Urteil des AG Witten vom 14.02.2002

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Amtsgericht Witten, 2 C 427/01
Datum:
14.02.2002
Gericht:
Amtsgericht Witten
Spruchkörper:
Zivilrichter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 C 427/01
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Die Klägerin ist seit 01.06.1998 Mieterin einer Wohnung im 2. Obergeschoss des
Hauses H 1 in Witten. Der Beklagte ist der Vermieter dieser Wohnung. Die Klägerin
zahlte in der Vergangenheit eine monatliche Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von
156,02 DM ( = 80,03 Euro ). Eine Betriebskostenabrechnung für die Jahre 1998 und
1999 hat der Beklagte trotz mehrfacher Anmahnung seitens der Klägerin - zuletzt mit
Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26.09.2001 - bislang nicht erteilt. Eine für
das Jahr 2000 erstellte Nebenkostenabrechnung endete mit einer Nachzahlungspflicht
der Klägerin in Höhe von ca. 126,00 DM.
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Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob der Lebensgefährte der
Klägerin bei den nach Personenzahl umzulegen- den Betriebskostenpositionen zu
berücksichtigen ist oder nicht. Die Klägerin geht von einer Nichtberücksichtigung ihres
Lebensgefährten aus und errechnet sich aus der zu erstellenden
Nebenkostenabrechnung für die Jahre 1998 und 1999 ein Guthaben.
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Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei einer Klage auf Erstellung einer
Nebenkostenabrechnung nicht um eine vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des §
15 a EGZPO in Verbindung mit § 10 Streitschlichtungsgesetz NW handele und dass für
den Streitwert die Gesamtsumme der geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen
maßgebend sei, hier also ein Wert von 1 520,15 Euro ( 19 Monate x 80,03 Euro ).
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, die Betriebskostenabrechnungen für die im Hause
H 1, 58452 Witten im 2. Obergeschoss links gelegene Wohnung für die
Zeiträume vom 01.06.1998 bis zum 31.12.1998 und vom 01.01.1999 bis zum
31.12.1999 zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Auffassung, dass die Klage wegen Nichtdurchführung des obligatorischen
Streitschlichtungsverfahrens unzulässig sei.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unzulässig.
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Die Unzulässigkeit der Klage folgt aus § 15 a EGZPO in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr.
1 Streitschlichtungsgesetz NW. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass bei
vermögensrechtlichen einem Streitwert von 1 200,00 DM (613,55 Euro) eine Klage erst
dann in zulässiger Weise erhoben werden kann, wenn vorher ein
Streitschlichtungsverfahren durchgeführt worden ist.
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Unabhängig davon, dass der Klägerin der geltend gemachte
Rechnungslegungsanspruch in der Sache unstreitig zusteht, sind hier die
Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage nicht gegeben.
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Bei dem geltend gemachten Rechnungslegungsanspruch handelt es sich um eine
vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 15 a EGZPO. Als "vermögensrechtlich"
in diesem Zusammenhang sind alle Ansprüche auf Geld oder Geldwerte Leistungen zu
begreifen, und zwar gleichgültig, ob sie auf einem vermögensrechtlichen oder einem
nichtvermögensrechtlichen Hintergrund beruhen ( vgl. Zöller-Gummer § 15 a EGZPO
Rdnr. 4). So wird etwa eine Klage auf Auskunft zur Vorbereitung eines
Unterhaltsanspruches als vermögensrechtliche Streitigkeit angesehen ( vgl. Zöller-
Gummer, § 546 ZPO Rdnr. 2). Nichts anderes kann für eine Klage auf
Rechnungslegung bezüglich der geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen gelten.
Auch damit soll regelmäßig ein Rückzahlungsanspruch vorbereitet werden. Hier geht
die Klägerin selbst davon aus, dass ihr aus den noch zu erstellenden
Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1998 und 1999 ein Guthaben zusteht. Von
einer vermögensrechtlichen Streitigkeit ist daher auszugehen.
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Der Streitwert in einem Prozess des Mieters gegen den Vermieter auf Erteilung einer
Nebenkostenabrechnung richtet sich nach der Höhe des Guthabens, das der Mieter als
Ergebnis der Abrechnung vermutet. Hat der Mieter zum Beispiel auf der Grundlage
früherer Abrechnungen einen bestimmten Betrag errechnet, so beträgt der Streitwert in
der Regel 25 % des behaupteten Zahlungsanspruchs ( vgl. Landgericht Stuttgart WuM
1989, 434). Fehlen - wie hier - nähere Angaben zur Höhe des vorgestellten Guthabens,
so ist der Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen. Dabei wird im Regelfall ein Prozentsatz
der im Abrechnungszeitraum geleisteten Voraus- zahlungen zugrundegelegt ( vgl.
Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete 2. Auflage 2000,
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Abschnitt K Rdnr. 27 Seite 296, 297). Das Landgericht Hamburg ist im Verfahren 311 S
139/95 insoweit von 1/3 der Vorauszahlungen ausgegangen. Diese Quote erscheint
sachdienlich. Bei Zugrundelegung dieses Prozentsatzes beträgt der Streitwert im
hiesigen Verfahren 506,86 Euro.
Selbst wenn durch die Klage auf Rechnungslegung hier kein Zahlungsanspruch
vorbereitet werden soll, wäre hier ein Streitschlichtungsverfahren nicht entbehrlich. In
diesem Fall ist die Streitwertberechnung der erforderliche Rechnungslegungsaufwand
maßgebend ( vgl. Zöller-Herget, 3 Rdnr. 16 Stichwort
16
"Auskunft". ). Diesen Rechnungslegungsaufwand schätzt das Gericht gemäß § 3 ZPO
auf ca. 500,00 DM bzw. 250,00 Euro pro Jahr, mithin für die Jahre 1998 und 1999 auf
insgesamt 500,00 Euro.
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In jedem Fall war somit wegen Nichterreichens der maßgeblichen Streitwertgrenze vor
der Klageerhebung die Durchführung eines Streitschlichtungsverfahrens erforderlich.
Da diese Voraussetzung unstreitig nicht vorlag, war die Klage durch Prozessurteil als
unzulässig abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 Satz 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713
ZPO.
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Die Entscheidung zur Nichtzulassung der Berufung folgt aus § 511 Abs. 4 ZPO. Weder
kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist zur Fortbildung des
Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Berufungsgerichts erforderlich.
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Der Streitwert wird gemäß § 3 ZPO auf 500,00 Euro festgesetzt.
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