Urteil des ArbG Düsseldorf vom 03.11.2010

ArbG Düsseldorf (befristung, vertretung, juristische person, bundesrepublik deutschland, arbeitnehmer, dauer, partei, erkrankung, arbeitgeber, richtlinie)

Arbeitsgericht Düsseldorf, 4 Ca 5638/10
Datum:
03.11.2010
Gericht:
Arbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 Ca 5638/10
Schlagworte:
Befristung im öffentlichen Dienst
Normen:
§ 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG; § 5 der Rahmenvereinbarung über befristete
Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG vom 28.06.1999
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Eine Kettenbefristung einer Lehrkraft im Öffentlichen Dienst kann auch
den durch das Landesarbeitsgericht Köln mit Vorlagebeschlüssen vom
13.04.2010, 7 Sa 1150/09 und 7 Sa 1224/09 geforderten strengen
Anforderungen genügen, wenn die Lehrkraft in unterschiedlichen
Umfängen an unterschiedlichen Schulen bei unterschiedlichen
Bezirksregierungen beschäftigt war.
Tenor:
1. Die Klage wird, soweit sie nicht Gegenstand des Teilvergleichs vom
03.11.2010 ist, abgewiesen.
2. Die Kosten der Entscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
3. Der Streitwert beträgt 12.304,17 €.
4. Eine gesonderte Zulassung der Berufung erfolgt nicht.
T AT B E S T A N D
1
Die Parteien streiten über eine Befristung. Die Klägerin ist seit dem 29.10.2001 bei dem
c. als Lehrerin im Fach Hauswirtschaft aufgrund diverser befristeter Verträge tätig. Dabei
gestaltete sich der Ablauf der Verträge - soweit vorliegend - wie folgt:
2
1. 29.10.2001 - 17.07.2002 Aufgaben von begrenzter Dauer 2 Stunden S. (C.) (Bl. 10 f.
d.A.).
3
2. 18.07.2002 - 30.07.2003 Vertretung für die Elternzeit der Frau T. 2 Stunden S. (Bl. 12f.
d.A.).
4
3. 31.07.2003 - 13.02.2004 Vertretung für die Elternzeit der Frau T. 2 Stunden S. (Bl. 15f.
d.A.).
5
4. 06.09.2004 - 23.12.2004 Vertretung Wiedereingliederung N. 14 Stunden H., Kreis E.
(Bl. 17f. d.A.)
6
5. 23.12.2004 - 31.01.2005 Vertretung Wiedereingliederung N. 14 Stunden H. (Bl. 19
d.A.).
7
6. 10.01.2005 - 31.10.2005 25 Stunden zusätzlich Erkrankung G. (Bl. 21 d.A.).
8
7. 01.02.2005 - 06.07.2005 Vertretung Elternzeit F. 14 Stunden H. (Bl. 22f. d.A.).
9
8. 22.08.2005 - 23.12.2005 Erkrankung U. 20 Stunden H. (Bl. 24f. d.A.)
10
9. 23.12.2005 - 07.04.2006 Verlängerung Erkrankung U. 20 Stunden H. (Bl. 20 d.A.).
11
10. 07.04.2006 - 23.06.2006 Verlängerung Erkrankung U. 20 Stunden (Bl. 26 d.A.).
12
11. 16.10.2006 - 20.12.2006 Erkrankung U. 20 Stunden C. (Bl. 27f. d.A.).
13
12. 20.12.2006 - 31.01.2007 Verlängerung Erkrankung U. 20 Stunden C. (Bl. 29 d.A.).
14
13. 12.02.2007 - 20.06.2007 Vertretungskonzept 16 Stunden C. (Bl. 30f. d.A.).
15
14. 06.08.2007 - 20.08.2007 Elternzeit T. 13,5 Stunden
16
N., C. (Bl. 33 d.A.).
17
15. 20.08.2007 - 27.11.2007 Elternzeit L. Vollzeit N. (Bl. 37 d.A.)
18
16. 27.11.2007 - 25.06.2008 Elternzeit L. Vollzeit N.(Bl. 36 d.A.).
19
17. 31.01.2009 - 06.10.2009 Elternzeit L. und O. Vollzeit N. (Bl. 39 d.A.).
20
18. 06.10.2009 - 27.08.2010 Elternzeit L. 25 Stunden N. (Bl. 41 d.A.).
21
Die Klägerin erhielt - unter Berücksichtigung eines Ortszuschlags für acht Kinder - ein
Entgelt von 3.452,96 € brutto.
22
Mit ihrer am 02.09.2010 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sie sich gegen die
Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 27.08.2010. Sie hat die KIage am 11.10.2010
um Annahmeverzug aus dem Zeitraum 28. - 30.09.2010 sowie um im August 2010 nicht
gezahlte Ortszuschläge für drei Kinder erweitert. Bezüglich des Ortszuschlages bis
einschließlich 27.08.2010 haben die Parteien im Kammertermin einen Teilvergleich auf
Widerruf abgeschlossen.
23
Die Klägerin hat zunächst die Einhaltung der Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG
bestritten.
24
Die Klägerin vertritt die Auffassung, es handele sich um eine unzulässige
Kettenbefristung. Die extensive Ausnutzung von Kettenbefristungen durch den
öffentlichen Dienst treffe vor allem Frauen und sei daher mittelbar diskriminierend. Es
bestehe ein Dauervertretungsbedarf.
25
Die Klägerin beantragt,
26
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der im
Änderungsvertrag vom 2./6. Oktober 2009 unter § 1 getroffenen Befristungsabrede zu
27. August 2010 beendet ist,
27
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin für August 2010 restliches Bruttoentgelt
in Höhe von 345,26 € nebst einem Ortszuschlag von 100,37 € abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 229,80 € netto zu zahlen,
28
3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin das Septembergehalt in Höhe von
brutto 2.675,76 € nebst Ortszuschlag in Höhe von 777,20 € abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.723,50 € netto zu zahlen.
29
Das c. beantragt
30
die Klage abzuweisen.
31
Es vertritt die Auffassung, die Befristung sei als Vertretungsbefristung für die
voraussichtlich noch bis zum 13.08.2011 in Elternzeit befindliche Lehrkraft Frau L.
gerechtfertigt. Frau L. hat 20 Wochenstunden Mathematik und Kunst unterrichtet und
stand 5,5 Wochenstunden für Vertretungsreserve, Aufsicht und Ganztagsangebote
bereit. Bezüglich der Vertretungskette wird auf die Aufstellung des c.es (Bl. 63 d.A.).
Bezug genommen.
32
Es handele sich auch nicht um den typischen Fall einer Kettenbefristung, da die
Klägerin an unterschiedlichen Schulen mit unterschiedlichen Stellenanteilen beschäftigt
war.
33
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten
Schriftsätze sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 22.09. und
03.11.2010 Bezug genommen.
34
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
35
I.
36
Die Klage ist - soweit über sie zu entscheiden war, zulässig, aber unbegründet.
37
1. Es war im Wege des Teilurteils zu entscheiden, da die Parteien über Restzahlungen
im Monat August, die nicht von der Befristung abhängen im Termin am 03.11.2010
einen Widerrufsvergleich abgeschlossen waren. Es handelt sich um teilbare
Streitgegenstände.
38
2. Das Arbeitsverhältnis hat aufgrund der Befristung im Vertrag vom 02./06.10.2009 mit
Ablauf des 27.08.2010 sein Ende gefunden.
39
a) Die Befristung gilt nicht als wirksam. Die Klägerin hat die Klagefrist des § 17 TzBfG
eingehalten.
40
b) Die Befristungsabrede ist in der Schriftform des § 15 Abs. 4 TzBfG abgefasst. Die
entsprechende Rüge hat die Klägerin nach Vorlage der Originalverträge im Gütetermin
nicht mehr aufrecht erhalten.
41
c) Die Befristung ist gemäß §§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, 21 Abs. 1 BEEG wirksam.
42
(aa) Bei mehreren aufeinander folgenden befristeten unterliegt grundsätzlich nur der
letzte Vertrag der Befristungskontrolle. Durch den vorbehaltlosen Abschluss eines
weiteren befristeten Arbeitsvertrags stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine
neue rechtliche Grundlage, die für ihre künftige Vertragsbeziehung allein maßgeblich
ist. Damit wird zugleich ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben.
43
(bb) Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zulässig,
wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt
nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines
anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird u. a. für
Fälle der Elternzeit konkretisiert durch § 21 Abs. 1 BEEG. Danach liegt ein sachlicher
Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn ein Arbeitnehmer oder eine
Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen
Arbeitnehmerin für die Dauer einer Elternzeit oder für Teile davon eingestellt wird.
44
Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits
zu dem vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmer in einem
Rechtsverhältnis steht und er mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers rechnet. Daher
besteht für die Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Der
Sachgrund der Vertretung setzt nicht voraus, dass der befristetet zur Vertretung
eingestellte Mitarbeiter die Aufgaben der vorübergehend ausfallenden Stammkraft
erledigt, denn die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die Versetzungs- und
Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Der Sachgrund der Vertretung setzt
allerdings einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des
Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. In Fällen unmittelbarer
Vertretung hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag
mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden
Arbeitnehmer übertragen waren. In Fällen mittelbarer Vertretung hat der Arbeitgeber
zum Nachweis des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette
zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter vorzutragen. Da er aber aufgrund seines
Organisationsrechts in seiner Entscheidung über die Umverteilung der Arbeitsaufgaben
des zeitweise ausgefallenen Mitarbeiters frei ist, kann er von einer Neuverteilung der
Arbeitsaufgaben absehen und dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Tätigkeiten
übertragen, die der vertretene Arbeitnehmer zu keiner Zeit ausgeübt hat. Der für den
Sachgrund der Vertretung notwendige Kausalzusammenhang besteht in diesem Fall,
wenn der Vertreter mit Aufgaben betraut wird, die vom Vertretenen nach dessen
Rückkehr unter Beachtung der arbeitsvertraglichen Befugnisse ausgeübt werden
könnten. Der Arbeitgeber muss bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben
einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten gedanklich zuordnen
und dies z. B. durch Angabe im Arbeitsvertrag oder im Rahmen der Beteiligung der
Arbeitnehmervertretung nach außen erkennbar machen (BAG, Urteil vom 25.03.2009, 7
AZR 59/08).
45
Die Parteien haben in der Befristungsabrede unmittelbar auf die Elternzeit von Frau L.
Bezug genommen. Damit ist die gedankliche Zuordnung vorgenommen worden. Das c.
46
hat darüber hinaus auch den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der
elternzeitbedingten Abwesenheit der Frau L. und der befristeten Einstellung der
Klägerin dargelegt. Es handelt sich bei beiden um Lehrkräfte, die an Gesamtschulen
unterrichten. Zwar hat Frau L. andere Fächer als die Klägerin unterrichtet, so dass ihr
der Aufgabenbereich von Frau L. - wie auch umgekehrt - nicht unmittelbar übertragen
werden kann, das c. hat jedoch durch Vorlage einer entsprechenden Aufstellung konkret
dargelegt, wie die von Frau L. bisher unterrichteten (Fach-)Stunden auf andere
Lehrkräfte umverteilt wurden und wie von diesen Fachstunden im Fach Hauswirtschaft
auf die Klägerin übertragen wurden. Soweit die bei Frau L. nicht durch Fachunterricht
belegten Stunden nicht in dieser Form, sondern in Form von Hauswirtschaft durch die
Klägerin geleistet worden sind, hätte die Klägerin diese Stunden auch als Vertretungs-
und Aufsichtsstunden übernehmen können. Die Einstellung der Klägerin ist daher durch
die befristete Abwesenheit der Frau L. bedingt.
(cc) Das Verfahren war nicht in analoger Anwendung des § 148 ZPO im Hinblick auf die
Rechtssachen C-312/10 und C-313/10 beim Europäischen Gerichtshof basierend auf
den Vorlagebeschlüssen des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13.04.2010, 7 Sa
1150/09 und 7 Sa 1224/09 auszusetzen. Das Landesarbeitsgericht Köln hat in diesen
Verfahren dem Europäischen Gerichtshof unter anderem die Frage vorgelegt, ob es mit
dem Sinn und Zweck von § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete
Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG vom 28.06.1999 zu vereinbaren
sei, dass ausschließlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses des
Verlängerungsvertrages abzustellen, ohne zu berücksichtigen, wie viele befristete
Verträge diesem Vertrag bereits vorangegangen waren oder gebiete es der Zweck von §
5 Nr. 1a) der Rahmenvereinbarung, um so strengere Anforderungen an den sachlichen
Grund zu stellen, je mehr aufeinanderfolgende befristete Verträge dem jetzt zu
überprüfenden bereits vorangegangen waren bzw. je länger der Zeitraum war, während
dessen der betroffene Arbeitnehmer bereits zuvor aufgrund aufeinanderfolgender
befristeter Verträge beschäftigt wurde.
47
§ 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge entsprechend der
Richtlinie 1999/70/EG vom 28.09.1999 regelt, dass die Mitgliedstaaten um Missbrauch
durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden,
eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen ergreifen:
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a) sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse
rechtfertigen;
49
b) die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder -
verhältnisse;
50
c) die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.
51
Die Bundesrepublik Deutschland hat im Wesentlichen die Maßnahme § 5 Nr. 1a zur
Missbrauchsbegrenzung durch die Regelung in § 14 Abs. 1 TzBfG ergriffen. Das
Landesarbeitsgericht Köln äußert Zweifel daran, dass damit insbesondere bei
Kettenbefristungen ein hinreichender Schutz gewährleistet ist.
52
Auch unter Anwendung der vom Landesarbeitsgericht Köln im Rahmen der
Vorlagefrage als ergänzende Wertungs- bzw. Prüfungspunkte herangezogenen Zahl der
vorherigen Verträge bzw. der der Dauer des Zeitraums, der vorangegangen ist, kommt
53
die Kammer nicht zu dem Schluss, dass die Befristung mit den Vorgaben der Richtlinie
nicht zu vereinbaren ist.
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich aus dem Einleitungssatz des § 5 Nr. 1
der Rahmenvereinbarung ergibt, dass die Befristungskontrollmöglichkeiten der
Missbrauchskontrolle dienen. Sie sollen damit insbesondere vermeiden, dass ein
Dauerbedarf durch Befristungen gedeckt wird. Dieses wird durch das
Landesarbeitsgericht Köln in den bereits zitierten Beschlüssen sowie auch durch das
Bundesarbeitsgericht mit Vorlagebeschluss vom 27.10.2010, 7 AZR 485/09 (A) für den
Fall von mehrfachen Befristungen auf Basis des § 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG im öffentlichen
Dienst problematisiert.
54
Zwar ist das c. Teil des öffentlichen Dienstes. Die hier im Streit stehende Befristung ist -
wie die vorherigen befristeten Arbeitsverträge - jeweils auf einen konkreten
Vertretungsbedarf bezogen. Die Klägerin war in der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses
beim c. an drei verschiedenen Schulen und auch im Bereich von zwei verschiedenen
Bezirksregierungen tätig, die den Beschäftigungsbedarf an den ihnen zugeordneten
Schulen jeweils autark regeln. Auch wenn es sich hier um den gleichen Dienstherren
handelt, so war die Klägerin zwei verschiedenen Mittelbehörden tätig, die ihre
räumlichen Verwaltungsbereiche selbständig organisieren. Gleichzeitig war die
Klägerin in deutlich unterschiedlichen Stundenhöhen tätig, so dass auch hier
ausgeschlossen werden kann, dass durch die Befristung der Klägerin ein Dauerbedarf
bedeckt wurde. In Vollzeit bzw. fast Vollzeit (25 von 25,5 Stunden) ist die Klägerin seit
dem 20.08.2007 ausschließlich in Vertretung der Frau L. bzw. kurzzeitig der Lehrkraft O.
aufgrund von Elternzeiten tätig. Gerade Elternzeiten, die in ihrer Dauer und in ihrem
Umfang aufgrund der Gestaltungsmöglichkeiten der Eltern gemäß §§ 15,16 BEEG einen
sehr unterschiedlichen Vertretungsbedarf auslösen können und die darüber
hinausgehenden Möglichkeiten von Teilzeit und Beurlaubung gemäß §§ 13, 14 LGG
NRW im öffentlichen Dienst erzeugen einen Vertretungsbedarf, ohne dass damit
zwingend ein Dauerbedarf verbunden ist, da dieser ständigen Schwankungen
unterliegt. Vor diesem Hintergrund war im Hinblick auf die Beschäftigungsbiographie
der Klägerin bei dem c. auch unter Heranziehung der Dauer der Beschäftigung in
befristeten Verträge und der Vielzahl der Verträge keine andere Bewertung geboten.
55
d) Die Befristung verstößt auch nicht gegen das Verbot der mittelbaren Diskriminierung
gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 AGG. Die Klägerin rügt, dass die Befristungspraxis
gegen das Diskriminierungsverbot der Richtlinie 2002/73/EG verstößt. Diese Richtlinie
ist durch das AGG umgesetzt worden, so dass unmittelbar die dortigen Regelungen zu
Anwendung kommen.
56
Gemäß § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein
nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1
genannten Grundes - hier des Geschlechts - gegenüber anderen Personen in
besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn die betreffenden Vorschriften,
Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die
Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
57
Die Klägerin rügt insoweit, dass der Befristungsgrund der Vertretung gemäß § 14 Abs. 1
Nr. 3 TzBfG in der Auslegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einer
extensiven Verwendung von Vertretungsbefristungen im öffentlichen Dienst vor allem zu
Lasten der weiblichen Arbeitnehmer. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass aufgrund
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der Mutterschutzvorschriften und der rechtlichen Möglichkeiten, Elternzeit bzw. eine
Beurlaubung zur Betreuung von Kindern in Anspruch zu nehmen, bereits der
Frauenanteil der zu Vertretenen überproportional hoch ist. Ob dieses tatsächlich dazu
führt, dass im konkreten Tätigkeitsbereich der Klägerin - der Schule - der
Vertretungsbedarf überwiegend durch Frauen gedeckt wird, wird durch die Klägerin
nicht substantiiert vorgetragen. An diesem Punkt aber - dieses dürfte sich mit der
allgemeinen Lebenserfahrung decken - dass zumindest im Primar- und Sekundarstufe-I-
Bereich der Anteil der weiblichen Lehrkräfte höher ist, führt dieses dazu, dass auch
Befristungen in diesem Bereich vermehrt mit Frauen abgeschlossen werden.
Dieser Befund ist aber durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt. Die
Befristung eines Vertrages im Hinblick auf einen Vertretungsbedarf schützt nicht nur den
Arbeitgeber vor einer Doppelbesetzung des Arbeitsplatzes, sie schützt auch das Recht
des Vertretenen, auf seinen Arbeitsplatz nach Entfall des Vertretungsgrundes
zurückzukehren. Die Regelungen des Mutterschutzes und der Elternzeit schützen vor
allem Frauen vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und sichern ihr Recht auf Rückkehr in
das Arbeitsleben. Die Regelungen in § 15 Abs. 7 BEEG sowie §§ 13 und 14 AGG
fördern zudem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in besonderen Maße und wirken
daher einer Diskriminierung entgegen. Soweit - und dieses konnte die Kammer für den
vorliegenden Fall nicht feststellen - nicht ein ständiger Vertretungsbedarf durch ständige
Abwesenheit eines bestimmten Anteils an Lehrkräften in den jeweiligen Bereichen
besteht - stellt die Möglichkeit, für die Zeit der Abwesenheit eine Befristung
abzuschließen auch ein angemessenes und erforderliches Mittel dar. Unter Abwägung
der Interessen ist dabei zu berücksichtigen, dass auch der Arbeitgeber, der sich
zugunsten der Stammkraft diskriminierungsfrei verhält, wenn er für sie einen Arbeitsplatz
freihält, nicht gezwungen sein darf, als Ersatz für den in Vertretungsfällen immer
zwingenden vorübergehenden bzw. endlichen Bedarf eine weitere Stammkraft
einzustellen, die unter Umständen bei Rückkehr der vertretenen Kraft bei einer
Sozialauswahl schützenswerter wäre beispielsweise aufgrund einer
Schwerbehinderung oder aufgrund von Unterhaltsverpflichtungen. Dieses steht den
auch aus dem Diskriminierungsverbot entstammenden Schutzzwecken der Regelung
zum Mutterschutz und zur Elternzeit entgegen.
59
3. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 27.08.2010 ist das c. auch
nicht verpflichtet, darüber hinaus eine Vergütung an die Klägerin zu leisten.
60
II.
61
Die Streitwertentscheidung beruht bezüglich des Antrages zu 1.) auf drei
Bruttomonatsgehältern, bezüglich des Antrages zu 2.) auf den nicht durch den
Teilvergleich geregelten Zahlungen ab dem 28.08.2010.
62
Rechtsmittelbelehrung
63
Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
64
B e r u f u n g
65
eingelegt werden.
66
Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
67
Die Berufung muss
68
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
69
beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
(0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
70
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung
71
Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
72
1. Rechtsanwälte,
73
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse
mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
74
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in
Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich
die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder
eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung
entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der
Bevollmächtigten haftet.
75
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
76
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
77
gez. C.
78
4 Ca 5638/10
79
ARBEITSGERICHT DÜSSELDORF
80
BESCHLUSS
81
In dem Rechtsstreit
82
e.
83
- Klägerin -
84
Prozessbevollmächtigte:S.
85
g e g e n
86
e.
87
- Beklagte -
88
Die Rechtsmittelbelehrung des Teilurteils vom 3.11.2010 wird wegen eines
offensichtlichen Fehlers dahingehend berichtigt, dass diese lautet:
89
Rechtsmittelbelehrung
90
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
91
B e r u f u n g
92
eingelegt werden.
93
Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
94
Die Berufung muss
95
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
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beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
(0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung
98
Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
99
4. Rechtsanwälte,
100
5. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse
mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
101
6. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in
Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich
die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder
eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung
entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der
Bevollmächtigten haftet.
102
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
103
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
104
Düsseldorf, 29.11.2010
105
Gez. C.Richterin am Arbeitsgericht
106