Urteil des ArbG Hagen vom 26.07.2005

ArbG Hagen: angestellter, entlassung, betriebsrat, chefarzt, berechtigung, arbeitsgericht, auflage, oberarzt, unternehmen, entscheidungsbefugnis

Arbeitsgericht Hagen, 5 BV 41/04
Datum:
26.07.2005
Gericht:
Arbeitsgericht Hagen
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 BV 41/04
Schlagworte:
Chefarzt - leitender Angestellter
Normen:
§ 5 Abs. 3 BetrVG
Tenor:
Der Antrag des Betriebsrats vom 08.09.2004 wird zurückgewiesen.
Gründe:
1
I.
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Die Beteiligten streiten über die vom antragstellenden Betriebsrat im Rahmen eines
Feststellungsantrages zur Entscheidung gestellte Frage, ob der Beteiligte zu 3. leitender
Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ist.
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Die Beteiligte zu 2. (nachfolgend: Arbeitgeberin) betreibt in S1 ein Krankenhaus in der
Rechtsform einer GmbH. Als einer von mehreren leitenden Abteilungsärzten
(Chefärzten) ist der Beteiligte zu 3. seit dem 15.06.2004 beschäftigt. Die Grundlage für
seine Tätigkeit als "Chefarzt für Akutgeriatrie sowie für die noch zu errichtende
geriatrische Tagesklinik" bildet der Dienstvertrag vom 22.04.2004 (Bl. 16 – 24 d. A.).
Nach dessen Regelungen in § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ist er "leitender Angestellter" und
"nach Absprache mit den Fachkollegen und im Rahmen des Personalbudgets zur
selbständigen Einstellung und Entlassung von ärztlichen Mitarbeitern berechtigt". § 1
Abs. 4 sieht seine grundsätzliche Weisungsberechtigung gegenüber dem
medizinischen Personal vor, gegenüber Ärzten jedoch nur insoweit, als diese ihm in
ihrem Aufgabengebiet nachgeordnet sind. § 6 Abs. 5 Sätze 2 u. 3 bestimmen, dass dem
Beteiligten zu 3. ein Teilbudget anvertraut werden kann und er dann für die Verwendung
der Mittel allein verantwortlich ist. Wegen der weiteren vertraglichen Regelungen wird
auf den Inhalt der zur Gerichtsakte gereichten Kopien auf Bl. 16 – 24 d. A. Bezug
genommen.
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In der vom Beteiligten zu 3. als Chefarzt geleiteten Geriatrischen Abteilung sind 1
Oberarzt und 3 Assistenzärzte tätig. Weil der zuvor in einer anderen Abteilung des
Krankenhauses als Assistenzarzt eingesetzte Oberarzt im Wege der Versetzung in die
zum 01.07.2004 in Betrieb genommene Geriatrie gelangt war und die
Vertragsabschlüsse mit den 3 Assistenzärzten bereits erfolgt waren, hat der Beteiligte zu
3. bislang noch keine Arbeitsverträge mit den nachgeordneten Ärzten aus seiner
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Abteilung unterzeichnet. Dem Beteiligten zu 3. wurde aber mitgeteilt, dass er die
Anstellungsverträge mit diesen Ärzten künftig zusammen mit der Verwaltungsleitung
ebenso unterschreiben soll wie die Arbeitszeugnisse der ausscheidenden Mitarbeiter
gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 seines Dienstvertrages.
Mit seinem am 20.09.2004 beim Arbeitsgericht Hagen eingegangenen Antrag vom
08.09.2004 verlangt der Betriebsrat zuletzt die Feststellung, dass der Beteiligte zu 3.
kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG ist.
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Der Betriebsrat steht auf dem Standpunkt, dass bei dem Beteiligten zu 3. die
Voraussetzungen für einen leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG nicht erfüllt
seien. Abgesehen davon, dass die entsprechende Bezeichnung in § 1 Abs. 2 Satz 1 des
Dienstvertrages keine Bedeutung habe, fehle es an der tatsächlichen Berechtigung des
Beteiligten zu 3., selbständige Einstellungen und Entlassungen vorzunehmen. Bereits
nach der Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 2 des Dienstvertrages sei eine Absprache mit den
Fachkollegen erforderlich und der Rahmen des Personalbudgets zu beachten. Falls der
Beteiligte zu 3. ein Vorschlagsrecht im Hinblick auf einzustellende Mitarbeiter/-innen
hätte, ergebe sich daraus noch nicht seine Befugnis, allein zu entscheiden. Genau so
sei es, sofern durch ihn eine Mitunterzeichnung der Arbeitsverträge erfolgen solle.
Ebenfalls unzureichend für die Eigenschaft als leitender Angestellter sei, dass der
Beteiligte zu 3. als Chefarzt gegenüber den anderen Ärzten aus seiner Abteilung die
Weisungsbefugnis und Fachaufsicht habe. Im übrigen sei der Beteiligte zu 3. sowohl
dem ärztlichen Direktor als auch der Verwaltungsleitung unterstellt und damit gerade
nicht allein entscheidungsberechtigt.
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Von einer unternehmerischen Tätigkeit des Beteiligten zu 3. könne ebenfalls keine
Rede sein, da er den Anteil an dem Krankenhausbudget für seine Abteilung
zugewiesen bekomme mit dem Auftrag, damit auszukommen.
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Der Betriebsrat beantragt,
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festzustellen, dass der Beteiligte zu 3., Herr Dr. G2 O1, kein leitender
Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG ist.
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Die Arbeitgeberin beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Sie vertritt die Ansicht, dass der Beteiligte zu 3. als leitender Angestellter im Sinne des
Betriebsverfassungsgesetzes anzusehen sei. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz
2 Nr. 1 BetrVG würden vorliegen, da die in § 1 Abs. 2 Satz 2 des Dienstvertrages
geregelte Berechtigung zur selbständigen Einstellung und Entlassung von ärztlichen
Mitarbeitern nicht nur für den Einzelfall, sondern generell für die Beschäftigtengruppe
der Ärzte in der Geriatrischen Klinik vorgesehen sei. Dementsprechend habe der
Beteiligte zu 3. die Assistenzärzte für seine Abteilung ohne weitere Beteiligung der
Krankenhausverwaltung ausgewählt und die Bewerbungsunterlagen lediglich zur
Erledigung der Formalitäten, insbesondere wegen der Beteiligung des Betriebsrates, an
die Personalverwaltung weitergeleitet. Auch die vorgesehene Unterschriftsregelung,
nach der künftig der Beteiligte zu 3. die Anstellungsverträge mit den nachgeordneten
Ärzten seiner Abteilung zusammen mit der Verwaltungsleitung unterzeichnen solle,
spreche für das Vorliegen einer selbständigen Einstellungsbefugnis. Zudem ergebe sich
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aus der in § 1 Abs. 4 des Dienstvertrages geregelten Weisungsberechtigung gegenüber
seinen ärztlichen Mitarbeitern die für die Eigenschaft als leitender Angestellter
maßgebliche Vorgesetztenstellung.
Im übrigen seien auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG erfüllt,
weil der Beteiligte zu 3. mit der Leitung der Geriatrie einen beachtlichen Teilbereich der
unternehmerischen Gesamtaufgabe in ihrem Klinikum wahrnehme. Dies zeige bereits
der prozentuale Bettenanteil der Abteilung von 10 % am Gesamtbestand. Außerdem
seien dem Beteiligten zu 3. neben der rein ärztlich-medizinischen Leitung seiner
Abteilung weitere Befugnisse und Aufgaben übertragen worden. Dazu gehöre etwa
seine Teilnahme an einer Lenkungsgruppe im Rahmen eines umfassenden
Qualitätsmanagements oder die Wahrnehmung von Aufgaben im Marketing des
Klinikums. Schließlich werde die Stellung des Beteiligten zu 3. als Leitungskraft auch
noch dadurch unterstrichen, dass bei Kompetenzstreitigkeiten nicht der
alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer das Sagen habe, sondern gemäß der
Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 4 des Dienstvertrages eine Entscheidung der
Gesellschafterversammlung einzuholen sei.
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Wegen des Vorbringens des Betriebsrates und der Arbeitgeberin im einzelnen wird auf
den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, die
Gegenstand des Anhörungstermins waren, Bezug genommen.
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Das Gericht hat im Anhörungstermin vor der Kammer am 26.07.2005 Beweis erhoben
gemäß Beweisbeschluss vom selben Tage (Bl. 54 d. A.) über die folgenden Fragen:
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1.) Ist der Beteiligte zu 3. bei der Ausübung der in § 1 Abs. 2 Satz 2 seines
Dienstvertrages geregelten Berechtigung zur selbständigen Einstellung und Entlassung
von ärztlichen Mitarbeitern von der Zustimmung einer anderen Person abhängig? Durch
Parteivernehmung des Beteiligten zu 3.; 2.) Dient die Unterschriftsregelung, nach der
der Beteiligte zu 3. die Anstellungsverträge mit den nachgeordneten Ärzten seiner
Abteilung künftig mit der Krankenhausleitung unterschreiben werde, lediglich einer
Richtigkeitskontrolle, die seine Entscheidungsbefugnis nicht einschränkt? Durch
Zeugnis des Personalleiters Gerhard S8. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme
wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26.07.2005, S. 2 – 4 (Bl. 54 – 56 d. A.), verwiesen.
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II.
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Der zulässige Antrag des Betriebsrats ist unbegründet.
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1.
20
Die Zulässigkeit ergibt sich daraus, dass über den Status eines Mitarbeiters als leitender
Angestellter im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach § 2 a i. V. m. den §§ 80 ff.
ArbGG entschieden wird, wenn es dabei – wie hier – um die
betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung geht. Antragsberechtigt ist auch der
Betriebsrat, wobei der betroffene Mitarbeiter immer zu beteiligen ist (vgl. Eisemann, in:
Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 5. Auflage 2005, § 5 BetrVG, Rdnr. 42 mit
weiteren Nachweisen).
21
Das Rechtsschutzinteresse für die positive oder negative Feststellung ist selbst dann zu
bejahen, wenn die Streitfrage sich abstrakt stellt, also keine Betriebsrats- oder
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Sprecherausschusswahl bevorsteht oder sonst ein akuter Streitfall vorliegt; denn von der
Feststellung, ob jemand leitender Angestellter ist, hängt sein
betriebsverfassungsrechtlicher Status ab und dementsprechend auch der Umfang der
gesetzlichen Kompetenzen des Betriebsrates oder des Ausschusses (Richardi,
Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, Kommentar, 8. Auflage 2002, § 5, Rdnr.
301 mit weiteren Nachweisen).
2.
23
Der Feststellungsantrag erweist sich jedoch als unbegründet.
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Der Beteiligte zu 3. ist entgegen der Ansicht des Betriebsrats als leitender Angestellter
im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG anzusehen.
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Dabei kann dahinstehen, ob der Beteiligte zu 3. die ebenfalls in Betracht kommenden
Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG erfüllt und damit als Chefarzt
insbesondere Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand oder die Entwicklung des
Unternehmens oder eines Betriebes der Arbeitgeberin von Bedeutung sind.
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Jedenfalls steht nach der Beweisaufnahme im Anhörungstermin am 26.07.2005 zur
Überzeugung der erkennenden Kammer fest, dass der Beteiligte zu 3. nach
Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen
Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten
Arbeitnehmern berechtigt ist (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG).
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a)
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Diese Regelung stellt auf eine spezifische Arbeitgeberfunktion ab, nämlich
Arbeitnehmer selbständig einzustellen und sie zu entlassen. Einstellungen und
Entlassungen sind Instrumente der Personalwirtschaft und damit unternehmerische
Tätigkeit. Wird diese Befugnis einem Angestellten übertragen, so ist der zur
selbständigen Einstellung und Entlassung befugte Angestellte der Repräsentant des
Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat (so BAG, Urteil v. 11.03.1982 – 6 AZR 139/79 -
, AP Nr. 28 zu § 5 BetrVG 1972 unter B. 1. der Gründe auf Bl. 1002 R mit weiteren
Nachweisen).
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Damit ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG zur selbständigen Einstellung und
Entlassung einmal die Befugnis notwendig, dass der Angestellte diese Maßnahmen im
Außenverhältnis wirksam abgeben kann. Es darf sich dabei jedoch nicht nur um den
Vollzug unternehmerischer Entscheidungen handeln, sondern darüber hinaus ist
erforderlich, dass er auch im Innenverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber im
wesentlichen frei von Weisungen über die Einstellung und Entlassung entscheiden darf
(vgl. Richardi, Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, Kommentar, 8. Auflage
2002, § 5, Rdnr. 200 mit weiteren Nachweisen). Dementsprechend darf die Ausübung
der Personalkompetenz nicht von der Zustimmung einer anderen Person abhängig sein
(BAG, Beschluss v. 16.04.2002 – 1 ABR 23/01 -, AP Nr. 69 zu § 5 BetrVG 1972 = NZA
2003, 56, 58 unter B. IV. 2. der Gründe). Es schadet jedoch nicht, wenn der Angestellte
Richtlinien oder Budgets zu beachten hat oder Zweitunterschriften einholen muss, die
lediglich der Richtigkeitskontrolle dienen und seine Entscheidungsbefugnis nicht
einschränken (vgl. Eisemann, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 5. Auflage 2005,
§ 5 BetrVG, Rdnr. 32 mit weiteren Nachweisen).
30
b)
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Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass der Beteiligte zu 3. nach seinem
Dienstvertrag vom 22.04.2004 (Bl. 16 – 24 d. A.) und seiner Stellung im Krankenhaus
der Arbeitgeberin in S1 zur selbständigen Einstellung und Entlassung von
Arbeitnehmern berechtigt ist.
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Diese Befugnisse des Beteiligten zu 3. sind in § 1 Abs. 2 Satz 2 seines Dienstvertrages
vom 22.04.2004 (Bl. 16 d. A.) geregelt. Danach hat er die Berechtigung zur
selbständigen Einstellung und Entlassung von ärztlichen Mitarbeitern, und zwar "nach
Absprache mit den Fachkollegen und im Rahmen des Personalbudgets". Darin liegt
allerdings keine wesentliche Beschränkung seiner Einstellungs- und
Entlassungsbefugnis. Es ist nämlich unschädlich, wenn interne Richtlinien oder
Stellenbesetzungspläne bestehen, soweit durch diese Vorgaben keine Bindung für den
konkreten Einzelfall entsteht (vgl. Diringer, NZA 2003, 890, 893 unter V. 1. mit weiteren
Nachweisen).
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Davon ist hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Anhörungstermin am
26.07.2005 auszugehen. Der Beteiligte zu 3. hat bei seiner Parteivernehmung in
glaubhafter Weise angegeben, dass er die in seiner Abteilung beschäftigten anderen
Ärzte selbst ausgewählt und die jeweilige Einstellungsentscheidung auch allein
getroffen hat, ohne dass noch die Zustimmung durch eine andere Person hätte eingeholt
werden müssen. Von ihm ist weiter bekundet worden, dass er nach seiner Entscheidung
zur Einstellung des betreffenden Arztes die Personalabteilung jeweils nur um die
Einleitung der erforderlichen Formalitäten wie z. B. die Ausfertigung der Arbeitsverträge
gebeten habe, wobei dann die getroffene Auswahlentscheidung unumstößlich feststand;
dementsprechend sei der ausgewählte Bewerber von ihm selbst von seiner
Einstellungsentscheidung informiert und diesem auch mitgeteilt worden, wann er seinen
Dienst antreten könne; dabei habe für ihn keine Rolle gespielt, ob der Betriebsrat im
Zusammenhang mit der beabsichtigten Einstellung bereits beteiligt worden war oder
nicht.
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An der sich daraus nach Arbeitsvertrag und Stellung im Betrieb ergebenden Befugnis
des Beteiligten zu 3. zur selbständigen Einstellung der in seiner Abteilung beschäftigten
Ärzte ändert auch die von der Arbeitgeberin im Schriftsatz vom 25.11.2004 auf S. 2 (Bl.
35 d. A.) vorgetragene Unterschriftsregelung nichts, nach der der Beteiligte zu 3. die
Anstellungsverträge mit den nachgeordneten Ärzten seiner Abteilung künftig zusammen
mit der Krankenhausleitung unterschreiben werde. Der Zeuge G3 S8 hat nämlich bei
seiner Vernehmung in glaubhafter und plausibler Weise den Hintergrund für diese in
Zukunft vorgesehene Vorgehensweise bei der Ausfertigung der betreffenden
Anstellungsverträge erläutert und klargestellt, dass damit aber nicht auf die
Entscheidungsbefugnis des Beteiligten zu 3. Einfluss genommen wird.
35
Die in § 1 Abs. 2 Satz 2 seines Dienstvertrages vom 22.04.2004 (Bl. 16 d. A.) festgelegte
Entlassungsbefugnis des Beteiligten zu 3. im Hinblick auf die ärztlichen Mitarbeiter in
seiner Abteilung ist ebenfalls nicht erkennbar beschränkt. Gegen die Berechtigung des
Beteiligten zu 3. zur selbständigen Entlassung spricht insbesondere nicht der von ihm
selbst bei seiner Parteivernehmung angegebene Umstand, dass er bisher noch keine
Ärzte aus seiner Abteilung seit der Gründung in der Mitte des letzten Jahres habe
entlassen müssen. Denn die im Gesetz statuierten Voraussetzungen sind auch dann
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erfüllt, wenn der Chefarzt während seiner Dienstzeit nur wenige oder sogar keine
Mitarbeiter entlässt oder einstellt, da insofern allein auf die Möglichkeit abgestellt
werden kann und darf (so Diringer, NZA 2003, 890, 894 unter V. 1. mit weiteren
Nachweisen). Nach dem eindeutigen Wortlaut ist für die Klassifizierung als leitender
Angestellter nur erforderlich, dass der Mitarbeiter "zur selbständigen Einstellung und
Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern
berechtigt ist", nicht aber, dass er von dieser Berechtigung auch tatsächlich Gebrauch
macht. Jedenfalls ist hier nicht ersichtlich, dass der Beteiligte zu 3. tatsächlich an der
Wahrnehmung der vertraglich festgelegten Befugnis gehindert ist.
Schließlich steht der Bejahung einer Personalkompetenz im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz
2 Nr. 1 BetrVG beim Beteiligten zu 3. nicht entgegen, dass diese auf die ärztlichen
Mitarbeiter in seiner Abteilung, nämlich den Oberarzt und die drei Assistenzärzte,
beschränkt ist.
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Die unternehmerische Bedeutung der Personalverantwortung kann einmal aus der
Anzahl der Arbeitnehmer folgen, auf die sich die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis
bezieht (vgl. BAG, Urteil v. 11.03.1982 – 6 AZR 136/79-, AP Nr. 28 zu § 5 BetrVG 1972
unter B. 1. der Gründe auf Bl. 1003 mit weiteren Nachweisen). Handelt es sich um eine
vergleichsweise geringe Zahl, kann sie sich jedoch aus anderen Umständen ergeben,
nämlich insbesondere daraus, dass die personelle Entscheidungskompetenz sich auf
eine abgeschlossene Gruppe erstreckt, deren Tätigkeit ein für das Unternehmen
bedeutsames Aufgabengebiet zugrunde liegt (BAG, Beschluss v. 16.04.2002 – 1 ABR
23/01 -, AP Nr. 69 zu § 5 BetrVG 1972 = NZA 2003, 56, 58 unter B. IV. 3. a) der Gründe
mit weiteren Nachweisen).
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So ist es hier. Die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis des Beteiligten zu 3. bezieht
sich mit den ärztlichen Mitarbeitern in seiner Abteilung auf eine abgeschlossene Gruppe
von Arbeitnehmern. Zudem handelt es sich bei der von ihm geleiteten Geriatrischen
Abteilung um einen für das Unternehmen relevanten Bereich, weil die dortige
Bettenanzahl einen Anteil von 10 % am Gesamtbestand ausmacht – wie die
Arbeitgeberin in ihrem Schriftsatz vom 25.11.2004 auf S. 3 (Bl. 36 d. A.) vorgetragen hat.
Im übrigen ist eine Krankenhausabteilung einem Betriebsteil zumindest vergleichbar (so
Diringer, NZA 2003, 890, 893 unter V. 1.), so dass insgesamt betrachtet die dem
Beteiligten zu 3. zur selbständigen Ausübung zugewiesene
Personalführungskompetenz auch von hinreichender unternehmerischer Relevanz ist.
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III.
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Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da gerichtliche Gebühren und Auslagen im
Beschlussverfahren nach § 2 Abs. 2 GKG nicht erhoben werden.
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Wegen der Gebühren- und Auslagenfreiheit ist in diesem Beschluss auch die
Festsetzung eines Gegenstandswertes unterblieben (vgl. LAG Berlin, Beschluss v.
26.01.1987 – 9 TaBV 7/86 -, AP Nr. 25 zu § 40 BetrVG 1972 unter C. der Gründe auf Bl.
491 R mit weiteren Nachweisen).
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