Urteil des AG Potsdam vom 14.03.2017

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Gericht:
AG Potsdam
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
32 C 349/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 241 Abs 2 BGB, § 280 Abs 1
BGB, § 823 Abs 1 BGB
Verkehrssicherungspflicht: Schäden an einer Frontschürze, die
beim Einparken auf Grund unterschiedlicher Bordsteinhöhe und
abgesenkter Rasengittersteine entstanden sind
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten
wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Hohe von 120 % des aus dem Urteil zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Der Kläger verfolgt mit seiner Klage Ansprüche aus einem streitigen Unfallereignis vom
08.08.2006. Die Beklagte zu 2) betreibt in Teltow auf dem Gelände ... einen Supermarkt
in einem Einkaufszentrum. An dem Einkaufszentrum befindet sich ein Kundenparkplatz.
Die Beklagte zu 1) ist Eigentümerin des Grundstückes. Zwischen der Beklagten zu 2)
und der Beklagten zu 1) besteht ein Geschäftsraummietvertrag, nach dessen Inhalt ein
Ladengeschäft vermietet wird sowie „zur Mitbenutzung neben anderen Mietern auf dem
Grundstück Stellplatzflächen und alle für die Nutzung erforderlichen Verkehrsflächen und
notwendigen Stellplätze.“ Insoweit wird auf § 1 des Mietvertrages, Bl. 52 d. A., verwiesen.
Nach § 8 des Vertrages obliegt dem Mieter die Verkehrssicherungspflicht innerhalb des
Mietobjekts. Für angrenzende Wege und Gehwege trägt der Vermieter die Haftung.
Insoweit wird auf Bl. 57 d. A. verwiesen.
Der Kläger behauptet, er habe sich am 03.08.2006 gegen 12:25 Uhr auf das Grundstück
der Beklagten zu 1) begeben, um in den Supermarkt der Beklagten zu 2} Einkäufe zu
tätigen. Zu diesem Zweck sei er mit seinem PKW Typ Audi A6 Avant, amtliches
Kennzeichen ..., der bis dahin unbeschädigt gewesen sei, vorwärts in eine der
vorhandenen Parkflächen mit den Vorderrädern bis an den Bordstein herangefahren.
Durch abgesenkte Rasengittersteine im Bereich dieses Parkplatzes habe die
Frontschürze seines PKW auf den Bordstein aufgesetzt und sei dadurch beschädigt
worden. Hinsichtlich der Fahrzeugschäden wird auf die eingereichte Werkstattrechnung
vom 18.09.2006 (Blatt 18 d. A.) Bezug genommen. Der Kläger behauptet, den
Beklagten sei die Gefahr, die von dem Bordstein für dort parkende Fahrzeuge
ausgegangen sei, bekannt gewesen. Zum einen sei der Bordstein an dieser Stelle
offensichtlich erheblich beschädigt. Zum anderen habe ein Mitarbeiter der Beklagten zu
2) bei der Schadensmeldung die Auskunft erteilt, dass derartige Beschädigungen dort
bereits mehrfach aufgetreten seien.
Der Kläger macht folgende Schäden mit der Klage geltend:
Reparaturkosten
773,65 € brutto
Nutzungsausfall (für 4 Tage á 59,- €) 263,- €
Pauschale
20,- €.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner 1.029,65 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2006 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte zu 1) behauptet, eine Beschädigung des Stoßfängers am Klägerfahrzeug
sei durch den Bordstein nicht möglich, da der Stoßfänger flexibel ausgestaltet sei und
über einen sogenannten Verschleißstreifen verfüge. Darüber hinaus sei der Kläger in
unangepasster Weise in den Parkplatz gefahren. Die Beklagten sind der Auffassung,
dass der Kläger mit der Fahrzeugfront den Bordstein nicht hätte überfahren dürfen. Eine
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sei nach Ansicht der Beklagten zu 1) auch
deshalb nicht gegeben, da der Abgrenzungsbordstein und die Absenkung der Parkfläche
für den Nutzer des Parkplatzes erkennbar seien. Selbst wenn man eine
Verkehrssicherungspflicht annähme, träfe den Kläger nach Auffassung der Beklagten zu
1) in jedem Fall ein erhebliches Mitverschulden, da er nicht vorsichtig tastend an den
Bordstein herangefahren ist und das Fahrzeug auch nicht rückwärts einparkte. Die
Beklagte zu 2) ist der Ansicht, dass sich ihre Verkehrssicherungspflicht nur auf den
Bereich der Verkaufsräume, nicht aber auf den Bereich des Parkplatzes erstrecke.
Das Gericht hat die vom Kläger zur Akte gereichten Fotos in der mündlichen
Verhandlung vom 05.02.2007 in Augenschein genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1
BGB. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Beklagte zu 2) selbst
verkehrssicherungspflichtig ist, obwohl in § 8 des Mietvertrages die
Verkehrssicherungspflicht „innerhalb des Mietobjekts,, - zu dem allerdings nach § 1. des
Vertrages auch die Stellflächen zu rechnen sind - auf die Beklagte zu 1) übertragen
worden ist. Denn die Beschaffenheit des Parkplatzes an der nach Darstellung des
Klägers unfallursächlichen Stelle begründet keine Verletzung der
Verkehrssicherungspflicht. Die Verkehrssicherungspflicht wird begründet aus der
Eröffnung einer Fläche zur Nutzung durch den Verkehr. Die sich bei der Nutzung
ergebenden Gefahren sind abzuwehren, wenn die Möglichkeit einer Verletzung ersichtlich
ist und dieser Möglichkeit durch zumutbare Maßnahmen begegnet werden kann.
Gefahren für Dritte sind insoweit abzuwehren, als sie bei üblicher oder bei nicht
ganzfernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (Palandt/Sprau, BGB, 65.
Aufl., § 823 Randziffer 51 Ein vollständiger Schutz vor allen denkbaren Gefahren lässt
sich jedoch auch im Rahmen der Verkehrssicherungspflichten nicht erreichen. Die
Verkehrssicherungspflichten beziehen sich nur auf diejenigen Gefahren, die für den
Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht
rechtzeitig einzustellen vermag (Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § S23 Rz. 221; BGH
VersR 1968, S. 400; VersR 1979, 1055). Maßgeblich ist demnach, ob der Benutzer auch
unter Anwendung der von ihm in der konkreten Situation zu erwartenden Sorgfalt die
Gefahr nicht erkennen und vermeiden konnte. Davon ist vorliegend nicht auszugehen.
Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Kläger bei Einhaltung der ihn
treffenden Sorgfalt, die Gefahr, die sich für sein Fahrzeug aus der unterschiedlich hoch
verlaufenden Bordsteinkante und aus der Absenkung der Rasengittersteine ergab, hätte
erkennen und den Schaden hätte vermeiden können. Entscheidend ist, dass der
streitgegenständliche Bordstein als Gefahrenquelle deutlich sichtbar war. Es bestand für
den Kläger uneingeschränkt die Möglichkeit, sich einen Überblick über die sichtbaren
Begrenzungen des gewählten Parkplatzes zu machen und sein Parkverhalten
entsprechend anzupassen. Eine Bordsteinbegrenzung stellt grundsätzlich eine
Gefahrenquelle für die unmittelbar über den Boden, befindlichen Fahrzeugteile dar. Dies
gilt unabhängig davon, ob es sich dabei um Fahrzeuge mit einer serienmäßigen oder
nachgerüsteten Ausstattung handelt. Wie aus den vom Kläger zur Akte gereichten
Fotos, insbesondere Blatt 6 und 7 d. A. ersichtlich ist, ist der Höhenunterschied zwischen
dem rechten und dem linken Bordstein, der nach Angaben des Klägers fast 6 cm
beträgt., mit bloßem Auge erkennbar. In der konkreten Einparksituation ist ferner zu
berücksichtigen, dass der Fahrer mit einer verringerten Geschwindigkeit fährt und beim
Einfahren das Risiko, mit dem unteren Bereich seines Fahrzeuges an den Bordstein zu
stoßen, erkennen kann. Auch war für den Kläger zu erkennen, dass der Boden im
Unfallbereich und rechts daneben infolge des dort befindlichen Baumes erhebliche
Unebenheiten aufweist und dass die Pflasterung nicht neu hergestellt ist. Insoweit
konnte er auch damit rechnen, dass Unebenheiten auf den Parkflächen durch das
Absenken von Rasengittersteinen vorhanden sind.
Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) auch keinen Anspruch aus vertraglicher
Schutzpflichtverletzung (§ 280 i. V. m. 241 Abs. 2BGB). Ihn trifft auch keine Haftung aus
der Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten (§§ 311 Abs. 2, 280, 241 Abs. 2 BGB). Es
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der Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten (§§ 311 Abs. 2, 280, 241 Abs. 2 BGB). Es
fehlt an einer entsprechender Nebenpflichtverletzung durch die Beklagte zu 1), so dass
vorliegend dahinstehen kann, ob der Kläger am Unfalltag tatsächlich bei der Beklagten
zu 1) eingekauft hat oder einkaufen wollte. Innerhalb eines Vertragsverhältnisses handelt
es sich bei den Verkehrssicherungspflichten im Sinne des 823 Abs. 1 BGB zugleich um
Vertragspflichten (Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 823 Rz. 49). Eine
Schutzpflichtverletzung scheidet hier aus, da vertraglich keine weiter gehende
Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf den Parkplatz, die über die allgemeinen
Verkehrspflichten hinaus geht, vereinbart worden ist. Hinsichtlich der Beklagten zu 2)
fehlt es bereits an einer vertraglichen Sonderverbindung.
Die Entscheidung über die Kosten ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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