gemäß § 151 BGB nach den Umständen
schließlich nicht zu erwarten und daher nicht erforderlich.
48 c) Unstreitig steht fest, dass nicht sämtliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der Beklagten eine
Verzichtserklärung abgegeben haben bzw. abgeben werden. Die vom Kläger unterzeichnete
Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag vom 14.09.2004 ist mithin gegenstandslos und führte nicht zum
Untergang seines Anspruches auf Zahlung einer Zuwendung für das Jahr 2005.
49 3. Der Zinsausspruch folgt aus § 288 Abs. 1 in Verbindung mit § 291 BGB. Die Forderung ist ab Eintritt der
Rechtshängigkeit zu verzinsen. Dies war hier der 27.01.2006, nachdem die Klage der Beklagten an diesem Tag
zugestellt worden ist.
50 II. Kostenentscheidung
51 Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 91, 92, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Im Umfang seiner teilweisen Klagerücknahme hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die
darüber hinaus gehenden Kosten fallen der Beklagten als unterlegene Partei zur Last. Dies entspricht
vorliegend einer Kostenquote von 8 % zu Lasten des Klägers und 92 % zu Lasten der Beklagten.
52 III. Streitwert
53 Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 61 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 3 ZPO. Demnach ist der zuletzt
noch eingeforderte Betrag anzusetzen.