Urteil des ArbG Berlin vom 26.06.2007

ArbG Berlin: betriebsrat, anhörung, im bewusstsein, unterrichtung, konsultation, sozialplan, datum, vergleich, gruppenbildung, mitsprache

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Gericht:
ArbG Berlin 28.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
28 Ca 11687/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 KSchG, § 1 Abs 3 KSchG, §
102 Abs 1 BetrVG, § 102 Abs 2
BetrVG
Betriebsbedingte Änderungskündigung - Betriebsratsanhörung
bei der Sozialauswahl
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung im
Schreiben vom 26. Juni 2007 nicht aufgelöst.
II. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des
Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen
weiterzubeschäftigen.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Der Wert der Streitgegenstände wird auf 11.120,44 € festgesetzt.
Tatbestand
Änderungskündigung
Betriebsrates
").
I.
1
verheiratete Klägerin ist alleinerziehende
2
Mutter eines Kindes. Sie
Dezember 1992
3
in den Diensten der Beklagten
4
. Zu ihren seither konkret ausgeübten Tätigkeiten gehen die Darstellungen der Parteien
auseinander: Während die Beklagte behauptet, die Klägerin sei in der Vergangenheit
"ausschließlich in der Kreditbearbeitung tätig" gewesen
5
, macht diese geltend, "u. a. im
Bereich öffentliche Finanzierungen, Schreibkraft im Innendienst, Debitoreneinzug mit
Kundenverkehr und zuletzt als Credit Administrator" eingesetzt worden zu sein
6
. –
Unstreitig ist immerhin, dass die Klägerin aktuell nach den arbeitsvertraglich in Bezug
genommenen
7
"Tarifbestimmungen für das private Bankgewerbe" in die
Vergütungsgruppe TG 6/11. Berufsjahr
2.780,11 Euro
II.
(Personal-)Kosten hat die Beklagte in den letzten Jahren mehrere
8
Strukturprojekte
eingeleitet. Zwei dieser Projekte, die im betrieblichen Sprachgebrauch als "etec"
9
und
"Retail Kredit" bezeichnet werden, bilden den Hintergrund des hiesigen Streitfalls:
1.
Kreditordnungsprozesse" nebst Einführung neuer Technik
10
im Kreditgeschäft mit
Firmenkunden. Diesem Ziel dient eine Neustrukturierung der befassten
Organisationseinheiten
11
, die u. a. zur "Integration und Schließung von ZCO
12
-
Standorten" führen soll. – "Retail Kredit" zieht demgegenüber Konsequenzen aus der
Übernahme der ... durch die Beklagte im Jahre 2006. Hiernach beschlossen die Akteure,
"das Segment Retail Banking der Eurohypo in das Privatkundengeschäft der Beklagten
zu integrieren"
13
. Daraus ergab sich die Gründung des neuen Geschäftsfeldes "Retail
Kredit (ZRK
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)", in dem nun sämtliche Kreditbearbeitungskapazitäten der Cbank-
Gruppe gebündelt werden sollen: Die bisherigen Kreditbearbeitungseinheiten beider
Unternehmen – (wohl) sieben
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der Beklagten und zwei
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der ... – sollen danach auf
künftig noch fünf
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Standorte (nämlich: D, D, R, H und L) konzentriert und hierzu die
bisherige Kreditbearbeitung für das Privatkundengeschäft in Berlin aufgegeben werden
18
.
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2.
beim errechnet. Diesen Rechenmodellen zufolge soll allein "etec" zu
einem Personalabbau von bundesweit "mehr als 450 VZK
19
" führen
20
. Betroffen sind
nach Angaben der Beklagten bei unveränderten Arbeitsmengen insgesamt 199
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VZK
im Bereich der früheren "ZCO" (seit 1. Februar 2007
22
: "ZCC"
23
), wobei davon
wiederum 29 Arbeitsplätze in entfallen sollen
24
. Am selben Standort (B) soll das
Projekt "Retail Kredit" zum Wegfall von "100,6 VZK" führen
25
. Das macht zusammen
also rechnerisch (29 + 100,6 =) 129,6 Vollzeitstellen für B.
III.
dem Datum des 22. Februar 2006
26
einen Interessenausgleich und Sozialplan
betreffend "etec" ausgehandelt
27
und unter dem Datum des 18. Oktober 2006
28
mit
dem einen weiteren – allerdings nicht gerichtsaktenkundig
gemachten – Interessenausgleich und Sozialplan betreffend "Retail Kreditgeschäft".
Zusätzlich hat sie mit ihrem (Berliner) Betriebsrat unter dem Datum des 12.
Juni 2007 eine Betriebsvereinbarung nebst Protokollnotiz über getroffen
29
. – Regularien über die mehrerer Beschäftigter zu sogenannten
"Tätigkeitsvergleichsgruppen" sind mit den Belegschaftsvertretungen demgegenüber
vereinbart worden.
IV.
der hiesigen an:
Mit Schreiben vom 13. Juni 2007
30
unterrichtete sie das Gremium über ihre Absicht, das
Arbeitsverhältnis zur Klägerin mit der Maßgabe fristgerecht zu kündigen, dieser anstelle
ihrer derzeitigen Tätigkeit als "Junior Credit Administratorin Intensive Treatment"
31
eine
Stelle in anzubieten, und zwar "als Kreditsachbearbeiterin, Team Auszahlung und
Sicherheiten im ZRK H"
32
.
1.
(II. 2.): Abbau von 129,6 Stellen) mit dem Zusatz, dass nunmehr nach Abschluss
freiwilliger Maßnahmen von insgesamt 13 Arbeitsverhältnissen "in der hier maßgeblichen
Tätigkeitsvergleichsgruppe" noch zu kündigen seien
33
.
2.
folgt
34
:
"Zur Vorbereitung der Sozialauswahl haben wir zunächst im Betrieb Berlin
Tätigkeitsvergleichsgruppen gebildet. Maßgeblich für die Bildung der
Tätigkeitsvergleichsgruppen war die gegenseitige Vergleichbarkeit der Tätigkeiten. Als
vergleichbar wurden all jene Tätigkeiten angesehen, die innerhalb einer Einarbeitungszeit
von einem halben Jahr (bzw. der individuellen Kündigungsfrist) übernommen werden
könnten. Im Anschluss hieran wurden sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Betriebes den Tätigkeitsvergleichsgruppen zugeordnet und so insgesamt der Kreis der
jeweils miteinander vergleichbaren Arbeitnehmer festgelegt.
Innerhalb der einzelnen Tätigkeitsvergleichsgruppen wurde sodann die Sozialauswahl
durchgeführt. Bei der Sozialauswahl wurden die in Anlage 1
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beigefügten Sozialdaten
berücksichtigt. Als zu kündigende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden im Rahmen
dieser Sozialauswahl dann diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgewählt, die
über die jeweils ungünstigsten Sozialdaten verfügen.
Dies vorausgeschickt ist zu unserer Entscheidungsfindung, die zu dem Entschluss,
das Arbeitsverhältnis mit ... (der Klägerin) zu kündigen, geführt hat, Folgendes zu sagen:
Aufgrund
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dieser Zuordnung ist ... (die Klägerin) nur mit denen in der beigefügten
Mitarbeiterliste (Anlage 2
37
) genannten und ebenfalls zu dieser Vergleichsgruppe
zugeordneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Berliner Betriebes vergleichbar.
Aufgrund der derzeitigen Position und der vorhandenen Kenntnisse und Erfahrungen
haben wir ... (die Klägerin) der Tätigkeitsvergleichsgruppe Übergreifende
Tätigkeitsvergleichsgruppe Credit Administrator, ÜCA zugeordnet. In dieser
Tätigkeitsvergleichsgruppe sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit vergleichbarer
Tätigkeit der Organisationseinheiten ZCP (Zentraler Stab Credit Risk Management
Private and Business Customers), ZCC (Zentraler Stab Global Credit Risk Management
Corporate and Markets) und des Bereiches 'Administration Markt Firmenkunden' der
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Corporate and Markets) und des Bereiches 'Administration Markt Firmenkunden' der
Gebietsfiliale Berlin zusammengefasst. Der Credit Administrator unterstützt den Credit
Officer mit der kredittechnisch administrativen Vor- und Nachbereitung von dessen
Kreditentscheidungen und arbeitet bei standardisierten Sicherheiten mit. Die
Regelvergütung beträgt TG 5, bei erfolgreicher Übernahme aller Aufgaben nach dem
Anforderungsprofil kommt TG 6 in Betracht. Der CA unterscheidet sich von der Tätigkeit
eines Senior Credit Administrator durch die rein administrative bzw. unselbständig
geprägte Tätigkeit".
Aufgrund dieser Zuordnung ist ... (die Klägerin) nur mit denen in der beigefügten
Mitarbeiterliste (Anlage 2) genannten und ebenfalls zu dieser Vergleichsgruppe
zugeordneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Berliner Betriebes vergleichbar.
3.
Wochenfrist des § 102 Abs. 2 BetrVG".
V.
38
nach:
Darin es der beabsichtigten Änderungskündigung und rügte unter anderem
aus seiner Sicht erhebliche Defizite bei der Sozialauswahl. So seien "seitens des
Arbeitgebers" schon die "Tätigkeitsvergleichsgruppen ... nicht ausreichend dem
betrieblichen Hintergrund und der beschäftigten Belegschaft gebildet" worden
39
.
Fehlerhaft sei insofern namentlich die "unterbliebene Einbezugnahme vergleichbarer
Arbeitnehmer des Betriebes in die Tätigkeitsvergleichsgruppen und somit in die soziale
Auswahl"
40
. Und weiter, nochmals
41
:
"... Weiterhin hat der Arbeitgeber die soziale Auswahl nicht ausreichend und
zumindest für den Bereich der zu vergleichenden Mitarbeiter mittels
Tätigkeitsvergleichsgruppen (TGV) fehlerhaft und nicht ausreichend durchgeführt, in dem
wesentliche Teile der Belegschaft des Betriebs nicht in die Tätigkeitsvergleichsgruppen
trotz objektiver Vergleichbarkeit aufgenommen hat. Somit sind soziale Gesichtspunkt
nicht oder nicht ausreichend gewürdigt durch die enge Begrenzung auf die vom
Arbeitgeber angewandten Tätigkeitsvergleichsgruppen. Die Struktur der Belegschaft im
Betrieb lassen verkürzte Tätigkeitsvergleichsgruppen und somit eine verkürzte soziale
Auswahl nicht zu. ...
In Kündigungsvorlagen beschreibt der Arbeitgeber, er hätte vier
Tätigkeitsvergleichsgruppen gebildet. Diese vierte Tätigkeitsvergleichsgruppe ist dem
Betriebsrat nicht bekannt und ebenso hinsichtlich der gesamten Sozialauswahl nicht
nachvollziehbar zur Kenntnis gebracht worden.
Die Seitens des Arbeitgebers begrenzte Auswahl auf drei
Tätigkeitsvergleichsgruppen, wobei zwei in aufgelösten oder zur kompletten Auflösung
anstehenden Abteilungen (Firmenkunden-Kredit und Kredit-Center Ost) erscheint hier
grob fahrlässig und nicht sachgerecht.
Der Arbeitgeber hat vergleichbare Tätigkeiten, die inhaltlich zu vergleichen sind, wie
z. B. Kreditspezialisten/Immobilienspezialisten, Individualkunden- und
Geschäftskundenberater unsachgemäß bei der TVG außen vor gelassen.
Eine Vergleichbarkeit wäre auch über die Eingruppierung als Merkmal möglich
gewesen oder als Merkmal heranzuziehen gewesen. Die von der Arbeitgeberin
ausgewählten Mitarbeiter in den Tätigkeitsvergleichsgruppen haben einen Umfang der
Tarifgruppen 5 bis 8. Die Auswahl in dieser Spannbreite erscheint mindestens
problematisch auch vor dem Hintergrund der im LAG Berlin dazu ergangenen
Entscheidung zu Tätigkeitsvergleichsgruppen und Eingruppierungen in einem ähnlich
gelagerten Kündigungsfall in der Bankenbranche. ... (usw.)".
VI.
Klägerin am selben Tage ausgehändigten Schreiben vom 26. Juni 2007
42
erklärte sie die
Änderungskündigung zum 31. Dezember 2007 und bot der Klägerin zugleich an, ihren
Dienst ab 1. Januar 2008 als "Mitarbeiterin Team Auszahlung und Sicherheiten" in
fortzusetzen
43
. Das akzeptiert die Klägerin nicht, auch nicht unter Vorbehalt.
Deshalb wendet sie sich mit ihrer am 16. Juli 2007 bei Gericht eingereichten und der
Kündigungsschutzklage
ihres Arbeitsverhältnisses:
1.
erforderlichen Informationen zur Kündigungsabsicht angehört worden" sei. Außerdem
rügt sie fehlende soziale Rechtfertigung, auch unter dem Gesichtspunkt fehlerhafter
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rügt sie fehlende soziale Rechtfertigung, auch unter dem Gesichtspunkt fehlerhafter
Sozialauswahl. Hierzu hat sie die Beklagte aufgefordert, "die Gründe mitzuteilen", die für
die Auswahl ihrer Person "auch betreffend ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen
maßgeblich" gewesen seien.
2.
vorläufiger Weiterbeschäftigung
ergänzt.
VII.
Die Beklagte beantragt,
VIII.
1.
Umsetzung des Projekts "etec" vom 22. Februar 2006
44
(s. oben, S. 2-3 (II. 1.) u. S. 4
(III.)). Danach sei die Klägerin von der "Schließung des ZCP
45
-Standortes Berlin und der
Reduzierung der Arbeitsplätze im ZCC
46
" persönlich betroffen, weil ihr Arbeitsplatz
"aufgrund der durchgeführten Sozialauswahl" wegfalle
47
. Ihre konkrete Tätigkeit gehöre
zu einer der im Rahmen der Sozialauswahl zu bildenden Tätigkeitsvergleichsgruppen. Da
das Ergebnis der hiernach durchgeführten Sozialauswahl zu Lasten der Klägerin
ausgefallen sei, sei deren Beschäftigung auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz "nicht mehr
möglich"
48
.
2.
Ausführungen (s. oben, S. 4-5 (IV. 2.)), mit denen sie im Vorfeld der Kündigung schon
den konsultiert hatte. Darüber hinaus heißt es – jeweils unter Berufung auf
Zeugenbeweis
49
:
"... Andere Tätigkeiten außerhalb der kreditbearbeitenden Einheiten waren mit der
Tätigkeit der Klägerin nicht zu vergleichen. Die Vertriebsaufgaben in den
Vertriebseinheiten, also den Filialen, unterscheiden sich so wesentlich von denen der
Klägerin, dass eine Vergleichbarkeit im Sinne eines wechselseitigen Austausches nicht
möglich ist. ...
Aufgaben aus dem Bereich des Bearbeitungscenter Ost, in dem eher einfach
strukturierte banktechnische Verwaltungsvorgänge bearbeitet werden, sind deshalb
nicht vergleichbar, weil keine Austauschbarkeit jener Tätigkeiten mit denen der Klägerin
besteht".
Ergänzend führt die Beklagte u. a. aus
50
:
"Ein Vergleich mit anderen Mitarbeitern am Standort Berlin, insbesondere aus
Bereichen außerhalb der Kreditbearbeitung, war nicht erforderlich. Die spezielle
Ausprägung der Tätigkeiten in der Kreditbearbeitung, die die Klägerin auch viele Jahre
ausübte, bringt eine so einseitige Ausrichtung in der beruflichen Ausübung mit sich, dass
ein Einsatz in anderen Bereichen der Bank jedenfalls nicht unter Einhaltung einer
sechsmonatigen Einarbeitungszeit möglich wäre.
Dies gilt insbesondere für den gesamten kundenbezogenen Bereich, den man heute
nach allgemeinem Sprachgebrauch als Vertrieb bezeichnet. In den Vertriebseinheiten
geht es in erster Linie um Kundenakquisition und Produktverkauf. Das bedeutet konkret,
die einzelnen Mitarbeiter müssen sich im Rahmen ständiger Kundenansprachen um den
Verkauf von Bankprodukten bemühen. Um in diesem Vertriebsbereich erfolgreich zu
sein, das heißt um die Absatzziele erfüllen zu können, müssen sie neben vorhandener
Kenntnisse der Produkte und der Vertriebsmechanismen über eine ausgeprägte
Verkaufs- und Akquisitionsstärke verfügen. Um diese zu erlangen muss der jeweilige
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Verkaufs- und Akquisitionsstärke verfügen. Um diese zu erlangen muss der jeweilige
Mitarbeiter zuerst über persönliche Eigenschaften verfügen, wie beispielsweise
ausgeprägte Kontaktfreudigkeit, Eloquenz im Umgang mit Menschen und große
Spontanität, um auf sich ständig ändernde Gesprächssituationen eingehen zu können.
Als entscheidendes Kriterium für einen erfolgreichen Einsatz im Vertrieb ist die
Abschlusssicherheit, das bedeutet die Fähigkeit, Bankprodukte erfolgreich beim Kunden
zu platzieren bzw. zu verkaufen. Überspitzt formuliert könnte man schon fast sagen, die
hierfür erforderlichen Eigenschaften müssen bei einem Menschen schon als generelle
Charaktereigenschaften vorhanden sein. ...".
3.
des . Insofern seien namentlich etwaige Zweifel am Informationsgehalt der
Urteilsanlage
unberechtigt: Dem Betriebsrat seien "für alle zu kündigenden Mitarbeiter die in Anlage 1
enthaltenen Informationen mitgeteilt" worden
51
. – Ergänzend legt die Beklagte im
Rechtsstreit als zur Klageerwiderungsschrift
52
Urteilsanlage
detaillierte Übersicht für die zur "ÜCA" zusammengefassten Arbeitspersonen vor, aus
denen sich deren konkrete "Sozialdaten" – zumindest im Kleinstdruck – entnehmen
lassen.
IX.
1.
"VZK" errechne (s. oben, S. 3 (II. 2.)), sei die darin mit 55 "VZK" enthaltene Maßnahme
zum "Workflow-Management" nie worden, sodass jedenfalls insoweit "ein
Arbeitsplatzwegfall nicht eingetreten" sein könne
53
. Was das Projekt "Retail Kredit"
angeht, so sei schon nicht schlüssig dargelegt, wie sich die daraus ergebenden
Umstrukturierungen auf ihren Arbeitsplatz unmittelbar auswirkten
54
. Insoweit verweist
sie im Übrigen darauf, dass sie nicht im Bereich Privatkunden beschäftigt sei, sondern
"im unverändert fortgeführten Firmenkundenbereich"
55
.
2.
56
. Abgesehen davon, dass die Beklagte ein unrichtiges Bild von ihren bisherigen
Einsatzgebieten zugrunde lege
57
, seien insbesondere die von der Beklagten definierten
Tätigkeitsvergleichsgruppen "willkürlich gebildet"
58
. Dabei sei der Kreis der
vergleichbaren Arbeitnehmer/Innen "deutlich zu klein gezogen und das Merkmal
'austauschbar' aufgrund arbeitsplatzbezogener Merkmale zu eng ausgelegt" worden
59
.
3.
Betriebsrates: So seien dem Gremium namentlich "die Kriterien zur Bildung der
Tätigkeitsvergleichsgruppen falsch mitgeteilt" worden
60
. – Textauszug
61
:
"Wie sollte der Betriebsrat überprüfen, ob die Klägerin einer der Prüfung der
Rechtmäßigkeit standhaltenden Tätigvergleichsgruppenbildung unterworfen war oder
nicht, wenn ihm nicht im Einzelnen dargelegt wurde, wie viele
Tätigkeitsvergleichsgruppen gebildet wurden, nach welchen Kriterien diese gebildet
wurden und welche Kolleginnen und Kollegen in welche Tätigkeitsvergleichsgruppe
einbezogen waren.
Unabhängig davon hätten dem Betriebsrat auch alle aktuellen Sozialdaten
vergleichbarer Arbeitnehmer/Innen vorgelegt werden müssen. Da dies, wie er in seinem
Stellungnahmeschreiben vom 20.06.2007 ausführt, durch die Beklagte nicht geschah, ist
auch hierin eine fehlerhafte Anhörung des Betriebsrats zu sehen".
X.
gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Klage musste entsprochen werden.
Die Kündigung im Schreiben vom 26. Juni 2007 das Arbeitsverhältnis der Parteien
Tenor zu I.
dieses Urteils). Die Klägerin kann daher nach den bekannten Grundsätzen in BAGE 48,
122 ff. verlangen, ab Januar 2008 bis zum Ablauf des Rechtsstreits vorläufig
Tenor zu II.
A.
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A.
Kündigung (26. Juni 2007) bei Gericht einreichen lassen (16. Juli 2007) und damit unter
gebotener
62
Berücksichtigung des § 167 ZPO die ihr durch § 4 Satz 1 KSchG zur
Klageerhebung gesetzte Frist gewahrt. Infolgedessen "gilt" die Kündigung nicht schon
aufgrund des § 7 (1. Halbsatz) KSchG als "von Anfang an rechtswirksam". Sie bedarf zu
ihrer Rechtswirksamkeit vielmehr eines besonderen und darf –
selbstverständlich – nach Inhalt und Zustandekommen auch nicht gegen
Rechtsvorschriften verstoßen.
B.
innerbetriebliche der Kündigung genügte nämlich nicht den gesetzlichen
Anforderungen:
I.
– letztlich offenkundig – unzulänglich. – Der Reihe nach:
1.
hören. Der Arbeitgeber hat ihm dabei für die Kündigung mitzuteilen, § 102
Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Erklärt der Arbeitgeber eine Kündigung ohne Anhörung des
Betriebsrats, so ist diese unwirksam, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Dasselbe gilt nach der
Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen auch dann, wenn der Arbeitgeber den
Betriebsrat zwar vor Ausspruch der Kündigung konsultiert, dabei aber seine
"Bringschulden" aus § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nicht erfüllt
63
. –
Grund dieser Rechtsprechung: Der Arbeitgeber soll bei "Strafe" der Unwirksamkeit seiner
Kündigung
64
gezwungen sein, sich der Erörterung seiner Gründe mit der
Belegschaftsvertretung zu . Dazu wird er auf dialogischen – und eben:
"mitbestimmten" – Austausch über etwaige Chancen verwiesen, seine Belange in
womöglich Weise als durch Kündigung zu wahren.
2.
Arbeitsverhältnis (wegen Personalüberhangs) aus Gründen zu kündigen,
und verdankt er die Nominierung seines Kündigungs-Kandidaten – wie die Beklagte im
Streitfall – erst als Ergebnis einer Auswahlprozedur, die den Grundsätzen des § 1 Abs. 3
Satz 1 KSchG genügen sollen, so gehören zu den dem Betriebsrat nach § 102 Abs. 1
Satz 2 BetrVG mitzuteilenden Gründen auch diejenigen Umstände, die aus
Arbeitgebersicht "für die soziale Auswahl im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG maßgebend
sind"
65
.
Zum informatorischen Pflichtprogramm gehören in solchen Fällen nach langjährig
eingespielter Judikatur des des Bundesarbeitsgerichts (BAG) namentlich
die der Beteiligten, und zwar nicht nur desjenigen "Kandidaten", den der
Arbeitgeber zur Kündigung ausersehen hat
66
, sondern auch der übrigen Arbeitnehmer,
die er als miteinander "vergleichbar" in die Auswahl einbezogen hat
67
. Hat der
Arbeitgeber dabei zur des von ihm als "vergleichbar" angesehenen
Personenkreises in solchen Fällen spezielle Kriterien definiert, so sind dem Betriebsrat
auch diese Kriterien überprüfbar zu unterbreiten
68
.
Das ist auch : Denn der Betriebsrat braucht bei seiner Konsultation nach § 102
Abs. 1 BetrVG die Möglichkeit zur Vergewisserung, dass (auch) bei der personellen
des in Rede stehenden Abbauvolumens alles mit rechten Dingen
zugegangen ist
69
. Für die Einforderung der informatorischen Voraussetzungen solcher
Kontrolle besteht vor allem in Zeiten verstärkte Veranlassung, in denen es – wie die
forensische Praxis der letzten Jahre immer wieder zeigt – nicht an Versuchen der
Personalverantwortlichen von Unternehmen (resp. ihrer professionellen Berater) fehlt,
den normativen Bindungen des § 1 Abs. 3 KSchG bei unerwünschten Konsequenzen
durch auf deren Vermeidung bedachte "Gruppenbildungen" möglichst auszuweichen.
3.
102 Abs. 1 BetrVG – so detailliert zu unterrichten, dass er sich "ohne zusätzliche eigene
Nachforschungen"
70
ein verlässliches Bild von den maßgeblichen Umständen machen
und seine Stellungnahme sach- und fristgerecht abgeben kann
71
.
II.
Hinsicht nicht gerecht:
1.
einer Parallelsache befunden hat
72
, für die "Sozialdaten" der nach Beklagtenangaben in
der Tätigkeitsvergleichsgruppe "ÜCA" als Kandidaten für Änderungskündigungen
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der Tätigkeitsvergleichsgruppe "ÜCA" als Kandidaten für Änderungskündigungen
verbliebenen 13 Arbeitspersonen:
a.
über die Anhörung des Betriebsrates zu entnehmen ist (s. die diesbezüglichen
Urteilsanlage
Merkmale der Klägerin unterbreitet (s. a.a.O.: Lebensalter mit Geburtsdatum,
Betriebszugehörigkeit mit Eintrittsdatum, Familienstand und Zahl der
unterhaltsberechtigten Kinder sowie Angaben zur Frage einer Schwerbehinderung), für
die übrigen Mitarbeiter(innen) ihrer Liste von 13 Namen jedoch nur die jeweilige "Summe
Punkte" (s. a.a.O.).
Dazu hat sie im weiteren Verlauf des Rechtsstreits vorsorglich ergänzend versichert (s.
oben, S. 9 (VIII. 3.)), sie habe dem Betriebsrat "für alle zu kündigenden Mitarbeiter" die
aus a.a.O. ersichtlichen Informationen unterbreitet.
b.
ba.
Schriftstücke, die die Beklagte zur Dokumentation des im Blick auf die Klägerin
eingeleiteten Anhörungsverfahrens prozesskundig gemacht hat, dass diesen selbst bei
gründlichstem Studium nichts für die vorerwähnte Darstellung der Beklagten zu
entnehmen ist: Dort sich keine "Rohdaten" nach dem Vorbild der a.a.O.
"für alle zu kündigenden Arbeitnehmer", sondern nur die Ergebnisse aufsummierter
Punktezahlen.
bb.
"Rohdaten" aus – parallel durchgeführten – Anhörungsverfahren ergäben, so
wäre dem Problem damit nicht abgeholfen:
(1.)
vorbei, dass es bei den "zu kündigenden" Mitarbeiter(inne)n nach den eigenen Worten
der Beklagten (s. oben, S. 4 (IV. 1.)) um nur von insgesamt 13 Arbeitspersonen
ging, die die Beklagte zu ihrer Tätigkeitsvergleichsgruppe "ÜCA" zusammengefasst hat.
Es fehlen folglich noch immer diejenigen vier Gruppenmitglieder, die nach dem Willen der
Beklagten von Änderungseingriffen in ihre Arbeitsverhältnisse bleiben sollten.
(2.)
Erfolg angesonnen werden kann, sich die zur Mitsprache benötigten Informationen
zwecks Überprüfung der Sozialauswahl erst aus diversen Individualvorgängen
73
. Es hat nämlich seinen guten Grund, wenn die Gerichte für
Arbeitssachen für den vom Arbeitgeber nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG zu fordernden
Informationsgehalt seit Anbeginn darauf bestehen (s. oben, S. 11 (B.I.3.)), dass dem
Gremium "eigene Nachforschungen" zur Ausübung seines Beteiligungsrechts zu
seien: Denn anderenfalls würde die Aufbereitungslast kündigungsrelevanter
Lebensvorgänge im Anhörungsverfahren ausgerechnet Gremium aufgebürdet, das
nach seinen personellen, materiellen und zeitlichen Ressourcen im Vergleich zum
Arbeitgeber über die "schlechteren Karten" verfügt: Während der Arbeitgeber
den Zeitbedarf seiner Verfahrensinitiative ohne jegliche gesetzliche Restriktion allein
bestimmt, ist der Betriebsrat bei seiner anschließenden Mitsprache auf jene
in § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG verwiesen, die die hiesige Beklagte dem Gremium
vorliegend noch eigens in Erinnerung ruft (s. oben, S. 5 (IV. 3.)). Insofern entspricht es
den Funktionsvoraussetzungen des gesetzlichen Konzepts von "Mitbestimmung" des
Betriebsrates bei Kündigungen, dessen ohnehin schon knapp bemessene Ressourcen
nicht durch objektiv vermeidbare Nachforschungslasten ohne Not weiter zu strapazieren.
bc.
Beklagten wenden, dass sich die Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen zu den
Unterrichtungsanforderungen des Arbeitgebers unter bestimmten Umständen auch
"toleranter" zeigt:
(1.)
Konsultation nach § 102 Abs. 1 BetrVG jedenfalls keine Informationen nochmals
gesondert zu unterbreiten, über die die Belegschaftsvertretung verfüge
74
.
Auch diese Rechtsprechung, hat ihren mühelos einleuchtenden, richtigen Kern: Sie soll
im Sinne einer Rückausnahme die Konsequenzen begrenzen (helfen), die sich aus der
weiter oben (s. S. 10-11 (B.I.1.)) schon erwähnten Judikatur zur – teleologisch geprägten
– Erstreckung der Rechtsfolge des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG auf
ergeben.
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74
75
(2.)
tragenden Gedanken dieser "Rückausnahme": Das Anhörungsverfahren soll nicht als
unzulänglich verworfen werden (können), wenn gesichertes des
Betriebsrates über die konkreten betrieblichen Verhältnisse hinreichende
75
Gewähr
dafür bietet, dass sich die situativen Umstände des Falles im Bewusstsein des
Konsultanten bei der Anhörung zur Kündigung – assoziativ – von selbst einstellen
76
. Mit
solchen Verhältnissen hat jedoch die Vergegenwärtigung diverser "Sozialdaten" von
Mitarbeiter(innen) nichts mehr zu tun, und zwar vor allem dann nicht, wenn es – wie hier
– um eine Vielzahl von Arbeitspersonen mit einer von Details geht
77
:
In solchen Fällen verflüchtigen sich nicht nur unversehens die Plausibilitätsgrundlagen
der besagten "Rückausnahme". Vielmehr schwindet auch das des
Arbeitgebers zur Unkenntlichkeit. Dafür liefert gerade der Streitfall beredtes
Anschauungsmaterial: Wie die von der Beklagten im Rechtsstreit unterbreitete
zur Klageerwiderungsschrift (s. oben, S 9 (VIII. 3.)) nachvollziehbar macht, geht es bei
den hier interessierenden Sozialdaten der von ihr zur Tätigkeitsvergleichsgruppe "ÜCA"
vereinigten 13 Arbeitspersonen nicht um die mühsame Nachzeichnung komplexer
Lebensvorgänge im betrieblichen Geschehen, sondern um den darstellungstechnischen
Ertrag weniger "Mausklicks". Dergleichen "Aufbereitungslast" des Arbeitgebers ist
jedenfalls Grund, die normativen Prinzipien zur Verschonung des Betriebsrats vor
"eigenen Nachforschungen" (s. oben, S. 12-13 (B.I.3.)) billigkeitshalber zu verkürzen.
2.
nicht aufgegriffenen Informationsdefizits zu den "Sozialdaten" als rechtlich diskreditiert,
so gilt dies erst recht für die bereits vom Betriebsrat nicht ohne Grund gerügte
(s. oben, S. 6 (V.)). Die diesbezügliche Darstellung der Beklagten im
Anhörungsschreiben vom 13. Juni 2007 (s. oben, S. 5 (IV. 2.)) zeichnet sich nämlich
durch ein so hohes Maß von aus, dass von einer insofern noch
ordnungsgemäßen Anhörung des Gremiums nicht mehr gesprochen werden kann. Im
Gegenteil: Der hierzu praktizierte Unterrichtungsstil liefert ein für die
Berechtigung der Judikatur (s. oben, S. 10-11 (B.I.1.)), wonach auch die unzureichende
Unterrichtung des Betriebsrates nicht mehr als "Anhörung" im Sinne des § 102 Abs. 1
Satz 1 BetrVG interpretiert werden kann. – Nochmals, der Reihe nach:
a.
"Übergreifenden Tätigkeitsvergleichsgruppe Credit Administrator" ("ÜCA") zugeordnet.
Diese besteht nach den Worten der Beklagten aus den als "Credit Administratoren"
(interner Sprachgebrauch: "CA") eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
"ZCP", des "ZCC" und eines – in Anlehnung an die betrieblichen Usancen hier vom
geprägten Kürzel für den "Bereich 'Administration Markt Firmenkunden'" – "AMF".
b.
Komplexität"
78
bei der Sozialauswahl an sich durchaus anerkannter Judikatur der
Gerichte für Arbeitssachen
79
, deren Grundzüge die Beklagte zu Beginn ihrer
Erläuterungen für den Betriebsrat auch zutreffend referiert. Mit der Bildung von
Tätigkeitsvergleichsgruppen zur Strukturierung komplexer Auswahlprozeduren durch den
Arbeitgeber und seiner Zusicherung, sich dabei an den besagten Vorgaben der
Arbeitsjustiz orientiert zu haben, ist es aber im Anhörungsverfahren des § 102 Abs. 1
BetrVG nicht schon . Vielmehr muss die vom Arbeitgeber so beanspruchte
Normenbefolgung am konkreten Zuschnitt der fraglichen Gruppen für den Betriebsrat
entweder auf Anhieb sein oder ihm sonst zumindest
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werden. –
Genau damit liegt es hier jedoch, wie der Betriebsrat schon in seiner Stellungnahme
vom 20. Juni 2007 mit vollem Recht gerügt hat, zutiefst im Argen:
ba.
Tätigkeitsvergleichsgruppe "ÜCA" aus den im "ZCP", "ZCC" und "AMF" aktuell als Kredit-
Administratoren eingesetzten Arbeitspersonen gebildet habe, weil diese untereinander
seien. Sie macht sich sogar die Mühe, dem Betriebsrat detailliert
mitzuteilen, worin die Tätigkeit ihrer Kredit-Administratoren liege und inwiefern sie sich
von derjenigen der "Kredit Offiziere" (Credit Officers) unterscheide. Obendrein berichtet
sie dem Gremium, dass ihre Kredit-Administratoren in der Regel nach Tarifgruppe 5
vergütet würden, bei entsprechender Bewährung im "Anforderungsprofil" aber auch in
die Tarifgruppe 6 aufrücken könnten.
bb.
allerdings die Verlautbarungen der Beklagten zur Frage, warum ihre Kredit
Administratoren – und zwar samt und sonders – nicht in der Lage seien, auch
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Administratoren – und zwar samt und sonders – nicht in der Lage seien, auch
"Anforderungsprofile" im Tätigkeitsspektrum von Bankangestellten auszufüllen, und sei
es auch nur nach entsprechender Einarbeitung. Insoweit bekundet die Beklagte zu
Beginn ihres Anhörungsschreibens vielmehr rein ihre Orientierung an den
richterlichen Grundsätzen zur Sozialauswahl, ohne jedoch auch nur im Mindesten eine
Verbindung zu den realen betrieblichen Verhältnissen der Bank herzustellen. Dass dem
solcherart präsentierten Produkt "ÜCA" die ihm zugeschriebenen
sozialauswahlrechtlichen Eigenschaften tatsächlich , wird jedoch mit
keinem Wort verdeutlicht, geschweige denn nachvollziehbar unterfüttert. – Damit bleibt
die Beklagte ihrer Belegschaftsvertretung die gebotene Aufklärung folglich vollkommen
schuldig:
(1.)
geprägten Grundsätzen zur Sozialauswahl Rechnung zu tragen und fehlende
"Austauschbarkeit" von Arbeitspersonen zu belegen, so ist die bloße – und sei es
so detaillierte – Beschreibung gemeinsamer Merkmale der vom Arbeitgeber definierten
Wunschgruppe für sich genommen nämlich "brotlose Kunst". Sie erschließt dem
Betriebsrat allenfalls, aus welchen Gattungsmerkmalen sich der einer
Personenmehrheit unter einem einheitlichen Begriff ergeben soll, trägt aber nichts dazu
bei, zu erklären, warum die so sprachlich vereinigten Arbeitspersonen nicht für andere
als ihre aktuell verrichtete Tätigkeit sein sollten.
(a.)
Nichtaustauschbarkeit und genau dazu herrscht im Anhörungsschreiben vom 13. Juni
2007 völlige "Funkstille". Da sich nun keineswegs versteht, dass
Bankangestellte in der Kreditbearbeitung damit zwangsläufig auf Dauer untauglich dafür
würden, sämtliche übrigen "Anforderungsprofile" des Bankgeschäfts künftig noch
auszufüllen, klafft hier jene Lücke in der Unterrichtung des Betriebsrates, deretwegen
eingangs (s. oben, S. 10 (B.I.)) davon die Rede war, dass das hiesige
Anhörungsverfahren "letztlich offenkundig" unzulänglich eingeleitet worden sei.
(b.)
dass die Beklagte thematisch einschlägige Ausführungen im nachzuliefern
sucht (s. oben, S. 8 (VIII. 2.)), bedarf für die beiderseits sachkundigen Parteien keiner
Vertiefung. Daher kann auch auf sich beruhen, wie es um die der
diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten bestellt wäre. Erst recht erübrigen sich
gerichtliche Spekulationen darüber, wie wohl der auf die von der Beklagten
im Rechtsstreit angestellten Überlegungen im dazu versäumten innerbetrieblichen
Diskurs geantwortet hätte.
(2.)
Problematik einer Sozialauswahl anhand von Tätigkeitsvergleichsgruppen angesprochen,
zu denen der Text des Unterrichtungsschreibens vom 13. Juni 2007 akute Veranlassung
gibt. Dabei sei vorsorglich klargestellt, dass das Gericht die hiesige Beklagte keineswegs
"verdächtigt", im nachstehend erläuterten Sinne etwa verfolgt zu
haben:
(a.)
verdeutlichen: Angenommen, ein Arbeitgeber wollte sich beim Abbau personeller
Überkapazitäten einerseits gerade von den richterlichen Grundsätzen zur
Sozialauswahl bestimmen, dabei andererseits aber auch möglichst nicht "in die Karten
schauen" lassen, so könnte die Unterrichtung des Betriebsrates genauso ausfallen wie
das vorliegende Anhörungsschreiben vom 13. Juni 2007: Ginge es dem Arbeitgeber etwa
darum, eine Sozialauswahl über die betrieblichen Organisationseinheiten A, B und C
hinaus zu , obwohl dies nach den besagten Grundsätzen rechtlich nicht
darstellbar wäre, so könnte er zur Verdeckung seines intentionalen Ausgangspunkts mit
genau derselben Textgestaltung zu "arbeiten" versuchen: Ein ebenso formelhafter wie
informatorisch unergiebiger Textvorspann wie im hiesigen Anhörungsschreiben genügte,
um die vorgeblich strikte Orientierung an den Prinzipien der Gerichte für Arbeitssachen
vorzuspiegeln. Damit wäre nicht nur dem Betriebsrat (und vielleicht Dritten) gegenüber
ein "guter Eindruck" erweckt, sondern dem Betriebsrat mit den Mitteln der Rhetorik auch
die typischerweise unlösbare Aufgabe zugeschoben, die vom Arbeitgeber proklamierte
Orientierung an Fragen der Austauschbarkeit als Schlüsselkriterium der Gruppenbildung
zu . – Das wäre zwar aus der Sicht unredlicher Strategen durchaus
"praktisch", läge aber nicht im Sinne eines Gesetzes, das die Anhörung des
Betriebsrates auf die Erfüllung informatorischer "Bringschulden" des Arbeitgebers
aufgebaut wissen und damit die dialogische Begründungslast zur Gewinnung von
Akzeptanz bei seinen Gesprächspartnern zuweisen will.
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(b.)
im Anhörungsverfahren die Tendenz fördert, die Sozialauswahl zumindest im
innerbetrieblichen Konsultationsverfahren auf die vom Arbeitgeber gewünschte
Fokussierung (im Bilde: die Organisationseinheiten A, B oder C) zu fixieren und damit
das (Insider-)Wissen des Betriebsrates über die betrieblichen Verhältnisse beim
prozeduralen
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Kündigungsschutz des § 102 Abs. 1 BetrVG auszuschalten.
Demgegenüber wäre daran zu erinnern, dass die Judikatur der Gerichte für
Arbeitssachen nach anfangs zuweilen restriktiveren instanzgerichtlichen Stellungnahmen
in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
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in mittlerweile gefestigter
Rechtsprechung aus guten Gründen darauf besteht, dass die Sozialauswahl nicht auf
Abteilungen zu begrenzen, sondern zumindest durchzuführen sei
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. Dem
wäre, es dort denn schon nach den richterrechtlich geprägten Prinzipien gehen
soll, auch im innerbetrieblichen Vorlauf gebührend Rechnung zu tragen.
III.
Tenor zu I.
die übrigen Einwände der Klägerin keiner Stellungnahme mehr. Der sich hiernach
zwanglos ergebende Anspruch der Klägerin auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist im
Tenor zu II.
C.
III.
festgesetzt. Ihn hat das Gericht für die Kündigungsschutzklage mit der dreifachen
Monatsvergütung der Klägerin – also mit (3 x 2.780,11 Euro =) 8.340,33 Euro –
bemessen und für den Weiterbeschäftigungsanspruch mit nochmals einer
Monatsvergütung. Das macht zusammen (8.340,33 Euro + 2.780,11 Euro =) 11.120,44
Tenor zu IV
Dr. Ruberg
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