Urteil des AG Schwalmstadt vom 21.02.2007

AG Schwalmstadt: fahrbahn, sachbeschädigung, wiese, firma, geldstrafe, gefährdung, einwirkung, polizei, eingriff, beruf

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Gericht:
AG Schwalmstadt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
43 Ds - 4 Js
11934/06, 43 Ds-4
Js 11934/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 303 StGB, § 303c StGB, §
315b Abs 1 Nr 2 StGB, § 315b
Abs 5 StGB
Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und
Sachbeschädigung; Entfernung von Leuchtpfosten aus
ihrer Halterung und Liegenlassen eines Leuchtpfostens auf
der Fahrbahnmitte
Tenor
Die Angeklagten sind eines gemeinschaftlich begangenen Vergehens der
Sachbeschädigung und der Angeklagte ... tatmehrheitlich eines Vergehens des
fahrlässig begangenen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig.
Der Angeklagte ... wird deshalb zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 40
Euro verurteilt und der Angeklagte ... zu einer Gesamtgeldstrafe von 30
Tagessätzen zu je 50 Euro.
Die Angeklagten haben die Verfahrenskosten und ihre notwendigen Auslagen zu
tragen.
Angewendete Vorschriften: §§ 303, 303 c, 25 Abs. 2 StGB, ... bzgl. ... ferner §§ 315
b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5,53 StGB.
Tatbestand
I.
1.
Der Angeklagte ... ist von Beruf Gießereimechaniker bei der Firma ... in S und
verdient monatlich ca. 1800,– Euro netto. Er hat keinerlei
Unterhaltsverpflichtungen und zahlt auf einen Kredit monatlich 100,– Euro Abtrag.
Im Übrigen sind seine finanziellen Verhältnisse geordnet und er ist gerichtlich
bisher nicht bestraft.
2.
Der Angeklagte ... ist von Beruf Industriemechaniker bei der Firma ... in S und
verdient monatlich ca. 1200,– Euro netto. Auch er hat keinerlei Verbindlichkeiten
und Unterhaltsverpflichtungen und ist bisher gerichtlich nicht bestraft.
Seine frühkindliche Entwicklung ist normal verlaufen. Nach Besuch von
Kindergarten und Grundschule besuchte er ab 1996 die Förderstufe, wechselte
1998 in den Gymnasialzweig und besuchte ab 1999 wieder die Realschule, wo er
2003 die mittlere Reife erreichte. Anschließend begann er seine Ausbildung zum
Industriemechaniker, die er am 26.01.2007 mit Bestehen der Gesellenprüfung
abgeschlossen hat. Anschließend wurde er von der Firma ... übernommen.
Entscheidungsgründe
II.
In der Nacht vom 29. zum 30.07.2006 hielten sich die Angeklagten in H auf, wo sie
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In der Nacht vom 29. zum 30.07.2006 hielten sich die Angeklagten in H auf, wo sie
auf der Kirmesfeier in erheblichem Maße alkoholische Getränke konsumierten. Am
frühen Morgen des 30.07.2006 wollten sie von H die etwa 2 bis 3 Kilometer lange
Strecke nach E laufen, wo sie bei einem Bekannten übernachten wollten. Beide
waren mit nacktem Oberkörper unterwegs, weil sie die Oberteile – aus welchen
Gründen auch immer – ausgezogen hatten. Nach ihrer insoweit unwiderlegbaren
Einlassung waren zu dieser Zeit auf dem Weg zwischen H und E die Leuchtpfosten
beidseits der Fahrbahn in Richtung E bereits herausgerissen und lagen am
Fahrbahnrand, teilweise ragten sie auch etwas in den Fahrbahnbereich hinein. In
einem serpentinenartigen Kurvenbereich der Kreisstraße 14 nahm der Angeklagte
... mindestens einen Leuchtpfosten und warf ihn hinter einem Pkw her, der von
einer namentlich nicht bekannten Zeugin gesteuert wurde. Diese konnte den
Vorgang im Rückspiegel beobachten und sehen, dass der Leuchtpfosten mitten
auf der Fahrbahn im Serpentinenbereich liegen blieb. Sie nahm dies zum Anlass,
die Polizeistation S telefonisch darüber zu informieren, dass zwei junge Männer mit
freiem Oberkörper zwischen H und E zu Fuß unterwegs seien und dass
Leuchtpfosten herausgerissen und auf die Fahrbahn geworfen worden seien, wobei
die Zeugin angab, dass sie einen der beiden beobachtet hatte. Der Angeklagte ...
hat in der Hauptverhandlung eingeräumt, mindestens zwei bis drei Leuchtpfosten
in den Händen gehabt zu haben. Da auf der Polizeistation S bereits vor dem Anruf
der namentlich nicht bekannten Zeugin zwei andere Verkehrsteilnehmer etwa ...
gleichlautende Hinweise gegeben hatten, fuhren die Zeugen POK ... und POK ...
mit einem Streifenwagen gegen 06:50 Uhr von der Polizeistation S über E nach H.
Etwa in der Mitte der Wegstrecke E – H trafen die Zeugen ... und ... auf die
Angeklagten, wobei sie feststellen konnten, dass der Angeklagte ... während der
Annäherung noch einen Leuchtpfosten bei sich hatte und als Stütze benutzte.
Nachdem die Zeugen ... und ... den Angeklagten den Grund ihres Erscheinens
mitgeteilt hatten, ihnen insbesondere vorgehalten hatten, dass
Verkehrsteilnehmer zwei männliche Personen mit freiem Oberkörper benannt
hätten, die zwischen H und E herausgerissene Leuchtpfosten umher geworfen
hätten, bestritten die Angeklagten, damit irgendetwas zu tun zu haben. Die
Zeugen ... und ... führten Atemalkoholtests durch, die beide Angeklagte freiwillig
abgaben. Dabei wurde bei dem Angeklagten ... ein Atemalkoholwert von 1,8
Promille und bei dem Angeklagten ... ein Atemalkoholwert von 0,7 Promille
festgestellt. Danach wurden die Angeklagten nach Feststellung ihrer Personalien
vor Ort entlassen und setzten ihren Weg fort, während die Zeugen ... und ...
zunächst weiter fuhren nach H und dabei feststellten, dass über 40 Leuchtpfosten
herausgerissen waren und die letzten Leuchtpfosten vor H im Bereich des
Kirmeszeltes unversehrt vorhanden waren. Die Zeugen ... und ... hatten auf der
Fahrt von E in Richtung H – bevor sie die Angeklagten angetroffen hatten –
feststellen können, dass bis zum Antreffort der beiden Angeklagten sämtliche
Leuchtpfosten aus Richtung E kommend in Richtung H noch ordnungsgemäß
vorhanden waren.
Die Angeklagten setzten ihren Weg unterdessen in Richtung E fort und rissen in
Richtung E gesehen den nächsten rechten Leuchtpfosten heraus und warfen
diesen etwa 15 bis 20 Meter in die rechts angrenzende Wiese. Anschließend liefen
sie wieder wenige Meter in Richtung H zurück und der Angeklagte ... rief sodann bei
der Polizeistation in S an, um mitzuteilen, dass auch vor dem Feststellort durch die
Zeugen ... und ... in Richtung E ein weiterer herausgerissener Pfosten liege,
wodurch bewiesen wäre, dass nicht sie, sondern andere Personen die
Leuchtpfosten herausgerissen haben müssten. Die Zeugen ... und ... konnten bei
ihren Feststellungen insbesondere ermitteln, dass im Serpentinenbereich 3
Leuchtpfosten dergestalt auf der Fahrbahn lagen, dass eine erhebliche
Gefährdung für Verkehrsteilnehmer bestand, insbesondere weil die ...
Leuchtpfosten infolge des Kurvenverlaufs nicht sofort erkennbar waren und eine
Gefährdung vor allem auch für Zweiradfahrer darstellten.
Aufgrund des erneuten Anrufes des Angeklagten ... begaben sich die Zeugen ...
und ... zum zweiten Mal zurück in Richtung E, wo sie die Angeklagten nahezu an
der gleichen Stelle antrafen wie zuvor. Die Angeklagten wiesen die Zeugen auf den
in der Wiese liegenden Leuchtpfosten hin, um damit darzustellen, dass sie nichts
mit dem Herausreißen der Leuchtpfosten zu tun hatten. Auch auf die
Vorhaltungen der Zeugen, dass der Leuchtpfosten beim ersten Antreffen noch
ordnungsgemäß gestanden habe, blieben sie dabei, dass dieser Leuchtpfosten
bereits herausgerissen gewesen sei.
Dieser Sachverhalt steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest. Der
Angeklagte ... hat sich dahin eingelassen, zu keiner Zeit einen Leuchtpfosten in
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Angeklagte ... hat sich dahin eingelassen, zu keiner Zeit einen Leuchtpfosten in
der Hand gehabt zu haben. Er sei etwa ein bis zwei Meter vor dem Angeklagten ...
gelaufen. Die Leuchtpfosten seien überall schon herausgerissen gewesen und
hätten halbwegs auf der Straße gelegen. Sie hätten mit dem Herausreißen der
Leuchtpfosten nichts zu tun und er habe dann die Polizei darüber informiert, dass
noch ein weiterer herausgerissener Pfosten in Richtung E vor ihnen liege.
Der Angeklagte ... hat sich dahin eingelassen, dass auf dem Heimweg die ersten
Leuchtpfosten hinter eine Kurve gelegen hätten. Er sei über einen gefallen, wütend
gewesen, habe die nächsten drei oder vier Stück gepackt und weggeschmissen.
Einen hätte er als Stütze benutzt. Kurz bevor die Polizei gekommen sei, hätte er
einen Leuchtpfosten in der Hand gehabt, den er dann in den Graben geschmissen
habe. Der Angeklagte ... dazu erklärt, dass ihn nicht interessiert habe, was der
Angeklagte ... gemacht habe, er habe lediglich hinter sich Poltern gehört.
Bei diesen Einlassungen der Angeklagten handelt es sich zur Überzeugung des
Gerichts um Schutzbehauptungen, die durch die Angaben der Zeugen POK ... und
POK ... widerlegt sind. Bei den Zeugen ... und ... handelt es sich nicht um "Zufalls"-
Zeugen, sondern um Absichts-Zeugen. Ihnen ist deshalb darin zu folgen, dass sie
auf der Anfahrt darauf achteten, ob und wo noch Leuchtpfosten standen und wo ...
Leuchtpfosten herausgerissen waren. Das Gericht ist deshalb aufgrund des
Telefonats, welches der Angeklagte ... bzgl. des letzten herausgerissenen
Leuchtpfostens zum Beweis der Unschuld der Angeklagten tätigte, davon
überzeugt, dass beide Angeklagte einvernehmlich handelnd diesen letzten
Leuchtpfosten in die Wiese verbracht haben, um damit den Beweis ihrer Unschuld
anzutreten.
Bzgl. der übrigen Leuchtpfosten konnte den Angeklagten nicht mit einer zur
Verurteilung sicheren Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, dass sie die
Leuchtpfosten insgesamt herausgerissen haben. Aufgrund der Angaben des
Zeugen ... und der Einlassung des Angeklagten ... steht jedoch für das Gericht
fest, dass der Angeklagte ... zumindest einen Leuchtpfosten hinter der namentlich
nicht bekannten Zeugin dergestalt her geworfen hat, dass der Leuchtpfosten
mitten auf der Fahrbahn liegen blieb und dort auch von den Zeugen ... und ... so
festgestellt wurde.
Hingegen konnten die Angaben der Zeugen ... und ... die Angeklagten nicht
entlasten. Insbesondere wirkten ihre Angaben inhaltlich abgesprochen und
erweckten den Eindruck, dass man sich möglich nicht auf Einzelheiten genau
festlegen wollte. Hinzu kommt, dass die Zeugen ... und ... als Beifahrer selbst
erheblich alkoholisiert und in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigt waren.
Die Zeugen ... und ... bestätigten übereinstimmend, dass Leuchtpfosten zwischen
04:00 und 06:00 Uhr teilweise schon nicht mehr an ihren angestammten Stellen
vorhanden waren. Die Zeugen erklärten jedoch nicht, dass sämtliche
Leuchtpfosten bereits herausgerissen waren und zum Teil auf der Fahrbahn bzw.
der Fahrbahnmitte lagen.
III.
Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes haben sich die Angeklagten bzgl. des
letzten zum Beweis ihrer Unschuld herausgerissenen Leuchtpfostens eines
gemeinschaftlich begangenen Vergehens der Sachbeschädigung gemäß §§ 303,
303 c, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht, weil sie die ursprüngliche
Gebrauchsfähigkeit und die Funktion des Leuchtpfostens durch das Entfernen von
seinem ursprünglichen Platz und Wegwerfen in die Wiese vollständig aufgehoben
haben.
Der Angeklagte ... hat sich darüber hinaus durch das Hinterherwerfen eines
Leuchtpfostens hinter dem Fahrzeug der unbekannten Zeugin und der daraus
resultierenden Folge, nämlich des Liegenlassens des Leuchtpfostens auf der
Fahrbahnmitte, eines zumindest fahrlässig begangenen Vergehens des
gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig gemacht gemäß § 315 b Abs.
1 Nr. 2, Abs. 5 StGB, wobei er tatmehrheitlich i. S. d. § 53 StGB gehandelt hat.
Der Angeklagte ... war zur angegebenen Tatzeit 20 Jahr und 9 Monate alt und
damit Heranwachsender im Sinne des § 1 JGG; auf ihn war jedoch im Hinblick auf
seine geradlinige Entwicklung und sein relativ hohes Tatzeitalter als
Heranwachsender Jugendrecht nicht mehr anzuwenden.
Zur Einwirkung auf beide Angeklagte erachtete das Gericht bzgl. der
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Zur Einwirkung auf beide Angeklagte erachtete das Gericht bzgl. der
gemeinschaftlich begangenen Sachbeschädigung jeweils die Verhängung von
Geldstrafe von 10 Tagessätzen für angemessen und geboten, um auf die
Angeklagten dahingehend einzuwirken, sich künftig nach entsprechenden
Kirmesfeiern normal zu benehmen, insbesondere keine Sachbeschädigungen oder
andere Straftaten zu begehen. Bzgl. des Angeklagten ... war die Tagessatzhöhe
auf 40,– Euro festzusetzen, da er 1200,– Euro netto etwa verdient.
Bzgl. des Angeklagten ... war ferner wegen des fahrlässig begangenen Vergehens
des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eine weitere Geldstrafe zu
verhängen, die das Gericht mit 25 Tagessätzen schuld- und tatangemessen
erachtet hat, um die notwendige Einwirkung auf den Angeklagten zu erzielen.
Dabei ist insbesondere berücksichtigt, dass der Angeklagte ... ganz erheblich
alkoholisiert und dadurch enthemmt war. Bzgl. des Angeklagten ... hat das Gericht
aufgrund seines höheren Einkommens eine Tagessatzhöhe von 50,– Euro für
angemessen erachtet und aus beiden verhängten Geldstrafen unter
zusammenschauender Würdigung der für und gegen den Angeklagten ...
sprechenden Umstände auf eine Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50,–
Euro erkannt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.