Urteil des AG Wiesbaden vom 13.01.2011

AG Wiesbaden: schutzwürdiges interesse, eintrag, daten, auffordern, aufnehmen, haus, quelle, öffentlich, zivilprozessrecht, zahlungsunfähigkeit

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Gericht:
AG Wiesbaden
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
93 C 107/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 29 Abs 1 Nr 2 BDSG, § 35
Abs 2 Nr 1 BDSG
Leitsatz
Gemeinschaftseinrichtungen der kreditgebenden Wirtschaft sind berechtigt, im Falle der
Privatinsolvenz die Erteilung der Restschuldbefreiung in ihrem Datenbestand bis zum
Ablauf der Drei-Jahres-Frist zu speichern
Tenor
Wird der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe vom
05.01.2011 zurückgewiesen.
Gründe
Die Antragsgegnerin ist eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden
deutschen Wirtschaft. Sie sammelt und speichert Daten, um ihren
Vertragspartnern Informationen zu einer Kreditentscheidung geben zu können.
Hinsichtlich des Antragstellers ist gespeichert, dass ihm mit Beschluss des
Amtsgerichts Aachen vom 23.11.2009 Restschuldbefreiung erteilt wurde. Der
Antragsteller und seine Ehefrau wollten sich danach aus Gründen der
Alterssicherung ein eigenes Haus anschaffen. Hierzu wollten sie bei einer Bank
einen Kredit aufnehmen. Dies wurde durch die Bank unter Hinweis auf den bei der
Antragsgegnerin vorhandenen Eintrag abgelehnt.
Auf Hinweis des Antragstellers informierte die Antragsgegnerin in mit Schreiben
vom 11.11.2010 will, dass der Eintrag als rechtmäßig angesehen und wie keine
Löschung erfolgen werde. Hierauf ließ der Antragsteller in die Antragsgegnerin
durch Anwaltsschreiben vom 16.11.2010 auffordern, den Eintrag bis zum
23.11.2010 zu löschen.
Der Antragsteller ist in der Ansicht, dass der Sinn des Restschuldbefreiung
Verfahrens darin liege, den redlichen Schuldner einen Neuanfang zu ermöglichen.
Dies führe dazu, dass die Beklagte die entsprechenden Daten löschen müsse. Er
begehrt deshalb die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die auf die Löschung
gerichtete Klage gegen die Antragsgegner.
Der Antrag war zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine
Aussicht auf Erfolg verspricht. Zum einen ist das Amtsgericht Wiesbaden sachlich
nicht zuständig, da der Gegenstandswert jedenfalls über 6.000 € liegt. Das
wirtschaftliche Interesse des Antragstellers besteht darin, wenn nach Löschung
des Eintrags einen Kredit für einen Hauserwerb zu erhalten. Dieses ist der
Bestimmung des Gegenstandswerts zugrunde zu legen.
Darüber hinaus bestehen auch inhaltlich keine Erfolgsaussichten. Ein Anspruch auf
Löschung der Eintragung steht dem Antragsteller nicht zu. Nach § 35 Abs. 2 Nr. 1
Bundesdatenschutzgesetz sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre
Speicherung unzulässig ist. Die Speicherung war nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Bundesdatenschutzgesetz zulässig. Der Beschluss über die Restschuldbefreiung
wird vom Insolvenzgericht öffentlich bekannt gemacht. Er konnte durch die
Antragsgegnerin aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden. Ein
schutzwürdiges Interesse des Betroffenen, welches das Interesse der
Antragsgegnerin an der Speicherung offensichtlich belegt, konnte nicht festgestellt
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Antragsgegnerin an der Speicherung offensichtlich belegt, konnte nicht festgestellt
werden. Auf Seiten der Antragsgegnerin war zu berücksichtigen, dass das von ihr
aufgebaut Informationssystemen sowohl den Interessen der Kreditinstitute und der
kreditgebenden gewerblichen Wirtschaft als auch dem Interesse des einzelnen
Kreditnehmers dient. Aufgrund der Meldungen der Antragsgegnerin können deren
Kunden ohne wesentliche Risiken arbeiten, was auch dazu führt, dass die Kredite
schnell und reibungslos abgewickelt und vielfach ohne übermäßige
Sicherheitsleistung des Kreditnehmers gewährt werden können (vergleiche BGH,
NJW 1978,2151). Hierbei sind alle Umstände von Bedeutung, die Rückschlüsse auf
die Zahlungsbereitschaft und die Zahlungsfähigkeit des Schuldners zu lassen.
Auskünfte, die geeignet sind, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen
Bonitätsprüfung zu veranlassen und die für die Kreditvergabe der erforderlich sind,
müssen regelmäßig vom betroffenen Kreditnehmer hingenommen werden.
Die Erteilung der Restschuldbefreiung lässt Rückschlüsse auf die
Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners zu. Er war über Jahre hinaus nicht in der
Lage, bestehende Verbindlichkeiten vollständig auszugleichen. Diese Information
ist für die Kreditwirtschaft von wesentlicher Bedeutung. Der Umstand, dass dem
Antragsteller durch die Speicherung der Restschuldbefreiung für den Zeitraum von
drei Jahren nicht in unbeschränkter Weise der Weg zu neuen Kreditverträgen öffnet
wird, ist insofern hinzunehmen. Zweck der Restschuldbefreiung ist nicht, einem
Schuldner einen Neuanfang ohne Überprüfung seiner Kreditfähigkeit zu
ermöglichen. Hinzukommt, dass sich der Antragsgegner auf Nachfrage ohnehin
auf sein bisheriges Zahlungsverhalten und das vorausgegangene
Insolvenzverfahren hinweisen müsste (so auch Amtsgericht Wiesbaden, Beschluss
vom 29.11.2010, 91 C 4983/10; Amtsgericht Wiesbaden, Beschluss vom
18.08.2010, 91 C4018/10, nachfolgend Landgericht Wiesbaden, Beschluss vom
21.10.2010, 5 T 9/10).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.