Urteil des ArbG Düsseldorf vom 26.01.2010

ArbG Düsseldorf (vertrag zugunsten dritter, kläger, höhe, echter vertrag zugunsten dritter, vertrag, krankenhaus, treu und glauben, mitarbeiterbeteiligung, grundsatz der gleichbehandlung, dritter)

Arbeitsgericht Düsseldorf, 7 Ca 7397/09
Datum:
26.01.2010
Gericht:
Arbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 Ca 7397/09
Schlagworte:
Mitarbeiterbeteiligung, Chefarzt, Berufsordnung, Vertrag zugunsten
Dritter
Normen:
§ 328 BGB; § 315 BGB; § 29 Abs. 4 Berufsordnung deutscher Ärztinnen
und Ärzte
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Ein Chefarztvertrag kann ein echter Vertrag zugunsten Dritter nach § 328
BGB sein, nach dem der Chefarzt seine Mitarbeiter an seinem weiteren
Einkommen angemessen zu beteiligen hat. Es handelt sich um eine
Frage der Auslegung, ob lediglich ein deklaratorischer Verweis auf die
Berufsordnung oder ein Vertrag zugunsten Dritter gewollt ist. Gegen eine
bloße Bezugnahme spricht, wenn die Berufsordnung im Vertragswortlaut
weder ausdrücklich erwähnt noch deren Text umfassend wiederholt
wird. Die Grundsätze des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes
im Arbeitsverhältnis kommen nicht im Verhältnis Chefarzt und Mitarbeiter
zur Anwendung, da - auch bei einem Vertrag zugunsten Dritter zwischen
Chefarzt und Krankenhaus - kein Vertragsverhältnis besteht.
Tenor:
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.Der Streitwert beträgt 8.400,-- €
T A T B E S T A O. D:
Der Kläger begehrt die Zahlung einer Mitarbeiterbeteiligung an den
Einnahmen des Beklagten bei Privatpatienten, hilfsweise die Vorlage
des Chefarztvertrages sowie die Erteilung von Auskunft über die
Beteiligung anderer Mitarbeiter.
Der 48-jährige Kläger war vom 01.06.1992 bis zum 30.04.2009 im T.. O..
Krankenhaus in M. als Anästhesist auf Grundlage des Arbeitsvertrages
vom 15.02.1992 und entsprechende Nachträge (Bl. 10 ff der Akte) tätig.
Ab dem 01.11.2002 war er Oberarzt (vgl. Bl. 14 der Akte sowie
Stellenbeschreibung Bl. 15 der Akte). Vom 01.07.1976 bis zum
30.09.2008 war Chefärztin im Bereich Anästhesiologie und
Intensivmedizin Frau E.. C.. Diese beteiligte den Kläger sowie andere
Mitarbeiter an ihren Einnahmen bei Privatpatienten. Der Kläger erhielt
seit Februar 2005 1.000,-- € brutto monatlich. Ein Kollege, der Oberarzt
E.. M., erhielt ebenfalls eine Mitarbeiterbeteiligung, allerdings einen
anderen Betrag. Für den Zeitraum Januar bis September 2008 erhielt
der Kläger insgesamt einen Betrag in Höhe von 9.000,-- € brutto. Das T..
O.. Krankenhaus bescheinigte dem Kläger mit Schreiben vom
02.04.2009 (Bl. 17 der Akte) die Höhe der "Chefarztzulage".
Seit dem 01.10.2008 ist der Beklagte Nachfolger von Frau E.. C. und
damit Chefarzt der Anästhesiologie und Intensivmedizin im T.. O..
Krankenhaus. Im Vertrag des Beklagten heißt es auszugsweise (vgl. Bl.
114 der Akte):
"§ 7 Entgelte für die Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich
Abs. 2 Variable Vergütung:
1.Der Arzt erhält zusätzlich eine variable, nicht
zusatzversorgungspflichtige Vergütung in Form einer Beteiligung an den
Einnahmen des Trägers aus der gesonderten Rechnung wahlärztlicher
Leistungen durch das Krankenhaus. Diese beträgt bei Einnahmen des
Krankenhauses bis …
§ 8 Finanzielle Beteiligung der nachgeordneten Ärzte:
Der Arzt verpflichtet sich, die nachgeordneten Ärzte in angemessenem
Umfang an dem Einkommen gem. § 7 Abs. 2 zu beteiligen."
Zwischen den Parteien gab es Gespräche über die
Mitarbeiterbeteiligung. Der genaue Inhalt der Gespräche ist zwischen
den Parteien streitig. Der Kläger schied zum 30.04.2009 aufgrund eines
Aufhebungsvertrages vom 19.03.2009 (vgl. Bl. 24 der Akte) aus dem
Dienst des T.. O.. Krankenhauses aus. In dem Aufhebungsvertrag heißt
es auszugsweise:
Auflösungsvertrag
zwischen der gemeinnützigen Gesellschaft der G. zu P. mbH als
Rechtsträger des T.. O.. Krankenhauses, 5. M.
-im folgenden Dienstgeber genannt -
und
Herrn E.. H. O..., geb. 31.01.1962
-im folgenden Dienstnehmer/in genannt -
wird folgender Auflösungsvertrag geschlossen:
6. Mit der Erfüllung der vorstehenden Regelungen sind sämtliche
wechselseitigen Ansprüche zwischen den Parteien aus dem
Dienstverhältnis und dessen Beendigung, gleich auf welchem
Rechtsgrund sie im Einzelnen beruhen, gleich ob bekannt oder
unbekannt, erledigt.
…"
Der Kläger ist mittlerweile Chefarzt in einem österreichischen
Krankenhaus.
Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte sei bereits nach § 29 Abs. 4.
der Berufsordnung für Ärzte zur Beteiligung an den Einnahmen aus der
Privatliquidation verpflichtet, auch wenn diese Norm womöglich keine
Anspruchsgrundlage darstelle. Entsprechendes werde sich bzw. ergebe
sich auch aus dem Arbeitsvertrag des Beklagten mit dem Krankenhaus.
Es handele sich insoweit um einen Vertrag zu Gunsten Dritter.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe bereits bei Dienstantritt allen
nachgeordneten Ärzten erklärt, er werde sich an die Regelung halten,
nachgeordnete Ärzte zu beteiligen. Er sei zu diesem Zeitpunkt allerdings
im Urlaub gewesen, was unstreitig ist. Es habe mehrfach Gespräche mit
dem Beklagten über die Beteiligung gegeben, was grundsätzlich
unstreitig ist. Am 10.11.2008 hätten sich der Kollege E.. M., der Beklagte,
Frau K. sowie er bei der Übergabe des Dienstes am frühen Morgen
getroffen. Er oder E.. M. hätten den Beklagten gefragt, was mit der
Chefarztzulage sei. Der Beklagte habe erklärt:
" Ich übernehme die Verpflichtungen von E.. C.."
Der Beklagte hat des Weiteren erklärt, Zahlungen könnten erst später
erfolgen, da ja auch erst später die Rechnungen eingehen würden. Am
05.01.2009 habe es zudem ein Vier-Augen-Gespräch gegeben. Der
Beklagte habe erneut Zahlungen versprochen. Erst später im Januar
2009 habe der Beklagte erstmals erklärt, er habe andere
Verdienstmöglichkeiten als E.. C..
Der Kläger behauptet, er sei vom Beklagten zur Behandlung der
Patienten herangezogen worden. Nach seiner Kenntnis habe der
Beklagte nahezu alle Patienten des Krankenhauses privat liquidieren
können. Der Anspruch ergebe sich aus der konkreten
Vergütungsabrede, hilfsweise aus § 328 BGB, § 812 BGB, § 612 BGB
oder aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Hilfsweise macht der
Kläger einen Anspruch auf Vorlage des Chefarztbetrages nach §§ 260,
242 BGB sowie die Auskunft über die Höhe der Beteiligung anderer
Mitarbeiter geltend.
Der Kläger beantragt:
1.Der Beklagte wird verurteilt, 7.000,-- € nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2009 zu
zahlen.
2.Für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu1 den Beklagten
zu verurteilen, den von ihm mit dem T.. O.. Krankenhaus in M. mit
Wirkung zum 01.10.2008 abgeschlossenen Chefarztvertrag vorzulegen,
wobei er alle Passagen, die in keinem Zusammenhang mit seinem
Recht auf Nebentätigkeit und Privatliquidation sowie der Beteiligung der
nachgeordneten Ärzte neben seinen Nebeneinkünften/Privateinnahmen
schwärzen mag.
3.Hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen,
ob und ggf. in welcher Höhe die ihm als Chefarzt des T.. O..
Krankenhauses in M. nachgeordneten Ärzte/Mitarbeiter monatlich an
seinen Privateinnahmen in der Zeit vom 01.10.2008 bis zum 30.04.2009
beteiligt hat, hilfsweise in welcher Höhe er die ihm nachgeordneten
Ärzte/Mitarbeiter monatlich an seinen Privateinnahmen für die Zeit vom
01.10.2008 bis zum 30.6.2009 monatlich beteiligen wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er sieht bereits keine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten
Anspruch. Er behauptet, seine Vorgängerin Frau E.. C. habe einen
Chefarztvertrag "alter Schule" gehabt. Diese habe noch stationäre und
ambulante Patienten als eigene Patienten behandeln können. Dies sei
nicht Teil ihrer Dienstaufgaben gewesen. Sein Recht zur
Privatliquidation sei hingegen beschränkt auf bestimmte ambulante
Leistungen sowie wahlärztliche Leistungen im stationären Bereich. Er
habe zudem dem Krankenhaus ein Nutzungsentgelt zu entrichten. Das
zu erbringende Nutzungsentgelt habe ohnehin erst ab April 2009
Einnahmen erzielen lassen.
Der Beklagte meint, sein Vertrag mit dem Krankenhaus sehe keine
Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Klägers vor. § 7 des Vertrages
wiederhole lediglich die Verpflichtung aus der Berufsordnung.
Der Kläger behauptet, in den Gesprächen mit dem Kläger sei die Höhe
der zuvor gewährten Leistungen nicht thematisiert worden, was
unstreitig ist. Er habe dem Kläger und den anderen Ärzten erläutert, dass
man abwarten müsse, wie sich die Erlössituation entwickeln werde. Sein
Vertrag sehe andere Verdienstmöglichkeiten als bei E.. C. vor.
Der Beklagte meint, etwaige Ansprüche seien jedenfalls aufgrund des
Aufhebungsvertrages erloschen. Das Krankenhaus habe ohne ihn nicht
eine Entscheidung über eine vorzeitige Beendigung des
Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger treffen können. Er habe an den
Gesprächen über den Aufhebungsvertrag teilgenommen, was unstreitig
ist. Alle Ansprüche sollten erledigt sein. Dies habe auch eine
Mitarbeiterbeteiligung einbezogen.
Der Kläger meint hierzu, der Aufhebungsvertrag regele allein die
Beziehung zwischen ihm und dem Krankenhaus, seinem früheren
Arbeitgeber. Der Beklagte sei nur zum vorzeitigen Ausscheiden gefragt
worden. Andere Bedingungen hätten den Beklagten nicht angegangen.
Die Zahlungen wegen Mitarbeiterbeteiligung seien auch nie thematisiert
worden in diesem Zusammenhang, was unstreitig ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf
den Inhalt der Parteienschriftsätze sowie den gesamten weiteren
Akteninhalt Bezug genommen.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
1
Die Klage ist unbegründet.
2
I.
3
Der Rechtsweg vor den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet. Die Zuständigkeit ergibt
sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG (vgl. LAG Köln 12.05.2009 - 4 Ta 111/09).
4
II.
5
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 7.000,-- €.
6
1.Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von 7.000,-- € aus
einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien zu. Dies ergibt eine Auslegung der
von dem Kläger behaupteten Erklärung des Beklagten nach §§ 133, 157 BGB.
7
a)Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass als mögliche Vereinbarung lediglich die
angeblichen Erklärungen des Beklagten in den Gesprächen am 10.11.2008 sowie
05.01.2009 herangezogen werden können. Soweit der Kläger vorgetragen hat, der
Beklagte habe bereits bei Dienstantritt, in Abwesenheit des Klägers, gegenüber den
nachgeordneten Ärzten erklärt, er werde sich an die Regelung handeln, nachgeordnete
Ärzte an seiner Privatliquidation zu beteiligen, ergibt sich bereits aus dem
vorgetragenen Wortlaut keine Verpflichtung zu einer Zahlung in einer bestimmten Höhe.
8
b)Konkret hat der Kläger zwei Gespräche vorgetragen, an denen er beteiligt war. Im
Termin am 26.01.2010 hat er hierzu angegeben, es habe ein Gespräch am 10.11.2008
im Beisein mit dem Kollegen E.. M. sowie Frau K. gegeben. In diesem Zusammenhang
habe der Beklagte erklärt, er übernehme die Verpflichtung von E.. C.. Unstreitig ist die
Höhe der folgenden Zahlungen nicht thematisiert worden. Ebenfalls unstreitig hat Frau
E.. C. ihren Mitarbeitern zuvor Beteiligungen in verschiedener Höhe zukommen lassen.
9
Vor diesem Hintergrund ist das Gericht der Auffassung, dass eine derartige Erklärung
des Beklagten, sollte sie denn so gefallen sein, nicht dahingehend ausgelegt werden
kann, dass der Beklagte sich zur Zahlung einer Mitarbeiterbeteiligung in einer
bestimmten Höhe verpflichten wollte.
10
aa) Die Auslegung von Willenserklärungen richtet sich nach § 133, 157 BGB. Danach
ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht
an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Empfangsbedürftige
Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu
11
und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Dabei darf der
Empfänger der Erklärung nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen (vgl.
Palandt/Heinrichs, § 133 BGB Randnr. 9). Auch die Frage, ob eine Willenserklärung,
insbesondere ob ein Angebot zum Vertragsabschluss abgegeben worden ist, wird durch
Auslegung ermittelt.
bb) Der Kläger durfte eine solche Erklärung des Beklagten nicht dahingehend
verstehen, dass er sich bezüglich der Höhe binden wollte. Bereits der Wortlaut der
behaupteten Erklärung spricht nicht für eine Bindung in einer bestimmten Höhe. Mit der
"Verpflichtung von E.. C." kann ebenso nur die grundlegende Verpflichtung zur
Mitarbeiterbeteiligung gemeint gewesen sein. Hierfür würde sprechen, dass der
Beklagte nach dem Vortrag des Klägers bei Dienstantritt ebenfalls nur erklärt hat, er
werde die nachgeordneten Ärzte beteiligen. Der Kläger hat auch keinerlei Umstände
dazu vorgetragen, dass er davon ausgehen musste, dass der Beklagte die genaue
Höhe der Mitarbeiterbeteiligung der einzelnen Mitarbeiter kannte. Dies wäre allerdings
erforderlich, um annehmen zu können, dass er bei einer Erklärung gegenüber mehreren
Mitarbeitern diesen Mitarbeiterbeteiligungen in verschiedener Höhe zusagen wollte.
12
2.Auch auf § 8 des Chefarztvertrages des Beklagten mit dem Träger des T.. O..
Krankenhauses i.V.m. § 328 BGB ergibt sich keine Verpflichtung des Beklagten zur
Zahlung einer Mitarbeiterbeteiligung in Höhe von 1.000,-- € monatlich.
13
a)Gemäß § 328 Abs. 1 BGB kann durch Vertrag eine Leistung an einen Dritten mit der
Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung
zu fordern (Vertrag zu Gunsten Dritter). Ob der Dritte ein eigenes Recht erwirkt, ist
ebenfalls durch Auslegung zu ermitteln. Nach § 328 Abs. 2 BGB ist in Ermangelung
einer besonderen Bestimmung aus den Umständen zu entnehmen, insbesondere aus
dem Zwecke des Vertrages, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten
sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den
Vertragsschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne
dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.
14
b)Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Beklagten, § 8 seines Vertrages beinhalte
lediglich eine Verweisung auf die Verpflichtung aus § 29 der Berufsordnung für Ärzte.
Hierfür spricht bereits nicht der Wortlaut. Nach diesem hat sich der Beklagte vielmehr
ausdrücklich verpflichtet. Es wird auch nicht ausdrücklich oder konkludent auf die
Berufsordnung Bezug genommen. Dies kann ein Umstand sein, der zu Gunsten eines
echten Vertrages zu Gunsten Dritter spricht (vgl. LAG Nürnberg 05.12.2000 - 7 Sa
8072/98). Der Wortlaut der Arbeitsvertragsregelungen in § 29 der Berufsordnung für die
Ärztinnen und Ärzte ist nicht vollständig identisch mit der Vertragsregelung. § 29 Abs. 4.
der (Muster) Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (Band 2006) sowie §
29 Abs. 4. der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom
14.11.1998 i.d.F. vom 17.4..2007 lauten:
15
"Ärztinnen und Ärzte, die anderen Ärztinnen und Ärzte zur ärztlichen Verrichtungen bei
Patientinnen und Patienten heranziehen, denen gegenüber nur sie einen
Liquidationsanspruch haben, sind verpflichtet, diesen Ärztinnen und Ärzten eine
angemessene Vergütung zu gewähren. …"
16
Der Sachverhalt unterscheidet sich insoweit von dem, der der Entscheidung des BAG
vom 20.07.2004 (Aktenzeichen 9 AZR 570/03) zu Grunde lag. Dort war der Arzt
17
verpflichtet, ärztliche Mitarbeiter "im Rahmen der Regelungen des § 14 HKHG" zu
beteiligen (vgl. Randnr. 22 des BAG-Urteils).
In § 8 des Chefarztvertrages des Beklagten ist nicht eine allgemeine Pflicht vereinbart,
vielmehr sollen die nachgeordneten Ärzte konkret an dem Einkommen gemäß § 7 Abs.
2 des Chefarztvertrages beteiligt werden. Die Regelung bezieht sich also nicht auf eine
allgemeine standesrechtliche Obliegenheit, sondern vielmehr auf ein konkretes,
vertraglich festgelegtes Einkommen. Auch der Umstand, dass die vertragliche Regelung
nur eine "angemessene" Beteiligung vorsieht, spricht nicht zwingend gegen einen
echten Vertrag zu Gunsten Dritter. Die inhaltliche Unbestimmtheit des Begriffs
"angemessen" kann zwar gegen eine vertragliche Verpflichtung sprechen (vgl. v.
Harbou/Scharpf, NZA 2008, 333). In einem echten Vertrag zu Gunsten Dritter kann aber
auch ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB festgelegt werden.
18
In einer Gesamtschau sprechen nach Auffassung der Kammer die überwiegenden
Gründe dafür, einen echten Vertrag zu Gunsten Dritter anzunehmen.
19
c)Der Beklagte hat nach der Vertragsregelung allerdings ein
Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB. Eine Verpflichtung zur Zahlung von
1.000,00 € brutto monatlich besteht nicht. Der Beklagte hat sein
Leistungsbestimmungsrecht bislang nicht ausgeübt. Anhaltspunkte dafür, dass allein
eine Festlegung von einer Beteiligung in Höhe von 1.000,-- € brutto monatlich billiges
Ermessen darstellen würde, sind nicht ersichtlich.
20
3.Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 23 Abs. 4. der Berufsordnung. Die
Berufsordnung begründet als Standesrecht keine zivilrechtlich durchsetzbaren
Zahlungsansprüche (vgl. BAG 20.07.2004 - 9 AZR 570/03; v. Harbou/Scharpf NZ 2008,
333/335). Dieser Auffassung ist der Kläger auch in seinem Schriftsatz vom 17.12.2009
nahe getreten.
21
4.Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von 1.000,-- € brutto monatlich aus § 612
BGB zu.
22
a)Gemäß § 612 Abs. 1 BGB geht eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn
die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Nach der Auffassung des BAG (vom 20.07.2004 - 9 AZR 570/03) kommt ein Anspruch
nach § 612 BGB in Betracht, wenn die ärztliche Tätigkeit nicht zu den Dienstaufgaben
gehörte und sie den Umständen nach gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
23
b)Ein Dienstvertrag bestand zwischen den Parteien nicht. Eine entsprechende
Vergütung könnte dementsprechend allenfalls dann in Betracht kommen, wenn
feststünde, dass die Behandlung der Patienten nicht zu seinen Aufgaben aus seinem
Anstellungsvertrag mit dem Träger des T.. O.. Krankenhauses gehört hatte. Hierzu fehlt
konkreter Vortrag des Klägers. Der Beklagte hat konkret vorgetragen, welche
Leistungen er privat liquidieren kann. Des Weiteren hat er § 7 seines Chefarztvertrages
im Termin vorgelegt. Dort heißt es ausdrücklich, dass er beteiligt wird an den
Einnahmen des Trägers aus der gesonderten Rechnung wahlärztlicher Leistungen
durch das Krankenhaus. Hieraus ergibt sich, dass es sich zumindest insoweit um
Patienten des Krankenhauses handelt, an deren Zahlungen der Beklagte beteiligt wird.
Der Beklagte ist insoweit seiner Erklärungspflicht nach § 138 ZPO nachgekommen. Es
hätte weiteren Vortrags des Klägers bedurft, welche Umstände dafür sprechen, dass er
24
Patienten des Beklagten behandelt hat, die nicht auch Patienten des Krankenhauses
gewesen waren.
5.Der Kläger hat auch nicht gemäß § 812 BGB Anspruch auf Zahlung von 1.000,-- €
brutto als Mitarbeiterbeteiligung. Rechtsgrund für seine Tätigkeit war sein
Anstellungsvertrag mit dem Träger des T.. O.. Krankenhauses. Auch der Beklagte hat
nicht etwas ohne Rechtsgrund erlangt. Rechtsgrund ist vielmehr sein Chefarztvertrag.
Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.
25
6.Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung von 1.000,-- € brutto
monatlich als Mitarbeiterbeteiligung aus den Grundsätzen des arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatzes.
26
Zwischen den Parteien bestand kein Arbeitsverhältnis. Im Übrigen ist auch nicht
ersichtlich, dass andere Mitarbeiter 1.000,-- € brutto erhalten haben. Der Kläger hat im
Termin am 26.01.2010 erklärt, dass selbst unter der Chefärztin E.. C. Mitarbeiter
unterschiedliche Beteiligungen erhalten hätten, so zumindest Herr E.. M..
27
7.Dem Kläger konnte die Klageforderung auch nicht nach §§ 328, 315 BGB
zugesprochen werden.
28
Der Klageantrag des Klägers kann nicht als verdeckte Gestaltungsklage angesehen
werden (vgl. dazu BAG 17.08.2004 - 4. AZR 367/03). Kommt der Vertragspartner seiner
Pflicht zur Leistungsbestimmung nicht nach, dann kommen sowohl eine Leistungsklage
in Betracht, die auf eine Verurteilung gerichtet ist, die Leistungsbestimmung
vorzunehmen, als auch alternativ eine unmittelbare Zahlungsklage im Wege der
verdeckten Gestaltungsklage. Eine solche verdecke Gestaltungsklage ist nach
Auffassung der Kammer aber nicht vom Kläger gewollt. Dies ergibt sich aus den
hilfsweise gestellten Klageanträgen.
29
III.
30
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Vorlage des
Chefarztvertrages.
31
Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Kläger überhaupt ein solcher Anspruch zusteht.
Jedenfalls hätte sich ein entsprechender Anspruch erledigt, da der Beklagte im Termin
am 26.01.2010 die für den Kläger wesentlichen Regelungen seines Vertrages vorgelegt
hat. Der Kläger hätte seinen Hilfsantrag insoweit für erledigt erklären müssen. Dies ist
nicht geschehen, so dass der Antrag abzuweisen war.
32
IV.
33
Der Kläger hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Erteilung der Auskunft,
ob und in welcher Höhe er nachgeordnete Ärzte an seinen Privateinnahmen im
streitgegenständlichen Zeitraum beteiligt hat bzw. beteiligt wird.
34
1.Zu Gunsten des Klägers wird unterstellt, dass er die Auskunft begehrt, um einen
künftigen Zahlungsantrag zu bestimmen. Die Auskunft kann allein Hilfswerkzeug für
einen Vergütungsanspruch sein. Ein hiervon losgelöster Auskunftsanspruch bestünde
nicht.
35
2.Es gibt keine Anspruchsgrundlage für die Erteilung der Auskunft. Der allgemeine
arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz kommt nicht zur Anwendung. Zwischen
den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis. Zwischen den Parteien besteht ohnehin
kein unmittelbares Vertragsverhältnis. Auch soweit ein echter Vertrag zu Gunsten Dritter
zwischen dem Beklagten und dem Träger des T.. O.. Krankenhauses anzunehmen ist,
begründet dieser lediglich ein Forderungsrecht des Klägers, aber kein
Vertragsverhältnis (vgl. Palandt/Grüneberg § 328 BGB Randnr. 5).
36
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Auskunft gem. §§ 328, 315 BGB. Sollte der
Beklagte seiner Pflicht zur Leistungsbestimmung nicht nachgekommen sein, so kann
der Kläger Klage mit dem Ziel erheben, dass der Beklagte die Leistungsbestimmung
vornimmt. Alternativ kann er, wie bereits oben ausgeführt, eine verdeckte
Gestaltungsklage erheben. Für diesen Fall wird die Leistungsbestimmung durch das
Urteil getroffen (§ 315 Abs. 4. Satz BGB). Eine solche verdeckte Gestaltungsklage ist
aber vom Kläger nicht gewollt.
37
V.
38
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG.
39
VI.
40
Der Streitwertfestsetzung liegen die Klageforderungen des Antrags zu 1 und für die
Hilfsanträge nochmals 20 % der Hauptforderung zugrunde. Es wird bereits jetzt darauf
hingewiesen, dass die Streitwertfestsetzung unzutreffend sein dürfte, da der Kläger mit
seinem Hauptantrag verschiedenen Streitgegenstände geltend gemacht hat.
41
Rechtsmittelbelehrung
42
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
43
B e r u f u n g
44
eingelegt werden.
45
Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
46
Die Berufung muss
47
innerhalb einer O. o t f r i s t* von einem Monat
48
beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
0211 77702199 eingegangen sein.
49
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
50
Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
51
1.Rechtsanwälte,
52
2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse
mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
53
3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in
Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich
die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder
eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung
entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der
Bevollmächtigten haftet.
54
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
55
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
56
gez. E.. I.
57