Urteil des AG Wiesbaden vom 08.12.2008

AG Wiesbaden: rechtsschutzversicherung, haftpflichtversicherung, versicherer, vergleich, vorschuss, sicherheitsleistung, verzug, vollstreckbarkeit, quelle, dokumentation

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Gericht:
AG Wiesbaden
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
92 C 5291/08 - 82,
92 C 5291/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 15 Abs 2 RVG, § 17 Nr 7
Buchst d RVG, Nr 2300 RVG-
VV, § 812 BGB
Gebührenrückerstattungsanspruch einer
Rechtsschutzversicherung in einer Arzthaftungssache:
Anwaltliche Geschäftsgebühr im Verfahren vor einer
ärztlichen Schlichtungsstelle und bei Geltendmachung von
Ansprüchen gegen die Haftpflichtversicherung des Arztes
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.678,20 Euro nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110%
des zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Rechtsschutzversicherung der Frau ... aus Wiesbaden. Sie
übernahm Kostenschutz für die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen
gegenüber Herr ... wegen eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers. Die
Versicherungsnehmerin ... beauftragte den Beklagten mit der Durchsetzung der
Schmerzensgeldbeträge. Mit Schreiben vom 18.7.2007 bat der Beklagte die
Klägerin um eine Vorschusszahlung gemäß beigefügter Rechnung gleichen
Datums in Höhe von 1.780,20 Euro abzüglich der Selbstbeteiligung von 102,–
Euro, somit in Höhe von 1.678,20 Euro. Die Klägerin überwies diesen Betrag an
den Beklagten.
Die Angelegenheit wurde dann außergerichtlich mit einem Vergleich in Höhe von
180.000,– Euro beendet. Die Versicherung des Schädigers leistete an die
Versicherungsnehmerin ... 180.000,– Euro zuzüglich Rechtsanwaltsgebühren in
Höhe von 3,5 Gebühren aus dem Wert von 180.000,– Euro. Dieser Vergleich war
auf Betreiben des Beklagten zustande gekommen. Es wird verwiesen auf die
Vergleichs- und Abfindungserklärung Blatt 30 der Akten. Auf Grund dieses
Vergleichs erhielt der Beklagte von der Versicherung des Schädigers einen Betrag
von 6.086,50 Euro an Rechtsanwaltsgebühren ausgezahlt.
Unter dem 27.9.2007 übersandte der Beklagte eine weitere Kostenrechnung über
weitere 500,50 Euro. Es wird verwiesen auf das Schreiben Blatt 19 der Akten. Mit
Schreiben vom 4.10.2007 bat die Klägerin um Mitteilung, warum die
Rechtsanwaltskosten nicht von der Gegenseite erstattet worden seien. Es wird
verwiesen auf Blatt 21 der Akten. Der Beklagte berief sich daraufhin darauf, dass
ihm weitere Gebührenansprüche zuständen, da ein Schlichtungsverfahren
durchgeführt wurde vor der Gutachter- und Schlichtungsstelle und deshalb habe er
weitere Vergütungsansprüche.
Die Klägerin meint, der Beklagte habe keine weiteren Vergütungsansprüche auf
Grund eines Schlichtungsverfahrens. Jedenfalls sei er aber nach § 17 Abs. 8 ARB
94/ARB 2000 bzw. gemäß § 20 Abs. 2 ARB 75 in Verbindung mit § 67 VVG
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94/ARB 2000 bzw. gemäß § 20 Abs. 2 ARB 75 in Verbindung mit § 67 VVG
verpflichtet, die empfangene Vorschussleistung zurückzuerstatten.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.678,20 Euro nebst 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2007 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Meinung, dass er die erhaltenen Vorschussleistungen behalten dürfe. Er
berief sich auf das Gutachten des Rechtsanwalts ... vom 12.3.2008, aus dem sich
ergebe, dass für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens zum einen die
Geschäftsgebühr nach VV 2300 und zum anderen die Einigungsgebühr nach VV
1000 verdient sei. Auf das Gutachten des Rechtsanwalts ... Blatt 34 - 35 der Akten
wird verwiesen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die
beiderseits gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch aus übergegangenen
Recht gegen den Beklagten nach § 812 BGB, da der Beklagte auf Grund der
Durchführung des Auftrages für die Mandantin ... von der Haftpflichtversicherung
des Schädigers 3,5 Gebühren Kosten gezahlt erhielt und zudem eine
Vorschussleistung der Klägerin in Höhe des Klagebetrages erhalten hatte. Wegen
Durchführung des Auftrages für die Mandantin erhielt er von der gegnerischen
Versicherung 3,5 Gebühren aus einem Streitwert von 180.000,– Euro,
entsprechend eines Betrages von 6.086,50 Euro. Dies hat der Beklagte auch nicht
bestritten. Da aber die Klägerin auf Grund der Deckungszusage Vorschuss an ihn
als Bevollmächtigten der Versicherungsnehmerin ... geleistet hatte, gehen nach §
20 Abs. 2 ARB 75 bzw. § 17 Abs. 8 ARB 94 die Ansprüche der
Versicherungsnehmerin ... auf Erstattung von Beträgen, die der Versicherer für sie
geleistet hatte, mit ihrer Entstehung auf den Versicherer über. Dies führt hier
dazu, dass der Anspruch auf Kostenerstattung der Geschädigten ... gegen den
Schädiger für die Durchsetzung ihrer Schmerzensgeldansprüche auf die Klägerin
überging, da diese nämlich in Höhe der Vorschussleistung bereits wegen der
Rechtsanwaltskosten geleistet hatte.
Der Beklagte hatte als Anwalt von der Rechtsschutzversicherung, der Klägerin,
einen Vorschuss erhalten. Später erhielt er durch die Haftpflichtversicherung des
Gegners die genannte Rechtsanwaltsvergütung zusätzlich.
Im Ergebnis hat der Beklagte daher doppelte Rechtsanwaltsgebühren erhalten, so
dass die Klägerin direkt von ihm Rückzahlung verlangen kann, da der Anspruch der
Versicherungsnehmerin aus § 812 BGB auf sie übergegangen ist (vgl. LG
Aschaffenburg, ZFS 89, 200; Pröls Armbrüster § 20 ARB 75 Rdnr. 3).
Der Beklagte hat zwar auch nach Auffassung des Gerichts in Übereinstimmung mit
dem Gutachten von ... auf Grund der Vergleichsverhandlungen einen
Rechtsanwaltsvergütungsanspruch nach VV 2300 und nach VV 1000, nämlich die
Geschäftsgebühr und die Einigungsgebühr. Insoweit ist aber der Beklagte durch die
Überweisung der Versicherung des Schädigers nach der Einigungs- und
Abfindungserklärung bereits befriedigt worden, da diese einen 3,5-fachen
Gebührensatz übernahm und an ihn auszahlte. Hierdurch sind beide oben
genannten Gebühren abgedeckt. Zunächst trägt der Beklagten nichts
Gegenteiliges vor.
Er durfte daher die für denselben Rechtsgrund geleistete Vorschussleistung nicht
behalten und hätte sie an seine Mandantin, der Versicherungsnehmerin,
zurückzahlen müssen. Auf Grund der genannten Regelung in den ARB ist dieser
Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung der Versicherungsnehmerin aber
auf die Klägerin übergegangen, so dass die Klage Erfolg hat.
Der Zinsanspruch ist aus Verzug berechtigt, allerdings nur in Höhe des
gesetzlichen Zinssatzes.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO, diejenige über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.