Urteil des AG Wedding vom 14.03.2017

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Gericht:
AG Wedding
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8a C 286/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 259 BGB, § 558 BGB, § 558a
BGB, § 558b Abs 2 S 1 BGB, §
558b Abs 3 S 2 BGB
Wohnraummiete: Anforderungen an das
Mieterhöhungsverlangen bei Erhöhung der Bruttomiete;
Zulässigkeit der Klage bei fehlender Betriebskostenaufstellung;
Vertagung nach Heilung des formalen Mangels
Tenor
1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der
Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten zuzüglich eines
Aufschlags von 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit
in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin der von der Beklagten innegehaltenen
Wohnung. Die Wohnung ist nicht preisgebunden. Mit Schreiben vom 23.05.2007 wurde
die Beklagte zur Zustimmung zur Anhebung der vereinbarten Bruttokaltmiete von
zurzeit 383,20 Euro monatlich um 28,02 Euro monatlich auf 411,22 Euro monatlich ab
dem 01.08.2007 aufgefordert. Zur Begründung des Erhöhungsverlangens wurde auf den
Mietspiegel 2005 für Berlin Bezug genommen. Ferner wurden konkrete Betriebskosten
mit einem Wert von 1,70 Euro/qm angegeben, wobei der Mieterhöhungserklärung keine
weitere Erläuterung hinsichtlich der Betriebskosten beigefügt war. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den Inhalt des Mieterhöhungsbegehrens vom 23.05.2007 (Bl. 5 f d.
A.) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 13.11.2007, dem Beklagtenvertreter am 20.11.2007 übersandt,
erklärt die Klägerin unter Vorlage eines Betriebskostennachweises (Bl. 31 d. A.), dass
sich die konkreten Betriebskosten nunmehr auf 1,89 Euro/qm belaufen.
Zwischen den Parteien ist die von der Klägerin vorgenommene Spanneneinordnung und
die Erdgeschosslage der Wohnung streitig.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Mieterhöhungsbegehren sei formell ordnungsgemäß.
Eine nachvollziehbare Berechnung der konkreten Betriebskosten habe dem
Mieterhöhungsbegehren nicht beigefügt werden müssen, wie sich auch aus der
Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 14.08.2006 – 67 S 481/05 –. ergebe. Ob der
angegebene Wert der Betriebskosten tatsächlich zutreffe, sei keine Frage der
ordnungsgemäßen Begründung, sondern eine materiell-rechtliche Frage der
Begründetheit des Verlangens.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, einer Anhebung der Bruttokaltmiete für die von ihr bei
der Klägerin gemieteten Wohnung im Hause ... Berlin von zurzeit 383,20 Euro monatlich
um 28,02 Euro monatlich auf 411,22 Euro monatlich ab dem 01.08.2007 zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist derzeit unzulässig.
Das Mieterhöhungsbegehren vom 23.05.2007 stellt kein formal ordnungsgemäßes
Mieterhöhungsbegehren gemäß § 558 a BGB dar. Das Fehlen eines wirksamen
Mieterhöhungsverlangens führt zur Unzulässigkeit der Klage (BGH NJW-RR 2004, 523).
Die formelle Ordnungsmäßigkeit des Mieterhöhungsverlangens setzt voraus, dass der
Mieter die Möglichkeit hat, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu
überprüfen und auf diese Weise überflüssige Prozesse zu vermeiden (BGH vom
26.10.2005 VIII ZR 41/05, NJW-RR 2006, 227; BGH vom 12.07.2006, VIII ZR 215/05). Im
Fall der Erhöhung der Bruttomiete ist neben der Angabe der konkreten Betriebskosten
daher auch eine Aufstellung unter Einhaltung der Anforderungen des § 259 BGB
erforderlich, es muss sich also um eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen
und Ausgaben handeln (Paschke, GE 2007, 971, 975). Der BGH führt in seiner
Entscheidung vom 26.10.2005 wie folgt aus:
"(...) Dieser Anforderung wird das Zustimmungsverlangen, das die Kläger durch die
genannte Betriebskostenaufstellung näher begründet haben (§ 558 b Abs. 3 Satz 1, 2.
Alt. BGB), gerecht. Aus dieser Aufstellung ist nachvollziehbar, wie sich der von den
Klägern zugrunde gelegte Anteil der Betriebskosten in Höhe von 1,29 Euro/qm an der
vereinbarten Bruttokaltmiete zusammensetzt. Wie das Berufungsgericht zutreffend
ausgeführt hat, betrifft die Frage, ob die Aufstellung der Höhe nach zutreffend war, nicht
die formelle Ordnungsmäßigkeit des Erhöhungsverlangens, sondern allein dessen
materielle Berechtigung (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2003, aaO;
MünchKommBGB/Artz, 4. Aufl., § 558 a Rdnr. 14 f. m. w. Nachw.; vgl. auch BverfGE 53,
352, 361 f.; BT-Drucks. 14/4553 S. 54 zu § 558 a BGB). Die Beklagten waren aufgrund
der vorgelegten Betriebskostenaufstellung für 1997 in der Lage, vom Vermieter eine
Erläuterung zur Höhe des zuletzt in der Miete enthaltenen Betriebskostenanteils zu
verlangen (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2004 – VIII ZR 115/04, NJW 2005, 219,
unter II 1 b, zu den Anforderungen an eine formell ordnungsgemäße
Betriebskostenabrechnung).
Aus der Entscheidung ergibt sich – nach Ansicht des erkennenden Gerichts – mittelbar,
dass für die Frage der Ordnungsmäßigkeit des Mieterhöhungsbegehrens eine
Aufstellung beigefügt sein muss. Die Frage, ob diese der Höhe nach auch zutreffend ist,
ist hingegen eine Frage der materiellen Berechtigung. Dem steht nicht die
Rechtsprechung des BGH zur Frage der formellen Wirksamkeit eines
Mieterhöhungsbegehrens entgegen, soweit der Vermieter sich dabei auf eine
Betriebskostenpauschale gemäß dem Mietspiegel beruft (vgl. BGH vom 12.07.2006, VIII
ZR 215/05). In diesem Fall ist das Erfordernis einer Aufstellung tatsächlich überflüssig,
weil bei einer Pauschale eine Aufstellung aus der Natur der Sache nicht machbar ist.
Das Gericht sieht sich an seiner Entscheidung auch nicht durch die Entscheidung des
Landgerichts vom 14.08.2006 – 67 S 481/05 – gehindert, das sich mit dieser Frage nicht
auseinandergesetzt hat.
Die Klage bleibt trotz Heilung des formalen Mangels des Mieterhöhungsverlangens
derzeit unzulässig. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 13.11.2007 den Mangel des
Mieterhöhungsverlangens geheilt. Denn darin hat sie den zuletzt festgestellten
konkreten Betriebskostenanteil unter Vorlage einer Kopie des Betriebskostennachweises
vorgelegt. Die Heilung des formalen Mangels des Mieterhöhungsverlangens führt gemäß
§ 558 b Abs. 3 Satz 2 BGB dazu, dass die Zustimmungsfrist des § 558 b Abs. 2 Satz 1
BGB erneut beginnt. Die Frist ist noch nicht abgelaufen. Das Gericht hat von einer
Vertagung gemäß § 227 ZPO abgesehen, worauf es die Parteien hingewiesen hat. Einer
Klage auf Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen fehlt jedoch vor Ablauf der
Zustimmungsfrist das Rechtschutzbedürfnis.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 336,24 Euro festgesetzt.
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