Urteil des AnwGH Frankfurt vom 05.11.2007

AnwGH Frankfurt: finanzielle beteiligung, numerus clausus, werbung, rücklage, werbekampagne, aufgabenbereich, form, rechtsanwaltschaft, auflösung, vorschlag

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Gericht:
Anwaltsgerichtshof
Frankfurt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 AGH 18/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 73 BRAO, § 89 Abs 2 Nr 2
BRAO, § 89 Abs 2 Nr 6 BRAO
Aufgabenbereich der Rechtsanwaltskammern:
Öffentlichkeitsarbeit in Form einer Imagekampagne für die
Rechtsanwaltschaft als Teil des Aufgabenbereichs;
Verwendung von frei gewordenen Mitteln aus einer
Sterbegeldrücklage für eine solche Kampagne
Tenor
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Gegenstandswert wird auf EUR 20.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Mitglied der Antragsgegnerin. Diese hatte seit vielen Jahren
eine Fürsorgeeinrichtung im Sinne des § 89 Abs. 2 Nr. BRAO in der Form
unterhalten, dass aus den laufenden Beiträgen den Erben verstorbener Mitglieder
eine Sterbegeldzahlung in Höhe von zuletzt Euro 2.500,00 ausgezahlt wurde. Seit
1998 wurde durch die Antragsgegnerin eine Sterbegeldrücklage gebildet, nachdem
ein versicherungsmathematisches Gutachten zur Sterbegeldordnung aufgezeigt
hatte, dass ohne eine solche Rücklage die weitere Auszahlung der Sterbegelder
eine erhebliche zusätzliche Beitragsbelastung der Mitglieder der Antragsgegner
erfordern würde.
Weil das Sterbegeld auch in den folgenden Jahren nicht mehr als zeitgemäß
angesehen wurde und die Sterbegeldordnung der Antragsgegnerin deshalb der
Kritik ausgesetzt war, holte die Antragsgegnerin im Jahr 2004 ein Gutachten ein,
das unter anderem zu den Ergebnissen kam, dass einer Abschaffung der
Sterbegeldregelung weder verfassungsrechtliche noch gesetzliche Regelungen und
auch die bestehende Sterbegeldordnung selbst entgegenstehen würden, und dass
auch keine Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Sterbegeldauszahlung nur im
Fall der Bedürftigkeit eines Antragstellers bestehen würden. Auf Grund dieses
Gutachtens wurde die bis dahin gültige Sterbegeldordnung der Antragsgegnerin in
der Kammerversammlung vom 03.11.2004 abgeschafft.
Nachdem ein Beschluss der Kammerversammlung von 02.11.2005 zur
Verwendung der freigewordenen Mittel aus der Sterbegeldrücklage in Höhe von
rund Euro 1.800.000,00 vom Senat durch Beschluss vom 14.09.2006 – 2 AGH
27/05 – aus formalen Gründen für nichtig erklärt wurde, berief die Antragsgegnerin
im Mitteilungsblatt "Kammer aktuell 3/06" die ordentliche Kammerversammlung
für den 13.10.2006 ein. Ziffer 10 der Tagesordnung lautet:
"Nach einer Entscheidung des AGH sind die Beschlüsse der letzten
Kammerversammlung über die Auflösung der Sterbegeldrücklage aus formalen
Gründen unwirksam. Die Sterbegeldrücklage in Höhe von Euro 1.831.950,21 ist
daher noch nicht aufgelöst. Zur erneuten Beschlussfassung schlägt der Vorstand
vor:
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1. Ein Betrag in Höhe von 231.950,21 Euro wird der allgemeinen Rücklage
zugeführt, damit dies auf den hälftigen Jahresumsatz angehoben werden kann.
2. Ein Betrag in Höhe von bis zu 300.000,00 Euro wird nach Anforderung der
örtlichen Anwaltsvereine im Bezirk der RAK Frankfurt zu deren Händen bereit
gestellt für die Übernahme der von den Mitgliedern der örtlichen Anwaltvereine zu
zahlenden Umlage für die Werbekampagne "Vertrauen ist gut – Anwalt ist besser",
die als Imagewerbung allen Kollegen zu Gute kommt. Ein verbleibender Betrag wird
entsprechend Ziffer 3 verwendet.
3. Ein Betrag in Höhe von 1.300.000,00 wird in eine zu gründende Stiftung der
hessischen Anwaltschaft (siehe Auszug nächste Spalte) eingebracht.
Über die Vorschläge zu 1) - 3) wird getrennt abgestimmt. Für den Fall, dass
Vorschlag zu 1) und/oder 2) keine Mehrheit finden sollte, schlägt der Vorstand vor,
auch diese Beträge in die Stiftung gemäß Vorschlag zu 3) einzubringen."
Im Rahmen der Kammerversammlung vom 13.10.2006 schlug der Vorstand der
Antragsgegnerin die Beschlussfassung entsprechend der Ankündigung in der
Tagesordnung vor. Es folgte eine Aussprache über die Vorschläge des Vorstands,
die sodann getrennt zur Abstimmung bestellt wurden. Alle drei Vorschläge wurden
angenommen, der Vorschlag zu Ziffer 2) bei 13 Gegenstimmen und 5
Enthaltungen der anwesenden 124 Kammermitglieder.
Gegen den Beschluss zu Ziffer 2),
wendet sich der Antragsteller mit seinem am 13.11.2006 bei dem
Anwaltsgerichtshof eingegangenen Antrag nach §§ 90 f BRAO.
Der Antragsteller führt dazu im Wesentlichen aus, dass der Beschluss weder mit
der Stellung des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO), dem
Funktionsbereich der Kammer (§ 89 BRAO) noch als gemeinschaftliche
Angelegenheit im Sinne von § 89 Abs. 2 Nr. BRAO angesehen werden könne, und
führt diese Auffassung weiter aus.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung
zurückzuweisen. Sie hält diesen schon für unzulässig, weil der Antragsteller nicht in
seinen Rechten verletzt im Sinne des § 90 Abs. 2 BRAO sei. Auch materiell-
rechtlich sei der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden.
II.
Der Antrag ist zweifellos zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gestellt
worden (§ 91 BRAO). Der Antragsteller ist auch antragsberechtigt im Sinne des §
90 Abs. 2 BRAO.
Antragsberechtigt ist jedes Kammermitglied, sofern es durch den angegriffenen
Beschluss in seinen Rechten verletzt ist. Dies ist einerseits der Fall, wenn dem
angegriffenen Beschluss unmittelbare Auswirkungen auf Leistungspflichten des
Mitglieds gegenüber der Kammer zukommen, andererseits wenn das
Kammermitglied geltend macht, der Beschluss verletze es in seinem allgemeinen
Freiheitsrecht aus Artikel 2 I GG, weil die Kammer mit ihrem Beschluss außerhalb
des Verbandszwecks der Rechtsanwaltskammer wahrnehme (BGH, Beschluss vom
16.10.2000 – AnwZ (B) 71/99 – in: BRAK-Mitt 2001, 88; BayEGH, Beschluss vom
29.12.1992 – BayEGH I – 6/92 – in: AnwBl 1993, 288; AGH Hamburg Beschluss
vom 13.02.2004 – II ZU 9/03 – in: NJW 2004, 1174).
Zwar kann der Antragsteller nicht geltend machen, dass der angegriffene
Beschluss unmittelbare Auswirkungen auf seine Leistungspflichten gegenüber der
Kammer hat. Die Sterbegeldordnung der Antragsgegnerin in ihrer letzten gültigen
Fassung ist durch Beschluss der Kammerversammlung vom 03.11.2004
aufgehoben worden. Mit der zugleich beschlossenen
Sterbegeldunterstützungsordnung der Antragsgegnerin war die Beibehaltung der
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Sterbegeldunterstützungsordnung der Antragsgegnerin war die Beibehaltung der
aus Mitgliedsbeiträgen gebildeten Rücklage nicht mehr erforderlich, so dass diese
wieder aufgelöst werden konnte, ohne dass die Auflösung der Rücklage an sich in
irgendwelche Mitgliedsrechte eingegriffen hätte. Insbesondere ist nicht ersichtlich,
dass die Mitglieder der Antragsgegnerin und so auch der Antragsteller einen
Rechtsanspruch auf Auszahlung dieser Beträge hätten. Mit der Auflösung der
Rücklage sind die freigewordenen Beträge wieder dem Kammervermögen
zugeflossen. Über die weitere Verwendung dieser Mittel zu befinden, war Aufgabe
der Kammerversammlung gemäß § 89 Abs. 2 Nr. 6 BRAO. Auswirkungen auf die
Beitragspflicht des Antragstellers hatte somit schon der Auflösungsbeschluss vom
03.11.2004 nicht.
Umso mehr gilt dies für den nun angefochtenen Beschluss, der alleine die
Verteilung der frei gewordenen Mittel betrifft. Da der Antragsteller auf Grund
dieses Beschlusses keine höheren Beitragszahlungen zu leisten hat, als dies ohne
den Beschluss der Fall gewesen wäre, und ein Rückerstattungsanspruch seinen
Rechtsgrund bestenfalls in dem (nicht angefochtenen) Beschluss vom 03.11.2004
haben könnte, ist der Antragsteller durch den Beschluss in seiner Rechtsposition
nicht beeinträchtigt.
Die Antragsberechtigung des Antragstellers ergibt sich aber aus seiner
Behauptung, die Kammer überschreite mit dem angegriffenen Beschluss ihren
Aufgabenbereich und verletze damit die Freiheitsrechte ihrer Mitglieder nach
Artikel 2 Abs. 1 GG.
III.
Der Antrag kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.
Gemäß § 89 Abs. 2 Nr. 4 BRAO obliegt es der Kammerversammlung, die Mittel zu
bewilligen, die erforderlich sind, um den Aufwand für die gemeinschaftlichen
Angelegenheiten zu bestreiten. Die Frage, ob der angegriffene Beschluss inhaltlich
mit materiellem Recht unvereinbar ist und damit für nichtig zu erklären wäre,
hängt somit allein davon ab, ob die finanzielle Beteiligung der Antragsgegnerin an
der Werbekampagne als eine ihr zugewiesene Aufgabe anzusehen ist und damit in
ihren legitimen Aufgabenbereich fällt.
Die Aufgaben der Rechtsanwaltskammern werden durch § 73 BRAO, der die
Aufgaben des Kammervorstandes regelt, und durch § 89 BRAO, der die Befugnisse
der Kammerversammlung zum Gegenstand hat, definiert. Beide Bestimmungen
zusammen umschreiben den Aufgaben- oder "Funktionsbereich" der
Rechtsanwaltskammern. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH umfasst dabei
der dergestalt umrissene Aufgabenbereich nicht nur die den
Rechtsanwaltskammern ausdrücklich zugewiesenen Aufgaben, sondern erstreckt
sich auf alle Angelegenheiten, welche von allgemeiner – nicht nur rein
wirtschaftlicher – Bedeutung für die Rechtsanwaltschaft sind (BGH, Beschluss vom
18.04.2005 – AnwZ (B) 27/04 –, in: BRAK-Mitt 2005, 120/121). Die Auffassung des
Antragstellers, der Gesetzgeber habe den Rechtsanwaltskammern "einen
numerus clausus an Aufgaben (§ 89 BRAO)" zugewiesen, ist mit dieser
Rechtsprechung des BGH nicht vereinbar; ihr kann daher nicht gefolgt werden.
Zu den Angelegenheiten, die allgemeine Bedeutung für die Rechtsanwaltschaft
haben und die Gesamtheit der Rechtsanwaltskammern berühren, gehören etwa
die bundeseinheitliche Einführung des Anwaltsnotariats, die freiwillige kostenlose
außergerichtliche Rechtshilfe, der nebenberufliche Rechtskundeunterricht für
Anwaltsgehilfen, die Gründung eines "Vertrauensschadensfond" und die
Öffentlichkeitsarbeit. Nicht zu diesen Aufgaben gehört die Stellungnahme zu
politischen Fragen (vgl. Henssler/Prütting, BRAO, 2. Auflage § 89, Rn. 3).
Die Tatsache, dass der Rechtsanwalt gemäß § 2 BRAO einen freien Beruf und kein
Gewerbe ausübt, macht den angegriffenen Beschluss ebenso wenig von
vornherein unzulässig wie die Tatsache, dass Werbung dem Justiz- und
Gerichtswesen fremd ist. Vielmehr ist hier zunächst von § 43 b BRAO auszugehen,
die dem Rechtsanwalt Werbung unter gewissen Einschränkungen grundsätzlich
gestattet.
Schon die Entwicklung der gesetzlichen Regelung anwaltlicher Werbung weg von
dem ganz rigiden Werbeverbot zu einer vorsichtigen Lockerung mit der
Berufsrechtsnovelle von 1994, aber auch die im Zusammenhang mit dem
geplanten Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) geführte Diskussion um
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geplanten Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) geführte Diskussion um
Marktverluste der Anwaltschaft (vgl. etwa Römermann, BRAK-Mitt 2005, 98 ff und
212 ff; Kilger, AnwBI 2005, 244 ff; Hamacher, AnwBI 2006, 788; BRAK-Magazin
05/2006,4) zeigen, dass der Anwaltsmarkt als solcher einem fortschreitenden
Wandel unterliegt, und die Anwaltschaft auf Grund dieses Wandels sich
notwendigerweise auch im Bereich der Werbung neu wird orientieren müssen, um
nicht Marktanteile anwaltlicher Tätigkeit an andere Berufsstände zu verlieren. Dies
gilt schon jetzt etwa im Segment erbrechtlicher Beratung (vgl. dazu BGH, Urteil
vom 01.06.2006 – I ZR 143/03 – Erbenermittler als Rechtsbeistand –, in WRP 2006,
1223). Zukünftig werden Rechtsdienstleistungen aber auch etwa von
Mietervereinen, Kfz-Werkstätten, Energieberatern, Banken oder Architekten
ausgeübt werden können (vgl. Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz
vom 01.02.2007 und RDG-Gesetzentwurf der Bundesregierung, Seite 47 ff.).
Vor diesem Hintergrund ist zu unterscheiden zwischen der Werbung im engeren
Sinne, die der einzelne Anwalt betreibt, um Mandate zu akquirieren, und die ihn
selbst bzw. seine Kanzlei in den Fokus des Werbeempfängers rückt, und der
Werbung im Sinne einer Öffentlichkeitsarbeit, die ohne Bezugnahme auf das
Leistungsangebot einzelner Anwälte oder Kanzleien sachlich über die Anwaltschaft
als solche, ihr Leistungsspektrum und ihre Kompetenzen gerade im Vergleich zu
anderen Anbietern rechtsbezogener Dienstleistungen informiert. Dieser Bereich
der Öffentlichkeitsarbeit betrifft so unmittelbar die Stellung der Anwaltschaft als
Teiles der Rechtspflege und des Selbstverständnis anwaltlicher Tätigkeit, dass sie
von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsanwaltschaft ist und somit als Teil des
Aufgabenbereichs der Anwaltskammer angesehen werden muss. Dabei darf nicht
übersehen werden, dass nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts die Öffentlichkeitsarbeit legitime Aufgabe der
staatlichen Verwaltung ist (vgl. AGH Bremen, Beschluss vom 24.11.1995 – 1 EGH
2/95 –, in: BRAK-Mitt 1996, 86/87 mit Verweis auf BVerfG, Urteil vom 07.03.1977 –
2 BvE 1/76 –, in: NJW 1977, 751 ff).
Ausweislich des von der Antragsgegnerin überreichten Zwischenberichts zur
Werbekampagne (AnwBI 2007, 128) war Ziel der Kampagne, die Bekanntheit und
das Image der Anwaltschaft zu stärken. Zu den Gründen der Kampagne führt
bereits in AnwBI 2005, 689 f aus:
Soweit also die Kampagne auch das Ziel hatte, den Rechtsberatungsmarkt für die
Anwaltschaft zu sichern, war sie geeignet und dazu bestimmt, originäre Aufgaben
der Kammerversammlung im Sinne des § 89 BRAO zu flankieren. Deshalb durfte
die Antragsgegnerin in ihrer Kammerversammlung vom 13.10.2006 grundsätzlich
über die Verwendung von Mitteln aus der Sterbegeldrücklage für die
Anzeigenkampagne befinden.
Soweit der Antragsteller daneben rügt, dass mit dem bzw. den örtlichen
Anwaltvereinen privatrechtliche Zusammenschlüsse begünstigt würden, denen
nicht alle Mitglieder der Antragsgegnerin angehörten, und dass außerdem die
Anzeigenkampagne durch einen Untertitel "Die Werbekampagne des" und den
Eindruck des -Logos auf den Plakaten nur – quasi nebenbei – eine mittelbare
Werbewirkung zu Gunsten der nicht im organisierten Mitglieder der
Antragsgegnerin hätte, während die Kampagne in erster Linie den -Mitgliedern zu
Gunsten käme, ergibt sich auch aus diesen Erwägungen nicht die Unzulässigkeit
des angegriffenen Beschlusses. Diese Beanstandungen des Antragstellers
betreffen die Frage, ob der Beschluss der Kammerversammlung vom 13.10.2006
im Rahmen des § 89 Abs. 2 Nr. 4 BRAO ermessensfehlerfrei zu Stande gekommen
ist. Die gerichtliche Prüfung muss sich allerdings bei einer Ermessensentscheidung
darauf beschränken, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten
worden sind oder ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden ist; jede weitere
Prüfung ist unzulässig, weil sie zu einem unberechtigten Eingriff in die
Selbstverwaltung der Kammer führen würde (Henssler/Prütting, BRAO, 2. Auflage,
§ 90, Rn. 10). Bei der inhaltlichen Kontrolle des angefochtenen Beschlusses darf
weder die Zweckmäßigkeit der von der Kammerversammlung getroffenen
Entscheidung geprüft werden, noch die Frage, ob eine andere Entscheidung
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Entscheidung geprüft werden, noch die Frage, ob eine andere Entscheidung
sachdienlicher oder angemessener wäre (AGH Hamburg, Beschluss vom
13.02.2004 – II ZU 9/03 –, in: NJW 2004, 1174/1179). Ein Ermessensmissbrauch
durch sachfremde Erwägungen oder unzureichende Abwägung ist jedoch nach
dem Sachvortrag des Antragstellers ebenso wenig zu erkennen wie eine
Ermessensüberschreitung, ein Ermessensnichtgebrauch oder eine Verletzung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang
festzustellen, dass die Anzeigen und Plakate (www.anwaltverein.de/plakate) einen
Untertitel "Die Werbe-Kampagne des" nicht aufweisen, sondern lediglich den
wiederkehrenden Slogan "Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser", der keineswegs nur
Werbewirksamkeit zu Gunsten der Mitglieder des ausweist. Dass die Werbeträge
das Logo des ausweisen, dürfte ebenso wenig zu einer Benachteiligung der nicht
im organisierten Mitglieder der Antragsgegnerin führen, weil den umworbenen
Verkehrskreisen weder die Organisation und Mitgliederstruktur des noch sein
Verhältnis zur Bundesrechtsanwaltskammer oder den einzelnen regionalen
Rechtsanwaltskammer geläufig sein dürften, zumal unter der beworbenen
Auskunftshotline (www.anwaltauskunft.de) nicht nur Mitglieder des recherchiert
werden können, sondern dieses Auskunftsportal grundsätzlich allen
Rechtsanwälten kostenfrei offen steht.
Danach war durch den Anwaltsgerichtshof nur die Verhältnismäßigkeit der
beschlossenen Zahlung zu prüfen, weil bei der Erhebung und Bemessung von
Beiträgen, Umlagen und Gebühren gewährleistet sein muss, dass
ungerechtfertigte Belastungen der Kammermitglieder vermieden werden (AGH
Hamburg, a. a. O., BGH, Beschluss vom 18.04.2005 – AnwZ (B) 27/04 –, in: BRAK-
Mitt 2005, 120/122).
Auch insoweit ist der angegriffene Beschluss aber nicht zu beanstanden. Zunächst
muss dabei Berücksichtigung finden, dass eine finanzielle Belastung der Mitglieder
der Antragsgegnerin mit dem Beschluss insoweit überhaupt nicht verbunden ist
als es nur um die "Verteilung" bereits als Rücklage vorhandener Mittel geht.
Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin per 01.01.2007 einen
Bestand von 15.631 Mitgliedern aufwies (BRAK-Mitt 2007, 110), so dass bei einer
Zuwendung in Höhe von insgesamt Euro 300.000,00 jedes Mitglied der
Antragsgegnerin mit einem anteiligen Betrag von weniger als Euro 20,00 belastet
würde. In Ansehung der in vergleichbaren Fällen für angemessen erachteten
Beträge (vgl. AGH Hamburg, a. a. O.) kann ein Verstoß gegen das
Verhältnismäßigkeitsgebot nicht erkannt werden.
Nach alledem ist die Antragsgegnerin berechtigt gewesen, den angegriffenen
Beschluss zu fassen. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung konnte somit
keinen Erfolg haben.
Die sofortige Beschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche
Bedeutung hat. Denn der Antragsteller stellt nicht in Abrede, dass
Öffentlichkeitsarbeit im Sinne einer Imagewerbung für die Anwaltschaft als solche
zu den Aufgaben der Kammerversammlung in Sinne des § 89 BRAO zählt; er
richtet sich vielmehr im Wesentlichen gegen die Mittelbewilligung gerade an die
Anwaltvereine zur Unterstützung der -Werbekampagne. Insoweit kommt der Sache
schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, als der Anwaltsgerichtshof
ohnehin nur prüfen darf, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens
überschritten wurden. Auch im Übrigen handelt es sich, soweit die Mittelbewilligung
an den speziellen Empfänger beanstandet wird, um eine Einzelfallentscheidung,
die keine grundsätzliche Bedeutung hat.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 201 Abs. 1 BRAO, die Festsetzung des
Gegenstandswertes auf § 202 Abs. 2 BRAO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.