Urteil des ArbG Duisburg vom 25.07.2007

ArbG Duisburg: unterrichtung, betriebsübergang, sozialplan, firmenbezeichnung, anschrift, ausländische gesellschaft, freiwillige leistung, juristische person, niederlassung, unternehmen

Arbeitsgericht Duisburg, 5 Ca 769/07
Datum:
25.07.2007
Gericht:
Arbeitsgericht Duisburg
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 Ca 769/07
Schlagworte:
Betriebsübergang, Unterrichtung, Verwirkung
Normen:
§ 613 a BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Zur ordnungsgemäßen Unterrichtung über einen Betriebsübergang
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die klagende Partei trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert beträgt 12.441,93 €.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses nach einem
Betriebsübergang.
2
Der am 01.01.1962 geborene Kläger trat zum 01.10.1988 als Arbeitnehmer in die
Dienste der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin(nen), einem
Speditionsunternehmen. Der Kläger war in der Niederlassung L. beschäftigt. Zuletzt
verdiente er ca. 4.147,31 € brutto monatlich. Bis zum 30.04.2006 wurde der Standort von
der Beklagten betrieben.
3
Mit Schreiben vom 17.03.2006 informierte die Beklagte die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Standortes L. über einen bevorstehenden Betriebsübergang.
Ausweislich dieses Schreibens sollte eine Veräußerung an die B. erfolgen. Der
Betriebsübergang sollte zum 01.04.2006 stattfinden.
4
In einer Anlage 1 zu einem am 17.3.2006 von der Beklagten mit ihrem Betriebsrat
abgeschlossenen Interessenausgleich wird als Käufer . angegeben.
5
Mit Schreiben vom 10.04.2006 informierte die Beklagte erneut über den immer noch
bevorstehenden Betriebsübergang. Dieser sei nicht zum 01.04.2006 erfolgt, sondern
werde nunmehr zum 01.05.2006 erfolgen. Der Übernehmer werde entgegen der
Ankündigung im Schreiben vom 17.03.2006 nicht unter der Firma B., sondern unter dem
Namen E. firmieren. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klageschrift Bezug
6
genommen.
Ab 01.05.2006 wurde der Kläger bei der E. beschäftigt. Die E. wurde am 11.7.2006 beim
Handelsregister eingetragen.
7
Mit Schreiben vom 04.04.2007 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten seinen
Widerspruch gegen den Betriebsübergang vom 01.05.2006. Der Beklagten wurde die
Arbeitskraft des Klägers ausdrücklich angeboten und zur Erklärung der Annahme eine
Frist bis einschließlich zum 11.04.2007 gesetzt.
8
Mit bei Gericht am 16.04.2007 eingegangener, der Beklagten am 19.04.2007
zugestellter Klage hat der Kläger den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses geltend
gemacht.
9
Am 02.05.2007 wurde über das Vermögen der E. das Insolvenzverfahren eröffnet.
10
Der Kläger behauptet, der Betriebserwerber sei nicht identifizierbar gewesen, da als
Adresse der Standort der Beklagten angegeben worden sei. Die Erwerberin habe dort
weder Personal noch einen Briefkasten gehabt. Nähere Angaben zu den Investoren
seien nicht vorhanden gewesen.
11
Die Beklagte habe bereits im Zeitpunkt der Information gewusst, dass der Übergang
nicht zum 01.04.2006, sondern erst zum 01.5.2006 stattfinden würde.
12
Da Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen, nicht im einzelnen Betrieb zu
prüfen seien und die Beklagte in der Zeit nach dem Betriebsübergang sogar zeitweise
Mitarbeiter gesucht habe, könne diese Aussage nicht für sämtliche Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter korrekt gewesen sein. Da aufgrund der Schließung des Standorts L. dort
keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr vorhanden seien, käme evtl. eine Versetzung
an andere Standorte in Betracht.
13
So seien am 15.2.2007 für die Niederlassungen in V., E. und N. mehrere Verkäuferinnen
gesucht worden.
14
Ausweislich des bei der Beklagten geltenden Interessenausgleichs und Sozialplans
habe kein Abfindungsanspruch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestanden, die dem
Betriebsübergang widersprechen würden. Da die Belehrung dahin gegangen sei, dass
eine Kündigung möglicherweise ohne Abfindungsanspruch erfolge, sei für die
Arbeitnehmer nicht klar gewesen, von welchen Voraussetzungen dies abhänge.
15
Mit Nichtwissen seien die Angaben der Beklagten zu ihrer Größe und den Gründen für
die Umstrukturierung und die Veräußerung einzelner Niederlassungen sowie ihre
derzeitige Größe zu bestreiten. Wegen der weiteren Einzelheiten, die der Kläger mit
Nichtwissen bestreitet, wird auf die Darstellung im Schriftsatz vom 12.07.2007 Bezug
genommen.
16
Die E. sei erst aus der D. mit Sitz in N. hervorgegangen. Die Gesellschaft, die nach
Angaben der Beklagten veräußert worden sei, sei Komplementärin der Gesellschafterin
der Kommanditistin gewesen. Es sei ungewiss, ob eine B. Erwerberin des Standortes L.
gewesen sei.
17
Die Beklagte habe über die wahre Erwerberin getäuscht, wie sich auch durch ein
Schreiben der Geschäftsführung vom 12.04.2006 belegen lasse.
18
Der Kläger ist zudem der Ansicht, die Unterrichtung über den Betriebsübergang sei
unvollständig.
19
Die Gründe für den Betriebsübergang seien auch nicht schlagwortartig angegeben.
20
Der Hinweis, dass die Betriebszugehörigkeit selbstverständlich auch bei der B.
angerechnet werde, erwecke den Eindruck, dass es sich um eine freiwillige Leistung
handele. Eine Belehrung, die so gestaltet sei, dass zwingende Rechtsfolgen als
freiwillige Leistungen dargestellt würden, sei unter diesem Gesichtspunkt fehlerhaft.
21
Es sei auch über die nicht bestehenden Ansprüche aufzuklären. Jedenfalls sei
allerdings eine Belehrung darüber, dass möglicherweise kein Anspruch bestehe,
fehlerhaft.
22
Schließlich sei der Hinweis, dass der Widerspruch gegenüber der B. erklärt werden
könnte, fehlerhaft, da diese noch nicht existent gewesen sei und deshalb u. a. ein nicht
existenter Empfänger benannt und die Anschrift eines anderen Dritten angegeben sei.
23
Der Arbeitnehmer könne dem Schreiben nicht entnehmen, ob er nun zukünftig noch von
Tarifänderungen betroffen sein werde oder aber nicht, da lediglich darauf hingewiesen
werde, er sei nicht mehr ohne weiteres von Tarifänderungen betroffen. Die
Voraussetzungen für eine weitere Betroffenheit von Tarifänderungen oder aber den
Ausschluss von diesen, seien nicht dargelegt.
24
Der Kläger beantragt,
25
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beklagten zu
unveränderten Bedingungen fortbesteht und nicht im Wege des Betriebsübergangs auf
die E. übergegangen sei.
26
Die Beklagte beantragt,
27
die Klage abzuweisen.
28
Die Beklagte behauptet, sie habe bis Anfang 2006 in 30 über die gesamte
Bundesrepublik verteilten Niederlassungen und ihrer E. Hauptverwaltung ca. 2.500
Arbeitnehmer beschäftigt. Nach einer umfassenden Restrukturierung habe sie noch eine
Hauptverwaltung und fünf Niederlassungen mit insgesamt weniger als 500
Arbeitnehmern gehabt.
29
Sie sei aufgrund einer Ende 2005 angesichts der im gesamten Speditionsgewerbe
vorherrschenden Überkapazitäten ergangenen Entscheidung der Europäischen
Kommission zu einer umfassenden Restrukturierung und Kapazitätsverringerung ihres
damals wesentlich größeren Geschäftsbetriebs sowie zur Zerschlagung ihres
deutschlandweiten Speditionsgeschäfts gezwungen gewesen. Im Rahmen dieser
Restrukturierung habe sie sich mit 5 bei ihr verbleibenden Niederlassungen an der
Stückgutkooperation D. beteiligt, während 18 der damals 30 bundesweiten
Niederlassungen veräußert und 7 weitere Niederlassungen geschlossen worden seien.
30
Die Beklagte behauptet, sie habe am 07.03.2006 mit der Kaufinteressentin einen beide
Parteien bereits bindenden Vorvertrag geschlossen, wobei lediglich einige Details
zunächst noch abschließend zu klären verblieben seien. Dieser Vertrag habe
vorgesehen, dass jeweils der gesamte Geschäftsbetrieb der Niederlassungen I., L., E.,
I., T. und X. von der Erwerberin indirekt über sechs separate Kommanditgesellschaften
an den jeweiligen Niederlassungs-Standorten mit Wirkung zum 01.04.2006 erworben
werden sollte.
31
Sie habe der damaligen Planung entsprechend die Firmierung der Erwerbergesellschaft
zutreffend mit B. angegeben.
32
Die endgültige Vertragsschließung habe sich bis zum 05.04.2006 hingezogen. Zu
diesem Zeitpunkt habe auch der endgültige Name festgestanden. Die Erwerberin sollte
auf dem Grundstück der Beklagten residieren.
33
Am 17.03.2006 habe das Datum 01.04.2006 den Planungen entsprochen. Grund für die
Verzögerung seien einige noch klärungsbedürftige Details gewesen. Die Verzögerung
sei unerwartet gewesen.
34
Die E. habe dann zum 01.05.2006 die betriebliche Leitungsmacht in der Niederlassung
L. übernommen, wobei der bis zum Betriebsübergang für die Beklagte tätige dortige
Niederlassungsleiter nun für die Erwerberin den Betrieb vor Ort geleitet habe. Vom
Übergangszeitpunkt 01.05.2006 an habe die Erwerberin den Geschäftsbetrieb auf dem
bisherigen Betriebsgelände der Beklagten unter der Firma E. weitergeführt und das
Arbeitsverhältnis mit der Klägerpartei fortgesetzt.
35
Dem Vernehmen nach soll eine der Beklagten nicht näher bekannte Schweizer
Beteiligungsgesellschaft namens D. im Herbst 2006 die E. erworben und unter der
bisherigen Firmenbezeichnung fortgeführt haben. Unter der Regie ihrer neuen
Eigentümer habe die E. dann offenbar im Frühjahr 2007 einen Antrag auf Eröffnung des
lnsolvenzverfahrens gestellt.
36
Im übrigen finde sich in der mit Stand 17.03.2006 erstellten Anlage zum
Interessenausgleich in der Rubrik Vertrag liegt vor, Übergang zum : hinsichtlich der hier
in Rede stehenden Niederlassung nicht nur der Eintrag Vorvertrag , sondern die schon
den konkret geplanten Übertragungstermin beinhaltende Angabe Vorvertrag 01.04.2006
.
37
Es gebe im Unternehmen der Beklagten keine freien Stellen, auf denen
widersprechende Arbeitnehmer hätten weiterbeschäftigt werden können.
38
Der Sozialplan vom 20.03.2006 sei im Zeitpunkt der Unterrichtung vom 17.03.2006 noch
gar nicht abgeschlossen gewesen, weshalb der Hinweis auf einen für widersprechende
Arbeitnehmer möglicherweise zu erwartenden Ausschluss einer Sozialplanabfindung
korrekt gewesen sei. Zum anderen trifft die Angabe zum möglicherweise für
widersprechende Arbeitnehmer ausgeschlossenen Abfindungsanspruch auch nach
dem Inhalt des am 20.03.2006 abgeschlossenen Sozialplans zu, da es dort unter Ziffer
1.3 unter anderem wörtlich laute:
39
Keine Ansprüche aus diesem Sozialplan im Sinne der Ziffer 1.1 haben
40
Arbeitnehmer, (....) die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB
auf einen Betriebserwerber widersprechen. Widersprüche aus persönlichen
Gründen werden in Einzelfällen in der paritätischen Kommission behandelt.
Ein an die im Unterrichtungsschreiben vom 17.03.2006 angegebene Erwerberfirma
gerichteter Widerspruch wäre ab dem Betriebsübergang zwangsläufig bei der
Erwerberin eingegangen, da in der Unterrichtung die zutreffende Anschrift der
Gesellschaft (nämlich die der ehemaligen Niederlassung) angegeben worden sei und
es sich hierbei zudem um das bisherige Betriebsgelände der Beklagten gehandelt habe,
wo die Klägerpartei ihren Arbeitsplatz gehabt habe.
41
Die Klägerpartei habe ihre arbeitsvertragliche Leistung für fast 1 Jahr ohne jede
Beanstandung bei der Betriebserwerberin erbracht und ihre monatliche Vergütung von
der E. entgegengenommen.
42
Die Beklagte ist der Ansicht, § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG sei entsprechend anwendbar.
43
Darüber hinaus sei der Anspruch verwirkt.
44
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Ergebnis der Beweisaufnahme Bezug
genommen.
45
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
46
I.
47
Die Klage ist unbegründet.
48
Ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten besteht nicht mehr.
49
a)
50
Das Arbeitsverhältnis ist mit dem 01.05.2006 auf die E. übergegangen.
51
Unstreitig lag ein Betriebsübergang mit Wirkung zum 01.05.2006 vor. Dies wird von der
klagenden Partei nicht in Abrede gestellt. Als Rechtsfolge sieht § 613a BGB vor, dass
die Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber übergehen. Hiervon war auch das
Arbeitsverhältnis der klagenden Partei betroffen.
52
b)
53
Die klagende Partei hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nicht fristgemäß
widersprochen. Gem. § 613a Abs. 6 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des
Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach
Absatz 5 widersprechen.
54
Voraussetzung für den Lauf der Widerspruchsfrist ist eine ordnungsgemäße
Unterrichtung. Weder eine unterbliebene noch eine nicht ordnungsgemäße
Unterrichtung lösen diese Frist aus (vgl. BAG v. 13.07.2006, 8 AZR 305/05, NZA 2006,
1268).
55
Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer so zu informieren, dass jener sich über die
Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein
Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage
für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten. Der Inhalt
der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und Erwerbers
zum Zeitpunkt der Unterrichtung. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Die
Ordnungsgemäßheit kann vom Gericht überprüft werden. Der Veräußerer und der
Erwerber sind für die Erfüllung der Unterrichtungspflicht darlegungs- und
beweispflichtig. Entspricht eine Unterrichtung zunächst formal den Anforderungen und
ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, ist es Sache des Arbeitnehmers, einen Mangel
näher darzulegen. Die Unterrichtungsverpflichteten müssen sodann Einwände des
Arbeitnehmers mit entsprechenden Darlegungen und Beweisantritten entkräften (vgl.
BAG v. 13.07.2006, 8 AZR 305/05, NZA 2006, 1268).
56
Diesen Anforderungen genügt die Unterrichtung vom 17.3.2006.
57
Zunächst entspricht die Unterrichtung formal den Anforderungen und ist nicht
offensichtlich fehlerhaft. Die Beklagte hat die in § 613a Abs. 5 BGB angesprochenen
Punkte (Zeitpunkt oder geplanter Zeitpunkt des Übergans, Übertragungsgrund,
rechtliche, wirtschaftliche und sozialen Folgen für die Arbeitnehmer und hinsichtlich der
Arbeitnehmer in Aussicht genommene Maßnahmen) in Textform dargestellt, wie sich
aus den mit der Klageschrift vorgelegten Kopien der Schreiben ergibt.
58
c)
59
Die klagende Partei hat keine Einwände aufgezeigt, aus denen sich darüber
hinausgehend ein Mangel ergibt.
60
(1)
61
Entgegen der Auffassung der Klägerpartei sind die vom Betriebsübergang betroffenen
Arbeitnehmer von der Beklagten ordnungsgemäß über die Identität der
Betriebserwerberin unterrichtet worden.
62
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Betriebserwerber
grundsätzlich mit Firmenbezeichnung und Anschrift anzugeben, damit der Arbeitnehmer
Klarheit über jenen hat bzw. ergänzende Erkundigungen einziehen kann (BAG v.
13.07.2006, 8 AZR 305/05, NZA 2006, 1268; BAG v. 14.12.2006, 8 AZR 763/05, NZA
2007, 682). Diesem Erfordernis hat die Beklagte mit ihrer Unterrichtung über die
beabsichtigte Firmenbezeichnung und Rechtsform der Erwerberin entsprochen.
63
Die Überlegungen hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse und des Zeitpunkts der
Eintragung der Beklagten in das Handelsregister sind für die Ordnungsgemäßheit der
Unterrichtung über die Identität des Erwerbers jedenfalls im vorliegenden Fall nicht von
Bedeutung.
64
Zunächst ist kein Rechtssatz zu erkennen, dass die Übertragung auf eine erst zu
gründende Gesellschaft unzulässig wäre. In diesem Fall kann die Unterrichtung
zwangsläufig nicht die Angaben enthalten, die bei einer bereits existenten Erwerberin
erforderlich sein mögen.
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Sinn und Zweck der Angabe werden hierdurch erfüllt. Der Arbeitnehmer kann erkennen,
dass das Arbeitsverhältnis sich auf eine in Gründung befindende Gesellschaft
übergehen soll. Bereits diese Information ist von entscheidender Bedeutung, da sich
bereits hierin ein erhöhtes Risiko widerspiegelt. Dieses Risiko hat die Beklagte nicht
verschleiert, da sie auf die Gründung hingewiesen hat.
66
Unzureichend wäre die Belehrung nur dann, wenn aus § 613a Abs. 5 BGB folgen
würde, dass die Unterrichtung noch nicht erfolgen kann, wenn die (endgültige)
Firmenbezeichnung und Anschrift noch nicht feststeht.
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Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist dies nicht zu erkennen. Über die Person des
Erwerbers ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 613a Abs. 5 Nr. 1 4 BGB
überhaupt nicht zu unterrichten. Erst aus der Auslegung der Vorschrift ergibt sich mit
dem BAG, dass überhaupt Angaben zum Erwerber zu machen sind.
68
Auch systematisch ist es nicht erforderlich, dass bei einer sich noch in Gründung
befindenden Betriebserwerberin die Belehrung noch nicht erfolgen kann. Die
Unterrichtung hat vor dem Betriebsübergang zu erfolgen. Damit trägt jede Unterrichtung
immanent das Risiko in sich, dass sich Einzelheiten bis zum eigentlichen
Betriebsübergang ändern können. Dies wird auch dadurch deutlich, dass nach § 613a
Abs. 5 Nr. 1 BGB auch eine Belehrung über einen erst geplanten
Betriebsüberganszeitpunkt ausreichend ist.
69
Auch Sinn und Zweck der Unterrichtung erfordern es nicht, dass im Gründungsstadium
der Erwerberin eine Unterrichtung ausgeschlossen ist. Der Informationsinhalt ist in der
Regel von begrenztem Wert. Wird das Unternehmen auf eine ausländische Gesellschaft
oder eine Privatperson übertragen, sind verwertbare Informationen für den normalen
Arbeitnehmer innerhalb eines Monats so gut wie unmöglich zu erhalten. Ähnliches gilt
für eine kurz zuvor erfolgte Neugründung. Auch wenn der Zweck der Angabe die
Identifizierung der am Betriebsübergang beteiligten Unternehmen ist
(Willemsen/Lembke NJW 2002, 1162), folgt hieraus nicht zwangsläufig, dass der
endgültige Name mitzuteilen ist. Wie die Identifizierung zu erfolgen hat, ist im Gesetz
nicht genannt.
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Dementsprechend ist die Verpflichtung des Veräußerers und des Erwerbes
dahingehend eingeschränkt, dass grundsätzlich (so ausdrücklich BAG v. 14.12.2006, 8
AZR 763/05, NZA 2007, 682), also nicht in jedem Fall, Angaben zur Firmenbezeichnung
und Adresse erforderlich sind. Vorliegend handelt es sich um einen Ausnahmefall, da
sich die Erwerberin erst in Gründung befand. Der maßgebliche Zweck, der für die
genaue Angabe von Firmenbezeichnung und Adresse angeführt wird, besteht darin,
dem Arbeitnehmer Klarheit über den Erwerber zu verschaffen bzw. ihm die Einholung
ergänzender Erkundigungen zu ermöglichen (BAG v. 13.07.2006, 8 AZR 305/05, NZA
2006, 1268). Diesem Zweck hat die Beklagte aber dadurch Rechnung getragen, dass
sie auf die hinter der Gesellschaft stehenden Investoren namentlich hingewiesen hat.
Die Klägerseite hat nicht aufgezeigt, dass eine fehlerhafte Information vorliegt, da die
Beklagte nicht erklärt hat, die von ihr genannten Personen seien unmittelbar
Gesellschafter der Erwerberin. Die einzelnen Beteiligungsverhältnisse hingegen, wie
sie von der Klägerseite recherchiert wurden, sind keinesfalls im
Unterrichtungsschreiben anzugeben. Hierfür lässt sich dem Wortlaut des § 613a Abs. 5
BGB nichts entnehmen. Gerade aufgrund der zusätzlichen Angaben konnte sich der
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Kläger ein besseres Bild machen, als es die bloße Firmenbezeichnung ermöglicht hätte.
Soweit dahinter die Vermutung stehen sollte, es sei versucht worden, durch die
Übertragung auf ein undurchsichtiges Firmenkonstrukt die Arbeitsverhältnisse möglichst
billig beenden zu können, hat dies jedenfalls keine Auswirkung auf die
Ordnungsgemäßheit der Belehrung. Denn die gleiche Gefahr bestünde, wenn die
ladungsfähige Anschrift und der endgültige Name korrekt angegeben werden. Mehr ist
aber auch nach Ansicht des BAG nicht erforderlich. Vielmehr wäre es insoweit Aufgabe
des unterrichteten Arbeitnehmers, hier weitere Recherchen anzustellen. Die
Ausführungen der klagenden Partei genügen zudem nicht zur Darlegung eines
Missbrauchtatbestandes. Die Gründung von neuen Unternehmen bzw. Gesellschaften
mittels Vorratsgesellschaften ist üblich und nicht zu beanstanden.
Die Belehrung ist auch nicht deshalb unrichtig, weil die Beklagte den Namen des
Geschäftsführers nicht angegeben hat.
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Auch dies ist nicht erforderlich. Soweit das BAG als weiteren Zweck der Belehrung über
die Firmenbezeichnung darauf abstellt, dass dem Arbeitnehmer eine Klage gegen den
Erwerber ermöglicht werden soll, so genügt hierzu zunächst die Angabe der
Bezeichnung der Beklagten und der ladungsfähigen Anschrift. Selbst wenn insoweit
Zweifel an einer ladungsfähigen Bezeichnung der Partei gem. §§ 130, 253 ZPO
bestehen, so werden jedenfalls in ständiger Praxis Klagen gegen Gesellschaften, die
den Namen des Geschäftsführers nicht enthalten, erfolgreich zugestellt.
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Darüber hinaus hat das BAG gerade nicht entschieden, dass die falsche Bezeichnung
des Vornamens eines Geschäftsführers zur Unrichtigkeit der Unterrichtung führt,
sondern dies dahinstehen lassen (BAG v. 13.07.2006, 8 AZR 305/05, NZA 2006, 1268).
Zudem hat das BAG nachfolgend klargestellt, dass allein Firmenbezeichnung und
Anschrift erforderlich sind (BAG v. 14.12.2006, 8 AZR 763/05, NZA 2007, 682). Zur
Firmenbezeichnung einer GmbH gehört der Geschäftsführer jedoch gerade nicht (s. § 4
GmbH). Dass die Firmenbezeichnung und Anschrift zusätzlich zustellfähig sein muss,
ist weder dem Wortlaut des § 613a Abs. 5 BGB zu entnehmen noch folgt dies aus der
bislang veröffentlichten, zutreffenden Auslegung dieser Norm durch das BAG.
74
(2)
75
Die Beklagte hat zutreffend über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs unterrichtet.
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Der Umfang der Unterrichtungspflicht bestimmt sich nach dem Kenntnisstand des
Unterrichtungspflichtigen im Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG v. 13.07.2006, 8 AZR
303/05, NZA 2006, 1273). Weicht der tatsächliche Zeitpunkt des Übergangs wie im
vorliegenden Fall durch Umstände, die erst nach der Unterrichtung der Arbeitnehmer
eingetreten sind, von dem mitgeteilten Zeitpunkt ab, ist grundsätzlich nur dann eine
erneute Unterrichtung vorzunehmen, wenn durch die zeitliche Verschiebung die
Entscheidung des Arbeitnehmers über die Ausübung des Widerspruchsrechts
beeinflusst werden kann. Im Falle einer nur unwesentlichen zeitlichen Abweichung ist
überhaupt keine erneute Unterrichtung erforderlich (Worzalla NZA 2002, 353). Dies folgt
bereits aus dem Gesetzeswortlaut von § 613a Abs. 5 Nr. 1 BGB, der alternativ eine
Unterrichtung über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs vorsieht.
77
Die Ausführungen der klagenden Partei, im Zeitpunkt des 17.03.2007 habe die Beklagte
bereits tatsächlich gewusst, die Übertragung werde nicht zum 01.04.2007 stattfinden,
78
und die Unterrichtung sei deshalb falsch, enthalten lediglich Spekulationen.
Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger selbst den Interessenausgleich heranzieht um
darzulegen, dass das Datum 01.04.2007 bereits am 17.03.2007 nicht mehr aktuell
gewesen sein konnte. Dabei wird übersehen, dass gerade im Interessenausgleich als
Datum für den Übergang der 01.04.2007 genannt ist.
79
Angesichts dessen ist dieser Vortrag nach der o. g. Rechtsprechung nicht als
ausreichende Beanstandung für eine fehlerhafte Information anzusehen, so dass
weitere Darlegungen der Beklagten nicht erforderlich sind.
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Geringfügige Verzögerungen von einem Monat haben zudem in der Regel keinen
Einfluss auf die Entscheidung über den Widerspruch, so dass ein etwaiger Fehler
bereits deshalb unbeachtlich wäre.
81
(3)
82
Die Unterrichtung vom 17.03.2006 ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil dort unter Ziffer
2, Satz 2 davon die Rede ist, frühere Dienstzeiten würden selbstverständlich auch bei
der Erwerbergesellschaft angerechnet.
83
Nachdem die Beklagte unter Ziffer 1 des Unterrichtungsschreibens vom 17.03.2006
zunächst ausdrücklich auf den kraft Gesetzes automatisch gemäß § 613a Abs. 1 BGB
erfolgenden Übergang des Arbeitsverhältnisses und unter Ziffer 2, Satz 1 noch
zusätzlich darauf hingewiesen hatte, dass der Betriebsübergang nicht zu einer
Änderung des Arbeitsvertrages führe, konnte die Angabe unter Ziffer 2 Satz 2 des
Unterrichtungsschreibens für jeden vernünftigen Leser nur als Anwendungsbeispiel für
den zuvor angesprochenen automatischen und unveränderten Übergang der Rechte
und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstanden werden. Die Rechtsfolge der
Anrechnung der Vordienstzeiten ist jedenfalls richtig benannt. Ob diese freiwillig oder
kraft Gesetzes erfolgt, ist für die Entscheidung des Arbeitnehmers über einen
Widerspruch nicht erheblich.
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(4)
85
Die Unterrichtung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte den Grund für den
Betriebsübergang nicht genannt hat.
86
Nach § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB ist über den Grund für den Übergang zu unterrichten. In
erster Linie ist die Angabe des Rechtsgrundes für den Betriebsübergang wie
Kaufvertrag, Pachtvertrag, Umwandlung etc. gemeint (BAG v. 14.12.2006, 8 AZR
763/05, NZA 2007, 682). Dieser Anforderung hat die Beklagte dadurch genüge getan,
dass sie auf den Verkauf ihrer Niederlassungen hingewiesen hat.
87
Darüber hinaus ist weiter erforderlich, dass dem Arbeitnehmer zumindest jene
unternehmerischen Gründe schlagwortartig mitgeteilt werden, die sich im Falle seines
Widerspruchs auf den Arbeitsplatz auswirken können (vgl. BAG v. 14.12.2006, 8 AZR
763/05, NZA 2007, 682). Ausreichend ist z. B. die Angabe, aus wirtschaftlichen Gründen
sei der Entschluss gefallen, einen Betrieb selbst stillzulegen und zu verpachten, da
hierdurch die Kenntnis darüber erlangt wird, dass es im bisherigen Betrieb keine
Arbeitsplätze mehr gibt, die nach einem Widerspruch eingenommen werden könnten
88
(BAG 13.7.2006, 8 AZR 305/05, NZA 2006, 1268).
Die Mitteilung der veranlassenden wirtschaftlichen Gründe ist nicht erforderlich, wenn
die Vorgehensweise im Einzelnen erläutert wird und erkennbar ist, dass die
Arbeitsplätze aufgrund der Übertragung in Wegfall geraten (vgl. BAG v. 14.12.2006, 8
AZR 763/05, NZA 2007, 682).
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Die Vorgehensweise bei einem Verkauf einer Niederlassung ergibt sich bereits aus dem
Verkauf selbst. Darüberhinaus hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sämtliche
zum Geschäftsbetrieb gehörende Vermögensgegenstände, sonstige Betriebsmittel und
Kundenbeziehungen verkauft würden und die Mieträume untervermietet würden. Zudem
hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass bei ihr keine Beschäftigungsmöglichkeiten
mehr bestehen würden.
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Damit sind die Beweggründe zumindest schlagwortartig dargetan. Es kann auch nicht
entscheidend sein, dass eine Angabe aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfolgt ist, da
diese Angabe für sich allein den Arbeitnehmer auch nicht mehr helfen würde als die
Angabe des Rechtsgrundes als solchem.
91
(5)
92
Die Rüge der klagenden Partei, die Beklagte habe nicht ordnungsgemäß über die
rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs unterrichtet, greift nicht durch.
93
Die Angabe, dass bislang in Tarifverträgen geregelte Rechte und Pflichten Inhalt des
Arbeitsverhältnisses werden, entspricht den von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen, da hiermit zutreffend darüber informiert
wird, dass Tarifverträge künftig wegen der fehlenden Tarifbindung der
Erwerbergesellschaft nicht mehr kollektivrechtlich, sondern nur noch
individualvertraglich weitergelten (vgl. hierzu BAG v. 13.07.2006, 8 AZR 303/05, NZA
2006, 1273; BAG v. 13.07.2006, 8 AZR 305/05, NZA 2006, 1268). Durch diese Angabe
werden die Arbeitnehmer, wie vom BAG gefordert, in die Lage versetzt, sich weiter über
die im Einzelfall eingreifenden Folgen zu erkundigen.
94
Auch der über die Anforderungen der vorerwähnten Rechtsprechung zur Unterrichtung
über eine kollektivrechtliche oder individualrechtliche Weitergeltung von Tarifnormen
hinausgehende Hinweis der Beklagten im Unterrichtungsschreiben vom 17.03.2006,
dass die Arbeitnehmer künftig nicht mehr ohne weiteres von Tariferhöhungen betroffen
sein werden, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere angesichts der
hochkomplexen Rechtsprechung des BAG, das die Auslegung so genannter
Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen nicht nur vom Abschlusszeitpunkt, sondern
von den jeweils individuellen Umständen des Einzelfalls abhängig macht, und
angesichts der fehlenden Kenntnis der Beklagten von einer etwaigen
Gewerkschaftsmitgliedschaft einzelner Arbeitnehmer würde die Forderung der
Klägerpartei nach individueller Unterrichtung über das Betroffensein von künftigen
Tariferhöhungen der Beklagten ein jeweils individuelles Rechtsgutachten abverlangen,
was vom BAG als von § 613a Abs. 5 BGB nicht gefordert und zu weitgehend angesehen
wird (BAG v. 13.07.2006, 8 AZR 303/05, NZA 2006, 1273; BAG v. 13.07.2006, 8 AZR
305/05, NZA 2006, 1268; BAG v. 14.12.2006, 8 AZR 763/05, NZA 2007, 682).
95
Die Argumentation der Klägerpartei, die Unterrichtung der Beklagten sei fehlerhaft, weil
96
sie keinen Hinweis auf die einjährige Veränderungssperre von ins Individualrecht
transformierten Tarifnormen enthalte, kann ebenfalls nicht durchgreifen. Wollte man die
Aufnahme dieser Angabe in die Unterrichtung verlangen, würde ein solcher Hinweis nur
unzutreffend suggerieren, dass es innerhalb dieses Zeitraums keine rechtliche
Möglichkeit zur Veränderung gegen den Willen der Klägerpartei gebe.
Gerade der Hinweis auf die Veränderungssperre ist problematisch, da allein der
Hinweise, die Arbeitsvertragsbedingungen könnten innerhalb eines Jahres nicht zum
Nachteil geändert werden, suggerieren könnte, dass anschließend eine Änderung ohne
weiteres möglich wäre. Dies wäre dann aber falsch, da auch nachfolgende Änderungen
nicht ohne weiteres jedenfalls bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
durchführbar sind. Eine Belehrung über diesen Gesamtkomplex kann von einer
Unterrichtung nicht verlangt werden.
97
Generell ist Zurückhaltung geboten, eine Belehrung allein wegen unzureichenden
Ausführungen zur Rechtslage bei und nach einem Betriebsübergang für unwirksam zu
halten. Angesichts des ständigen Wandels der Rechtsprechung zum Betriebsübergang
und der anhaltenden Diskussion über zentrale Fragen des Tarifrechts kann vom dem
einzelnen Arbeitgeber nicht verlangt werden, hier alle Einzelheiten mitzuteilen.
Ausreichend müssen vielmehr die groben Leitlinien sein.
98
Die klagende Partei hat auch nicht aufzeigen können, die Belehrung sei rechtlich falsch
gewesen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich die klagende Partei etwa anders
entschieden hätte, hätte sie auch eine Belehrung über die von ihr beanstandeten
Aspekte erhalten.
99
(6)
100
Die Klägerseite kann die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung vom
17.03.2006 auch nicht aus der Angabe der Beklagten herleiten, dass sie keine
Beschäftigungsmöglichkeiten für widersprechende Arbeitnehmer mehr habe und
deshalb widersprechende Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen kündigen
müsste.
101
Die klagende Partei hat nur pauschal auf angebliche freien Stellen bzw. Übernahmen
hingewiesen, ohne zeitlich einen Bezug zum Zeitpunkt des Belehrungsschreibens
darzustellen. Dies genügt für eine beachtliche Beanstandung nicht. Darzulegen wäre
vielmehr gewesen, dass die Beklagte am 17.03.2006 freie Stellen hatte oder davon
ausgehen konnte, bei einem etwaigen fristgerechten Widerspruch freie Stellen zu
haben, auf denen eine Beschäftigung möglich gewesen wäre.
102
(7)
103
Die Unterrichtung der Beklagten vom 17.03.2006 ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil
die Beklagte mitgeteilt hat, widersprechenden Arbeitnehmern müsste möglicherweise
ohne Abfindungsanspruch gekündigt werden.
104
Über etwaige Ansprüche aus einem Sozialplan ist ebenfalls zu belehren (vgl. BAG v.
13.07.2006, 8 AZR 303/05, NZA 2006, 1273). Dies setzt jedoch voraus, dass im
Zeitpunkt der Unterrichtung bereits ein Sozialplan vorhanden ist. Sofern ein solcher
noch nicht abgeschlossen wurde, kann hierüber auch nicht belehrt werden. Auch nach
105
Angabe des Klägers datiert der Sozialplan erst vom 20.03.2006.
Darüber hinaus ist eine Unterrichtungspflicht nur zu bejahen, wenn Ansprüche aus
einem Sozialplan in Betracht kommen können (vgl. BAG v. 13.07.2006, 8 AZR 303/05,
NZA 2006, 1273). Dies ist nach dem Sozialplan aber gerade grundsätzlich nicht der
Fall.
106
Der Sozialplan vom 20.03.2006 hat für widersprechende Arbeitnehmer
Sozialplanansprüche grundsätzlich ausgeschlossen. Insoweit ist die Belehrung nicht
fehlerhaft. Die Beklagte hat klargestellt, dass möglicherweise ein Abfindungsanspruch
nicht besteht. Gerade dies ergibt sich aus dem Sozialplan, der einen
Anspruchsausschluss vorsah, zudem aber Fallgestaltungen anerkannte, in denen aus
Härtegründen auch bei einem Widerspruch gegen einen Betriebsübergang eine
Abfindung gezahlt wird.
107
Soweit der genannten Entscheidung des BAG zu entnehmen sein sollte, dass bei
konkreten Planungen über einen Sozialplan im Zeitpunkt der Unterrichtung bereits über
den möglichen Sozialplan zu unterrichten sei, so genügt die Unterrichtung auch
insoweit den gesetzlichen Anforderungen. Denn die Beklagte hat darüber belehrt, dass
möglicherweise ohne Abfindungsanspruch das Arbeitsverhältnis gekündigt werden
müsste, falls der Arbeitnehmer widerspricht. Dies umfasst auch die Fallgestaltung, dass
möglicherweise doch ein Abfindungsanspruch besteht, wenn das Arbeitsverhältnis nach
Widerspruch betriebsbedingt gekündigt werden müsste.
108
Eine weitergehende Erläuterungspflicht kann angesichts des Gesetzeswortlautes nicht
verlangt werden.
109
Unerheblich ist auch, dass in der Ergänzung vom 10.04.2006 nicht auf den Sozialplan
hingewiesen wurde. Bei diesem Schreiben handelte es sich nicht um eine neue
Unterrichtung, sondern dem Wortlaut nach um eine Ergänzung des ersten Schreibens.
Ausdrücklich sollte eine neue Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt werden. Da der
Unterrichtungsanspruch aus § 613a Abs. 5 BGB anlässlich des konkreten
Betriebsübergangs nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt ist, wenn der Unterrichtungspflichtige
dem Arbeitnehmer Informationen nach seinem Kenntnisstand im Zeitpunkt der
Unterrichtung erteilt. Eine ergänzende Unterricht wäre allenfalls dann geschuldet, wenn
es nicht mehr um denselben Betriebsübergang geht (vgl. BAG v. 13.07.2006, 8 AZR
303/05, NZA 2006, 1273).
110
Demnach kommt es für die Wirksamkeit der Belehrung allein auf die am 17.03.2006
erfolgte Unterrichtung an.
111
(8)
112
Die Belehrung ist auch nicht dadurch unrichtig, dass als weitere Erklärungsempfängerin
neben der mit Namen und Anschrift genannten Beklagten die als Erwerbergesellschaft
vorgesehene B. genannt wird.
113
§ 613a Abs. 5 BGB lassen sich hinsichtlich der Belehrung über den Widerspruch keine
Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass weitere Angaben als nach § 613a Abs. 5 BGB
erforderlich sind.
114
Die Annahme des Klägers, ein an die G. unter der in der Belehrung angegebenen
Adresse wäre der Erwerberin oder der Beklagten nicht zugegangen, ist spekulativ.
Selbst wenn diese Gesellschaft sich noch in ihrer Gründungsphase befunden haben
mag, ist es durchaus vorstellbar, dass bereits Vorkehrungen zum Empfang dieses
Schreibens getroffen worden waren. Eine Fehlinformation kann hierin nicht erkannt
werden.
115
Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Kläger auf dem gleichen Gelände seinen
Arbeitsplatz hatte. Eine Übergabe an die dort vorhandenen Verantwortlichten, den der
Kläger als Arbeitnehmer des Betriebes kennen musste, hätte also gereicht. Insoweit
sind auch die besonderen Umstände des vorliegenden Falles, dass das
Betriebsgelände als solches erhalten blieb und Sitz der Erwerberin werden sollte, zu
berücksichtigen.
116
d)
117
Da die Belehrung bereits ordnungsgemäß ist, kann dahinstehen, ob das Recht des
Klägers zum Ausspruch des Widerspruchs bereits verwirkt ist.
118
Soweit man nach Einfügung von § 613a Abs. 5 und 6 BGB auf den Zeitpunkt abstellt, in
dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt, dass die Unterricht fehlerhaft ist (so LAG
Düsseldorf v. 15.12.2006, 7 (18) Sa 243/06, nr.), so folgt hieraus nicht, dass es auf den
Zeitpunkt ankommt, in dem der Arbeitnehmer ggf. von einem Rechtsanwalt auf mögliche
fehlerhafte Punkte hingewiesen wird. Denn dann wäre der Beginn der Verwirkung
beliebig.
119
Soweit der Kläger geltend macht, die Unterrichtung sei bereits unzureichend, weil
bestimmte Angaben fehlten, so erlangt er diese Kenntnis unmittelbar nach Erhalt der
Unterrichtung. Denn die Fehlerhaftigkeit liegt in diesen Fällen auf der Hand. Der Lauf
der Verwirkung beginnt deshalb für Mängel dieser Art mit Ablauf der Monatsfrist gem. §
613a Abs. 6 BGB.
120
Ein abweichender Zeitpunkt kann sich allenfalls dann ergeben, wenn der Arbeitnehmer
geltend macht, er habe bei einer formal den Anforderungen und nicht offensichtlich
fehlerhaften Belehrung erst später erfahren, dass einzelne Punkte nicht zutreffend waren
oder aber er habe erst später erfahren, dass über weitere, gem. § 613a Abs. 5 BGB zu
benennende Gegenstände zu unterrichten gewesen sei.
121
Das Zeitmoment ist jedenfalls nach ca. 10 Monaten erfüllt. Die Länge des Zeitablaufs
steht in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment (vgl. BAG v.
13.07.2006, 8 AZR 382/05, NZA 2006, 1406).
122
So werden für das Zeitmoment auch dann geringere Anforderungen gestellt, wenn es
sich um sich dauernd wiederholende Unterhaltsforderungen handelt, bei denen der
Schuldner davon ausgehen kann, dass der Gläubiger bei Nichtforderung seinen
Unterhalt bereits anderweitig sichergestellt hat (BGHZ 103, 70). Aufgrund der
Wechselwirkung mit dem Umstandsmoment und dem Charakter als
Dauerschuldverhältnis liegt eine Übertragung dieser Grundsätze auch auf das
Arbeitsverhältnis nahe.
123
Dahinstehen kann, ob auch das Umstandsmoment erfüllt ist. Soweit das BAG in seiner
124
Entscheidung vom 14.12.2006 (8 AZR 783/05, NZA 2007, 682) erklärt hat, der Kläger
habe mit Ausnahme der Tatsache der Weiterarbeit bei der Erwerberin keine Umstände
gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts
rechtfertigen könne , wird es in jedem Einzelfall auf die Art und Weise sowie den
Umfang der Weiterarbeit ankommen, ob hierdurch ggf. das Umstandsmoment erfüllt ist.
Erhält der Arbeitnehmer für seine Weiterarbeit auch Entgelt und hat die Veräußerin bei
der Abwicklung des Übergangs z. B. durch Übersendung von Arbeitspapieren
mitgewirkt, wie es typischerweise bei einem Betriebsübergang der Fall sein könnte,
könnte gerade hierin das entscheidende Umstandsmoment liegen. So hat das BAG im
Nachgang zur Entscheidung vom 14.12.2006 als Umstandsmoment bereits die bloße
Erklärung des Arbeitnehmers gegenüber der Veräußerin in einem Gütetermin, dass
einem Betriebsübergang nicht widersprochen worden sei, ausreichen lassen (BAG v.
15.02.2007, 8 AZR 431/06, DB 2007, 1468). Ein Arbeitnehmer, der sich nach einem
Betriebsübergang nicht mehr bei der Veräußerin meldet, erklärt jedenfalls nach Ansicht
der Kammer das gleiche, sozusagen durch beredtes Schweigen . Hätte er nämlich dem
Betriebsübergang widersprochen, so müsste er, um Ansprüche auf Entgelt zu sichern,
zumindest seine Arbeitsleistung anbieten, da im laufenden Arbeitsverhältnis ein
tatsächliches Angebot erforderlich ist (BAG v. 07.12.2005, 5 AZR 19/05, NZA 2006,
435).
Wie ausgeführt, können diese Fragen jedoch angesichts der wirksamen Unterrichtung
dahinstehen.
125
II.
126
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 91 ZPO.
127
Der Streitwert ist gem. § 61 Abs. 1 ArbGG, § 3 ZPO, §§ 42 Abs. 4, 63 Abs. 2 GKG im
Urteil festzusetzen.
128
Rechtsmittelbelehrung
129
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
130
B e r u f u n g
131
eingelegt werden.
132
Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
133
Die Berufung muss
134
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
135
beim Landesarbeitsgericht E. eingegangen sein.
136
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung
137
Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft
138
oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher
Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und
der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche
Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im
wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange
die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der
Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
139
- I. -
140