Urteil des AG Unna vom 13.05.2004

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Amtsgericht Unna, 16 C 31/04
Datum:
13.05.2004
Gericht:
Amtsgericht Unna
Spruchkörper:
Abteilung 16
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 C 31/04
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht der
Beklagte zuvor Sicher-heit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Der Beklagte betreibt eine Amateurfunkanlage,
welche von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zugelassen
wurde mit der Zuteilungsnummer (...) und dem Rufzeichen (...). Aufgrund von Störungen
im Fernsehbetrieb des Klägers bei Betrieb der Anlage des Beklagten erließ die
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post am 14.12.2001 einen Bescheid,
wonach bestimmte Werte der elektromagnetischen Feldstärke vorgegeben wurden.
Hiergegen hat sich der Beklagte gewandt und klagt derzeit beim Verwaltungsgericht
Gelsenkirchen zum Aktenzeichen 7 K 2702/02. Das Verwaltungsverfahren ist noch nicht
abgeschlossen.
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Während der mündlichen Verhandlung dieses erkennenden Gerichts installierte ein
technischer Mitarbeiter des Beklagten-Vertreters Ferritkerne am Fernsehgerät des
Klägers und an der Telefonanlage des Klägers.
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Der Kläger behauptet, dass sein Fernsehempfang und Telefonverkehr durch den
Betrieb der Sendeanlage des Beklagten beeinträchtigt werde und diese
Beeinträchtigung auch nach dem Einbau der Ferritkerne möglicherweise andauere.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, durch den Betrieb seiner
Sprechfunkanlage den Fernsehempfang des Klägers in dessen Wohnung (....) zu
stören.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des sachverständigen
Zeugen Herrn Regierungsamtmann (......) von der Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post, ferner durch Inaugenscheinnahme der Sendefunkanlage
des Beklagten, sowie des Fernsehgerätes und der Telefonanlage des Klägers, u. a.
auch bei Betrieb der Sendeanlage. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird
auf die Sitzungsniederschrift vom 13.05.2004 Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die ursprünglich zulässige und begründete Klage ist nunmehr mangels
Wiederholungsgefahr unbegründet.
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1.
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Der Kläger hatte zunächst einen Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten aus §
1004 BGB, da der Beklagte durch seinen Amateuerfunkbetrieb den Fernsehempfang
des Klägers nicht nur unwesentlich beeinträchtigt hat.
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Der Beklagte betreibt eine Amateuerfunkanlage mit einer Sendeleistung von 100 Watt.
Mit Hilfe einer Endstufe erreicht der Beklagte eine Sendeleistung von bis zu 650 Watt,
was der sachverständige Zeuge bestätigt hat. Nach der Anlage 1 der
Durchführungsverordnung zum Amateurfunkgesetz, die gemäß § 21 Abs. 2
Amateurfunkverordnung weiterhin gilt, sowie den Regelungen in den §§ 5 Abs. 5 bis 7,
20 Abs. 1, 2 Amateurfunkverordnung und § 3 Abs. 3, 5 Amateurfunkgesetz ist bei einer
Sendung auf dem 40-m-Band und 80-m-Band eine maximale Senderleistung von 750
Watt zulässig (vgl. auch die Zusammenfassung der Frequenznutzungsmöglichkeiten im
Amateurfunkdienst auf der Internetseite der Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post "regtp.de"). Das bedeutet, dass der Beklagte bei einer
maximal möglichen Senderleistung mit seinem Gerät nebst Endstufe von 650 Watt die
festgelegten Grenzwerte einhält. Die Einschränkung durch den Bescheid der
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 14.12.2001 ist hier mangels
Rechtskraft nicht maßgeblich.
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Bei einer Einhaltung der durch Gesetz oder Verordnung festgelegten Grenzwerte ist
allerdings nach § 906 Abs. 1 S. 2 BGB in der Regel von einer nur unwesentlichen
Beeinträchtigung auszugehen. Allerdings hat der Tatrichter im Einzelfall zu prüfen, ob
trotz Einhaltung der Grenzwerte eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt (vgl. BGH
NJW 2004, 1317, 1318). Im hier vorliegenden Fall hat die Beweisaufnahme ergeben,
dass trotz Einhaltung der Grenzwerte eine erhebliche und damit wesentliche
Beeinträchtigung vorliegt. Der vor Ort im Rahmen der Beweisaufnahme durchgeführte
Testlauf zeigte, dass sich zwar bei einer Sendung auf dem 40-m-Band noch keine
Störungen ergeben. Allerdings waren bei einer Sendung mit einer Frequenz auf dem
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80-m-Band mit einer Sendeleistung von 250 Watt bereits leichte Streifen im Fernsehbild
des Klägers und bei einer Steigerung der Sendeleistung auf bis zu 650 Watt deutliche
Streifen erkennbar. Diese Beeinträchtigungen, insbesondere bei einer erhöhten
Sendeleistung sind derart gravierend, dass ein normaler Fernsehgenuss durch den
Kläger nicht mehr möglich ist. Vielmehr liegt eine erhebliche Beeinträchtigung vor, die
trotz Einhaltung der Grenzwerte nicht mehr als unwesentlich und damit hinnehmbar
angesehen werden kann. Der Beklagte hat daher nach § 1004 BGB seinen Funkbetrieb
grundsätzlich so einzurichten, dass derartige Störungen vermieden werden.
Soweit der Kläger darüberhinaus in der mündlichen Verhandlung Beeinträchtigungen
beim Betrieb seiner Telefonanlage behauptet hat und diese auch festgestellt werden
konnten, ist dies für diesen Rechtsstreit mangels entsprechender Antragstellung nicht
Streitgegenstand und damit unerheblich.
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2.
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Der Beklagte ist seiner Verpflichtung auf Beseitigung der von ihm ausgehenden
Störungen jedoch nachgekommen indem er noch während der mündlichen
Verhandlung durch einen Beauftragten auf seine Kosten Ferritkerne, welche der
Abschirmung dienen, am Fernsehgerät des Klägers (und auch an dessen
Telefonanlage) eingebaut hat.
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Nach dem Einbau der Ferritkerne konnten im weiteren Verlauf der Beweisaufnahme
weder im Fernsehgerät noch in der Telefonanlage des Klägers Störungen beim
Sendebetrieb durch den Beklagte festgestellt werden. Der sachverständige Zeuge hat
hierzu erklärt, dass der Einbau von Ferritkernen die übliche technische Vorgehensweise
sei, um derartige Störungen zu beseitigen. Ferner sei davon auszugehen, dass keinerlei
Störungen mehr auftreten. Dies ist auch nachvollziehbar, da kein Grund ersichtlich ist,
warum die Wirkung der Ferritkerne nur eine vorübergehende sein soll. Der Kläger hat
derartiges nicht schlüssig dargelegt. Insoweit fehlt es jedenfalls an der für einen
Unterlassungsanspruch notwendigen Wiederholungsgefahr.
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Die Klage ist daher spätestens seit dem Einbau der Geräte und der damit verbundenen
Beseitigung der Beeinträchtigung unbegründet.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Der Streitwert wird im Hinblick auf das erhebliche Interesse der Parteien am Ausgang
des Rechtsstreits auf nunmehr 2.000,00 Euro festgesetzt.
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