Urteil des AG Potsdam vom 16.10.2009

AG Potsdam: wirtschaftliches interesse, widerklage, betriebskosten, nachzahlung, grundstück, mietvertrag, vermieter, schnee, abrechnung, nebenkosten

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Gericht:
AG Potsdam
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
24 C 242/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Tenor
Auf die Widerklage werden die Kläger verurteilt, als Gesamtschuldner an den Beklagten
557,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 16.10.2009 zu zahlen; im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kläger haben 8 %, der Beklagte hat 92 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu
vollstreckenden Betrages, sofern nicht die Kläger vorher Sicherheit in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Unter dem 27.04.2006 mieteten die Kläger von dem Beklagten eine Doppelhaushälfte in
der […] Str. in […] Die monatlich zu zahlende Nettomiete betrug 848,00 EUR, die
Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen betrugen jeweils 106,00 EUR, sodass sich
einer Bruttomiete von 1.060,00 EUR errechnete. Wegen der Einzelheiten des
Mietvertrages wird auf diesen verwiesen (vgl. Anlage K 2, Bl. 10 ff d. A.).
Das Grundstück befindet sich auf dem Ensemble der Alten Babelsberger Sternwarte. Der
Teil des Grundstücks, auf dem die Mehrfamilienhäuser liegen, wurden von dem
Ensemble abgetrennt und an einen Investor verkauft, der auf dem Grundstück vier
Mehrfamilienhäuser sanierte und den auf dem Gelände aufstehenden Wald in eine
Parklandschaft umgestaltete.
Der Beklagte ist Eigentümer des Flurstücks 47 und Miteigentümer des Flurstücks 49.
Weitere Eigentümer des Flurstücks 49 sind die Eigentümer der anderen Flurstücke 44, 45
und 48. Das Flurstück 49 liegt in der Mitte des gesamten Areals und besteht aus einer
großen angelegten Wiese mit Spielplatz der von allen Mietern genutzt wird. …
Für das Betriebsjahr 2006 erstellte der Beklagte vom 21.12.2007 eine
Betriebskostenabrechnung, die mit einer Nachzahlung zu Lasten der Kläger in Höhe von
602,12 € endete, wobei für die Gartenpflege 526,62 € berechnet wurden. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf die Betriebskostenabrechnung vom 21.12.2007 verwiesen
(vgl. Anlage K 4, Bl. 15 f. dA).
Unter dem 11.12.2008 erstellte der Beklagte die Betriebskostenabrechnung für das Jahr
2007 ab, welche mit einer Nachzahlung zu Lasten der Kläger in Höhe von 3.543,62 €
endete. Die Kosten für die Gartenpflege wurden in dieser Abrechnung mit 5.019,48 €
veranschlagt. Wegen der Einzelheiten der Abrechnung wird auf diese verwiesen (vgl.
Anlage K 1, Bl. 6 f, d. A.).
Unter dem gleichen Datum hat der Beklagte die Heizkostenabrechnung für 2007 erstellt,
welche mit einer Nachzahlung zu Lasten der Kläger von 557,92 EUR endete.
Die Kläger behaupten, dass sich das Mehrfamilienhaus auf einem ca. 1.000 m² großen,
von der Umgebung nicht durch eine gesonderte Einfriedung abgegrenzten
Gartengrundstück befindet. Vor Abschluss des Mietvertrages hätten sich die Kläger bei
dem von dem Beklagten beauftragten Makler danach erkundigt, ob die nach dem
äußeren Eindruck zu dem ehemaligen Sternwartenpark gehörenden Flächen als
Gemeinschaftsflächen der Wohnungseigentumsanlage zuzuordnen seien, worauf ihnen
mitgeteilt worden sei, dass Bestandteil des Mietvertrages lediglich der unmittelbar hinter
der Erdgeschosswohnung der Kläger liegende Mietergarten sei. Die
Betriebskostenabrechnung 2007 sei hinsichtlich der Position „Gartenpflege“ in Höhe von
5.019,48 € der Position „Gebäudereinigung/Mülltonnenbereitstellung“ in Höhe von
2.826,00 € und der „Gehwegreinigung“ in Höhe von 2.653,61 € sowie „separate
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2.826,00 € und der „Gehwegreinigung“ in Höhe von 2.653,61 € sowie „separate
Gartenpflege“ in Höhe von 711,34 EUR nicht nachvollziehbar.
Überdies meinen die Kläger, dass der Beklagte die parkartige, ca. 12.000 m² große
Fläche, welche sich zu dem überwiegenden Teil nicht auf dem der streitgegenständlichen
Eigentümergemeinschaft gehörenden Grundstück befinde, nicht als Betriebskosten auf
die Kläger umrechnen dürfe.
Die Kläger haben ursprünglich beantragt festzustellen, dass der von dem Beklagten mit
Schreiben der Hausverwaltung vom 11.12.2008 geltend gemachte
Betriebskostennachzahlungsanspruch für das Bewirtschaftungsjahr 01.01.2007 bis
31.12.2007 in Ansehung der streitgegenständlichen Dreizimmerwohnung in dem
Wohnhaus […] (Erdgeschoss, 106,3 m²) in Höhe von 3.343,62 € nicht besteht. Nach
Erhebung der Widerklage durch die Beklagte haben die Parteien den Rechtsstreit
insoweit für erledigt erklärt.
Der Beklagte beantragt widerklagend,
die Kläger zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Beklagten 4.101,54 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des
Schriftsatzes zu zahlen.
Die Kläger beantragen,
die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, sowohl die Betriebs- als auch die Heizkostenabrechnung für
das Jahr 2007 seien korrekt. Hinsichtlich der Betriebskosten 2007 behauptet der
Beklagte, dass das Mehrfamilienhaus nicht auf einen nur 1.000 m² großen
Gartengrundstück liege, sondern dass sich das Mehrfamilienhaus auf einem
Gesamtgelände befinde, welches eine Gesamtfläche von ca. 12.000 m² aufweise.
Hinsichtlich der Gesamtkosten der Gartenpflege sei kein gesonderter Vertrag
abgeschlossen, vielmehr sei die Pflege im Rahmen des für das gesamte Areal
geschlossene Vertrages übernommen worden.
Die Position Gebäudereinigung ergebe sich daraus, dass die Fa. […] für ihre Dienste für
das Haus B 3, in dem die Kläger wohnten, monatlich 238,00 € berechne, was einem
Betrag von 2.856,00 € ergebe, welcher anhand der Wohnflächen auf die Mieter umgelegt
werde.
Der geringere Betrag für die Gartenpflege kosten 2006 rühre daher, dass das
Gesamtgrundstück im Jahre 2006 nur mit einem Wald bewachsen gewesen sei.
Die Kosten für die Straßen und Gehwegreinigung über die Schnee- und Eisbeseitigung
sowie die Dachinnenreinigung seien durch die Fa. […] entstanden. Für die Reinigung des
über des Gesamtgrundstückes verlaufenden Weges sei über das gesamte Jahr hinweg
ein Betrag von 5.950,00 € plus 1.190,00 €, mithin insgesamt 7.140,00 e angefallen. Die
Kosten seien gem. der Wohnfläche auf die Mieter aufgeteilt worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Widerklage hat lediglich teilweise Erfolg.
Die Widerklage hat nur hinsichtlich der Heizkosten Erfolg.
Dem Beklagten ein Anspruch gem. § 535 BGB auf Nachzahlung der Heizkosten für das
Jahr 2007 in Höhe von 557,92 EUR. Die Kläger haben den Vortrag insoweit nicht
hinreichend gem. § 138 ZPO bestritten.
Keinen Anspruch hat die Beklagtenseite hinsichtlich der mit der Widerklage geltend
gemachten Kosten für die Gartenpflege aus der Betriebskostenabrechnung 2007.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die streitgegenständliche Fläche in dem Mietvertrag
einbezogen worden ist, da die Kläger anlässlich des Vertragsschlusses davon ausgehen
konnten und durften, dass allenfalls der Bereich von den Kosten für die Gartenpflege
umfasst ist, den sie auch benutzen durften. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, da
der Vermieter dem Mieter nur betriebswirtschaftlich sinnvolle Kostenarten bzw.
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der Vermieter dem Mieter nur betriebswirtschaftlich sinnvolle Kostenarten bzw.
Kostenteile auferlegen darf (§§ 556 Abs. 3 Satz 1, 560 Abs. 5 BGB), was letztlich
Ausdruck des Gebots der Rücksichtnahme auf die berechtigten Belange des
Vertragspartners ist, wonach allein die Umlage solcher Kosten gerechtfertigt sind, die für
eine ordnungsgemäße und sparsame Bewirtschaftung erforderlich sind. Dem Vermieter
obliegt grundsätzlich eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter über diejenigen
Umstände des Vertrags, die für den Vermieter erkennbar von besonderer Bedeutung für
die Entscheidung des Mieters sind, den Mietvertrag über die in Aussicht genommene
Wohnung zu schließen. Insbesondere ergibt sich aus dem in § 241 II BGB kodifizierten
Gebot der Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils
die Pflicht des Vermieters, den Mieter über die Höhe der Nebenkosten aufzuklären. Denn
der Mieter hat ein wesentliches wirtschaftliches Interesse daran zu erfahren, mit welcher
Gesamtbelastung er zu rechnen hat. Die neben der Nettomiete auf den Mieter
zukommenden Nebenkosten können einen erheblichen Einfluss auf den
Entscheidungsprozess haben, den Mietvertrag abzuschließen (siehe dazu allgemein:
Artz, NZM 2004, 328). Der Beklagte hätte vor diesem Hintergrund die Kläger auf die
Größe der Gartenfläche, außerhalb der den Klägern zur Nutzung überlassenen Fläche,
hinweisen müssen. Dass sie dies getan hat, hat sie jedoch nicht dargetan. Überdies folgt
aus den insoweit nachvollziehbaren Aussagen der Zeugen Dr. S und P, dass dies auch
gegenüber anderen Interessenten bzw. Mietern nicht erfolgt ist.
Hinsichtlich der Positionen Schnee und Eisbeseitigung sowie Gehweg und
Straßenreinigung hat die Widerklage keinen Erfolg. Insoweit hat die Beklagtenseite trotz
Bestreitens der Klägerseite nicht dargetan, dass diese Positionen nicht in einem
Zusammenhang mit der Grundstücksgröße stehen.
Ebenfalls kein Anspruch steht dem Beklagten wegen der separaten Gartenpflegekosten
zu, da diese – wie sich aus Blatt 2 der Erläuterungen zur Betriebskostenabrechnung
2007 – ergibt, in Bezug zur nicht zu berücksichtigenden Gartenfläche von 12.441 m²
steht.
Der Anspruch errechnet sich mithin wie folgt:
Die Gesamtsumme der Betriebskosten beträgt statt 17.235,99 EUR nach Abzug der
Kosten Kosten für Gartenpflege in Höhe von 5.019,48 EUR, der Schnee- und
Eisbeseitigung in Höhe von 2.411,40 EUR und der Gehweg-/Straßenreinigung in Höhe
von 2.651,61 EUR ergibt sich ein Betrag in Höhe von von 7.153,50 EUR.
Der anteilige Faktor errechnet sich mithin wie folgt:
7.153,50 ./. 12 ./. 543,60 = 1.096 (Berechnungsfaktor)
Die Anteile an den Betriebskosten und dem Wasserverbrauch errechnen sich daher
folgendermaßen:
1.096 x 106,30 = 116,57 x 12 = 1.630,64 EUR
Davon abzuziehen sind die nicht nachgewiesenen separaten Kosten für die Gartenpflege
in Höhe von 711,34 EUR und die Vorauszahlungen in Höhe von 1.272,00 EUR, was dazu
führt, dass dem Beklagten kein Zahlungsanspruch aus der Betriebskostenabrechnung
2007 zusteht.
[…]
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 92 I ZPO.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, waren dem Beklagten die
Kosten des Rechtsstreits gem. § 91a ZPO aufzuerlegen, da die Feststellungsklage ohne
die Erledigung erfolgreich gewesen wäre, da dem Beklagten der Nachzahlungsanspruch
aus der Betriebskostenabrechnung 2007 nicht zustand.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 280, 286 BGB.
Streitwert gem. §§ 3 ZPO, 45 GKG: 7.645,16 (3.543,62 + 4.101,54 EUR)
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