Urteil des AG Schwelm vom 14.02.2006

AG Schwelm: bereicherungsanspruch, unterzeichnung, vergleich, widerklage, verpackung, medizin, herausgabe, nichtschuld, ratenzahlung, rückforderung

Amtsgericht Schwelm, 20 C 399/05
Datum:
14.02.2006
Gericht:
Amtsgericht Schwelm
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 C 399/05
Tenor:
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts N vom 04.10.2005
Aktenzeichen: 05 5845245 0 0 wird aufgehoben und die Klage
abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte das mit
"Schuldanerkenntnis und Teilzahlungsvereinbarung, Aktenzeichen: Bl
SM/#####/####" überschriebene Schriftstück im Original
herauszugeben.
Die Beklagte trägt die Kosten ihrer Säumnis, die übrigen Kosten des
Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
2
Entscheidungsgründe
3
Der zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Einspruch gegen den
Vollstrekkungsbescheid hat in der Sache Erfolg.
4
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 131,38 € zu.
Zwar hat die Beklagte am 01.04.2004 ein Schuldanerkenntnis mit
Teilzahlungsvereinbarung unterzeichnet, wonach sie sich verpflichtet, an die Klägerin
171,38 € in monatlichen Raten von 50,00 € zu zahlen. In dieser Vereinbarung ist ein
konstitutives Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB zu sehen. Daraus, dass der
Vertragstext den Verpflichtungsgrund nicht näher nennt, ergibt sich, dass mit diesem
Anerkenntnis eine neue, von dem zugrunde liegenden Schuldverhältnis unabhängige
5
Verpflichtung begründet werden sollte. Das Schuldanerkenntnis entsprach auch der in §
781 BGB festgelegten Schriftform.
Soweit die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten wird, ist diese auch mit der
Gläubigerin des Schuldanerkenntnisses identisch. Im Hinblick auf die Selbständigkeit
dieses Anerkenntnisses ist die Frage, ob auch hinsichtlich des etwaigen
Grundgeschäfts eine Legitimation der Klägerin besteht, unerheblich.
6
Der Geltendmachung der Forderung durch die Klägerin steht jedoch der Einwand der
unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegen, weil die Klägerin das
aufgrund des Anerkenntnisses Erlangte alsbald gemäß §§ 812, 818 Abs. 1 BGB an die
Beklagte zurück zu gewähren hätte (dolo agit qui petit quod statim rediturus est). Der
allgemeine
7
ArglistEinwand gem. § 242 BGB wird durch die Bereicherungseinrede des § 821 BGB
auch nicht ausgeschlossen (vgl. BGH, NJW 2005, 2991, 2993). Das konstitutive
Schuldanerkenntnis unterliegt vorliegend der Rückforderung wegen ungerechtfertigter
Bereicherung nach § 812 Abs. 1, erste Alternative, Abs. 2 BGB. Ein solches
Anerkenntnis ist danach kondizierbar, wenn die gesicherte Forderung wie hier nicht
besteht (vgl. BGH, NJW 1991, 2140). Vorliegend ist nicht festzustellen, dass wie von der
Klägerin behauptet die dem Schuldanerkenntnis zugrunde liegende Forderung
diejenige aus der Bestellung der Beklagten vom 23.07.2003 ist, mit der sie bei der
Klägerin das Heilmittelset "Medizin Gottes" zum Preis von 29,99 € zzgl. 4,00 € für Porto
und Verpackung bestellt hat. Denn zum einen trägt die Klägerin vor, dass die Forderung
40,48 € und nicht 33,99 € betrage. Zum anderen trägt die Klägerin vor, dass die
Bestellung vom 25.07.2003 sei. Ausweislich des Besteilformulars datierte sie jedoch auf
den 23.07.2003. Darauf wurde die Klägerin auch bereits durch die Beklagte
hingewiesen. Es kann daher dahinstehen, ob eine Forderung aus der Bestellung dieses
Heilmittelsets sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB ist, denn die Klägerin hat das
Bestehen einer derartigen Forderung in Höhe von 40,48 € schon nicht dargelegt. Damit
hat die Klägerin das konstitutive Schuldanerkenntnis vom 01.04.2004 ohne
Rechtsgrund erhalten.
8
Der Bereicherungsanspruch ist auch nicht aus anderen Gründen abzulehnen. Die
Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2006 glaubhaft und
glaubwürdig erklärt, dass sie im Zeitpunkt der Unterzeichnung des
Schuldanerkenntnisses davon ausgegangen sei, dass die Forderung bestehe. Danach
ist nicht festzustellen, dass sie gemäß § 814 BGB in Kenntnis der Nichtschuld geleistet
hat.
9
Vorliegend ist der Bereicherungsanspruch der Beklagten auch nicht durch den
Abschluss eines Vergleichs untergegangen. Denn in der Schuldanerkenntnis und
Teilzahlungsvereinbarung vom 01.04.2004 ist kein Vergleich im Sinne von § 779 BGB
zu sehen. Ein Vergleich im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass zwischen den
Parteien ein Vertrag geschlossen wird, durch den der Streit oder die Ungewissheit der
Parteien über ein
10
Rechtsverhältnis im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Da die
Beklagte davon ausging, dass der Zahlungsanspruch der Klägerin besteht, als sie das
Schuldanerkenntnis unterzeichnete und sie mit ihrer Unterschrift lediglich eine
Ratenzahlungsvereinbarung treffen wollte, lag eine Unsicherheit auf Seiten der
11
Beklagten über das Bestehen des Anspruchs nicht vor. Sie wollte durch die
Unterzeichnung der Vereinbarung keine klare Rechtslage schaffen, sondern vielmehr
eine vermeintliche Verpflichtung durch eine Ratenzahlung erfüllen.
Damit steht der Forderung aus dem Schuldanerkenntnis und Teilzahlungsvergleich der
Einwand unzulässiger Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegen. Die Klägerin hat
danach gegen die Beklagte keinen Zahlungsanspruch.
12
Der Beklagten steht aber gegen die Klägerin der mit der Widerklage geltend gemachte
Herausgabeanspruch zu. Dieser ist zulässig. Insoweit besteht insbesondere ein
Rechtsschutzbedürfnis, da dieser Anspruch über die Negation des Klageantrags
hinausgeht. Die Beklagte hat auch ein legitimes Interesse an der Herausgabe des
Schriftstücks, damit die Klägerin aus diesem keine Rechte mehr gegen die Beklagte
herleiten kann. Dies gilt insbesondere für ein Austauschen der zugrunde liegenden
Hauptforderung.
13
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 269 und 700,
708 Nr. 11, 713 ZPO.
14
Streitwert bis zum 09.11.2005: 226,26 E
15
ab dem 10. 11.2005: 131,38 E
16