Urteil des AG Schwedt vom 20.05.2005

AG Schwedt: stute, tierarzt, fohlen, sachmangel, kaufvertrag, rücknahme, kaufpreis, käufer, transportkosten, rückabwicklung

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Gericht:
AG Schwedt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 C 177/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 323 BGB, § 434 Abs 1 S 1
BGB, § 437 Nr 2 BGB, § 440 BGB
Sachmangel beim Pferdekauf: Trächtigkeit einer Jährlingsstute
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.884,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 2.224 Euro seit dem 20.5.2005
und auf weitere 1.660,45 Euro seit 14.8.2005 Zug um Zug gegen Rücknahme der am
21.9.2002 geborenen Quarterhorse-Falbenstute "S ..", Lebensnummer : DE … , nebst
am 29.4.2005 geborenen Fohlen zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit der Rücknahme des in Ziffer 1)
bezeichneten Pferdes "S .." im Verzug ist.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch die weiteren
seit Klagerhebung bis zur Rücknahme des in Ziffer 1) bezeichneten Pferdes "S .."
entstehenden Unterhaltungskosten für das Tier und sein Fohlen zu zahlen.
4. Die Kosten des Rechtstreits hat die Beklagte zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils
beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Pferdekaufes.
Die Beklagte bot dem Kläger im Januar 2005 die am 21.9.2002 geborene Stute "S .."
zum Kauf an. Der Kläger fand Gefallen an dem damals 2 Jahre und drei Monate alten
Jungtier, entschloss sich das Tier zu kaufen, aufzuziehen und als Hobbyreitpferd für seine
Familie zu verwenden. Mit Datum vom 17.1.2005 schlossen die Parteien einen
Pferdekaufvertrag über das in der Vertragsurkunde als "Stute" " Quater Horse"
bezeichnete Tier.
Ausweislich § 3 des Kaufvertrages sollte der Vertrag nur unter der aufschiebenden
Bedingung wirksam werden, dass eine durchzuführende tierärztliche
Ankaufsuntersuchung durch den Tierarzt Dr. Köhler erfolgreich verläuft.
Die Vertragsurkunde enthielt unter § 3 die weitere Bestimmung:
.
Das Tier wurde Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.850 Euro am
selben Tage von der Beklagten an den Kläger übergeben. Anschließend hat der Kläger
den Transport des Pferdes zu sich durchgeführt. Dies nahm die Beklagte auch wahr.
In der Nacht vom 28. auf den 29.4.2005 gebar das Jungtier unerwartet ein Fohlen. Bei
Übergabe des Muttertieres am 17.1.2005 hatten beide Parteien von der Trächtigkeit der
Stute keine Kenntnis. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Stute –ausgehend
von der bei Pferden üblichen Tragzeit von 11 Monaten – bereits im Jährlingsalter bedeckt
worden sein muss.
Mit Schreiben vom 5.5.2005 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt
vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, sich mit ihm in Verbindung zu setzen
und bis zum 19.5.2005 die Stute nebst Fohlen Zug um Zug gegen Zahlung des
Kaufpreises von 1.850 Euro sowie bis dahin aufgelaufener Tierarztkosten von 174 Euro,
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Kaufpreises von 1.850 Euro sowie bis dahin aufgelaufener Tierarztkosten von 174 Euro,
Kosten für die Ausstellung eines Equidenpasses von 50 Euro und Kosten für die
Unterbringung des Pferdes von bis dahin 150 Euro, mithin einer Gesamtsumme von
2.224 Euro zurückzunehmen. Hierauf reagierte die Beklagte nicht und war fortan für den
Kläger auch nicht mehr telefonisch erreichbar. Eine klägerische Erinnerung per Telefax
vom 17.5.2005 blieb ebenfalls ohne jede Reaktion.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Trächtigkeit des Tieres bei Gefahrübergang einen
Sachmangel darstelle und er deshalb zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt sei.
Hierzu behauptet er, dass Pferde erst mit 3 Jahren erwachsen sind und dann erstmals
zur Zucht und / oder zum Reitsport eingesetzt werden können. Anderenfalls leide ihre
körperliche Entwicklung und insbesondere ihr Größenwachstum.
Er habe ein Großpferd erwerben wollen, welches die übliche Größe eines Quarter-Horses
erreiche. Nach dem Reglement wiesen Großpferde ein Stockmaß von mehr als 148 cm
auf. Im Maße darunterliegende Tiere seien Ponys.
Er behauptet insoweit, dass das Pferd das erforderliche Stockmaß von 150 bis 160 cm
nicht erreicht habe und auch nicht erreichen werde und gibt an, dass das Pferd
gegenwärtig ein Stockmaß von 139 cm habe.
Der Kläger habe davon ausgehen dürfen, dass die körperliche Entwicklung seines
Pferdes nicht durch eine Bedeckung im Kindesalter beeinträchtigt worden ist. Es komme
insoweit nicht nur darauf an, ob ein Pferd möglicherweise körperlich noch gerade in der
Lage sei, einen erwachsenen Menschen zu tragen, sondern auch, ob das Verhältnis
zwischen Körpergröße des Tieres und derjenigen des Reiters passend und ansehnlich sei.
Dieses Verhältnis sei optisch gestört, wenn das Pferd zu klein sei. Das Verhältnis von
Größe und Gewicht des Reiters zu derjenigen des Pferdes sei zudem ausschlaggebend
für die Stabilität der Oberlinie/Wirbelsäule des Reittieres.
Insgesamt habe die Beklagte ihm den Kaufpreis in Höhe von 1.850 Euro zurückzuzahlen.
Weiterhin seien ihm auch die Tierarztkosten zu ersetzen, die er für das Tier aufgrund
durchzuführender Untersuchungen aufgewendet hat. Diese belaufen sich in der Summe
– dies ist zwischen den Parteien unstreitig – für drei Untersuchungen, Impfungen und
Hustensaft auf 550,08 Euro.
Schließlich habe er auch Anspruch auf Ersatz von in der Höhe ihm unstreitig
entstandenen Schmiedekosten und der Ausstellung des Equidenpasses, insgesamt
122,37 Euro.
Zudem begehrt der Kläger den Ersatz von Fütterungs- und Unterstellungskosten
betreffend Stute und Fohlen für den Zeitraum von Mitte Januar bis Juli 2005. Zwischen
den Parteien ist insoweit ebenfalls unstreitig, dass dem Kläger diesbezüglich Kosten in
Höhe von 975 Euro für den genannten Zeitraum entstanden sind.
Schließlich macht der Kläger auch Transportkosten geltend. Er behauptet, ihm seien
durch den Transport der Stute Kosten in Höhe von 387 Euro entstanden. Hierzu trägt er
vor, dass die Entfernung von seinem Wohnsitz in ... zu dem Übergabeort der Pferdes bei
der Beklagten in ... hin und zurück 774 km betrage. Er habe diese Strecke mit seinem
Pferdetransporter zurückgelegt, um das streitbefangene Pferd zu seinem Stall zu
verbringen. Pro gefahrenen Kilometer seien ihm Kosten in Höhe von 0,50 Euro
entstanden.
Insgesamt meint der Kläger, ihm stünde der aus der Summe der o. g. Einzelbeträge
gebildete Gesamtbetrag von 3.884,45 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe der Stute
nebst Fohlen zu.
Mit der am 13.8.2005 zugestellten Klage verfolgt der Kläger seine geltend gemachten
Ansprüche nun gerichtlich und beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen,
an den Kläger 3.884,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz auf 2.224 Euro seit dem 20.5.2005 und auf weitere 1.660,45 Euro seit
Klagezustellung Zug um Zug gegen Rücknahme der am 21.9.2002 geborenen
Quarterhorse-Falbenstute "S ..", Lebensnummer : DE … , nebst am 29.4.2005
geborenen Fohlen zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme des im Klagantrag zu 1)
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2. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme des im Klagantrag zu 1)
bezeichneten Pferdes im Verzug ist,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch die weiteren
seit Klagerhebung bis zur Rücknahme des im Klagantrag zu 1.) bezeichneten Pferdes
entstehenden Unterhaltungskosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, dass dem Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht
möglich sei, da die übergebene Stute bei Gefahrübergang keinen Mangel aufgewiesen
habe. Insoweit sei mit dem Kaufvertrag – dies ist zwischen den Parteien unstreitig – nicht
zugesichert worden, dass die Stute nicht trächtig sei. Sie könne als Hobbyreittier und
zum Reitsport für Erwachsene problemlos genutzt werden. Diese Eigenschaft sei durch
die frühe Trächtigkeit nicht beeinträchtigt worden. Weder die körperliche Entwicklung des
Tieres noch das Größenwachstum desselben habe sich durch die Trächtigkeit geändert.
Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass das streitbefangene Pferd ein Stockmaß von 1,39 m
aufweise.
Das Tier sei zudem auch bei Nichterreichen eines Stockmaßes von 1,50 m als Reittier
verwendbar.
Sie ist der Ansicht, dass ein etwaiges optisch beeinträchtigtes Bild zwischen der
Körpergröße des Tieres und des Reiters keinen Sachmangel darstelle.
Die Beklagte behauptet, dass der Kläger als Surrogat für den Kaufpreis der Stute ein
Mini Shetty an die Beklagte übergeben habe. Es sei hierfür ein Betrag von 800 Euro in
Ansatz gebracht worden. Der Kläger müsse daher im Falle einer Rückabwicklung des
Vertrages das Shetty , welches noch im Eigentum der Beklagten stehe, zurücknehmen.
Insoweit habe der Kläger auch die der Beklagten entstandenen Fütterungs- und
Unterstellkosten in Höhe von monatlich 150 Euro der Beklagten zu ersetzen.
Die Beklagte bestreitet die von dem Kläger geltend gemachten Transportkosten der
Höhe und dem Grunde nach.
Die Beklagte vertritt zudem die Auffassung, dass aufgrund des Umstandes, dass an der
Stute - entsprechend einer insoweit mit dem Kaufvertrag getroffenen Vereinbarung - am
18.1.2005 durch den Tierarzt Dr. ... eine Ankaufsuntersuchung durchgeführt wurde,
welche unstreitig zu keinem negativen Untersuchungsergebnis führte, das Pferd gebilligt
habe. Der Kläger sei deshalb mit seinen Gewährleistungsrechten gemäß 442 BGB
ausgeschlossen, da er bei Vertragsschluss den Mangel gekannt habe bzw. dieser ihm
grob fahrlässig unbekannt geblieben sei. Aufgrund der Vereinbarung der
Ankaufsuntersuchung sei selbst für den Fall, dass der Tierarzt bei der
Ankaufsuntersuchung bestehende gesundheitliche Probleme bzw. die Trächtigkeit nicht
gesehen haben sollte, der Kaufvertrag bindend geworden und ein
Gewährleistungsausschluss gemäß § 442 BGB gegeben. Das grob fahrlässige
Übersehen eines Mangels durch den Tierarzt sei dem Kläger als Käufer, welcher sich für
die Untersuchung des Tierarztes bedient, zuzurechnen.
Schließlich meint die Beklagte, dass sie für die Tierarztkosten, Aufwendungen für
Fütterung und Unterstellungs- sowie Transportkosten nicht aufzukommen habe, weil
aufgrund der Auskunftsuntersuchung des Käufers eine weitere Untersuchungspflicht der
Beklagten nicht gegeben gewesen sei und sie von der Trächtigkeit des Pferdes auch
keine Kenntnis gehabt habe. Sie habe jedenfalls eine etwaige Pflichtverletzung nicht zu
vertreten. Auf dem Gelände der Beklagten habe sich zwar ein Hengst befunden. Nach
ihrer Kenntnis sei der auf ihrem Gelände vorhandene Hengst aber zu keiner Zeit mit der
Stute in Berührung gekommen.
Der Kläger bestreitet, von der Beklagten ein Pony in Zahlung genommen zu haben.
Vielmehr habe die Beklagte von der Zeugin ... ein Mini-Shetland-Pony zum Preis von 800
Euro gekauft. Der Kläger habe dieses Pferd für die Beklagte transportiert, weil er das von
ihm gekaufte Pferd von der Beklagten abgeholt habe und somit ohnehin die Strecke
haben fahren müssen, die die Beklagte hätte zurücklegen müssen, um das ihrerseits
erworbene Tier von der Zeugin ... abzuholen. Das Mini-Shetland-Pony sei von der
Beklagten auch nicht für 800 Euro in Zahlung genommen worden. Vielmehr habe die
Beklagte das Pony noch nicht der Zeugin ... bezahlt gehabt, so dass sich der Kläger
ausweislich der Kaufvertragsurkunde verpflichtet habe, den geschuldeten Kaufpreis von
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ausweislich der Kaufvertragsurkunde verpflichtet habe, den geschuldeten Kaufpreis von
1.850 Euro in Höhe von 1.050 Euro an die Beklagte und in Höhe von 800 Euro an die
Zeugin ... zu zahlen, damit die Beklagte gegenüber der Zeugin ... von ihrer
Kaufpreiszahlungspflicht entlastet sei. Dies ergebe sich auch aus der
Kaufvertragsurkunde in der es - zwischen den Parteien unstreitig – heißt:
Zudem habe der Kläger – auch das ist zwischen den Parteien
unstreitig – die 800 Euro an die Zeugin ... zur Tilgung der gegenüber der Beklagten
bestehenden Kaufpreisschuld auch tatsächlich gezahlt.
Der Kläger meint, dass ein Nichtvertretenmüssen der Beklagten für den Mangel der
Kaufsache von dieser nicht substantiiert dargelegt sei. Da – was zwischen den Parteien
unstreitig geblieben ist – die Stute während der Besitzzeit der Beklagten gedeckt wurde
– sei dies nur möglich, wenn die Beklagte ihren Tierbestand unsorgfältig verwahre,
nämlich Stuten und Hengste miteinander halte.
Das Gericht hat ausweislich des Beweisbeschlusses vom 20.10.2006 Beweis erhoben
über die Behauptung des Klägers, das ausweislich des Kaufvertrages vom 17.1.2005 von
der Beklagten an den Kläger verkaufte Pferd habe zum Übergabezeitpunkt desselben
Tages einen Sachmangel aufgewiesen, weil das am 21.9.2002 geborene Tier im
Jährlingsalter gedeckt wurde, am 29.4.2005 ein Fohlen gebar und mithin am
Übergabetag trächtig war, durch Einholung eines schriftlichen
Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird
Bezug genommen auf das schriftliche Sachverständigengutachten des
Sachverständigen OVR Dozent Dr. habil ... vom 20.1.2007 (Bl. 123 f d.A.)
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der
Parteien nebst Anlagen sowie die gerichtlichen Beschlüsse ausweislich der Sachakte
verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist insgesamt zulässig und auch begründet.
1.
Der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen
Herausgabe der Stute nebst Fohlen ergibt sich aus §§ 434, 440 Satz 1, 2. Halbsatz, 437
Ziffer 2, 323, 346, 348, 320 BGB.
Der Kläger kann die Rückabwicklung des Kaufvertrages und mithin die Rückzahlung des
Kaufpreises gemäß § 346 Abs. 1 BGB von der Beklagten verlangen.
Er hat mit Datum vom 5.5.2005 die gemäß § 349 BGB erforderliche Rücktrittserklärung
gegenüber der Beklagten abgeben.
Ihm stand ein gesetzliches Rücktrittsrecht gemäß §§ 346, 437 Ziff. 2, 440, 323 BGB zu.
Denn die von ihm gekaufte Stute wies zum maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe des
Tieres (§ 446 BGB) und bei Ausübung des Rücktrittsrechtes am 5.5.2005 wegen ihrer
Trächtigkeit im Jährlingsalter einen Sachmangel gemäß § 434 BGB auf, der den Kläger
aufgrund der Unmöglichkeit der Nacherfüllung zum sofortigen Rücktritt ohne
Fristsetzung gemäß § 323 BGB berechtigte:
Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Sache nur frei von Sachmängeln, wenn sie bei
Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht
vereinbart ist, ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem
Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1), sonst, wenn sie sich
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen
der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Abs.
1 Satz 2 Nr. 2).
Vorliegend hat die Beklagte dem Kläger zwar in § 3 des Pferdekaufvertrages bestimmte
Eigenschaften des Pferdes zugesichert. Zu der Frage der Trächtigkeit der Stute wurden
jedoch keine Vereinbarungen getroffen, so dass es insoweit darauf ankommt, ob das
verkaufte Pferd für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung genutzt werden
kann. Die Eignung zu der vorausgesetzten Verwendung muss nicht vereinbart, sondern
lediglich vorausgesetzt worden sein, was auch stillschweigend geschehen kann
(Palandt/Putzo, 64. Aufl., § 434 BGB, Rn. 20). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist
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(Palandt/Putzo, 64. Aufl., § 434 BGB, Rn. 20). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist
es deshalb nicht maßgeblich, dass die Beklagte dem Kläger nicht ausdrücklich
zugesichert habe, dass das Pferd nicht trächtig sei. Jedenfalls haben beide Parteien
unstreitig vorausgesetzt, dass das verkaufte Jungtier später als Hobbyreitpferd
Verwendung finden sollte.
Der hinsichtlich des Vorliegens von Sachmängeln beweisbelastete Kläger hat hinsichtlich
der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob aufgrund der Trächtigkeit der Stute die
Nutzung als Hobbyreitpferd für Erwachsene nicht mehr möglich sei, den erforderlichen
Beweis zur Überzeugung des Gerichts geführt.
Denn der Sachverständige Dr. habil ... hat in seinem schriftlichen Gutachten vom
20.1.2007 in schlüssiger, nachvollziehbarer und insgesamt widerspruchsfreier Weise
ausgeführt, dass die Trächtigkeit der Stute "S .." in einem Lebensalter von 15 Monaten
entschieden zu früh erfolgt sei und dass der infolge einer verstärkten
Östrogenproduktion durch die Eihäute erfolgte vorzeitige Schluss der Epiphysenfuge
geeignet sei, das physiologische Körperwachstum vorzeitig zu beenden, in dessen Folge
die normal zu erwartende Körpergröße nicht erreicht werde. Weiterhin hat der
Sachverständige nachvollziehbar und schlüssig ausgeführt, dass kleine Pferde in ihrer
Nutzungsfähigkeit gegenüber Großpferden im Nachteil sind. Neben dem negativen
ästhetischen Eindruck, den eine Disproportion zwischen großem Reiter und kleinem
Pferd erwecke, sei eine Überlastung durch einen schwergewichtigen Reiter aus
tierschutzrelevanten Gründen abzulehnen, weil Wirbelsäule und Extremitäten Schaden
nehmen könnten.
Damit steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass entsprechend der Behauptung
des Klägers das ausweislich des Kaufvertrages vom 17.1.2005 von der Beklagten an den
Kläger verkaufte Pferd zum Übergabezeitpunkt desselben Tages einen Sachmangel
aufwies.
Ohne dass es einer weiteren Klärung der zwischen den Parteien noch streitigen Frage
bedürfte, welches Stockmaß das Tier zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwischenzeitlich
aufweist, lag ein Sachmangel desselben zum maßgeblichen Zeitpunkte der Übergabe
der Kaufsache am 17.1.2005 (§ 446 BGB) und noch immer bei Abgabe der
Rücktrittserklärung am 5.5.2005 bereits damit vor, dass zu diesem Zeitpunkt dem
Tierkörper durch seine erwiesen zu frühe Trächtigkeit die Eignung innewohnte, das
physiologische Körperwachstum vorzeitig zu beenden, in dessen Folge die normal zu
erwartende Körpergröße nicht erreicht wird und in dessen weiterer Folge die vom
Sachverständigen prognostizierten optischen Nachteile und die erhöhte
Schädigungsempfänglichkeit typischerweise drohten.
Denn aus diesem Grund gewährleistete die Stute zum o. g. Zeitpunkt nicht die von den
Parteien vorausgesetzte Erwartung, nach Erwachsenwerden als normales Hobbyreitpferd
Verwendung zu finden. Die Gefahr einer optischen Beeinträchtigung des Anblicks des
Reiters auf seinem Pferd sowie die Gefährdung der Tiergesundheit durch normales
Reiten eines erwachsenen Reiters muss der Käufer nicht hinnehmen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Gewährleistungsrechte des Klägers auch
nicht nach § 442 BGB ausgeschlossen, weil der Kläger bei Vertragsschluss Kenntnis von
einem Sachmangel gehabt bzw. grob fahrlässig hiervon nichts gewusst hätte.
Selbst wenn dem Tierarzt ... die Trächtigkeit der Stute infolge grober Fahrlässigkeit
unbekannt geblieben sein sollte, muss der Kläger sich das Wissen des Arztes nicht
zurechnen lassen. Denn der Tierarzt Dr. ... wurde nicht auf Seiten des Klägers
hinsichtlich einer von diesem zu erfüllenden Pflicht aus dem Kaufvertrag tätig, weshalb
eine Wissenszurechnung gerechtfertigt sein könnte. Vielmehr haben sich die Parteien
darauf geeinigt, den Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung einer
erfolgreichen tierärztlichen Untersuchung durch den Tierarzt Dr. ... abzuschließen. Diese
Untersuchung wurde entsprechend der Vereinbarung durchgeführt, ohne dass der
Tierarzt die Trächtigkeit der Stute entdeckt hat.
Dahinstehen kann insoweit, ob der Arzt im Rahmen einer üblichen Ankaufsuntersuchung
die Untersuchung auch auf die Feststellung einer Trächtigkeit ausdehnen musste. Sollte
der Tierarzt bei der Untersuchung der Stute nämlich Sorgfaltspflichten verletzt haben,
sind diese wegen der zwischen den Parteien geschlossenen vertraglichen Vereinbarung
jedenfalls nicht dem Kläger als grob fahrlässige Unkenntnis des Mangels zuzurechnen.
Es sind wegen der gemeinsamen vertraglichen Vereinbarung einer Ankaufsuntersuchung
keine Umstände ersichtlich, die die Annahme einer Wissensvertretung des Klägers durch
den Tierarzt rechtfertigt.
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Der Rückzahlungspflicht der Beklagten steht auch ihr Vortrag nicht entgegen, mit
welchem sie einwendet, der Kläger habe als Surrogat für den Kaufpreis ein Mini Shetty
an die Beklagte übergeben, das mit einem Betrag von 800 Euro in Ansatz gebracht
worden sei. Denn sie hat diesen insoweit von dem Kläger wirksam bestrittenen Vortrag
nicht unter Beweis gestellt und ist der insoweit zu ihren Lasten bestehenden Beweislast
diesbezüglich nicht nachgekommen. Der Kläger hat demgegenüber substantiiert
dargelegt und unter Beweis gestellt, dass durch ihn ein Betrag von 800 Euro an Frau
Birgit ... aus ... zur Erfüllung der Kaufpreisschuld gegenüber der Klägerin geleistet wurde.
Mit der Zahlung dieses Betrages sollte, wie sich auch aus der Kaufvertragsurkunde
zwischen den Parteien (Anlage K1, Bl. 8 d.A.) ergibt, die Beklagte von der Verpflichtung
zur Zahlung für ein Mini Shetty , welches sie von Frau Birgit ... erwarb, befreit werden.
2.
Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der von ihm aufgewendeten
Unterhaltungskosten, die im durch die Versorgung des Tieres durch Fütterung,
Unterstellung, Schmied und Tierarzt entstanden sind, ergibt sich aus § 347 Abs. 2 BGB.
Denn mit den von ihm vorgenommenen Maßnahmen an dem Tier liegen sog.
notwendige Verwendungen i.S.d. § 994 BGB vor, die die Beklagte dem Kläger als
Rückgewährschuldner hinsichtlich der Stute und des Fohlens zu ersetzen hat.
Der Höhe nach sind die dem Kläger insoweit entstandenen Kosten von insgesamt
1.647,45 Euro (550,08 Euro zzgl. 122,37 Euro zzgl. 975 Euro) zwischen den Parteien
unstreitig, weshalb der Kläger die Summe von 1.647,45 Euro neben dem Kaufpreis von
der Beklagten beanspruchen kann.
3.
Die von dem Kläger geltend gemachten Transportkosten in Höhe von 387 Euro kann der
Kläger vor dem Hintergrund eines Aufwendungsersatzanspruches von der Beklagte
gemäß §§ 437 Ziff. 3, 440, 325, 281, 284 BGB ersetzt verlangen.
Gemäß § 437 Ziff. 3 BGB kann der Kläger als Käufer wegen des Mangels der Kaufsache
ohne Fristsetzung zur Nacherfüllung unter anderem nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher
Aufwendungen verlangen, wenn die Nacherfüllung, wie bereits dargelegt, unmöglich ist.
Bei den von dem Kläger aufgewandten Kosten zur Abholung der Stute bei der Beklagten
handelt es sich auch um Aufwendungen, die er im Vertrauen auf die Durchführung des
Kaufvertrages gemacht hat und auch machen durfte.
Hinsichtlich der Frage, ob die Beklagte den o. g. Mangel der Stute nicht zu vertreten hat,
ist die insoweit beweisbelastete Beklagte darlegungs- und beweisfällig geblieben.
Denn sie hat ihr Nichtvertretenmüssen für den Mangel der Kaufsache bereits nicht
substantiiert dargelegt. Da – was zwischen den Parteien unstreitig geblieben ist – die
Stute während der Besitzzeit der Beklagten gedeckt wurde – ist dies nur möglich, wenn
die Beklagte ihren Tierbestand unsorgfältig verwahrte. Weshalb gleichwohl ein
Verschulden ihrerseits nicht vorgelegen hat, hat die Beklagte nicht nachvollziehbar
dargelegt und auch nicht unter Beweis gestellt. Soweit sie behauptet und unter Beweis
stellt, dass der auf ihrem Gelände vorhandene Hengst zu keiner Zeit
mit der Stute in Berührung gekommen sei, kann dies zur Exkulpation selbst bei
Wahrunterstellung nicht genügen.
Soweit die Beklagte die von dem Kläger geltend gemachten Transportkosten hinsichtlich
ihrer Entstehung dem Grunde nach bestreitet, liegt ein nicht substantiierter und mithin
nicht beachtlicher Vortrag ihrerseits vor. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass
die Beklagte selbst gesehen hat, dass der Kläger die Stute bei ihr abgeholt hat, mithin
insoweit auch Kosten entstanden sind.
Soweit die Beklagte den Anspruch der Höhe nach pauschal bestreitet, liegt in Anbetracht
der vom Kläger angegebenen genauen Abfahrts- und Ankunftsorte seiner Fahrtstrecke
mit dem Transport sowie dem Umstand, dass es sich hierbei um seinen Wohnort (...)
und dem Übergabeort des Pferdes bei der Beklagten (...) handelt, kein im
Substantiierungsgrad hinreichendes Bestreiten der Beklagten vor, so dass auch insoweit
ihr Vortrag nicht beachtlich ist.
Die dem Kläger entstandenen Aufwendungen ermittelt das Gericht im Wege der
Schätzung gemäß § 287 ZPO.
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Der an die von dem Kläger angegebenen Abfahrts- und Ankunftsorte anknüpfende
Berechnung der km-Zahl legt das Gericht das Routenberechnungsprogramm des ADAC
zugrunde und ermittelt hiermit – in Übereinstimmung mit den Angaben des Klägers –
eine einfache Entfernung von dessen Wohnort bis zum Übergabeort des Pferdes in ...
von 387 km, für Hin- und Rückfahrt also von 774 km.
Hinsichtlich der pro km dem Kläger entstandenen Kosten schätzt das Gericht den
Schaden unter Orientierung an den durch § 5 Abs. 2 Nr. 1 JVEG zur Abgeltung von
Betriebskosten und der Abnutzung des Kraftfahrzeuges zu ersetzenden
Kilometerbetrages von 0,25 Euro für einen normalen PKW unter angemessener
Erhöhung desselben wegen der für einen Pferdetransport spürbar höheren Kosten auf
0,50 Euro (§ 287 ZPO).
Im Produkt mit Kilometerzahl von 774 km ergibt sich der geltend gemachte
Aufwendungsersatzanspruch von 387 Euro.
4.
Der von dem Kläger geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich des
Betrages von 2.224 Euro aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Beklagte
befindet sich wegen des Mahnschreibens des Klägers vom 17.5.2005 und der
Fristsetzung bis zum 19.5.2005 seit dem 20.5.2005 in Verzug.
Hinsichtlich des Betrages von weiteren 1.660,45 Euro ergibt sich der Zinsanspruch aus
§§ 291, 288 Abs. 1 BGB, 261, 253 ZPO.
5.
Auch der Klagantrag zu Ziff. 2 ist zulässig und begründet.
Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus § 756 ZPO (Zöller § 256 Rn. 3, § 756 Rn. 9).
Der Antrag ist nach §§ 295, 298 ZPO begründet, weil der Kläger nach dem oben zu 1.
Gesagten einen Anspruch auf Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages hat und die
Beklagte die von ihr geschuldeten Leistungen verweigert.
6.
Zulässigkeit und Begründetheit liegen auch hinsichtlich des mit Ziff. 3 des Klagantrages
vom Kläger verfolgten Feststellungsbegehrens vor.
Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist auch insoweit
gegeben. Hinsichtlich des konkreten Rechtsverhältnisses einer bestehenden
Verwendungsersatzpflicht betreffend zukünftiger Verwendungen genügt es, dass -wie
vorliegend- künftige Verwendungen wahrscheinlich sind, ihr Umfang aber noch ungewiss
ist.
Die hinsichtlich des Klagantrages zu Ziffer 3 im Tenor getroffene Feststellung ergibt sich
aus §§ 347 Abs. 2 BGB, vgl. insoweit oben Ziff. 2).
7.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709
ZPO.
Streitwert: 3.884,45 Euro
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