Urteil des AG Tiergarten vom 14.03.2017

AG Tiergarten: werkzeug, firma, geldstrafe, vollstreckung, bewährung, geständnis, strafzumessung, untersuchungshaft, quelle, sammlung

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Gericht:
AG Tiergarten
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
(258) 4 Op Js 686/07
Ls (10/07)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 21 StGB, § 56 StGB, § 242
StGB, § 244 Abs 1 Nr 1a StGB, §
252 StGB
Einwegspritzen kein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 244 Abs. 1,
Nr. 1a StGB
Tenor
Der Angeklagte wird wegen räuberischen Diebstahls zu einer
Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Der Angeklagte wird wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von
100 (einhundert) Tagessätzen zu je 10,00 (zehn) Euro
verurteilt.
Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
(abgekürzte Fassung nach § 267 Abs. 4 StPO hinsichtlich des Angeklagten)
Am 14. Mai 2007 steckten beide Angeklagte gegen 15.55 Uhr, einem gemeinsamen
Tatentschluss folgend, in den Geschäftsräumen der Firma ... in der ... in ...,
Kosmetikartikel zum Gesamtverkaufspreis von 1.026,25 Euro in eine mitgeführte Tüte
und verließen damit ohne Bezahlung das Geschäft. Als sie von dem Zeugen, der die
Angeklagten bei der Tatbegehung beobachtet hatte, angesprochen wurden, schlug der
Angeklagte dem Zeugen gegen die Brust, um sich mit der entwendeten Ware entfernen
zu können. Der Angeklagte, der zu diesem Zeitpunkt unter Entzugserscheinungen litt,
ergriff hingegen sofort die Flucht. Der Angeklagte wollte aus dem Verkauf der
entwendeten Gegenstände Geldmittel für seine Heimreise organisieren, während der
Angeklagte sich finanzielle Mittel für den Erwerb von Drogen erhoffte. Ihm war bewusst,
dass er in seiner Jackentasche zwei bereits benutzte Einwegspritzen mit sich führte.
Beide Angeklagte haben den oben festgestellten Sachverhalt glaubhaft eingeräumt. Der
Angeklagte hat sich damit des räuberischen Diebstahls nach § 252 StGB, der
Angeklagte des gemeinschaftlich begangenen Diebstahls nach §§ 242, 25 Abs. 2 StGB
strafbar gemacht.
Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft hat er durch das Beisichführen der
Einwegspitzen keinen Diebstahl mit Waffen gem. § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StPO begangen.
Die Einwegspritzen sind im konkreten Fall kein „anderes gefährliches Werkzeug“ i. S. d. §
244 Abs.1 Nr. 1a StPO. Der Rückgriff auf die Rechtsprechung zum Begriff des
gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs.1 Nr.4 StPO ist zum Scheitern verurteilt.
Danach erfüllt die Verwendung eines körperlichen Gegenstandes, der nach Art seiner
Verwendung
verursachen, den Tatbestand. Das Verwenden der Spitzen als Werkzeug würde hiesige
Tat jedoch als schweren Raub gem. § 250 StGB qualifizieren. Wäre ein Abstellen auf die
zu § 224 Abs. 2 Nr. 4 StGB entwickelten Kriterien richtig, so wäre jeder gem. § 244 StGB
zu bestrafen, der einen Bleistift oder einen Kugelschreiber bei sich führt, da dieser in der
konkreten Anwendung zum Beispiel gegen Auge oder Ohren sicher geeignet ist,
erhebliche Verletzungen hervorzurufen. Daß der Angeklagte die Spritzen in dem
Bewusstsein bei sich führte, er könne sie in welcher Art auch immer gegen Menschen
einsetzen, hat nicht festgestellt werden können. Er ist betäubungsmittelabhängig und
führt deswegen die Spritzen mit sich, um die Betäubungsmittel intravenös zu
konsumieren. Somit hilft auch die Überlegung, die Spritzen seien abstrakt – sicherlich -
geeignet zu verletzen, nicht weiter.
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Bei der Strafzumessung hat sich bei beiden Angeklagten neben ihrem vollumfänglichen
Geständnis die sechswöchige Untersuchungshaft strafmildernd ausgewirkt. Bei beiden
Angeklagten ist strafschärfend berücksichtigt worden, dass die entwendeten
Gegenstände einen hohen Wert hatten, allerdings ist durch die sofortige Rückführung an
die Firma letztendlich keine Schaden entstanden. Beim Angeklagten ist strafmildernd
darüber hinaus berücksichtigt worden, dass er bislang unbestraft ist. Gegen ihn ist daher
die Verhängung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr tat- und schuldangemessen.
Hinsichtlich des Angeklagten ist strafschärfend berücksichtigt worden, dass er einmal
einschlägig vorbelastet ist. Bei ihm ist unter Zugrundelegung des über §§ 21, 49 StGB
verschobenen Strafrahmens die Verhängung einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen tat-
und schuldangemessen, deren Höhe angesichts seiner wirtschaftlichen Verhältnisse mit
jeweils 10,00 Euro bemessen worden ist.
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gegen den Angeklagten hat nach § 56 StGB ohne
Bedenken zur Bewährung ausgesetzt werden können, da er erstmals strafrechtlich in
Erscheinung getreten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 464, 465 StPO.
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