Urteil des AG Wuppertal vom 22.10.2009

AG Wuppertal (kläger, vergütung, rechnung, höhe, anlage, aufwand, abrechnung, honorar, erstellung, mahnkosten)

Amtsgericht Wuppertal, 33 C 181/08
Datum:
22.10.2009
Gericht:
Amtsgericht Wuppertal
Spruchkörper:
Abteilung 33 des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
33 C 181/08
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.017,84 nebst
Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen
Basiszinssatz seit dem 25.01.2008, sowie weitere EUR 5,00
Mahnkosten zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
1
Der Kläger verlangt vom Beklagten ein auf Grundlage der StBGebV berechnetes
Honorar für die vertragsgemäße Erstellung einer Vemögensaufstellung.
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Der Kläger ist selbstständiger Steuerberater und trat im Jahr 2001 in die
Steuerberaterpraxis G ein, die er am 01.01.2006 erwarb. Der Beklagte war mit der Y
GmbH & Co. KG und der Y GmbH bereits seit 1956 Kunde dieser Steuerberaterpraxis.
Den Kläger als Inhaber dieser Praxis beauftragte der Beklagten mündlich, für Letzteren
eine Vermögens- und Schuldenaufstellung zum Stichtag 01.01.2007 für andere als
steuerliche Zwecke zu erstellen.
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Hintergrund dieser Aufstellung war, dass der Kläger verschiedene Immobilien im
Bereich des sozialen Wohnungsbaus realisiert hat, finanziert durch Kredite der
Wohnungsbauförderungsanstalt (WFA). Letztere erkundigt sich aus Gründen dieser
finanziellen Förderung alle 2 Jahre nach der Bonität des Beklagten. Hierzu heißt es in §
6 Abs. 3 S. 2 des sog. Zuschussvertrages (Anlage Bl. 90 ff. GA) zwischen Beklagtem
und WFA: "Die Anstalt ist berechtigt, vom Schuldner jederzeit Nachweise darüber zu
verlangen, ob Gründe für die Einstellung der Gewährung der Zuschüsse nach Absatz 1
bestehen." Der Beklagte ließ die streitgegenständliche Aufstellung zur Selbstauskunft
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gegenüber der WFA erstellen.
Eine Honorarvereinbarung schlossen die Parteien in diesem Zusammenhang nicht.
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Die vom Kläger vertragsgemäß erstellte Aufstellung bezog sich auf ein Reinvermögen
des Beklagten von EUR 9.766.255,00. Zu Einzelheiten dieser Aufstellung wird auf
Anlage Bl. 24 ff. GA Bezug genommen.
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Der Kläger stellte dem Beklagten unter dem 11.12.2007 eine Rechnung (Anlage Bl. 10
GA) über brutto EUR 3.017,84. Diese Rechnung basiert auf dem Ansatz einer 10/10-
Mittelgebühr nach § 37 Nr. 1 StBGebV für eine "Aufstellung eines Vermögenstatus bzw.
Finanzstatus zum 01.01.2007" bei einem Gegenstandswert von EUR 9.766.255,00.
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Der Kläger mahnte mehrfach vergeblich - später auch über seinen Anwalt (Anlage Bl. 12
GA) - die Begleichung der streitgegenständlichen Rechnung an.
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Unter dem 08.12.2005 hatte die Steuerberaterpraxis G dem Beklagten bereits in der
Vergangenheit eine Rechnung (Anlage Bl. 22 GA) über brutto EUR 1.136,80 für eine
"Selbstauskunft für die Wohnungsbauförderungsgesellschaft NRW" unter Ansatz von 16
Arbeitseinheiten zu je netto EUR 60,00 zzgl. Auslagenpauschale gestellt. Die damalige
Aufstellung diente denselben Zwecken wie die nunmehr streitgegenständliche.
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Der Kläger behauptet, dass die streitgegenständliche Vermögensaufstellung sehr
umfangreich und zeitaufwändig gewesen sei aufgrund der Notwendigkeit, für jedes
Einzelobjekt Werte neu zu ermitteln aus der entsprechenden Steuererklärung. Die unter
dem 11.12.2007 abgerechnete Vergütung sei ebenso angemessen wie ortsüblich,
während die Abrechnung vom 08.12.2005 lediglich aus Kulanz unterhalb der in der
StBGebV vorgesehenen Werte gelegen habe. Hierin liege keine Bindung für den
späteren streitgegenständlichen Auftrag. Die Klägerin ist schließlich der Auffassung,
dass § 37 Nr. 1 StBGebV gute Anhaltspunkte für die die übliche Vergütung für einen
Vermögensstatus liefere.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn EUR 3.017,84 nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 25.01.2008,
sowie weitere EUR 5,00 Mahnkosten zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er behauptet, dass für die neuerliche Erstellung der Vermögensaufstellung keine
besonderer Aufwand erforderlich gewesen sei, weil der Kläger sämtliche Werte aus
seinem PC schlichtweg habe übernehmen können im Rahmen einer bloß zeitlichen
Fortschreibung. Diese Arbeiten könnten ausschließlich wie in der Vergangenheit nach
Aufwand und üblicher Vergütung, also allgemeinen Grundsätzen, abgerechnet werden,
zumal § 37 Nr. 1 StBGebV mangels Erstellung zu steuerlichen Zwecken und den
dortigen unpassenden Bemessungskriterien unanwendbar sei. Zudem verkenne die
Berechnung nach einem Gegenstandswert, dass die Selbstauskunft des Beklagten
gegenüber der WFA für den Ersteren ohne besonderes Interesse sei, weil eine
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Unterlassung dieser Auskunft für den Beklagten keine Konsequenzen habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen
Sachverständigengutachtens und ergänzende Anhörung des Sachverständigen. Zum
Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 12.05.2009 (Bl. 55 ff. GA)
und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2009 (Bl. 80 ff. GA) Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
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I.
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Dem Kläger steht aus den §§ 631 Abs. 1 Hs. 2, 632 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf
Zahlung eines Honorars in Höhe von EUR 3.017,84 gegen den Beklagten zu.
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1. Die Parteien haben einen Werkvertrag über die Erstellung einer Vermögens- und
Schuldenaufstellung zum 01.01.2007 geschlossen, weil der Kläger mit dieser
Aufstellung einen konkreten Erfolg schuldete, und nicht etwa eine Dauerberatung.
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2. Der Beklagte hat diese Aufstellung jedenfalls stillschweigend dadurch abgenommen
(§§ 640, 641 BGB), dass er diese Arbeit ohne inhaltliche Rügen vorbehaltlos
entgegennahm.
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3. Die Höhe des Honorars bemisst sich nach § 632 Abs. 2 BGB als übliche Vergütung
auf EUR 3.017,84.
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a) Die Parteien haben unstreitig kein konkretes Honorar vereinbart. Ebenso wenig
bindet die frühere Abrechnung vom 08.12.2005 auf der Grundlage von Arbeitsaufwand
und Stundensätzen, kulanterweise unterhalb der Gebühr nach § 37 Nr. 1 StBGebV, den
Kläger für die hier streitgegenständliche spätere Rechnung vom 11.12.2007, zumal der
Kläger die Steuerberatungspraxis erst Anfang 2006 erworben hatte und seit der letzten
Rechnung immerhin bereits über zwei Jahre vergangen waren. Von einer Fortgeltung
der damaligen Stundensätze und der Abrechnung nach Stunden ohne irgendwelche
Absprachen über den zu erwartenden erforderlichen Aufwand durfte der Beklagte daher
nicht ausgehen.
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b) Auch eine taxmäßige Vergütung ist vorliegend in Gestalt der StBGebV nicht gegeben,
weil Letztere nur auf die Steuerberatung im eigentlichen Sinne nach den §§ 1, 33
StBGebV direkte Anwendung findet, nicht jedoch auf sog. bloß "vereinbare Tätigkeiten"
gem. § 57 Abs. 3 StBerG (Eckert, StBGebV, 4. Aufl. 2003, S. 741). Vorliegend galten die
Arbeiten des Klägers jedoch unstreitig nicht steuerlichen Zwecken im Sinne des § 37
Nr. 1 StBGebV, sondern stellten bloß solche "vereinbare Tätigkeiten" dar.
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c) Der Beklagte schuldet dem Kläger EUR 3.17,84 Honorar als übliche Vergütung.
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aa) Üblich ist eine Vergütung, die z. Zt. des Vertragsschlusses für nach Art, Güte und
Umfang gleiche Leistungen nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreis am Ort
der Werkleistung gewöhnlich gewährt wird (Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 632 Rn. 15).
Falls insoweit nur ein bestimmter Rahmen bestimmbar sein sollte, ist die angemessene
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Vergütung ausgehend vom Mittelwert unter Berücksichtigung der prägenden Umstände
des Einzelfalls zu ermitteln (Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 632 Rn. 16).
Dabei können im Bereich der "vereinbaren Tätigkeiten" im Sinne von § 57 Abs. 3
StBerG Tatbestände der StBGebV über die §§ 612, 632 BGB und das dortige Kriterium
der Üblichkeit entsprechende Anwendung finden, sofern diese Tätigkeiten mit den
eigentlichen Berufsleistungen des Steuerberaters nach § 33 StBerG in engem
Zusammenhang stehen und in das Leistungsbild einer Bestimmung der StBGebV
passen (Eckert, StBGebV, 4. Aufl. 2003, S. 742). In diesem Zusammenhang ist
anerkannt, dass insbesondere § 37 Nr. 1 StBGebV für die Bestimmung der üblichen
Vergütung gute Anhaltspunkte bietet (Meyer/Goez, StBGebV, 5. Aufl. 2007, § 37 Rn. 1).
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bb) Der Sachverständige hat insbesondere in seiner Anhörung vom 03.09.2009
eindrucksvoll dargelegt, dass die hier streitgegenständliche Aufstellung und solche für
steuerliche Zwecke nach § 37 Nr. 1 StBGebV gut vergleichbar sind, auch in ihrer
jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung. Ebenso passt das hier im Streit stehende
Vermögensstatut nach den Feststellungen des Sachverständigen ohne Weiteres in das
Leistungsbild des § 37 Nr. 1 StBGebV, weshalb schon aus diesen Gründen an einer
Orientierung des streitgegenständlichen Honorars an § 37 Nr. 1 StBGebV im Rahmen
der Prüfung der Üblichkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB nichts auszusetzen ist.
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cc) Ebenso wenig begegnet der Ansatz einer Mittelgebühr von 10/10 aus dem
Gebührenrahmen des § 37 Nr. 1 StBGebV von 5/10 bis 15/10, und zwar bezogen auf ein
Vermögen von knapp 10 Mio. EUR als Gegenstandswert gerichtlichen Bedenken.
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Denn gemessen an den Kriterien der §§ 64 Abs. 1 S. 2 StBerG und § 11 StBGebV für
eine angemessene Vergütung war die Arbeit des Klägers jedenfalls nicht
unterdurchschnittlich: Hinsichtlich des Zeitaufwandes und des Umfangs der Tätigkeit hat
der Sachverständige herausgearbeitet, dass dieser Aufwand mindestens
durchschnittlich war, weil die Daten des Beklagten aus der Vergangenheit nicht einfach
übernommen, sondern ganz überwiegend neu ermittelt werden mussten. Beim
Objektwert und der Bedeutung der Angelegenheit für den Beklagten ist angesichts des
Vermögensumfangs von knapp 10 Mio. EUR von einer erhöhten Wichtigkeit
auszugehen. Hinzu kommt, dass § 6 Abs. 3 S. 2 des Zuschussvertrags zwischen
Beklagtem und WFA vorsieht, dass der Darlehensnehmer gegenüber der WFA zur
Erbringung von Nachweisen darüber verpflichtet ist, ob Gründe für die Einstellung der
Gewährung von Zuschüssen bestehen. Die Verweigerung solcher Nachweise wie der
Selbstauskunft des Beklagten kann damit auf der Basis des Vertragsinhalts erst recht
und sehr wohl zu gravierenden Konsequenzen, nämlich der Einstellung der Förderung
durch die WFA führen. Auf diesem Hintergrund leuchtet dem Gericht in keiner Weise
ein, wie der Beklagte zu der Einschätzung gelangt, dass eine Unterlassung der
Selbstauskunft ohne Konsequenzen für ihn bliebe. Aus dem Inhalt des
Zuschussvertrags ergibt sich vielmehr das Gegenteil. Gerade aus dieser wichtigen
Bedeutung der Auskunft für den Beklagten und dem damit verbundenen Haftungsrisiko
des Klägers gegenüber dem Beklagten als seinem Mandanten rechtfertigt sich eine an
seinem Vermögen als Gegenstandswert orientierte Honorarberechnung.
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Schließlich ist der Sachverständige in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass
auch die Art der Aufgabe und die Schwierigkeit dieser Tätigkeit jedenfalls nicht
unterdurchschnittlich waren.
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Auf dieser Grundlage hat der Kläger sein Honorar mit brutto EUR 3.017,84 ausweislich
der sachverständigen Feststellungen zutreffend berechnet.
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dd) Des Weiteren hat der Sachverständige in seiner Anhörung deutlich gemacht, dass
für Vermögensaufstellungen wie die hier streitige üblicherweise nach StBGebV
abgerechnet wird, wenn - wie hier - keine Honorarvereinbarung getroffen wird. Dies
leuchtet insbesondere deshalb ein, weil bei der Alternative, nämlich der Abrechnung
nach Zeitaufwand, regelmäßig die Frage nach der Höhe des Stundenhonorars ungeklärt
bliebe.
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4. Anders als der Beklagte hat das Gericht im Übrigen auch keine Zweifel an der
fachlichen Eignung des Sachverständigen für die Beurteilung der ihm gestellten
Beweisfrage, da Letzterer bereits etwa 35 Gutachten zu Fragen des
Steuerberaterhonorars erstellt hat, davon etwa 6 - 8 zur Frage der Anwendbarkeit der
StBGebV. Dass unter Letzteren bislang keines zu § 37 Nr. 1 StBGebV war, fällt
demgegenüber insoweit nicht ins Gewicht, als der Sachverständige diesbezüglich auf
Gespräche mit Kollegen im Rahmen seiner langjährigen Berufserfahrung zurückgreifen
konnte.
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II.
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1. Anspruch auf Verzugszinsen auf die Hauptforderung in geltend gemachtem Umfang
hat der Kläger aus den §§ 286 Abs. 3 S. 2, 288 Abs. 2 BGB, da beide Parteien
Unternehmer sind.
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2. Die vorgerichtlichen Mahnkosten stehen dem Kläger vollumfänglich aus den §§ 280
Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 3 S. 2 BGB zu, weil von zwei klägerischen Mahnungen
zumindest eine nicht mehr selbst verzugsbegründend war. Deren Kosten können mit
einer Pauschale von EUR 5,00 erstattet verlangt werden.
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III.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, 709 ZPO.
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Streitwert: (§§ 48 Abs. 1 GKG, 3-5 ZPO): EUR 3.017,84
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