Urteil des ArbG Düsseldorf vom 23.10.2007

ArbG Düsseldorf: ordentliche kündigung, gerichtsbarkeit, arbeitsgericht, dienstvertrag, fax, anstellungsvertrag, beendigung, koch, verkündung, zustellung

Arbeitsgericht Düsseldorf, 7 Ca 4805/07
Datum:
23.10.2007
Gericht:
Arbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 Ca 4805/07
Schlagworte:
Rechtswegzuständigkeit Sachzusammenhang
Normen:
§ 2 ArbGG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Es gibt keine "umgekehrte Zusammenhangsklage".
Tenor:
Der Rechtsweg vor den Gerichten für Arbeitsachen ist zulässig.
Gründe:
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I.
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung ihres
Vertragsverhältnisses durch die Beklagte. Des weiteren streiten die Parteien darüber, ob
der Kläger Arbeitnehmer der Beklagten ist.
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Der 51-jährige Kläger ist gelernter Diplom-Kaufmann, Steuerberater und
Wirtschaftsprüfer und seit 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in
Düsseldorf tätig. Grundlage des Vertragsverhältnisses ist der zuletzt unter dem
15.09.2005 abgeschlossene Partner-Dienstvertrag (Bl. 33 ff. d. A.). Bei der Beklagten
handelt es sich um eine X.. Sie beschäftigt weit mehr als 10 Arbeitnehmer. Im Betrieb
der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet.
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Mit Schreiben vom 02.07.2007 (Bl. 45 d. A. ) kündigte die Beklagte den Partner-
Dienstvertrag aus wichtigem Grund unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist zum
30.09.2007, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt (31.03.2008).
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Vor dem Landgericht Düsseldorf ist ein weiteres Verfahren zwischen den Parteien
anhängig (Az.: 7 O 3/07), in dem die Parteien über Fragen der Vergütung des Klägers
aus dem Partner-Dienstvertrag streiten.
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Der Kläger macht geltend, er sei Arbeitnehmer der Beklagten. Jedenfalls sei er
arbeitnehmerähnliche Person. Er könne weder seine Arbeitszeit noch seine Tätigkeit im
wesentlichen frei gestalten. Er ist der Auffassung, der Rechtsweg vor den Gerichten für
Arbeitssachen sei für die ankündigte Kündigungsschutzklage eröffnet, da es sich um
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einen sogenannten Sic-Non-Fall handele.
Der Kläger hat angekündigt zu beantragen,
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1. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis der Parteien nicht durch die
außerordentliche Kündigung unter Einräumung einer sozialen Auslauffrist, hilfsweise
ordentliche Kündigung der Beklagten vom 02.07.2007, ihm am 03.07.2007 zugegangen,
mit Ablauf des 30.09.2007 bzw. 31.03.2008 sein Ende finden wird, sondern darüber
hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbestehen wird.
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2. Die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem
Feststellungsantrag zu 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Partner gemäß dem
Anstellungsvertrag vom 15.09.2005 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den
Feststellungsantrag zu 1. weiter zu beschäftigen.
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Die Beklagte hat angekündigt zu beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gerügt. Sie ist zwar
ebenfalls der Auffassung, dass es sich um einen Sic-Non-Fall handele. Sie macht
dennoch die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf geltend, weil die
ausgesprochene Kündigung deswegen ausgesprochen worden sei, da der Kläger in
dem von ihm anhängig gemachten Verfahren beim Landgericht Düsseldorf eine
schwerwiegende Fehlverletzung begangenen habe, indem er dort ein Sitzungsprotokoll
des Vorstands der Beklagten vom 13.02.2007 vorgelegen habe, das streng vertrauliche,
überaus sensible Informationen enthalte. Die Zuständigkeit des Landgerichts sei
deswegen anzunehmen, weil es sich um eine umgekehrte Zusammenhangsklage
handele. Zudem habe die Kündigung des Partner-Dienstvertrages zugleich die
Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Klägers zur Folge.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Parteienschriftsätze sowie den gesamten weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
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II.
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Der Rechtsweg vor den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet.
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1. Der Beschluss über die Zulässigkeit des Rechtswegs konnte gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2
ArbGG durch die Kammer auch außerhalb der mündlichen Verhandlung ergehen.
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2. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für die angekündigten Anträge ergibt
sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG. Demnach sind die Gerichte für Arbeitssachen
ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern
und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Mit
seinem Antrag zu 1) begehrt der Kläger die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der
Kündigung zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand und dieses durch die
Kündigung nicht aufgelöst wurde bzw. wird. Es handelt sich um einen so genannten Sic-
Non-Fall im Sinne der ständigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl.
dazu etwa BAG 11.06.2003 - 5 AZB 43/02). Der Erfolg der Klage hängt auch von
Tatsachen ab, die zugleich für die Bestimmung des Rechtswegs entscheidend sind.
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Wenn im Zeitpunkt der Kündigung bereits kein Arbeitsverhältnis bestand, so ist der
Kündigungsschutzantrag bereits deswegen unbegründet. Die Beklagte kann nicht damit
gehört werden, es handele sich um ein umgekehrte Zusammenhangsklage . Es gibt
keine Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit für eine
derartige umgekehrte Zusammenhangsklage . Eine mit § 2 Abs. 3 ArbGG vergleichbare
Regelung gibt es nicht (vgl. Walker in Schwab/Weth, § 2 ArbGG, Rdr. 178; Matthes in:
Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge § 2 ArbGG Rdr. 118; ErfK/Koch, § 2 ArbGG
Rdr. 34; HKW/Ziemann, § 2 ArbGG, Rdr. 129). § 2 ArbGG regelt die
Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte und damit den gesetzlichen Richter im
Sinne des Grundgesetzes. Die Rechtswegszuständigkeit der Arbeitsgerichte für
Rechtsstreitigkeiten, die in einem rechtlichen oder unmittelbar wirtschaftlichen
Zusammenhang mit weiteren Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen
stehen, ist ausdrücklich in § 2 Abs. 3 ArbGG gesetzlich geregelt. Ohne eine
entsprechende ausdrückliche Regelung im ArbGG bzw. im GVG besteht keine
rechtliche Grundlage für die Annahme der Zuständigkeit der ordentlichen
Gerichtsbarkeit und eine Verweisung an das Landgericht Düsseldorf.
Grundsätzlich sind die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit für bürgerliche
Rechtsstreitigkeiten zuständig, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für die
Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen vor. Wie bereits oben ausgeführt ergibt
sich die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG. Damit ist die
Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgeschlossen. Es handelt sich um eine
ausschließliche Zuständigkeit. Insofern kann es ohnehin keinen Fall der umgekehrten
Zusammenhangsklage mehr geben. Denn auch nach § 2 Abs. 3 ArbGG ist die
Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für eine Zusammenhangsklage
ausgeschlossen, wenn die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts
gegeben ist.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen diesen Beschluss kann von der beklagten Partei
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sofortige Beschwerde
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eingelegt werden.
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Für die klagende Partei ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
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Die sofortige Beschwerde muss
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innerhalb einer N o t f r i s t* von zwei Wochen
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e n t w e d e r beim Arbeitsgericht Düsseldorf
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Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2299
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o d e r beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf
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Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2199
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eingelegt werden.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf
Monaten nach Verkündung des Beschlusses. § 9 Abs. 5 ArbGG bleibt unberührt.
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Die Beschwerde kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des
Arbeitsgerichts Düsseldorf erklärt werden und auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel
gestützt werden.
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Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden
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h.
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