Urteil des AG Ravensburg vom 05.04.2002

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AG Ravensburg Beschluß vom 5.4.2002, 12 C 459/02
Einstweiliger Verfügungsantrag eines Stromversorgungsunternehmens: Versagung einer Zutrittsgewährung zur Wohnung eines im
Zahlungsverzug befindlichen Stromkunden zur Durchsetzung einer Stromsperre
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 03.04.2002 wird
kostenpflichtig zurückgewiesen.
Streitwert: 1.000,00 Euro
Gründe
1 Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag, dass die Antragsgegnerin das Betreten der Wohnung zu dem Zweck duldet, dass der Strom
abgeschaltet wird. Damit verfolgt die Antragstellerin mit der einstweiligen Verfügung das gleiche Ziel, wie mit einer an sich auch möglichen
Hauptsacheklage. Es handelt sich also um einen Fall der Leistungsverfügung. Die Sicherung des Zahlungsanspruchs für künftige Rückstände ist
nur mittelbares Ziel der Antragstellerin.
2 Für den Erlass eines Leistungsverfügung fehlt es jedoch am Verfügungsgrund. Für eine Leistungsverfügung ist insoweit besondere
Voraussetzung, dass der Gläubiger auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist (Zöller/Vollkommer, 22. Auflage, § 940 ZPO, Rn. 6). Der
Antragstellerin ist es jedoch ohne weiteres zuzumuten, ein bis zwei Monate zu warten, bis sie im ordentlichen Zivilverfahren einen Titel erwirkt hat.
Gleiches wird auch dem Vermieter zugemutet, wenn der Mieter mit den Mietzahlungen in Verzug kommt. Der Vermieter kann nicht im Wege der
einstweiligen Verfügung die Räumung des Mietobjekts erwirken. Zu berücksichtigen ist auch, dass Zahlungsverzug der Antragsgegnerin bereits
seit 02.10.01 besteht und daher die Möglichkeit bestanden hätte, bereits früher eine Klage einzureichen.
3 Selbst wenn man davon ausgeht, dass es hier um die Sicherung von Zahlungsansprüchen geht, also um einen Fall der Sicherungsverfügung,
liegen die Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht vor. Stellt man darauf ab, dass die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes
gesichert werden soll, fehlt es einem zu sichernden Anspruch (nach Zöller/Vollkommer, 22. Auflage, § 935 ZPO, Rn. 9, kann ein
Zurückbehaltungsrecht nicht Gegenstand einer einstweiligen Verfügung sein). Aber auch der Zahlungsanspruch für die künftigen Lieferungen der
Antragstellerin kann nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung gesichert werden, die Sicherung künftiger Ansprüche setzt ein unabweisbares
Bedürfnis voraus (vgl. Zöller/Vollkommer, § 935 ZPO, Rn. 5). Ein solches Bedürfnis ist nicht vorhanden (vgl. die Ausführungen oben zur
Leistungsverfügung). Hinzu kommt, dass es sich um einen Zahlungsanspruch handelt, der grundsätzlich im Arrestverfahren nach §§ 916 ff ZPO zu
sichern ist. Würde man insoweit eine einstweilige Verfügung für statthaft halten, könnten die für den dinglichen Arrest vom Gesetz statuierten
Voraussetzungen, insbesondere eines Arrestgrundes nach § 917 ZPO, umgangen werden.
4 Kosten: § 91 ZPO.