Urteil des ArbG Düsseldorf vom 28.10.2008

ArbG Düsseldorf: juristische person, gymnasium, mitbewerber, rechtskräftiges urteil, subjektives recht, dienstalter, berufliche erfahrung, arbeitsgericht, qualifikation, beförderung

Arbeitsgericht Düsseldorf, 10 Ca 4927/08
Datum:
28.10.2008
Gericht:
Arbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 Ca 4927/08
Schlagworte:
Konkurrentenklage im öffentlichen Dienst Beförderungsentscheidung
anhand von Hilfskriterien bei ansonsten gleicher Qualifikation
Öffnungsklausel im Rahmen der Frauenförderung
Normen:
§ 7 LBG NRW; § 25 Abs. 6 LBG NRW
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der öffentliche Dienstherr im
Rahmen des ihm zustehenden Ermessens für die Auswahlentscheidung
unter mehreren, gleich geeigneten Bewerbern Hilfskriterien heranzieht.
2. Dem pflichtgemäßen Ermessen des öffentlichen Dienstherrn unterliegt
auch die Entscheidung, welche Hilfskriterien (etwa allgemeines
Dienstalter, Beförderungsdienstalter) er bei seiner Auswahlentscheidung
heranzieht und in welcher Reihenfolge und Gewichtung er dies tut. Er ist
jedoch an eine bestehende Verwaltungspraxis gebunden.
3. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, einzig das Beförderungsdienstalter
heranzuziehen und daneben weitere Hilfskriterien unberücksichtigt zu
lassen, wenn nicht das Gesetz zwingend die Berücksichtigung eines
Kriteriums (hier: Frauenförderung nach § 25 Abs. 6 LBG NRW) vorsieht.
4. Ein um 7 Jahre höheres Beförderungsdienstalter rechtfertigt die
Anwendung der Öffnungsklausel des § 25 Abs. 6 LBG NRW, so dass
das Kriterium der Frauenförderung zurücksteht.
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Der Streitwert beträgt 9.720,00 €.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten um einen Beförderungsanspruch der Klägerin.
2
Die als schwerbehinderter Mensch anerkannte Klägerin ist als Lehrerin im öffentlichen
3
Dienst seit dem 31.08.1992 bei e. angestellt. Ausweislich einer Bescheinigung des c.
vom 21.04.1997 (Blatt 14 d.A.) errechnet sich die Beschäftigungszeit der Klägerin ab
dem 31.08.1992, die Dienstzeit ab dem 17.10.1989. Seit dem Schuljahr 1995/1996
arbeitet die Klägerin auch als Lehrerin in der Sekundarstufe II. Dies bescheinigt ihr die
G. mit Datum vom 07.03.2004 (Blatt 15 d.A.). Seit ihrer Einstellung am 31.08.1992 war
die Klägerin innerhalb der Schulform Gesamtschule eingesetzt und dort in die
Vergütungsgruppe III BAT (entsprechend dem gehobenen Dienst, A 12 BBesO)
eingruppiert. Nach einer Versetzung und dem damit verbundenen Laufbahnwechsel
zum 01.08.2004 in die Schulform Gymnasium wurde die Klägerin in die
Vergütungsgruppe IIa BAT (entsprechend höherer Dienst, A13 BBesO) eingereiht. Die
Klägerin verfügte ursprünglich nur über die Lehrbefähigung für das Lehramt der
Sekundarstufe I. Am 23.06.2003 legte sie die erste Staatsprüfung für das Lehramt der
Sekundarstufe II ab.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 13.05.2004 (11 Ca 1811/04) lehnte das Arbeitsgericht
Düsseldorf eine rückwirkende Eingruppierung der Klägerin bereits zum 01.07.2003
nach BAT IIa ab. Im Wesentlichen wurde die dortige Entscheidung damit begründet,
dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Überleitung von Lehrkräften mit den Befähigungen
für die Lehrämter für die Sekundarstufe I und II an Gymnasien und Gesamtschulen in die
Besoldungsgruppe A13 (höherer Dienst) zum 01.01.2002 - bzw. die Überleitung
vergleichbarer Lehrkräfte in Angestelltenverhältnissen in die vergleichbare
Vergütungsgruppe IIa BAT - nicht die Voraussetzungen der Höhergruppierung erfüllte,
da sie die Befähigung für die Sekundarstufe II erst später erlangte. Ein Anspruch aus
dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes wurde
abgelehnt.
4
Mit Schreiben vom 31.01.2008 (Blatt 22 d.A.) bewarb sich die Klägerin auf die hier
streitgegenständliche Planstelle der Besoldungsgruppe A14 BBesO/Entgeltgruppe 14
des TV-L am L.-Gymnasium in S. (Sonderaufgabe: Mitarbeit bei der Organisation von
Angeboten im außerschulischen- und AG-Bereich - Gestaltung der Mittagspause, 13
Plus). Neben der Klägerin bewarben sich die tarifbeschäftigte Lehrkraft K. sowie Herr
Studienrat T., beide tätig am L.-Gymnasium in S.. Eine weitere Bewerbung wurde nicht
in das weitere Stellungbesetzungsverfahren einbezogen, da der Bewerber
zwischenzeitlich im Gesamtschulbereich befördert worden war.
5
Ausweislich der aus Anlass der Bewerbung um die Beförderungsstelle für die Klägerin
und die weiteren Mitbewerber I. und T. erstellten dienstlichen Beurteilungen (Blatt 51ff.
d.A.), auf deren Inhalt ausdrücklich Bezug genommen wird, erhielten alle drei die
abschließende Bewertung "die Leistungen übertreffen die Anforderungen".
6
Herr I. wurde am 19.08.1996 als tarifbeschäftigte Lehrkraft unter Eingruppierung in die
Vergütungsgruppe IIa BAT eingestellt. Aufgrund von Vordienstzeiten von zwei Jahren
und fünf Monaten wäre eine fiktive Ernennung zum Studienrat (A13 BBesO) nach einer
Mindestprobezeit von einem Jahr zum 19.08.1997 erfolgt. Der weitere Mitbewerber T.
wurde zum 01.01.2002 in die Besoldungsgruppe A13 BBesO eingewiesen.
7
Ausweislich eines Vermerks vom 19.05.2008 (Blatt 66 d.A.) kam das c. zu dem
nachfolgenden Ergebnis:
8
"Bei einem Textvergleich der dienstlichen Beurteilungen ist kein
Qualifikationsvorsprung einer Bewerberin oder eines Bewerbers für sich allein zu
9
erkennen. Dabei erscheinen Herr I. und Frau T. bei einer vergleichenden
Gesamtbetrachtung gegenüber Herrn T. jeweils einen geringen Qualifikationsvorsprung
zu haben, untereinander ist dies jedoch nicht der Fall.
Bei der Entscheidung über die Stellenbesetzung ist daher als Hilfskriterium das
"Beförderungsdienstalter" zu betrachten. Herr I. verfügt gegenüber Frau T. über ein
deutlich höheres Beförderungsdienstalter.
10
Es wird daher vorgeschlagen, die Stelle mit Herrn I. zu besetzen."
11
Mit Schreiben vom 10.06.2008 (Blatt 23 d.A.) teilte die C. der Klägerin ihre Absicht mit,
die im Streit stehende Planstelle mit Herrn I. zu besetzen. Die Auswahlentscheidung sei
unter Anwendung des Hilfskriteriums des Beförderungsdienstalters bei ansonsten
gleicher Qualifikation erfolgt.
12
Im Rahmen eines von der Klägerin angestrengten einstweiligen Verfügungsrechtsstreits
beim Arbeitsgericht Düsseldorf (10 Ga 68/08) einigten sich die Parteien am 19.08.2008
vergleichsweise darauf, dass das c. die in Streit stehende Planstelle am L.-Gymnasium
bis zum Abschluss der ersten Instanz des Hauptsacheverfahrens nicht mit dem
Konkurrenten I. besetzt.
13
Mit ihrer am 25.08.2008 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin
weiterhin die Zuweisung der streitgegenständlichen Planstelle am L.-Gymnasium.
14
Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe einen Anspruch auf Übertragung der
Planstelle. Das c. habe die Auswahlentscheidung nach den Grundsätzen der
Bestenauslese vorzunehmen. Die Klägerin habe daher einen Anspruch auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung. Sie, die Klägerin, sei am Besten für das
angestrebte Beförderungsamt qualifiziert. Insbesondere könne sie die mit der Planstelle
verbundene Sonderaufgabe am Besten wahrnehmen. Schließlich sei sie im Gegensatz
zu dem Mitbewerber I., der stets nur am L.-Gymnasium in S. tätig gewesen sei, zwölf
Jahre an der Ganztags-Gesamtschule G. in F. tätig gewesen. Die
Mittagspausenbetreuung und der AG-Bereich seien ihr daher vertraut. Sie habe einen
erheblichen Gestaltungs- und Erfahrungsvorsprung gegenüber dem Mitbewerber, zumal
sie auch bei der Schulentwicklung des Gymnasiums L. etliche gestalterische Akzente
gesetzt und an einem Gymnasium in M. die Zertifizierung als Europa Schule erreicht
habe.
15
Selbst wenn das c. auch nach einer Binnendifferenzierung keinen
16
Qualifikationsvorsprung sehen wollte, sei es ermessensfehlerhaft, wenn lediglich das
Hilfskriterium des Beförderungsdienstalters herangezogen wird. Zum Einen sei die
Klägerin bereits seit dem Schuljahr 1995/96 im Bereich Sekundarstufe II tätig gewesen,
ihr "Beförderungsdienstalter" zähle daher ab diesem Zeitpunkt. Zum Anderen habe die
Klägerin ein höheres Dienstalter und müsse sich jedenfalls mit dem Hilfskriterium der
Frauenförderung gegenüber dem Mitbewerber I. durchsetzen. Die Entscheidung des c.
sei ferner deshalb ermessungsfehlerhaft, weil das Hilfskriterium der Förderung von
Schwerbehinderten nicht beachtet worden sei.
17
Im Kammertermin am 28.10.2008 hat die Klägerin ihren Antrag auf einen
Feststellungsantrag umgestellt und beantragt nunmehr
18
festzustellen, dass das c. verpflichtet ist, ihr die Planstelle der Besoldungsgruppe A14
BBesO, Entgeltgruppe 14 TV-L, am L.-Gymnasium in S. zuzuweisen.
19
Das c. beantragt,
20
die Klage abzuweisen.
21
Das c. verweist darauf, dass es die Auswahlentscheidungen grundsätzlich nach den
Vorgaben des § 7 Abs. 1 LBG (Eignung, Leistung und Befähigung) vornehme.
Maßgeblich hierbei seien in erster Linie die aktuellen dienstlichen Beurteilungen. Bei
einer Stichentscheidung werde sodann anhand der Beurteilungssubmerkmale ein
Quervergleich vorgenommen, um ggf. einen Qualifikationsvorsprung zu ermitteln. Im
vorliegenden Fall sei ein Qualifikationsvorsprung zwischen der Klägerin und dem
Mitbewerber I. nicht festzustellen gewesen. Das c. verweist darauf, dass ein
Anforderungsprofil für die in Rede stehende Planstelle nicht vorliege. Die mit der A14-
Stelle verbundene Sonderaufgabe beinhalte keine eingruppierungsrelevante Sonder-
"Funktion", sondern diene lediglich der Abgrenzung zu den A13-Stellen. Bei der
angestellten Binnendifferenzierung habe das c. weniger auf eine Eignung zur
Ausfüllung der Sonderaufgabe als vielmehr nach einem Vorsprung in Bezug auf die
Leistungen als Lehrer geschaut und dabei insbesondere das Fachwissen, die
schulischen Leistungen und das dienstliche Verhalten bewertet.
22
Sei danach - wie vorliegend - kein Qualifikationsvorsprung feststellbar, entspräche es
der ständigen Verwaltungspraxis, bei der Auswahlentscheidung zwischen mehreren
gleichgeeigneten Bewerbern um eine Beförderungsstelle als Hilfskriterium das
sogenannte Beförderungsdienstalter heranzuziehen. Dabei handele es sich um den seit
der letzten Beförderung/Höhergruppierung vergangenen Zeitraum. Aufgrund der in § 25
Abs. 6 Satz 2 LBG bzw. § 7 Abs. 2 des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und
Männer für das Land Nordrhein-Westfalen (LGG) enthaltenen Verpflichtung zur
Frauenförderung sei das c. vorliegend verpflichtet gewesen, auch das Hilfskriterium der
Frauenförderung in die Überlegungen einzubeziehen. Denn an den Gymnasien im S.
befinden sich - insoweit unstreitig - zzt. im Beförderungsamt der Besoldungsgruppe A14
BBesO bzw. Entgeltgruppe 14 TV-L weniger Frauen als Männer. Allerdings weise das
Hilfskriterium des Beförderungsdienstalters zugunsten des Mitbewerbers I. einen
Vorsprung von fast sieben Jahren aus, da Herr I. am 19.08.1997 fiktiv als Studienrat
ernannt worden wäre, die Klägerin jedoch erst am 01.08.2004. Der Vorsprung im
Beförderungsdienstalter sei als ein in der Person des Mitbewerbers überwiegender
Grund im Sinne der Öffnungsklausel zu werten.
23
Weitere Hilfskriterien seien nicht zu berücksichtigen gewesen. Im Ermessen des
öffentlichen Dienstherrn liege, welche Hilfskriterien in welcher Gewichtung/Reihenfolge
herangezogen werden. In ständiger Verwaltungspraxis werde bei e. zunächst als
Hilfskriterium das Beförderungsdienstalter herangezogen. Erst wenn dieses erfolglos
bliebe, kämen weitere Hilfskriterien wie etwa das allgemeine Dienstalter, das
Lebensalter oder eine anerkannte Schwerbehinderteneigenschaft zum Tragen.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte,
die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Ergebnis der mündlichen
Verhandlung Bezug genommen.
25
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
26
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27
I.
28
Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig.
29
Der Klägerin fehlt auch nicht wegen des Grundsatzes des Vorrangs der Leistungsklage
das Rechtsschutzbedürfnis für die Stellung eines Feststellungsantrags. Eine juristische
Person des öffentlichen Rechts ist kraft Amtspflicht zur Erfüllung der sich aus einem
Feststellungsurteil indirekt ergebenden Leistungsansprüche verpflichtet. Eine
Feststellungsklage gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist daher
selbst dann zulässig, wenn stattdessen auch eine Leistungsklage möglich wäre (vgl.
BAG, 12.10.1961, AP Nr. 83 zu § 611 BGB Urlaubsrecht).
30
II.
31
Die Klage ist jedoch unbegründet.
32
Die Klägerin hat weder als bestqualifizierte Bewerberin noch wegen einer etwaigen
Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf Übertragung der
streitgegenständlichen Planstelle der Besoldungsgruppe A14 BBesO/ Entgeltgruppe 14
TV-L am L.-Gymnasium in S..
33
1.
34
Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und
fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Jede Bewerbung muss
nach den genannten Kriterien beurteilt werden. Das gilt nicht nur für Einstellungen,
sondern auch für Beförderungen innerhalb des öffentlichen Dienstes. Öffentliche Ämter
in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch solche Stellen, die von
Arbeitnehmern besetzt werden können (BAG v. 7.9.2004 - 9 AZR 537/03, AP Nr. 61 zu
Art. 33 Abs. 2 GG; v. 27.7.2005 - 7 AZR 508/04; v. 28.5.2002 - 9 AZR 751/00,
BAGE 101, 153; v. 2.12.1997 - 9 AZR 445/96, BAGE 87, 165; BVerwG v. 7.12.1994 - 6 P
35.92, AP BAT § 2 SR 2 y Nr. 13). Die rechtlichen Anforderungen an den öffentlichen
Arbeitgeber entsprechen denen, die er als Dienstherr anzuwenden hat, wenn sich
Beamte um eine Stelle bewerben (BAG v. 7.9.2004 - 9 AZR 537/03, NZA 2005, 879).
35
Die Festlegung auf die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien von Eignung,
Befähigung und fachlicher Leistung gibt jedem Bewerber ein subjektives Recht auf
chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren (vgl. nur BAG v. 7.9.2004 - 9 AZR
537/03, AP Nr. 61 zu Art. 33 Abs. 2 GG; v. 28.5.2002 - 9 AZR 751/00, BAGE 101, 153
mwN). Sie dient nicht nur dem Interesse des einzelnen Bewerbers, sondern als Prinzip
der sog. Bestenauslese auch dem öffentlichen Interesse an einer funktionierenden
Verwaltung (BAG v. 28.5.2002 - 9 AZR 751/00, BAGE 101, 153; v. 2.12.1997 - 9 AZR
668/96, BAGE 87, 165).
36
Bei der Feststellung der Qualifikation eines Bewerbers nach Eignung, Befähigung und
fachlicher Leistung steht dem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber ein
Beurteilungsspielraum zu (BVerfG v. 29.5.2002 - 2 BvR 723/99, PersV 2002, 470; BAG
37
v. 2.12.1997 - 9 AZR 445/96, BAGE 87, 165; v. 5.3.1996 - 1 AZR 590/92 (A), BAGE 82,
211; BVerwG v. 11.2.1981 - 6 P 44/79, BVerwGE 61, 325). Die gerichtliche Überprüfung
einer Befähigungsbeurteilung des öffentlichen Arbeitgebers ist nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eingeschränkt, weil sie eine
vorausschauende Bewertung der Persönlichkeit des Bewerbers verlangt, die auf einer
Vielzahl von Elementen und deren Gewichtung beruht und auch vom persönlichen
Eindruck abhängt. Personalentscheidungen gehören zum Kernbereich der Exekutive.
Nur der öffentliche Arbeitgeber soll durch die für ihn handelnden Organe über die
Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein
persönlichkeitsbezogenes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Bewerber
den fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Daher
ist die Befähigungsbeurteilung des öffentlichen Arbeitgebers von den Gerichten nur
daraufhin zu kontrollieren, ob bei der Entscheidung alle wesentlichen Umstände
berücksichtigt, allgemeine Beurteilungsmaßstäbe beachtet und ein fehlerfreies
Verfahren eingehalten worden ist (BAG v. 27.6.2001 - 7 AZR 496/99, BAGE 98, 164; v.
29.10.1998 - 7 AZR 676/96, BAGE 90, 106; BVerfG v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02, PersV
2003, 147). Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte, den jeweils besser
geeigneten Bewerber zu bestimmen.
Bei seiner Auswahlentscheidung hat der öffentliche Arbeitgeber davon auszugehen,
dass der Gesichtspunkt der Befähigung auf die Vorbildung nach Maßgabe der
Laufbahnverordnung abstellt, aber auch fachrelevantes Allgemeinwissen,
Lebenserfahrung und Begabung umfasst. Bei der fachlichen Leistung spielt vor allem
die berufliche Erfahrung, die Bewährung in der jeweiligen Berufssparte, das fachliche
Wissen und das fachliche Können eine Rolle, während bei der persönlichen Eignung
auf die Person selbst mit ihren körperlichen, geistigen, seelischen und charakterlichen
Eigenschaften abzustellen ist (vgl. BAG v. 29.10.1998 - 7 AZR 676/96, NZA 1999, 717;
v. 5.3.1996 - 1 AZR 590/92 (A), AP Nr. 226 zu Art. 3 GG). Die Gewichtung der einzelnen
Gesichtspunkte obliegt der - gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren - Beurteilung
des Arbeitgebers (vgl. OVG Sachsen-Anhalt v. 30.6.2006 - 1 L 4/06).
38
Ein Anspruch auf Übertragung eines Dienstposten oder Beförderung kann trotz des
Auswahlermessens des Dienstherrn bzw. Arbeitgebers dann gegeben sein, wenn sich
sein Ermessen "auf Null" reduziert, weil sich im Einzelfall jede andere Entscheidung als
die Beförderung eines bestimmten Bewerbers als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft
darstellen würde (BAG v. 2.12.1997 - 9 AZR 668/96, NZA 1998, 882; v. 5.3.1996 - 1
AZR 590/92 (A), AP Nr. 226 zu Art. 3 GG).
39
a) Bei der Entscheidung des c., zuerst auf das Gesamturteil der aktuell erstellten
Anlassbeurteilungen zu schauen, ist eine Überschreitung des dem Land zustehenden
Beurteilungsspielraumes nicht erkennbar. Insbesondere dann, wenn - wie im
Lehrerberuf - keine früheren Regelbeurteilungen vorhanden sind, entspricht es dem
Grundsatz der Bestenauslese, zuvorderst die aktuellen Beurteilungen zu Rate zu
ziehen. Das Gesamturteil der vorgelegten Beurteilungen schließt sowohl bei der
Klägerin als auch bei den Mitbewerbern I. und T. mit dem Gesamturteil "die Leistungen
übertreffen die Anforderungen". Ein Qualifikationsvorsprung für die Klägerin ist nicht
erkennbar.
40
b) Selbst wenn man mit dem Oberverwaltungsgericht NRW (vgl. Entscheidung
10.09.2004 6 B 1584/04, zit. nach Juris, unter Berufung auf die ständige
Senatsrechtssprechung) nicht nur von einer Berechtigung, sondern auch von einer
41
Verpflichtung des öffentlichen Dienstherrn zu einer inhaltlichen Ausschöpfung
dienstlicher Beurteilungen ausgeht, ist ein Ermessensfehler des c. nicht erkennbar: Der
Mitbewerber T. ist von e. in nicht zu beanstandender Weise im Rahmen der
Binnendifferenzierung als etwas weniger qualifiziert angesehen worden. Ein
Qualifikationsvorsprung zwischen der Klägerin und dem Bewerber I. ist auch bei einem
Vergleich der Beurteilungen im Übrigen nicht feststellbar:
Das c. hat im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums vorrangig auf die
Leistungen als Lehrer geschaut und dort die Einzelbewertungen des Fachwissens, der
schulischen Leistungen und des dienstlichen Verhaltens überprüft. Wie der Vertreter
des c. im Kammertermin am 28.10.2008 erklären konnte, sollte demgegenüber die mit
der ausgeschriebenen Planstelle verbundene Sonderaufgabe in den Hintergrund treten,
so dass etwaige Befähigungen der Bewerber diesbezüglich weniger Berücksichtigung
fanden. Dies ist nicht zu beanstanden.
42
Ein Vergleich der zur Akte gereichten dienstlichen Beurteilungen ergibt, dass der
Klägerin "sehr gute fachwissenschaftliche und fachdidaktische bzw. -methodische
Kenntnisse" attestiert werden. Dem Bewerber I. werden "fundierte und sehr solide
Kenntnisse" bescheinigt. Ein Qualifikationsvorsprung ist nicht erkennbar. Während Herr
I. als "sehr qualifizierter Lehrer" beschrieben wird, spricht die wortreiche Bewertung der
Leistung der Klägerin als Lehrerin in ihrer Beurteilung eine ähnliche Sprache. Auch bei
dem dienstlichen Verhalten ist ein Vorsprung der Klägerin nicht zu erkennen. Vielmehr
ist dort eher eine bessere Bewertung von Herrn I. feststellbar, der als sehr
leistungsfähig, sehr belastbar und im Kollegium geschätzt und respektiert beschrieben
wird. Bei der Klägerin wird die Leistungsfähigkeit zwar als "hoch" eingeschätzt und ihr
ein deutlich gehobenes Maß an Professionalität und beruflichem Engagement attestiert,
allerdings auch eine zunehmende und erfolgreichere Integration in das Kollegium
bescheinigt. Konkrete Anhaltspunkte für einen Vorsprung bei der Bewertung ihrer
fachlichen Leistungen hat die Klägerin selbst nicht behauptet. Vielmehr verweist sie
insgesamt und allgemein auf ihre gestalterischen und konzeptionellen Erfahrungen bei
Fragen der Schulentwicklung.
43
Einen entscheidenden Vorsprung in der Qualifizierung für die mit der Planstelle
verbundene Sonderaufgabe vermag die Kammer nicht zu erkennen. Dass die Klägerin
in der Vergangenheit Nachmittagsunterricht oder die Betreuung über Mittag
konzeptionell mit aufgebaut bzw. begleitet hätte, ist nicht erkennbar. Der bloße, sich im
Übrigen auch nicht aus der dienstlichen Beurteilung ergebende Umstand, dass sie
bereits zuvor an einer Ganztages-Gesamtschule tätig war, verleiht ihr keinen
entscheidenden Eignungsvorsprung zur Gestaltung der Mittagspause bzw. zum Aufbau
einer Ganztagsschule.
44
2.
45
Ein Ermessungsfehler des c. bzw. eine Ermessungsreduzierung auf Null bei der
Heranziehung der Hilfskriterien konnte die Kammer nicht feststellen.
46
a) Der Dienstherr kann bei gleicher Qualifikation der Bewerber grundsätzlich frei
entscheiden, welchen zusätzlichen (sachlichen) Kriterien - den sogenannten
Hilfskriterien - er im Rahmen seiner Ermessensausübung das größere bzw.
ausschlaggebende Gewicht beimisst. Eine starre Reihenfolge möglicher Hilfskriterien
besteht dabei nicht. Das Willkürverbot erfordert es aber, dass der Dienstherr eine einmal
47
eingeschlagene und noch fortbestehende Praxis bei der Anwendung von Hilfskriterien
durchgängig befolgt (OVG NRW Beschluss vom 24.07.2006, 6 B 807/06; OVG NRW
Beschluss vom 13.04.2005, 6 B 2711/04, VG Düsseldorf, 23.09.2003, 2 L 3061/03, alle
zitiert nach Juris).
Nicht zu beanstanden ist daher, dass das c. maßgeblich auf das Hilfskriterium des
Beförderungsdienstalters abgestellt hat und neben diesem Hilfskriterium weiteren
Hilfskriterien wie der Schwerbehinderung oder dem allgemeinen Dienstalter keine
Bedeutung beigemessen hat. Denn das Beförderungsdienstalter gehört zu den mit dem
Leistungsprinzip zu vereinbarenden Hilfskriterien. Damit wird die bei einem höheren
Dienstalter typischerweise mitgebrachte umfassendere praktische Berufserfahrung für
die im Beförderungsamt zu erfüllenden Aufgaben sachgerecht berücksichtigt. Es
verbleibt jedenfalls der Ordnungsfaktor bei sonst kaum mit objektiven Maßstäben zu
bewältigenden Beförderungsentscheidungen, wenn die Behörde das
Beförderungsdienstalter in ständiger Praxis als erstes Hilfskriterium (abgesehen von
den Fällen, in denen die Frauenförderung zu beachten ist) anwendet (OVG NRW
Beschluss vom 07.03.2003, 6 B 163/03, zitiert nach Juris).
48
b) Gegenüber dem Mitbewerber I. weist die Klägerin ein um sieben Jahre kürzeres
Beförderungsdienstalter auf. Nach den unbestrittenen Angaben des c. wäre Herr I. im
August 1997 (fiktiv) als Studienrat (A-13 BBesO) ernannt worden. Die Klägerin wäre erst
mit ihrem Laufbahnwechsel am 01.08.2004 als Studienrätin ernannt worden. Darauf,
dass sie bereits seit 1995/1996 in der Sekundarstufe II unterrichtet hat, kann sich die
Klägerin nicht berufen. Unstreitig hat sie die für eine Eingruppierung in die Gehaltsstufe
BAT IIa notwendige Befähigung für die Sekundarstufe II erst im Juni 2003 erlangt. Dass
nicht bereits ab dem 01.07.2003 eine Eingruppierung nach der Vergütungsgruppe IIa
BAT zu erfolgen hatte, ist durch rechtskräftiges Urteil vom 13.05.2004 Arbeitsgericht
Düsseldorf 11 Ca 1811/04) entschieden. Diese Entscheidung muss die Klägerin auch
für das hier interessierende Beförderungsdienstalter gegen sich gelten lassen.
49
c) Ein Ermessensfehler des c. bei der Anwendung des weiteren Hilfskriteriums der
Frauenförderung ist ebenfalls nicht erkennbar. Zwar ist das Hilfskriterium der
Frauenförderung gem. § 25 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW von Gesetzes wegen zu
berücksichtigen. Hiernach sind Frauen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher
Leistung bevorzugt zu berücksichtigen, wenn im Bereich der für die Beförderung
zuständigen Behörde im jeweiligen Beförderungsamt weniger Frauen als Männer
beschäftigt sind. Das ist hier der Fall.
50
Nach Auffassung der Kammer ist das c. jedoch zu Recht und ohne erkennbare
Ermessensfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Vorsprung von fast sieben Jahren
beim Beförderungsdienstalter einen in der Person des Mitbewerbers I. liegenden Grund
für eine Nichtberücksichtigung der Frauenförderung im Sinne der Öffnungsklausel
darstellt. Nach § 25 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW setzt sich das Hilfskriterium der
Frauenförderung dann nicht durch, wenn in der Person des männlichen Mitbewerbers
liegende Gründe überwiegen. Das ist nur dann der Fall, wenn deutliche Unterschiede
zugunsten dieses Bewerbers bestehen (OVG NRW Beschluss vom 27.11.2007, 6 B
1493/07; OVG NRW Beschluss vom 24.07.2006, 6 B 807/06, beide zitiert nach Juris).
Bei gleicher Qualifikation ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, die gebietet, die
relevanten Hilfskriterien entsprechend einzubeziehen. Dabei ist die
Entscheidungsfreiheit des Dienstherrn bei der Bestimmung bzw. der Reihenfolge der
maßgeblichen Hilfskriterien auch im Rahmen der Frage, welche Hilfskriterien für die
51
Einzelfallprüfung im Rahmen der Frauenförderung herangezogen werden, zu beachten
(OVG NRW Beschluss vom 27.11.2007, 6 B 1493/07; VG Arnsberg, 24.01.2002, 2 L
1653/01, beide zitiert nach Juris).
Es ist nicht zu beanstanden, wenn das c. auch bei der Prüfung der Öffnungsklausel
entsprechend der ständigen Verwaltungspraxis zunächst das dem Leistungsprinzip
nahestehende Beförderungsdienstalter heranzieht. Nicht zu beanstanden ist ferner,
dass das c. bei einem nahezu sieben Jahre längeren Beförderungsdienstalter von
einem gewichtigen, in der Person des männlichen Bewerbers liegenden Grund ausgeht.
Denn insbesondere das Beförderungsdienstalter bietet in abstrakter Weise eine
besondere Gewähr der Eignung des Bewerbers für das angestrebte Beförderungsamt.
Ohne dass dies eine starre Grenze darstellen würde, sind in der Rechtsprechung etwa
Unterschiede von fünf Jahren beim allgemeinen Dienstalter (OVG NRW Beschluss vom
13.05.2004, 6 B 462/04, zitiert nach Juris) sowie ein neun bzw. sieben Jahre längeres
Dienstalter und Beförderungsdienstalter (OVG NRW, Beschluss vom 24.07.2006 6 B
807/06, zitiert nach Juris) als Anhaltspunkte für die Anwendung der Öffnungsklausel des
§ 25 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW anerkannt worden. Nach der von e. ermessungsfehlerfrei
in allgemeiner Verwaltungspraxis festgelegten Reihenfolge der Hilfskriterien war das
Land nicht verpflichtet, im Rahmen der Öffnungsklausel der Frauenförderung zusätzlich
das längere allgemeine Dienstalter der Klägerin zu berücksichtigen.
52
d) Ein Ermessungsfehler ist zuletzt nicht darin zu erkennen, dass das c. die
Schwerbehinderung der Klägerin unberücksichtigt gelassen hat. Hierbei ist zu
berücksichtigen, dass es - anders als bei der Frauenförderung - einen allgemeinen
Anspruch auf Bevorzugung als schwerbehinderter Mensch nicht gibt. Vielmehr soll
regelmäßig nur eine Benachteiligung der Schwerbehinderten vermieden, nicht aber
deren Bevorzugung bewirkt werden.
53
III.
54
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 ZPO.
55
IV.
56
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG, § 42 Abs. 4 GKG, § 3 ZPO.
Hierbei ist der 36-fache Differenzwert von 270,00 € monatlich angesetzt worden.
57
Die Wertfestsetzung dient gleichzeitig als Festsetzung im Sinne des § 63 Abs. 2 GKG.
58
Rechtsmittelbelehrung
59
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
60
B e r u f u n g
61
eingelegt werden.
62
Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
63
Die Berufung muss
64
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
65
beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
0211 7770 2199 eingegangen sein.
66
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
67
Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
68
1. Rechtsanwälte,
69
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse
mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
70
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in
Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich
die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder
eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung
entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der
Bevollmächtigten haftet.
71
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
72
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
73