Urteil des ArbG Essen vom 08.02.2008

ArbG Essen: anpassung, wiederkehrende leistung, juristische person, arbeitsgericht, zusage, auflage, lebenshaltung, satzung, verbreitung, gbv

Arbeitsgericht Essen, 5 Ca 3164/07
Datum:
08.02.2008
Gericht:
Arbeitsgericht Essen
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 Ca 3164/07
Schlagworte:
ohne
Normen:
ohne
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
kein Leitsatz vorhanden
Tenor:
1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 201,25 € brutto nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit
dem 26.09.2007 zu zahlen.
2.Die Beklagte wird verurteilt, bis auf Weiteres an den Kläger ab dem
01.12.2007 monatlich über den Betrag von 5.018,88 € brutto hinaus
weitere 40,25 € brutto, jeweils fällig am Monatsende, zu zahlen.
3.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4.Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.650,25 € festgesetzt.
T a t b e s t a n d:
1
Die Parteien streiten über die Anpassung von betrieblichem Ruhegeld.
2
Der am 06.05.1938 geborene Kläger war bei der Beklagten bzw. deren
Rechtsvorgängerinnen als außertariflicher Angestellter beschäftigt. Seit Juli 1998
bezieht er eine betriebliche Altersrente. Hinsichtlich der Altersversorgung enthält der
Anstellungsvertrag vom 20.10.1975 folgende Regelung:
3
„6. Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung
4
Sie erhalten eine Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung nach
5
Maßgabe der jeweils geltenden Richtlinien für die Ruhegeld- und
6
Hinterbliebenenversorgung des S..“
7
Die bei Abschluss des vorgenannten Vertrages gültigen S. - Ruhegeldrichtlinien vom
18.05.1966 wurden mit Wirkung vom 01.04.1986 durch eine mit dem Gesamtbetriebsrat
vereinbarte Ruhegeldrichtlinie vom 09.02.1989 ersetzt. Hierin heißt es auszugsweise:
8
„§ 5 Berechnung des ruhegeldfähigen Diensteinkommens
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10
(5) Die S.-Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung wird für Pen-
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sionsfälle ab 1992 höchstens um die Inflationsrate angepasst, soweit
12
diese zum Zeitpunkt einer Rentenerhöhung unterhalb der Erhöhungen
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der Nettovergütungen der aktiven S. - Mitarbeiter liegt. Übersteigt
14
die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütungen, verbleibt es bei
15
der Anhebung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung um den
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Prozentsatz der Erhöhung dieser Nettovergütungen.
17
18
(8) Stichtag für die Anpassung der Betriebsrenten ist jeweils der Zeit-
19
punkt der Anpassung der gesetzlichen Sozialversicherungsrenten.
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(9) § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersver-
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sorgung vom 19.12.1974 bleibt unberührt. Dabei sind zwischenzeitlich
22
nach den vorstehenden Absätzen erfolgte Anhebungen zu berück-
23
sichtigen.
24
…“
25
Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde einvernehmlich zum 30.06.1995 beendet. In
der hierzu getroffenen Vereinbarung der Parteien vom 05.12.1995 findet sich unter Ziffer
5 folgende Regelung:
26
„Nach Beendigung des Anspruchs auf Frühpensionsleistung wird das
27
Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeld nach Maßgabe der jeweils geltenden
28
Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenen - Versorgung der
29
S. Energie AG und der Betriebsvereinbarung zur Frühpensionierung
30
vom 05.05.93 gezahlt.“
31
Seit dem 01.07.1998 bezieht der Kläger ein betriebliches Altersruhegeld. Dieses betrug
ursprünglich DM 8.757,36 (= € 4.477,64 €) brutto. Dieses erhöhte sich bis zum
01.02.2007 nach diversen jährlichen Anpassungen zum 01.07. eines Jahres sowie einer
rückwirkenden Anpassung im Februar 2007, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage
K 3, Bl.12 und 13 d.A., Bezug genommen wird, auf 4.969,19 € brutto.
32
Unter dem Datum des 18.12.2006 schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete
Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Änderung der „Richtlinien für die
Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der S.“ vom 09. Februar 1989. § 2 dieser
Gesamtbetriebsvereinbarung enthält folgende Regelung:
33
„Neufassung des § 5 Absätze 5 bis 9 RL 02/89
34
§ 5 Absätze 5 bis 9 RL 02/89 wird in allen bis zum Inkrafttreten dieser
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Betriebsvereinbarung geltenden Fassungen durch folgende Regelung
36
ersetzt:
37
Das Unternehmen verpflichtet sich, jeweils zum 1. Juli eines jeden
38
Jahres die laufenden Versorgungsleistungen um 1% anzupassen.
39
Steigen die Verbraucherpreise in einem Jahr um 4,75% oder mehr oder
40
in drei aufeinander folgenden Jahren um 11,5% oder mehr, verpflichten
41
sich die Betriebsparteien, über eine einmalige Neuregelung der
42
Anpassung zu verhandeln mit dem Ziel eine Entwertung der Renten zu
43
verhindern.
44
Im Übrigen bleiben die Regelungen der RL 02/89 unberührt.“
45
Auf der Grundlage dieser Betriebsvereinbarung wurde die Betriebsrente des Klägers
zum 01.07.2007 um 1% auf 5.018,88 € brutto erhöht. Der Verbraucherpreisindex stieg
vom 30.06.2006 bis zum 30.06.2007 um 1,81 %.
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Mit der vorliegenden - der Beklagten am 26.09.2007 zugestellten - Klage macht der
Kläger die monatliche Differenz zwischen der bei Zugrundelegung des
Verbraucherpreisindexes errechneten monatlichen Betriebsrente von 5.059,13 € brutto
und des tatsächlich erhaltenen Ruhegeldes für die Zeit ab Juli 2007 geltend.
47
Der Kläger ist der Ansicht, für ihn würden weiterhin die Regelungen von § 5 Abs.5 bis 9
RL 89 gelten. § 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.12.2006 verstoße gegen §
16 BetrAVG. Die in § 16 Abs.3 Nr.1 BetrAVG vorgesehene Möglichkeit einer
pauschalen Anhebung der Renten von jährlich 1% gelte gemäß § 30c Abs.1 BetrAVG
48
nur für laufende Leistungen, die auf Zusagen beruhten, die nach dem 31.12.1998 erteilt
worden seien. Zudem hätten die Betriebsparteien ohnehin keine Regelung zu Lasten
des Klägers treffen dürfen, da ihre Regelungsmacht nicht die Ruhestandsverhältnisses
erfasse.
Der Kläger beantragt,
49
1.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 201,25 €
50
brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 26.09.2007 zu zahlen;
51
2.die Beklagte zu verurteilen, bis auf Weiteres an den Kläger ab dem
01.12.2007 über den Betrag von 5.018,88 € brutto hinaus monatlich weitere
40,25 € brutto, jeweils fällig zum Monatsende, zu zahlen.
52
Die Beklagte beantragt,
53
die Klage abzuweisen.
54
Die Beklagte vertritt die Ansicht, § 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung finde auf das
Ruhegeldverhältnis des Klägers Anwendung. § 16 Abs.3 Nr.1 BetrAVG sei auf
Leistungen, die zwar vor dem 31.12.1998 zugesagt, aber erst ab 1999 angepasst
würden, uneingeschränkt anwendbar. Das mit der Einführung der vorgenannten Norm
verbundene Ziel, die betriebliche Altersversorgung zu erhalten und ihre Verbreitung zu
fördern, spreche dafür, die Regelung auf alle Anpassungen ab 1999 anzuwenden. Dies
habe für den Arbeitgeber den Vorteil einer besseren Kalkulierbarkeit und sei auch für
den Betriebsrentner günstig, da dieser unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung
des Unternehmens verlässlich wisse, dass es stets eine Anpassung geben wird.
55
Aber auch dann, wenn § 16 Abs.3 Nr.1 BetrAVG nicht anwendbar sein sollte, würde
zumindest die Umstellung der jährlichen Anpassung von der bisherigen Regelung auf
die 1% - Garantieanpassung neben der dann fortbestehenden Anpassungsverpflichtung
des § 16 Abs.1 BetrAVG gelten.
56
Weiter meint die Beklagte, sowohl der Arbeitsvertrag als auch die
Aufhebungsvereinbarung enthielten bezogen auf die Altersversorgung sog.
Jeweiligkeitsklauseln, mit der Folge, dass Änderungen der
Altersversorgungsregelungen nach Eintritt in den Ruhestand für den Kläger Geltung
entfalteten.
57
Schließlich meint die Beklagte, der Kläger gehe ohnehin von einem falschen
Berechnungszeitraum aus. Da die Rentenleistungen immer am Monatsende fällig
würden, müsste er den Verbraucherpreisindex für die Zeit von Juli 2006 bis Juli 2007
zugrunde legen. Außerdem sei der Verbraucherpreisindex um die
Strompreisentwicklung zu bereinigen, da der Kläger Anspruch auf
Stromdeputatsleistungen habe.
58
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten zum Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gemachten Akteninhalt Bezug genommen.
59
60
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
61
I.
62
Die Klage ist zulässig und begründet.
63
1. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken.
64
Soweit mit dem Antrag zu 2) Zahlungen für die Zukunft begehrt werden, ergibt sich die
Zulässigkeit aus § 258 ZPO. Die hierfür erforderliche Voraussetzung, dass die künftig
wiederkehrende Leistung nur vom Zeitablauf, nicht aber von einer Gegenforderung
abhängig ist (vgl. BAG v. 21.03.1995 - 9 AZR 596/93 -NZA 1995, 1109), ist bezüglich
des Ruhegeldanspruchs des Klägers erfüllt. Das Rechtsschutzbedürfnis zur
Klageerhebung ergibt sich daraus, dass die Beklagte eine Zahlungsverpflichtung in der
geltend gemachten Höhe bestreitet.
65
2. Die Klage ist vollumfänglich begründet.
66
a) Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines über die geleistete Betriebsrente von
monatlich 5.018, 88 € brutto hinausgehenden Betrages von 40,25 €/Monat.
67
aa) Soweit in § 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.12.2006 die gesetzliche
Anpassungsüberprüfung des § 16 Abs.1 BetrAVG durch eine jährlich auf 1% begrenzte
Anpassung ersetzt werden soll, findet diese Regelung auf das Ruhegeldverhältnis des
Klägers keine Anwendung.
68
§ 16 Abs.3 Nr.1 BetrAVG, der die Anpassungsverpflichtung gemäß Absatz 1 entfallen
lässt, ist gemäß der Übergangsregelung des § 30c Abs.1 BetrAVG unanwendbar. Die
Leistungen des Klägers beruhen auf Zusagen, die vor dem 01.01.1999 erteilt worden
sind.
69
(1) Im Schrifttum wird die Frage diskutiert, ob es mit § 30 c Abs.1 BetrAVG vereinbar ist,
wenn ein Arbeitgeber zusätzlich zu einer bereits bestehenden Altersversorgungszusage
ab 1999 eine weitere Zusage mit einer Anpassungsregelung gemäß § 16 Abs.3 Nr.1
BetrAVG erteilt (vgl. Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung,
Kommentar, Loseblatt [Stand: September 2004], § 16 Rn. 5441 ff.; Steinmeyer in Erfurter
Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Auflage 2008, BetrAVG § 30c Rn.1). In diesem
Zusammenhang wird vereinzelt auch die Auffassung vertreten, als „Zusage“ im Sinne
von § 30c Abs.1 BetrAVG reiche es aus, wenn ab dem 01.01.1999 erstmalig eine
Regelung über eine vertragliche Anpassung der Renten getroffen werde, bis zu diesem
Zeitpunkt also lediglich die gesetzliche Anpassung gemäß § 16 Abs.1 BetrAVG galt (so
Blomeyer/Rolffs/Otto, Betriebsrentengesetz, 4. Auflage 2006, § 16 Rn. 300). Der mit §
30c Abs.1 BetrAVG verfolgte Vertrauensschutzgedanke trage nur in Bezug auf
Versorgungszusagen, die schon vor dem In-Kraft-Treten von § 16 Abs.3 BetrAVG eine
über das Gesetz hinausgehende vertragliche Anpassungsverpflichtung enthielten.
70
Es bedarf keiner Entscheidung, ob dieser - den Wortlaut des § 30c Abs.1 BetrAVG stark
dehnenden - Auffassung gefolgt werden kann. Im Streitfall käme auch diese Ansicht zu
dem Ergebnis, dass § 16 Abs.3 Nr.1 BetrAVG keine Anwendung finden kann. Dem
71
Kläger wurde nach dem 31.12.1998 keine zusätzliche Zusage getätigt. Es bestand
vielmehr schon in der RL 89 eine vertragliche Anpassungsverpflichtung, die über die
gesetzliche Regelung hinausging, da sie jährlich erfolgen sollte (vgl. § 5 Abs. 8 RL 89).
Die Eigenständigkeit der zum damaligen Zeitpunkt zugesagten vertraglichen
Anpassungspflicht geht aus § 5 Abs. 9 RL 89 deutlich hervor, wonach die Verpflichtung
gem. § 16 BetrAVG unberührt bleiben sollte.
(2) Die Auffassung der Beklagten, § 30c Abs.1 BetrAVG schließe lediglich die
Anwendung des § 16 Abs.3 BetrAVG auf Anpassungen für die Zeit bis zum 31.12.1998
aus, ist unzutreffend.
72
Die Ansicht der Beklagten findet weder in der Rechtsprechung noch im
arbeitsrechtlichen Schrifttum eine Stütze (vgl. nur Höfer, § 16 Rn. 5421, 5423, 5439;
Blomeyer/Rolffs/Otto, § 16 Rn. 298 ff.). Sie ist mit dem Gesetzeswortlaut schlichtweg
nicht zu vereinbaren. Gemäß § 30c Abs.1 BetrAVG gilt § 16 Abs.3 Nr.1 BetrAVG nur für
„Leistungen, die auf Zusagen beruhen, die nach dem 31.Dezember 1998 erteilt“ wurden
(Hervorhebungen durch Unterzeichner). Das Gesetz bezieht sich unzweideutig auf den
Zeitpunkt der Altersversorgungszusage, nicht auf denjenigen der
Anpassungsentscheidung.
73
Auch der Sinn und Zweck des Gesetzes vermag die Auffassung der Beklagten nicht zu
stützen. Der in § 16 BetrAVG neu eingefügte Absatz 3 soll laut der Gesetzesbegründung
die „Erhaltung und Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung … gewährleisten und
… verbessern“. Hintergrund ist, dass „nach Auffassung der Wirtschaft die Vorschrift des
§ 16 BetrAVG mit ihrer nicht kalkulierbaren und nicht vorfinanzierbaren Verpflichtung zur
Anpassung Neuzusagen“ verhindert (BT-Drucksache v. 24.06.1997, 13/8011,
Hervorhebung durch Unterzeichner). Wenn aber lediglich zukünftige Zusagen erleichtert
werden sollten, bedarf es keines gesonderten Schutzes bereits bestehender
Versorgungsleistungen.
74
Schließlich wäre § 30c Abs.1 BetrAVG schlichtweg überflüssig, wenn die Auffassung
der Beklagten zutreffend wäre. Das Gesetz vom 16.12.1997, durch dessen Art. 8 Nr.17
Buchstabe c) § 16 Abs.3 BetrAVG eingeführt worden ist, gilt erst mit Wirkung zum
01.01.1999. Frühere Anpassungsentscheidungen hätten folglich auch ohne die
Regelung des § 30c Abs.1 BetrAVG nicht erfasst werden können. Diese Regelung kann
demzufolge nicht im Sinne der Beklagten, sondern nur so gemeint sein, wie es sowohl
der Wortlaut als auch der Zweck des Gesetzes nahe legen.
75
bb) Es kann dahingestellt bleiben, ob damit nur § 16 Abs.1 BetrAVG Anwendung findet
oder ob dem Kläger zusätzlich ein Anspruch auf eine jährliche Anpassung gemäß § 5
Abs.5 - 8 RL 89 zusteht.
76
Vertritt man mit dem Kläger die Auffassung, dass § 2 der GBV v. 18.12.2006 gänzlich
unwirksam ist, würden die alten Regelungen des § 5 Abs.5 - 8 RL 89 wiederaufleben.
Kommt man hingegen mit der Beklagten zu dem Ergebnis, dass § 2 GBV 2006 im Wege
der geltungserhaltenden Reduktion dahingehend bestehen bleibt, dass jedenfalls die
vorgenannten Normen der RL 89 abgelöst werden und dem Kläger neben der jährlichen
Anpassung von 1% der gesetzliche Anspruch gemäß § 16 Abs.1 BetrAVG verbliebe,
könnte der Kläger keine jährliche Anpassung um die Inflationsrate verlangen. Im
Streitfall kommen aber beide Auffassungen zum gleichen Ergebnis.
77
(1) Im Falle der Geltung von § 5 Abs. 5 - 8 RL 89 stünde dem Kläger zum 01.07.2007
eine Anpassung um 1,81% zu.
78
(a) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der einschlägige
Verbraucherpreisindex in der Zeit vom 01.07.2006 bis 30.06.2007 um 1,81 € gestiegen
ist.
79
(b) Soweit die Beklagte meint, es müsse der Index für die Zeit von Ende Juli (bzw.
01.08.) 2006 bis Juli 2007 zugrunde gelegt werden, kann dem nicht gefolgt werden. Die
letzte Anpassung erfolgte nicht zum 31.07.2006, sondern laut Schreiben vom
16.02.2007 zum 01.07.2006. Die Folgeanpassung hat sich an der Inflationsentwicklung
der sich hieran anschließenden 12 Monate zu orientieren. Bei der Ermittlung des
Kaufkraftverlustes ist nämlich auf die Indexwerte der Monate abzustellen, die dem
erstmaligen Rentenbezug und den jeweiligen Anpassungsstichtagen unmittelbar
vorausgehen (vgl. BAG v. 30.08.2005 - 3 AZR 395/04 - AP Nr.56 zu § 16 BetrAVG).
80
(c) Der Verbraucherpreisindex ist nicht um die Strompreisentwicklung zu bereinigen.
81
Unerheblich ist, dass der Kläger Anspruch auf Stromdeputatsleistungen hat. Gemäß § 5
Abs.6 S.1 RL 89 wird nicht auf die Lebenshaltung eines typischen S. - Rentners,
sondern auf den „durch das Statistische Bundesamt jährlich ermittelten Preisindex für
die Lebenshaltung von Vier - Personen-Arbeitnehmerhaushalten mit mittlerem
Einkommen“ abgestellt. Inwieweit ein Rentner von der Preisentwicklung im Einzelnen
betroffen ist, kann bei einer derartigen pauschalen Betrachtung keine Berücksichtigung
finden.
82
(d) Die Verbraucherpreisentwicklung wäre gemäß § 5 Abs.5 S.2 RL 89 nur dann nicht
zugrunde zu legen, wenn die Erhöhung der Nettovergütungen der aktiven Mitarbeiter
der Beklagten im vorgenannten Zeitraum geringer gewesen wäre. Dies hat jedoch keine
der Parteien behauptet.
83
(2) Bei einer Anpassung gemäß § 16 Abs.1 BetrAVG ergibt sich im Streitfall kein
anderes Ergebnis.
84
(a) Da der Kläger seit dem 01.07.1998 eine Altersrente bezieht, wäre nach dem in § 16
Abs.1 BetrAVG geregelten Drei-Jahres-Zeitraum zum 01.07.2007 eine
Anpassungsüberprüfung vorzunehmen.
85
(b) Allerdings bezieht sich diese nicht nur auf die letzten 12 Monate, sondern auf die Zeit
ab Rentenbeginn (vgl. nur BAG v. 30.08.2005 - 3 AZR 395/04 - AP Nr.56 zu § 16
BetrAVG). Im Streitfall würde dies den Kläger aber jedenfalls nicht schlechter stellen, da
die Rentenanpassung in der Vergangenheit gemäß § 5 Abs.5 RL 89 ohnehin auf die
Inflationsrate begrenzt war. Wie sich dem Schreiben vom 16.02.2007 entnehmen lässt,
lag sie für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 30.06.2006 sogar unterhalb des
Verbraucherpreisindexes.
86
(c) Auch bei der Anpassung gemäß § 16 Abs.1 BetrAVG kann die
Strompreisentwicklung nicht herausgerechnet werden, da auf die in der einschlägigen
Fachpresse - für alle Verbraucher geltenden - Indexwerte abzustellen ist (vgl. nur BAG v.
30.08.2005 - 3 AZR 395/04 - AP Nr.56 zu § 16 BetrAVG; siehe auch § 16 Abs.2 Nr.1
BetrAVG).
87
cc) Der monatlich zu zahlende Differenzbetrag in Höhe von 40,25 € errechnet sich wie
folgt:
88
Auszugehen ist vom Wert von Februar 2007 in Höhe von 4.969,19 €, da die in diesem
Monat erfolgte Anpassung ausweislich des Schreibens vom 16.02.2007 „rückwirkend für
die Jahre 2004 bis 2006“ erfolgt ist.
89
4.969,19 € x 1,81 % = 89,94 €
90
4.969,19 € + 89,94 € = 5.059,13 €
91
5.059,13 € - 5.018,88 € = 40,25 €
92
b) Für die Zeit von Juli 2007 bis November 2007 errechnet sich der mit dem Antrag zu 1)
ausgeurteilte Betrag von 201,25 € brutto wie folgt:
93
40,25 x 5 = 201,25 €
94
c) Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
95
II.
96
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
97
III.
98
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG sowie § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m.
§ 3 ZPO sowie hinsichtlich des Antrages zu 2) auf § 42 Abs.3 S.1 GKG.
99
Rechtsmittelbelehrung
100
Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
101
B e r u f u n g
102
eingelegt werden.
103
Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
104
Die Berufung muss
105
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
106
beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
(0211) 7770 - 2199
107
eingegangen sein.
108
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung
109
Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle
können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von
Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht
zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren
Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen,
deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten
Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die
Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend
deren Satzung durchführt.
110
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
111
gez. Barth
112