Urteil des AG Schöneberg vom 14.03.2017

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Gericht:
AG Schöneberg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16b C 55/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 241 Abs 2 BGB, § 242 BGB, §
368 BGB, § 511 Abs 4 ZPO
Wohnraummiete: Anspruch des Mieters gegen den Vermieter
auf Ausstellung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung nach
Beendigung des Mietvertrages
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages
vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages anwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des aufgrund des
Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Ausstellung einer
„Mietschuldenfreiheitsbescheinigung“.
Mit Mietvertrag vom 26.08.2002 mietete der Kläger von der Beklagten eine 2-Zimmer-
Wohnung in der ... straße in ... Berlin. Dieses Mietverhältnis kündigte der Kläger zum
31.05.2006. Mit der Kündigung bat der Kläger die Beklagte um Ausstellung einer
Mietschuldenfreiheitsbestätigung, die diese unter Hinweis auf angeblich bestehende
Betriebskostenrückstände, die zum Teil mit Mahnbescheid vom 17.08.2005 geltend
gemacht wurden, verweigerte.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünde ein Anspruch auf Erteilung der
Mietschuldenfreiheitsbescheinigung zu. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt die
Ausstellung dieser Bescheinigung zu verweigern, da es sich bei den Betriebskosten nicht
um eine Miete im Sinne des Gesetzes handele und die Forderung aus der
Betriebskostenabrechnung unbegründet, zumindest aber nicht fällig sei. Auch werde
diese Forderung von der Beklagten nicht mehr weiter verfolgt, so dass es
rechtsmissbräuchlich sei, sich auf diese etwaigen Rückstände zu berufen. Ferner trägt
der Kläger vor, dass er die Mietschuldenfreiheitsbescheinigung benötige, um eine neue
Wohnung anmieten zu können.
Nachdem der Kläger zum 01.06.2006 einen neuen Mietvertrag unterzeichnen konnte,
hat er mit Schriftsatz vom 11.05.2006 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt
erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung weder angeschlossen noch dieser
widersprochen.
Der Kläger beantragt gegen die im Termin am 12.06.2006 trotz ordnungsgemäßer
Ladung nicht erschienen Beklagte ein Versäumnisurteil mit dem Inhalt,
festzustellen, dass sich die Hauptsache erledigt hat und der
Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze des Klägers nebst
Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Antrag auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat,
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Der Antrag auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat,
stellt, nachdem die Erledigungserklärung des Klägers einseitig geblieben ist, eine
zulässige Beschränkung des Klageantrages im Sinne des § 264 Nr.2 ZPO dar (vgl. Zöller,
ZPO, 25. Aufl., § 91a Rn. 34). Dies hat zur Folge, dass nunmehr darüber zu entscheiden
ist, ob die Klage tatsächlich erledigt ist (vgl. Zöller a.a.O.), d.h. ursprünglich zulässig und
begründet war, nachträglich aber gegenstandslos geworden ist (vgl. Zöller a.a.O., § 91a
Rn.3).
Dies wiederum führt zu dem Ergebnis, dass die ursprüngliche Klage auf Erteilung einer
Mietschuldenfreiheitsbescheinigung zwar zulässig aber nicht begründet war.
Die Klage war zulässig, da sie auf Vornahme einer vertretbaren Handlung im Sinne des §
887 ZPO, nämlich der Erstellung einer schriftlichen Erklärung/Bestätigung gerichtet war.
Indes war die Klage von Anfang an unbegründet, da dem Kläger kein Anspruch auf
Ausstellung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung zustand. Entgegen der Auffassung
des Klägers und des Amtsgerichts ... (Urteil vom 30.03.2006, ... , Veröffentlich in MM
6/06 , S. 183) ergibt sich ein solcher Anspruch weder aus § 242 noch aus § 241 Abs.2
BGB. Eine Pflicht des Vermieters, dem Mieter eine sogenannte
Mietschuldenfreiheitsbestätigung auszustellen besteht nicht. Unabhängig davon, dass
sich Umfang und Inhalt einer solchen Bescheinigung nicht hinreichend präzise
bestimmen lassen, es insoweit zu einer Folge von weiteren Auseinandersetzungen
kommen könnte, lässt sich aus solch einer Erklärung kein Rückschluss auf die Solvenz
und Zuverlässigkeit des Mieters ziehen, was der eigentliche Zweck der
Mietschuldenfreiheitsbestätigung sein dürfte. So bleibt zum einen offen, für welchen
Zeitraum diese Mietschuldenfreiheitsbestätigung ausgestellt werden soll, ob in dieser
Rückstände aus Betriebskostenabrechnungen o.ä. aufgenommen werden dürfen und ob
in dieser Bescheinigung ein Hinweis auf ausstehende Gerichts- und Prozesskosten
aufgenommen werden können, wie in dem vom Amtsgericht ... entschiedenen Fall.
Gleichfalls ergibt sich aus einer möglicherweise sehr allgemein zu haltenden
Mietschuldenfreiheitsbestätigung nicht, wann die einzelnen Mieten gezahlt wurden (stets
oder gelegentlich mit Verzug), wer diese geleistet hat (Zahlung durch Dritte) und wie
diese geleistet wurden (Raten, etc.). Eine Mietschuldenfreiheitsbestätigung gibt damit
nicht verlässlich Auskunft über die Zuverlässigkeit eines Mieters, was das eigentliche
Ansinnen einer solche Mietschuldenfreiheitsbestätigung sein dürfte. Soweit der Mieter
die pünktliche Zahlung der letzten Mieten einem etwaigen neuen Vermieter belegen will,
wäre daran zu denken, dass der Mieter dem Vermieter zur Ausstellung einer Quittung
gem. § 368 BGB in Anspruch nimmt. Der ursprüngliche Antrag des Klägers wird hiervon
indes nicht getragen, da das Interesse des Klägers ersichtlich ein anderes war und weiter
ging.
Darüber hinaus steht dem Kläger auch kein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Die in
Berlin beginnende Praxis, sich vor Abschluss eines neuen Mietvertrages eine
Mietschuldenfreiheitsbestätigung ausstellen zu lassen, berücksichtigt die
Besonderheiten des Berliner Wohnungsmarktes führt aber nicht dazu, dass es auch
ohne eine solche Mietschuldenfreiheitsbestätigung besonders schwierig oder gar
ausgeschlossen wäre, einen neuen Mietvertrag abzuschließen.
Selbst wenn jedoch entgegen obiger Ausführungen von einem Anspruch des Klägers
auszugehen wäre, wäre die Klage unbegründet, da die Beklagte nach dem eigenen
Vortrag des Klägers zu Recht keine Mietschuldenfreiheitsbestätigung ausgestellt hat.
Bereits nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ist bzw. war ein Rechtsstreit über
ausstehende Betriebskosten anhängig. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es
weder rechtsmissbräuchlich, wenn die Beklagte unter Berufung auf etwaig ausstehende
Betriebskosten keine Mietschuldenfreiheitsbestätigung ausstellt, noch kann davon
ausgegangen werden, dass Betriebskostenzahlungen nicht in eine solche Bestätigung
mit aufzunehmen wären. Da der Sinn einer Mietschuldenfreiheitsbestätigung darin liegt,
einen neuen Vermieter auf etwaige Zahlungsrückstände hinzuweisen, die aus dem
vorhergehenden Mietverhältnis stammen, sind auch etwaige Rückstände aus
Betriebskostenabrechnungen aufzunehmen. Da bereits nach dem eigenen Vortrag des
Klägers keine Mietschuldenfreiheit besteht, war die Beklagte nicht gehalten, eine
Mietschuldenfreiheitsbestätigung auszustellen.
Nach alledem war die Klage gem. § 331 Abs.2 2. Hs. ZPO abzuweisen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 91 ZPO
und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr.11, 711 ZPO.
Die Berufung war zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs.4 ZPO vorliegen.
Zu der Problematik „Mietschuldenfreiheitsbestätigung“ liegt ersichtlich noch keine
Zu der Problematik „Mietschuldenfreiheitsbestätigung“ liegt ersichtlich noch keine
obergerichtliche Rechtsprechung vor. Die Klärung dieser Problematik hat jedoch für eine
Vielzahl von Rechtsverhältnissen grundsätzliche Bedeutung, so dass die
Voraussetzungen des § 511 Abs.4 Nr.1 ZPO gegeben sind. Ferner hat das Amtsgericht
... mit Urteil vom 30.03.2006, ... , veröffentlicht in ... , eine gegenteilige Rechtsauffassung
vertreten, so dass zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung
des Berufungsgerichts erforderlich wird, § 511 Abs.4 Nr.2 ZPO.
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