Urteil des AG Schwelm vom 27.03.2006

AG Schwelm: bereicherungsanspruch, unterzeichnung, vergleich, widerklage, verpackung, betrug, herausgabe, auszahlung, nichtschuld, ratenzahlung

Amtsgericht Schwelm, 20 C 401/05
Datum:
27.03.2006
Gericht:
Amtsgericht Schwelm
Spruchkörper:
Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 C 401/05
Tenor:
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts N vom 04.10.2005
Aktenzeichen: 05 5845287 0 6 wird aufgehoben und die Klage
abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte das
mit"Anerkenntnis und Ratenzahlungsvergleich, Aktenzeichen: 3329737"
überschriebene Schriftstück im Original herauszugeben.
Die Beklagte trägt die Kosten ihrer Säumnis, die übrigen Kosten des
Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
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Entscheidungsgründe
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Der zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Einspruch gegen den
Vollstreckkungsbescheid hat in der Sache Erfolg.
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 310,22 € zu.
Zwar hat die Beklagte am 11.01.2005 ein Schuldanerkenntnis mit
Ratenzahlungsvereinbarung unterzeichnet, wonach sie sich verpflichtet, an die Klägerin
267,70 € in monatlichen Raten von 50,00 € zu zahlen. In dieser Vereinbarung ist ein
konstitutives Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB zu sehen. Daraus, dass der
Vertragstext den Verpflichtungsgrund nicht näher nennt, ergibt sich, dass mit diesem
Anerkenntnis eine neue, von dem zugrunde liegenden Schuldverhältnis unabhängige
Verpflichtung begründet werden sollte. Das Schuldanerkenntnis entsprach auch der in §
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781 BGB festgelegten Schriftform.
Soweit die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten wird, ist diese auch mit der
Gläubigerin des Schuldanerkenntnisses identisch. Im Hinblick auf die Selbständigkeit
dieses Anerkenntnisses ist die Frage, ob auch hinsichtlich des etwaigen
Grundgeschäfts eine Legitimation der Klägerin besteht, unerheblich.
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Der Geltendmachung der Forderung durch die Klägerin steht jedoch der Einwand der
unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegen, weil die Klägerin das
aufgrund des Anerkenntnisses Erlangte alsbald gemäß §§ 812, 818 Abs. 1 BGB an die
Beklagte zurück zu gewähren hätte (dolo agit qui petit quod statim rediturus est). Der
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allgemeine ArglistEinwand gem. § 242 BGB wird durch die Bereicherungseinrede des §
821 BGB auch nicht ausgeschlossen (vgl. BGH, NJW 2005, 2991, 2993). Das
konstitutive Schuldanerkenntnis unterliegt vorliegend der Rückforderung wegen
ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1, erste Alternative, Abs. 2 BGB. Ein
solches Anerkenntnis ist danach kondizierbar, wenn die gesicherte Forderung wie hier
nicht besteht (vgl. BGH, NJW 1991, 2140). Vorliegend ist nicht festzustellen, dass wie
von der Klägerin behauptet die dem Schuldanerkenntnis zugrunde liegende Forderung
diejenige aus einer Bestellung der Beklagten vom 27.09.2003 ist. Denn aus dem mit
"AuszahlungsSchein / TestAnforderung" überschriebenen Formular geht keine
eindeutige Bestellung der Beklagten hervor, die von der Klägerin hätte angenommen,
werden können. Aus dem von der Beklagten ausgefüllten Formular geht vielmehr
lediglich eindeutig hervor, dass diese die Auszahlung des in Aussicht gestellten
Gewinnes in Höhe von 3.100,00 € begehrte. Dies ergibt sich daraus, dass das Formular
ausdrücklich als "AuszahlungsSchein" bezeichnet wurde, die Höhe des Gewinns und
die Zuteilungsnummer genannt wurden, die gewünschte Auszahlungsart angekreuzt
wurde und keinerlei sonstige Bedingungen genannt wurden, von denen der Gewinn
abhängen sollte. Die Beklagte hat auch kein Kreuzchen an der Stelle gemacht, an der
es um die Bestellung der CranberryKapseln bzw. des VitaminTees ging. Insoweit wäre
eine Bestellung auch schon nicht hinreichend bestimmt gewesen, da mehrere Artikel zur
Auswahl standen und keine Wahl getroffen wurde.
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Im übrigen deckt sich die nach dem Klägervortrag dem Schuldanerkenntnis zugrunde
liegende Forderung in Höhe von 37,99 € nicht mit der vorgetragenen Bestellung. Denn
nach dem Klägervortrag betrug der Wert der Bestellung der CranberryKapseln 37,99 €
einschließlich Porto. Tatsächlich sollten diese jedoch 29,99 € zzgl. 4,00 € für Porto und
Verpackung, mithin insgesamt 33,99 € betragen. Danach hat die Klägerin das
konstitutive Schuldanerkenntnis vom 11.01.2005 jedenfalls ohne Rechtsgrund erhalten.
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Der Bereicherungsanspruch ist auch nicht aus anderen Gründen abzulehnen. Die
Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2006 glaubhaft und
glaubwürdig erklärt, dass sie im Zeitpunkt der Unterzeichnung des
Schuldanerkenntnisses davon ausgegangen sei, dass die Forderung bestehe. Danach
ist nicht festzustellen, dass sie gemäß § 814 BGB in Kenntnis der Nichtschuld geleistet
hat.
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Vorliegend ist der Bereicherungsanspruch der Beklagten auch nicht durch den
Abschluss eines Vergleichs untergegangen. Denn in der Schuldanerkenntnis und
Teilzahlungsvereinbarung vom 11.01.2005 ist kein Vergleich im Sinne von § 779 BGB
zu sehen. Ein Vergleich im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass zwischen den
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Parteien ein Vertrag geschlossen wird, durch den der Streit oder die Ungewissheit der
Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt
wird. Da die Beklagte davon ausging, dass der Zahlungsanspruch der Klägerin besteht,
als sie das Schuldanerkenntnis unterzeichnete und sie mit ihrer Unterschrift lediglich
eine Ratenzahlungsvereinbarung treffen wollte, lag eine Unsicherheit auf Seiten der
Beklagten über das Bestehen des Anspruchs nicht vor. Sie wollte durch die
Unterzeichnung der Vereinbarung keine klare Rechtslage schaffen, sondern vielmehr
eine vermeintliche Verpflichtung durch eine Ratenzahlung erfüllen.
Damit steht der Forderung aus dem Schuldanerkenntnis und Teilzahlungsvergleich der
Einwand unzulässiger Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegen. Die Klägerin hat
danach gegen die Beklagte keinen Zahlungsanspruch.
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Der Beklagten steht aber gegen die Klägerin der mit der Widerklage geltend gemachte
Herausgabeanspruch zu. Dieser ist zulässig. Insoweit besteht insbesondere ein
Rechtsschutzbedürfnis, da dieser Anspruch über die Negation des Klageantrags
hinausgeht. Die Beklagte hat auch ein legitimes Interesse an der Herausgabe des
Schriftstücks, damit die Klägerin aus diesem keine Rechte mehr gegen die Beklagte
herleiten kann. Dies gilt insbesondere für ein Austauschen der zugrunde liegenden
Hauptforderung.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 269 und 700,
708 Nr. 11, 713 ZPO.
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Streitwert bis zum 08.03.2006: 319,90 E
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ab dem 08.03.2006: 310,22 E
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