Urteil des ArbG Duisburg vom 02.07.2009

ArbG Duisburg: grad des verschuldens, interessenabwägung, tatsächlicher schaden, juristische person, ordentliche kündigung, wichtiger grund, abmahnung, form, gerichtsakte, arbeitsgericht

Arbeitsgericht Duisburg, 1 Ca 731/09
Datum:
02.07.2009
Gericht:
Arbeitsgericht Duisburg
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 Ca 731/09
Schlagworte:
Einmalige Pflichtverletzung, langjährige Beschäftigung
Normen:
§§ 626 BGB, 1 KSchG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Eine einmalige leicht fahrlässige Pflichtverletzung, die eine
Vermögensge- fährdung des Arbeitgebers in größerem Umfang
verursacht, rechtfertigt die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines
langjährig beschäftigten Arbeitnehmers ohne vorherige Abmahnung
nicht.
Tenor:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
Kündigung vom 23.03.2009 nicht aufgelöst wurde.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch andere
Beendi-
gungstatbestände endet, sondern unverändert über den 30.09.2009 fort-
besteht.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Streitwert: 12.000,00 €.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise
ordentlichen Kündigung.
2
Der Kläger ist seit September 1977 bei der Beklagten, zuletzt als Rechtsreferent,
beschäftigt bei einem Bruttomonatseinkommen von 4.000,00 €. Die Beklagte beschäftigt
ca. 1300 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat besteht.
3
Unter dem 24.03. ging dem Kläger die außerordentliche Kündigung vom 23.03.2009,
hilfsweise als ordentliche Kündigung zum 30.09.2009, zu. Auf den Inhalt der Kündigung,
Bl. 4 der Gerichtsakte, wird Bezug genommen.
4
Bl. 4 der Gerichtsakte, wird Bezug genommen.
Auf den Inhalt der Betriebsratsanhörung, Bl. 5 der Gerichtsakte, wird ebenfalls Bezug
genommen.
5
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen der Werkstoffdistribution (Handel).
6
Der Kläger bearbeitet die sogenannten Schadensfälle. Dies sind die Geschäftsvorfälle,
bei denen Kunden der Beklagten Forderungen nicht begleichen, da diese
zahlungsunfähig sind. Der Kläger war hier für die administrative Abwicklung der
Schadensfälle und die Forderungsanmeldungen beim Insolvenzverwalter sowie die
Korrespondenz mit Versicherungen zuständig. Geographisch war der
Zuständigkeitsbereich die Region Nord das Aufgabengebiet des Klägers.
7
Bei der Bearbeitung der Schadensfälle waren diese in der EDV auszubuchen: „write-
off“. Dies erfolgte durch die Eingabe der Kennziffer 003 in ein Programmmaskenfeld der
EDV, die ihrerseits auf SAP basiert.
8
Eingetragen wurde die Ziffer 003 in die Risikoklasse, in der Debitorenstammdatei. Ab
November 2007 wurden die Buchungen geändert. Es wurde eine Doppelpflege der
Risikoklassen vorgesehen. Die Kennziffer 003 wurde nunmehr im Feld
Kundenkreditgruppe eingetragen. Beanstandungen gab es nicht, auch nicht seitens der
Leistungen des Klägers.
9
Mit dem 26.03.2008 wurde den Leitern der E. mitgeteilt, dass die Doppelpflege nicht
mehr erforderlich sei. Ausnahme sei lediglich der Schadensfall „003“. Die E-Mail wurde
noch am selben Tag an den Kläger weitergeleitet. In der Mail heißt es im zweiten
Absatz:
10
„Daher kann die Pflege des Kreditlimits in der Kreditstammdate
11
sowie der Kundenkreditgruppe (ehemals Risikoklasse) im Kre-
12
ditmanagement ab sofort entfallen. Ausnahmen sind die für die ABS-
13
Transaktionen notwendigen Informationen im Feld Kundenkredit-
14
gruppe hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Unternehmen (002),
15
Schadensfall (003) und Privatkunden (016). Diese müssen weiterhin
16
auch im Kreditmanagement gepflegt werden. Auf den Text der E-Mail,
17
Blatt 76 der Gerichtsakte, wird Bezug genommen.“
18
Ab diesem Zeitpunkt hat der Kläger in keinem Fall mehr die notwendige Schlüsselung
„003“, vorgenommen. Die die Region Süd bearbeitenden Mitarbeiter haben weiterhin mit
der Kennziffer „003“ geschlüsselt.
19
Die Beklagte trägt vor, die richtige Schlüsselung sei aufgrund des
Refinanzierungssystems der Beklagten erforderlich, da andernfalls Vertrauensschäden
bei Finanzinstituten drohten. Die Beklagte sei Vertragspartei in einem ABS-Programm
20
(Asset Backed Securitization Programm), wobei Forderungen aus Lieferungen und
Leistungen an eine ausländische Zweckgesellschaft (T.) veräußert werden. Diese
finanziere den Erwerb der Forderungen durch die Emission von Wertpapieren,
Schuldverschreibungen, die durch die erworbenen Forderungen gesichert seien. Zweck
sei die Erlangung einer guten Bonität. Die Zweckgesellschaft ihrerseits nehme Darlehen
auf. Die Forderungen würden durch die Zweckgesellschaft sogleich beglichen, so dass
die frei werdende Liquidität zur Tilgung eigener Verbindlichkeiten verwendet werden
könne. Hierdurch verbesserten sich die Bilanzdaten. Durch die fehlende
Kennzeichnung mit der Ziffer 003 seien die Schadensfälle nicht zur Kenntnis der
Zweckgesellschaft und der finanzierenden Bank gekommen. Dies stelle eine Verletzung
der restriktiven Vereinbarungen zu den ABS-Transaktionen dar, wodurch die Kündigung
des ABS-Vertrages oder aber Vertragsstrafen drohten. Insgesamt seien Schadensfälle
in Höhe von 3,2 Mio. Euro nicht mitgeteilt worden. Die fehlerhafte Schlüsselung durch
den Kläger wurde der Beklagten am 06.03.2009 im Rahmen der Vorbereitung eines
Audit zur Kenntnis gebracht, wobei zunächst ein Großschadensfall (2,2 Mio. Euro),
auffiel. Auf Rückfrage erklärte der Kläger, er habe vergessen, die Ausbuchung 003 zu
schlüsseln hinsichtlich dieses Auftrages bezüglich der Firme Q.. Die Beklagte trägt vor,
der Kläger habe versucht, sein Fehlverhalten als einmaligen Fall darzustellen.
Auf weitere Nachforschungen ergab sich der Schadensumfang in Höhe von 3,2 Mio.
Euro (berichtigt auf 3,05 Mio. Euro). Auf die Auflistung im Schriftsatz vom 18.06.2009, Bl.
113 der Gerichtsakte, wird Bezug genommen.
21
Der Kläger meint, mangels einer vorhergehenden Abmahnung sei angesichts seiner
Betriebszugehörigkeit eine Kündigung weder ordentlich noch außerordentlich möglich.
Bereits ein wichtiger Grund läge an sich nicht vor. Die Beklagte treffe ein
Mitverschulden, da die Unterweisung im März 2008 völlig unzureichend gewesen sei
und ein Controlling nicht stattgefunden habe. Alleine deshalb sei über einen Zeitraum
von 12 Monaten die fehlerhafte Schlüsselung nicht aufgefallen.
22
Ein effektiver Schaden werde bestritten.
23
Der Kläger trägt vor, er könne sich nicht daran erinnern, die E-Mail vom 26.03.2008
gelesen zu haben.
24
Der Kläger beantragt,
25
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
26
Kündigung der Beklagten vom 23.03.2009 weder außerordentlich
27
aufgelöst wurde noch ordentlich zum 30.09.2009 aufgelöst wird,
28
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere
29
Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedin-
30
gungen über den 30.09.2009 hinaus fortbesteht.
31
Die Beklagte beantragt,
32
die Klage abzuweisen.
33
Sie meint, die Tätigkeit des Klägers im Bereich der Schadensfallabwicklung beinhalte
ein besonderes Vertrauensverhältnis. Es sei in keiner Weise nachvollziehbar, warum
der Kläger die richtige Schlüsselung nicht vorgenommen habe, obwohl er nach der
Umstellung der Schlüsselung im März 2008 seine Vorgehensweise geändert habe.
Darüber hinaus sei ihm sein Fehler augenscheinlich bewusst gewesen, da er zunächst
den Anschein erweckt habe, es handele sich bei dem Fehler um einen Einzelfall (Q.
GmbH), gehandelt, womit der Kläger seinen ehemaligen Vorgesetzten belogen habe,
um sein Fehlverhalten zu verschleiern. Damit wären die Vorgesetzten im Audit in ein
„offenes Messer“ gelaufen. Das notwendige Vertrauensverhältnis sei gestört. Auch die
Interessenabwägung führe zu keinem anderen Ergebnis.
34
Anhaltspunkte für ein besseres Controlling seien nicht erforderlich gewesen, da der
Kläger jahrelang seine Tätigkeit fehlerfrei verrichtet habe.
35
Die Beklagte meint, ein grob fahrlässiges Verhalten des Arbeitnehmers sei an sich
geeignet, auch ohne Abmahnung eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
Der Kläger habe mehrfach gegen seine Vertragspflichten verstoßen, indem er die
Schlüsselung nicht durchgeführt habe, dadurch sei das Vertrauen in sein Verhalten
zerstört.
36
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
37
Die Klage ist zulässig und begründet.
38
I.
39
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Kündigungsschutzklage bestehen nicht.
40
II.
41
Die Klage ist auch begründet.
42
Die Kündigung ist weder als ordentliche noch als außerordentliche, gerechtfertigt.
43
Voraussetzung einer außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 BGB ist das
Vorliegen eines wichtigen Grundes. Dieser ist nach § 626 Abs. 1 BGB dann gegeben,
wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider
Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der
Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Voraussetzung ist bei einer
außerordentlichen Kündigung, dass der Sachverhalt ohne die besonderen Umstände
des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden und weiter, dass
die Umstände des Einzelfalles und die Interessenabwägung die Kündigung
rechtfertigen (Fischermeier, KR § 626 BGB, Rz. 83 ff.). Bei Pflichtverletzungen des
Arbeitnehmers ist bei einer verhaltensbedingten Kündigung ein vertragswidriges
Verhalten Voraussetzung (KR a.a.O, Rz. 137). Hierbei sind wichtige Gründe nur dann
gegeben, wenn der Gekündigte nicht nur objektiv sondern auch rechtswidrig und
schuldhaft seine Pflichten aus dem Vertragsverhältnis verletzt hat, wobei allerdings
auch Fahrlässigkeit ausreichen kann (Rz. 139 m. Verweis auf BAG). Im Rahmen der
44
Interessenabwägung sind das Gewicht und die Auswirkungen der Vertragsverletzung
ebenso wie die mögliche Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen ebenso wie die
persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Arbeitnehmers (KR Rz. 236 ff. und
240). Zu berücksichtigen ist auch der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers (Rz.
242). Auch fahrlässige Pflichtverletzungen können schwerwiegend sein, wenn der
Arbeitnehmer eine besondere Verantwortung trägt und das Verschulden zu einem
hohen Schaden führt (BAG vom 04.07.1991).
Die Abmahnung ist auch bei einer außerordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung,
ebenso wie bei einer ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung, als Ausprägung
des Grundsatzes des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes regelmäßig erforderlich (KR, §
626 BGB, Rz. 257, 259), es sei denn, mit einer Änderung des Verhaltens des
Arbeitnehmers sei nicht zu rechnen bzw. ein entsprechendes Zuwarten sei für den
Arbeitgeber unzumutbar.
45
Bei einer ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung kommen ebenfalls grundsätzlich
Vertragsverletzungen als Kündigungsgrund in Betracht, auch hier genügen fahrlässige
Pflichtverletzungen (Griebeling, KR, § 1 KSchG, Rz. 400), wobei der Grad des
Verschuldens ebenso wie das Gewicht der Auswirkung auf das Vertragsverhältnis
sowie die Interessen des Arbeitgebers, ein wesentliches Entscheidungskriterium
darstellt. Bei Störungen im Leistungsbereich ist regelmäßig eine Abmahnung
Kündigungsvoraussetzung (a.a.O., Rz. 402). Die Kündigung wird geprüft in drei Stufen,
wobei zunächst das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers festzustellen ist,
dieses muss zu konkreten Störungen des Arbeitsverhältnisses führen und auch in
Zukunft muss mit entsprechenden Störungen zu rechnen sein (Prognoseprinzip).
Entsprechendes gilt bei Störungen im Vertrauensbereich (a.a.O., Rz. 405). In der dritten
Stufe ist ebenfalls eine Interessenabwägung vorzunehmen.
46
Unstreitig hat der Kläger im Arbeitsverhältnis, beginnend mit dem März 2008, die
erforderlichen Schlüsselungen nicht mehr vorgenommen und so die Ausbuchung der
Schadensfälle in der EDV der Beklagten unterlassen. Er hat insoweit fehlerhaft
gehandelt. Dieses Verhalten ist grundsätzlich geeignet, eine Kündigung zu
rechtfertigen. Zu berücksichtigen ist der Grad der Pflichtverletzung, wobei es sich
vorliegend zur Überzeugung der Kammer um eine geringfügige Pflichtverletzung des
Klägers handelte. Der Kläger hat die geänderte Arbeitsanweisung hinsichtlich der
Schlüsselung der Schadensfälle nur zum Teil umgesetzt. Er hat den ersten Absatz der
E-Mail, dass die Kundenschlüsselung in der Kundenkreditgruppe künftig entfallen
könne, umgesetzt, den zweiten Satz, dass diese Anweisung nicht gilt für die
Schadensfälle 003, ignoriert. Es kann vorliegend dahinstehen, ob der Kläger die
Arbeitsanweisung nicht zur Kenntnis genommen hat - hiervon kann im Ergebnis wohl
nicht ausgegangen werden, da die Arbeitsanweisung jedenfalls teilweise umgesetzt
wurde -, oder ob der Kläger den Teil der Arbeitsanweisung überlesen, vergessen oder
sonst wie nicht zur Kenntnis genommen hat. Zur Überzeugung der Kammer handelte es
sich hier insoweit jedoch um einen typischen menschlichen Flüchtigkeitsfehler, mit dem
jeder Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis rechnen muss. Allein, dass der Kläger mit hohen
Werten - mittelbar im Rahmen der Buchführung - operiert, ändert die Sichtweise insoweit
nicht.
47
Auch die Beklagte unterstellt dem Kläger nicht ein bewusstes Verhalten bzw. ein
Verhalten mit einer Schädigungsabsicht der Beklagten oder gar einer
Bereicherungsabsicht sich selbst gegenüber. Vielmehr stellt sie ausdrücklich klar, der
48
Kläger habe in der Vergangenheit stets einwandfrei gearbeitet. Sie legt darüber hinaus
dar, der Kläger habe alle Schlüsselungen und auch Veränderungen der
Schlüsselungen in der Vergangenheit stets ordnungsgemäß umgesetzt. Wenn somit
eine fehlerhafte Arbeitsdurchführung in der Weise erfolgte, dass eine Arbeitsanweisung
nur zur Hälfte gesehen, gelesen bzw. umgesetzt wird, kann zur Überzeugung der
Kammer nur von einem Flüchtigkeitsfehler ausgegangen werden. Es erscheint sogar
zweifelhaft, ob damit ein Kündigungsgrund hinsichtlich der außerordentlichen
Kündigung an sich gegeben sein kann.
Jedenfalls wäre sowohl hinsichtlich der ordentlichen als auch hinsichtlich der
außerordentlichen Kündigung im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen,
dass zwar einerseits, aufgrund der Finanzierungsmodalitäten der Beklagten, durch die
fehlerhafte Schlüsselung ein erheblicher Vertrauensschaden der Beklagten bei den
refinanzierenden Gesellschaften bzw. Banken entstehen kann, jedoch es sich zur
Überzeugung der Kammer bei der Pflichtverletzung um eine allenfalls leicht fahrlässige
Pflichtverletzung handelte. Nicht dargelegt und vorgetragen wurde, dass der Kläger auf
die Wichtigkeit der richtigen Schlüsselung im Hinblick auf die Refinanzierung
hingewiesen wurde. Insoweit ist auch der Beklagten vorzuhalten, dass sie die
Dienstanweisung hinsichtlich der Aufhebung der Schlüsselung an alle betreffenden
Mitarbeiter geschickt hat und die Ausnahmesachverhalte insoweit nur in einem
Nebensatz am Ende der Mail erwähnt wurde. Es wäre ggf. angezeigt gewesen,
zumindest diese Sachverhalte fett gedruckt oder anderweitig hervorgehoben,
darzustellen. Sinnvollerweise hätte den betroffenen Mitarbeitern eine gesonderte Mail
mit einer anderweitigen Dienstanweisung zugehen können.
49
Bei der Interessenabwägung ist weiter zu berücksichtigen, dass die Kammer insoweit
auch von einem relativen Mitverschulden der Beklagten durch eine mangelnde Kontrolle
des Klägers ausgeht, nachdem dieser Fehler über ca. 1 Jahr nicht von ihr bemerkt
wurde. Es hätte dem Controlling auffallen müssen, dass ab März 2008 keinerlei 003-
Meldungen mehr seitens des Klägers erfolgten im Gegensatz zum Geschäftsbereich
Süd.
50
Im Rahmen der Interessenabwägung ist dagegen zu berücksichtigen, dass der Kläger
32 Jahre bei der Beklagten tätig war und keinerlei Abmahnungen zu seinen Lasten
vorliegen. Im Rahmen der Gesamtschau kann daraus nur die Wertung erfolgen, dass ein
einmaliger Fehler in 32 Jahren nicht zu einer sofortigen Beendigung des
Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung führen kann, auch nicht zu einer
ordentlichen Beendigung ohne Abmahnung.
51
Die Abmahnung des Klägers wegen des vorliegenden Sachverhaltes erschiene
dagegen als angemessene Reaktion der Beklagten.
52
Darüber hinaus ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass die Beklagte
selbst nicht dargelegt hat, dass in irgendeiner Form ein tatsächlicher Schaden
eingetreten ist, der ggf. bei der Interessenabwägung zu Lasten des Klägers zu
berücksichtigen gewesen wäre. Die Darlegung geht vielmehr dahin, dass eine
Vermögensgefährdung der Beklagten in Form einer Kreditgefährdung vorgelegen habe.
Dass sich diese in irgendeiner Form realisiert hat, z.B. durch Kündigung der
Kreditverträge oder des ABS-Programmes oder auch in Form eines erhöhten
Zinssatzes, ist nicht dargelegt oder behauptet worden.
53
Die Kündigung ist daher weder als ordentliche noch als außerordentliche Kündigung
gerechtfertigt.
54
Weitere Beendigungssachverhalte sind nicht vorgetragen, so dass auch dem
Klageantrag zu 2. zu entsprechen war.
55
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Streitwertentscheidung auf
56
§ 61 Abs. 1 ArbGG.
57
Rechtsmittelbelehrung
58
Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
59
B e r u f u n g
60
eingelegt werden, weil es sich um eine Bestandsschutzstreitigkeit handelt.
61
Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
62
Die Berufung muss
63
innerhalb einer N o t f r i s t * von einem Monat
64
beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
0211 7770 2199 eingegangen sein.
65
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
66
Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
67
1.Rechtsanwälte,
68
2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder
Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
69
3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer
der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person
ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser
Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit
vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die
Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
70
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
71
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
72
- E. -
73