Urteil des AG Plettenberg vom 05.06.1998

AG Plettenberg (kläger, amtliches kennzeichen, höhe, vvg, dach, zweifel, unfall, fahrzeug, vollkaskoversicherung, foto)

Amtsgericht Plettenberg, 1 C 53/98
Datum:
05.06.1998
Gericht:
Amtsgericht Plettenberg
Spruchkörper:
durch den Richter am Amtsgericht M für Recht erkannt
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 C 53/98
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
700,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
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Die Parteien streiten um Entschädigungsleistungen aus einer Vollkaskoversicherung.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung für seinen PKW vom
Typ Renault Laguna, amtliches Kennzeichen N. Bis zum 1. Oktober 1997 war eine
Selbstbeteiligung von 650,00 DM vereinbart.
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Der Kläger behauptet, am 27. September 1997 gegen 12.00 Uhr mit dem genannten
PKW in Attendorn einen Unfall gehabt zu haben. Er sei mit dem PKW auf den Parkplatz
des REWE-Geschäftes in B, Parkplatzeinfahrt von der Straße "B1 T" aus, gefahren.
Diese Einfahrt sei durch eine torähnliche Umrandung eingefasst. Auf dem Dach seines
Fahrzeugs habe er einen Dachgepäckträger mit aufgestellten Fahrrädern gehabt. Es sei
zur Berührung zwischen den Fahrrädern und den Querbalken des Tores gekommen,
wodurch sich die Fahrräder geneigt hätten. Infolge dessen seien am Dach des PKW
erhebliche Schäden entstanden, nämlich dadurch, dass sich der Dachgepäckträger
infolge der Berührung der Fahrräder mit dem Querbalken aus der Verankerung gelöst
habe.
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Am PKW des Klägers ist – unstreitig – ein Schaden in Höhe von 4.256,98 DM
vorhanden. Der Kläger behauptet weiter, er habe sich vor dem Durchfahren dieser
Toreinfahrt Gedanken darüber gemacht, ob die Durchfahrt höhenmäßig im Hinblick auf
die auf dem Dach sich befindlichen Fahrräder möglich gewesen sei. Er sei zu dem
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Schluss gekommen, dass eine gefahrlose Durchfahrt möglich hätte sein müssen. Er
müsse sich jedoch verschätzt haben. Er ist der Auffassung, die Beklagte schulde aus
dem bestehenden Vollkaskoversicherungsvertrag für den behaupteten Schadensfall
eine Entschädigung, bei der sich der Kläger die unstreitig vereinbarte Selbstbeteiligung
in Höhe von 650,00 DM anrechnen lässt.
Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.606,98 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 05.12.1997
zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, sie schulde keine Entschädigungsleistung.
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Sie behauptet dazu, der Kläger habe zum einen den behaupteten Versicherungsfall
schon nicht ordnungsgemäß angezeigt, weil er nämlich in seiner Schadensanzeige
ursprünglich angegeben habe, der Unfall habe sich im Bereich einer
Tiefgarageneinfahrt ereignet. Auch habe er – unstreitig – zunächst außergerichtlich
behauptet, der Unfall habe sich erst am 4. Oktober ereignet. Die Beklagte ist der
Auffassung, der Kläger habe damit gegen seine Obliegenheiten gemäß § 6 Abs. 3 VVG
verstoßen. Die Beklagte sei daher schon aus diesem Grunde leistungsfrei geworden.
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Desweiteren ist die Beklagte der Ansicht, der Kläger habe den behaupteten
Schadensfall jedenfalls grob fahrlässig herbeigeführt, indem er trotz der sich auf dem
Dach befindlichen Fahrräder unter der Tordurchfahrt hindurch zu fahren versucht habe.
Sie meint daher, auch die Voraussetzungen des § 61 VVG seien erfüllt, was ebenfalls
Leistungsfreiheit zur Folge habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist nicht begründet.
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Ein Entschädigungsanspruch aus dem zwischen den Parteien unstreitig bestehenden
Vollkaskovertrag steht dem Kläger wegen des behaupteten Schadensereignisses vom
27.09.1997 in B gegenüber der Beklagte nicht zu.
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Es kann zunächst dahinstehen, ob der Kläger gegen seine Anzeigeverpflichtungen aus
§ 6 Abs. 3 VVG verstoßen hat, indem er zunächst in der Schadensanzeige angab, der
Unfall habe sich in einer Tiefgaragendurchfahrt ereignet. Insoweit ist zwischen den
Parteien streitig, ob diese unstreitig in der Schadensersatzanzeige vorhandene Angabe
vom Kläger selbst stammt, oder von der aufnehmenden Mitarbeiterin des
Versicherungsbüros. Ebenso ist zwischen den Parteien umstritten, ob es sich bei der
außergerichtlichen Angabe, der Schadenszeitpunkt sei der 04.10.1997 gewesen,
tatsächlich lediglich um ein Versehen handelt.
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Denn selbst wenn das behauptete Schadensereignis tatsächlich am 27.09.1997 in der
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Toreinfahrt, von der die Klägervertreterin im Termin am 5. Juni 1998 ein Foto vorgelegt
hat, geschehen wäre, wäre die Beklagte gemäß § 61 VVG von ihrer Leistungspflicht
befreit. Selbst wenn die Behauptungen des Klägers alle zu träfen, muss er sich
vorwerfen lassen, den Schaden an seinem PKW grob fahrlässig herbeigeführt zu haben.
Insoweit ist auf dem vorgelegten Foto eindeutig erkennbar, dass die Parkplatzeinfahrt
von einer torähnlichen Einfassung umgeben ist, die zudem noch weiß-rot deutlich und
auffällig markiert ist. Auch wird bereits bei Betrachtung des Fotos deutlich, dass die
Toreinfahrt recht niedrig ausfällt und dass – schon im Hinblick auf die auf dem Foto dort
abgestellten PKW – zweifelhaft erscheint, ob ein PKW mit Dachgepäckträger und
aufstehenden Fahrrädern unter dem Querbalken gefahrlos durchfahren könnte.
Desweiteren ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten des Kfz-
Sachverständigen E vom 27.10.1997 eindeutig, dass der Dachgepäckträger auf dem
Fahrzeug des Klägers – wohl infolge der Berührung der Fahrräder mit dem Querbalken
der Toreinfahrt – herausgerissen wurde, wodurch das Dach des Fahrzeugs des Klägers
beschädigt wurde. Dies lässt darauf schließen, dass die Durchfahrgeschwindigkeit als
nicht gerade niedrig anzusehen sein dürfte, da anderenfalls das Herausreißen des
Dachgepäckträgers nicht erklärlich wäre.
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Der Kläger selbst hat im Termin am 5. Juni 1998 angegebnen, sich vor dem Befahren
der Tordurchfahrt sehr wohl Gedanken darüber gemacht zu haben, ob es denn passen
würde. Andererseits hat er aber auch angegeben, dass an seinem Fahrzeug ein
Sonnendach vorhanden wäre und dass zudem noch seine Ehefrau als Beifahrerin im
Fahrzeug war. Da sich für das Gericht schon beim bloßen Betrachten des vorgelegten
Fotos Zweifel dahingehend ergeben, ob ein gefahrloses Durchfahren möglich gewesen
wäre, hätten diese Zweifel dem Kläger – seine Behauptungen als richtig unterstellt –
erst recht kommen müssen. Auch hätte er mindestens 3 Möglichkeiten gehabt, den
behaupteten Schadenseintritt abzuwenden:
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Einmal hätte er, wenn er denn tatsächlich Zweifel hinsichtlich der Höhe des Torbalkens
gehabt hätte, das Sonnendach öffnen und beobachten können, ob tatsächlich eine
Berührung nicht stattfinde.
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Zum anderen hätte er seine Ehefrau aussteigen lassen können und den Bereich des
Querbalkens beobachten lassen können.
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Schließlich hätte er dann, wenn er tatsächlich Zweifel gehabt hätte, wesentlich
langsamer fahren müssen. Dass er gerade nicht äußerst langsam gefahren ist, zeigt die
Art und Weise der Schadensherbeiführung. Wenn es denn tatsächlich nur zu einer
leichten Berührung gekommen wäre, hätte es nicht zum Herausreißen des
Dachgepäckträgers insgesamt kommen müssen. Das Gericht geht daher davon aus,
dass der Kläger mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit in die Toreinfahrt
hineingefahren ist. Es kann dem Kläger also vorgeworfen werden, im Rahmen der
Herbeiführung des Schadensfalles die zu beachtende Sorgfalt in erheblichem Maße
außer Acht gelassen zu haben. Es kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass
der Kläger sich lediglich verschätzt hat. Entweder hat er sich tatsächlich keine
Gedanken gemacht, oder er hat sich zu leicht über seine Bedenken hinweg gesetzt,
indem er viel zu schnell auf den Parkplatz eingefahren ist. Es liegt daher nicht ein Fall
lediglich einfacher Fahrlässigkeit vor.
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Rechtsfolge des § 61 VVG ist, dass die Beklagte als Vollkaskoversicherung von ihrer
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Leistungspflicht frei geworden ist.
Es bestehen daher keine Ansprüche, weshalb die Klage abzuweisen ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO:
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