Urteil des AG Neuruppin vom 14.03.2017

AG Neuruppin: sparkasse, nummer, pfandbrief, bestimmungsrecht, friedhof, erbengemeinschaft, vollstreckung, bestattungskosten, krankenkasse, versicherung

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Gericht:
AG Neuruppin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
42 C 324/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1968 BGB, § 5 Abs 1
BestFriedhWV, § 6 Abs 2
BestFriedhWV
Bestattung des Erblassers: Bestimmungsrecht bei mehreren
vorhandenen Geschwistern; Übernahme der Grabpflegekosten
für die Mindestdauer der Totenruhe
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten zu 2.) durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung von 800,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2.) vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Vollstreckung der Beklagten zu 1.) und der Beklagten zu 3.) kann die Klägerin kann
Sicherheitsleistung von jeweils 200,00 € abwenden, wenn nicht die betreibende Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Zulassungsberufung wird wegen der Beurteilung der Grabpflegekosten als
Beerdigungskosten zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des Rechtsstreits sind Schwestern. Am 27./28. März 2000 verstarb durch
Suizid ihre weitere Schwester … . Die Parteien wurden Erben zu je ¼ Anteil. Die Beklagte
zu 1.) veranlasste die Beisetzung der Erblasserin auf dem Friedhof der evangelischen
Kirchengemeinde N. in einer Erdwahlgrabstelle für eine Ruhezeit von 20 Jahren für
3.975,00 DM (Kopie des Gebührenbescheids Bl. 72 GA). Sie schloss weiterhin einen
Dauergrabpflegevertrag über eine Laufzeit von ebenfalls 20 Jahren für weitere 8.012,77
DM (Bl. 78 GA). Auch im übrigen kümmerte sich ausschließlich die Beklagte zu 1.) um
die Auseinandersetzung des Nachlasses, der ausschließlich aus Finanzvermögen
bestand. Sie zahlte an jede der weiteren Erbinnen 11.062,06 DM aus.
Unstreitig sind zwischen den Parteien folgende Posten des Nachlasses:
Weitere Positionen sind zwischen den Parteien streitig.
1.) Für das Sparbuch Nummer ... behauptet die Klägerin ein Guthaben von 37.950,77
DM.
2.) Für das Sparbuch Nummer ... behauptet die Klägerin ein Guthaben von 1.034,75 DM.
3.) Für einen ersten Pfandbrief der ... behauptet die Klägerin ein Guthaben von 10.039,39
DM.
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4.) Die Klägerin behauptet die Existenz eines zweiten Pfandbriefes der ... mit einem Wert
von 10.040,28 DM.
5.) Die Klägerin behauptet eine Sterbegeldversicherung der Erblasserin mit einer
Auszahlung an die Beklagte zu 1.) von 15.000 DM.
6.) Die Klägerin behauptet, Bestattungskosten seien nur in Höhe von 1.600,00 DM zu
Lasten der Erbmasse berücksichtungsfähig.
Die Beklagte zu 1.) habe den Grabpflegevertrag eigenmächtig ohne notwendige
Zustimmung der Erbengemeinschaft abgeschlossen. Hilfsweise behauptet die Klägerin,
eine 20-jährige Grabpflege koste lediglich 5.000,00 DM.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, folgendem Teilungsplan zur Auseinandersetzung
des Nachlasses der zwischen dem 27.03. bis 2000 verstorbenen ... zuzustimmen:
Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin 4.568,23 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab zwei Wochen nach Rechtskraft
des Urteils zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
1.) Die Beklagten behaupten für das Sparbuch Nummer ... ein Guthaben von 37.857,00
DM.
2.) Für das Sparbuch Nummer ... behaupten die Beklagten ein Guthaben von 1.033,00
DM.
3.) Für den unstreitigen Pfandbrief der ... behaupten die Beklagten einen Wert von
10.000,00 DM.
4.) Die Beklagten bestreiten die Existenz eines zweiten Pfandbriefes der ... im Nachlass
5.) Eine private Sterbegeldversicherung der Erblasserin bestreiten die Beklagten mit
Nichtwissen.
6.) Die unstreitig in Höhe von 3.975,00 DM entstandenen Bestattungskosten seien in
voller Höhe gegen den Nachlass berücksichtigungsfähig.
7.) Den Grabpflegevertrag (8.012,77 DM) habe die Beklagte zu 1.) im Einvernehmen
aller Miterbinnen abgeschlossen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Auskünfte der Sparkasse
OPR und der evangelischen Kirchengemeinde Neuruppin gemäß Beweisbeschluss vom
08. Juni 2006, durch uneidliche persönliche Vernehmung des Zeugen Werner W. sowie
schriftliche Befragung der Zeugen N. und W. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Auskünfte der Sparkasse vom 12. Juli 2006 (Bl. 101 GA)
und der Kirchengemeinde vom 22. Juni 2006 (Bl. 94 GA), auf die Sitzungsniederschrift
vom 26. Oktober 2006 sowie die schriftliche Aussage der Frau E. und des G. vom 20.
Oktober 2006 (Blatt 159 GA) verwiesen. Die Klägerin hat auf eine weitere Vernehmung
der Zeugen N. und W. verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, nicht jedoch begründet:
I.)
Die Klägerin nimmt die Beklagten als weitere Mitglieder der Erbengemeinschaft nach G.
auf Zustimmung zu einem bestimmen Teilungsplan in Anspruch. Als Mitglieder der
Erbengemeinschaft müssen auch die Beklagten zu 2.) und zu 3.) diesem Teilungsplan
entweder zustimmen oder aber ist ihre Zustimmung im Wege des gerichtlichen Urteils
zu ersetzen, selbst wenn sie nicht persönlich auf Auszahlung eines sich zugunsten der
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zu ersetzen, selbst wenn sie nicht persönlich auf Auszahlung eines sich zugunsten der
Klägerin ergebenden Guthabens in Anspruch genommen werden. Die Zahlung würde
jedenfalls zu Lasten der gemeinschaftlich gebundenen Erbmasse erfolgen. Ein
Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, auch die Beklagten zu 2.) und 3.) klagweise in
Anspruch zu nehmen, ist anzuerkennen. Das Vermittlungsverfahren des
Nachlassgerichts (§§ 86 ff. FGG) beansprucht gegenüber der Erbteilungsklage keine
vorrangige Geltung (vgl. Ebenroth, Erbrecht 1992; Rz. 797).
II.)
17.151,16 DM;
11.540,52 DM.
1.) Von dem Sparbuch Nummer ... ist ausweislich des Kontoauflösungsbeleges der
Sparkasse vom 25. Mai 2000 ein Betrag von 37.950,77 DM an die Parteien des
Rechtsstreits ausgekehrt werden (Anlage K6 - Bl. 44 GA). Bei dem von den Beklagten
genannten Betrag von 37.857,00 DM handelt es sich möglicherweise um den
Guthabenbetrag zum Sterbedatum. Da aber auch nach dem Todestag anfallende
Zinsen und Erträge in den Nachlass fallen, ist für die Auseinandersetzung der Parteien
37.950,77
DM
2.) Das vorstehende gilt entsprechend für das weitere Sparbuch Nummer … . Eine
Woche vor dem Erbfall betrug das Guthaben 1.033,00 DM. Bei Auflösung am 25. Mai
2000 betrug das Guthaben ausweislich der Sparbucheintragung (Anlage K7 - Bl. 45 GA)
1.034,75 DM
3.) Das vorstehende gilt entsprechend für den unstreitig im Nachlass vorhanden
Pfandbrief der W… Die Sparkasse ... schrieb dem Nachlass nach Verkauf des
10.039,28 DM
gut (Anlage K8 - Bl. 46 GA).
4.) Die Existenz eines zweiten Pfandbriefes im Nachlass hat die Klägerin nicht
nachzuweisen vermocht. Die aus der Anlage K8 ersichtliche weitere Gutschrift im
Gegenwert eines zweiten Pfandbriefes hat die Sparkasse am 02. Juni 2000 wieder
storniert, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt. Der von der Klägerin
angenommene Stornogrund, dass nämlich die Fälligkeit dieses Pfandbriefes erst am 01.
August 2001 eingetreten sei, überzeugt nicht, da Pfandbriefe auch vor Fälligkeit
veräußerbar sind. Die um Auskunft ersuchte Sparkasse hat demgegenüber -
überzeugend - erläutert, dass der Verkaufsauftrag wegen des einen unstreitig
vorhandenen Pfandbriefes aufgrund eines technischen Fehlers ein zweites Mal erfasst
und nochmals gutgeschrieben wurde. Nach Erkennen der Fehlbuchung erfolgte die
Stornierung. Auch die ergänzend um Auskunft ersuchte W. vermochte die Existenz eines
zweiten Pfandbriefes nicht zu bestätigen (Schreiben vom 21. Januar 2002 und vom 20.
Oktober 2006 - Anlage K9 - Bl. 47/159 GA). Die Auskünfte der Kreditinstitute finden ihre
Bestätigung in der Anzeige der Sparkasse ... über das für die Erblasserin verwaltete
Vermögen, die gemäß § 33 des Erbschaftssteuergesetzes an das Finanzamt zu erteilen
ist (Anlage C1 - Bl. 70 GA). In dieser Anzeige hat die Sparkasse nur einen einzigen für
den Nachlass verwalteten Pfandbrief angegeben (Anlage C1 - Bl. 70 GA). Das Gericht
hält es für äußerst unwahrscheinlich, dass die Sparkasse eine solche Anzeige nur
deshalb unrichtig gemacht hätte, um der Beklagten zu 1.) oder der Erbengemeinschaft
entgegen zu kommen. Die Angaben des Zeugen Werner W., eine Abteilungsleiterin beim
Finanzamt, eine Frau K., habe ihm die Existenz von zwei Pfandbriefen bestätigt; auch
habe die Beklagte zu 1.) einem entsprechenden Vorhalt nicht widersprochen, ist
jedenfalls nicht hinreichend, um dem Gericht die notwendige volle Überzeugung von der
Existenz dieses behaupteten zweiten Pfandbriefes zu verschaffen (§ 286 ZPO).
5.) Die Klägerin hat ebensowenig den notwendigen Nachweis der Existenz einer
Sterbegeldversicherung geführt. Der Zeuge Werner W., Ehemann der Klägerin, will von
der Erblasserin sowohl deren Absicht eine Sterbegeldversicherung abzuschließen
erfahren haben wie auch späterhin deren Mitteilung, diesen Abschluss getätigt zu haben.
Weitere Angaben, insbesondere bei welcher Gesellschaft diese Versicherung bestanden
haben soll, hat die Klägerin nach gemacht. Die Behauptung der Klägerin wird nicht durch
den Umstand bestätigt, dass die Beklagte zu 1.) in das bei dem Nachlassgericht
eingereichte Nachlassverzeichnis unter Nr. 5 eine Summe von Guthaben von 52.667,25
DM aufgenommen hat (Kopie Bl. 168 GA). Zwar ist dem Gericht die dort angegebene
Summe nicht zweifelsfrei reproduzierbar. In ihrer ersten Klagerwiderung vom 18.
Dezember 2005 hatte die Beklagte zu 1.) die Summe der Kontoguthaben ohne
Berücksichtigung des Sterbegeldes der Krankenkasse mit 63.941,16 DM beziffert (Bl. 16
GA). Eine Versicherung der Erblasserin nach dem Todesfall hätte aber in die Rubriken 8
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GA). Eine Versicherung der Erblasserin nach dem Todesfall hätte aber in die Rubriken 8
oder 9 des Nachlassverzeichnisses gehört („Lebensversicherungen und andere
Versicherung, soweit die auszuzahlenden Beträge in den Nachlass fallen“ bzw.
„Sterbegelder der Krankenkasse oder sonstiger Sterbegeld-Versicherungen“). Diese
Unklarheiten gehen zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin.
6.) Die Kosten der Bestattung (3.975,00 DM) sind in voller Höhe zu Lasten des
Nachlasses berücksichtigungsfähig. Die von der Klägerin mit 1.600,00 DM berechneten
Bestattungskosten wären möglicherweise bei einer Beerdigung auf einem städtischen
Friedhof der Stadt N. entstanden (vgl. Anlage K13 - Bl. 114 GA). Die Erblasserin wurde
aber auf einem Friedhof der evangelischen Kirchengemeinde Neuruppin beerdigt, wofür
abweichende Gebühren angefallen sind (vgl. Gebührenbescheid vom 30. März 2000 -
Anlage C3 - Bl. 72/R GA). Der Klägerin stand kein Bestimmungsrecht über die Art und
Weise der Bestattung zu. Das von ihr für ein solches Bestimmungsrecht herangezogene
Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen im Land Brandenburg ist
erst im Jahre 2001, also nach dem Sterbefall in Kraft getreten. Bis dahin galt nach dem
Ersten Brandenburgischen Rechtsbereinigungsgesetz die Verordnung über das
Bestattungs- und Friedhofswesen vom 26. Juni 1980 der vormaligen DDR als
Landesrecht fort. Nach deren § 6 Abs. 2 obliegt die Wahl der Bestattungsart dem
Bestattungspflichtigen bzw. dem die Bestattung veranlassenden. Bestattungspflichtig
sind nach § 5 Abs. 1 der genannten Verordnung unter anderem die Geschwister ohne
bestimmte Rangfolge. Die Klägerin hat nicht dargetan, das von ihr nunmehr geltend
gemachte Recht der Bestimmung der Bestattungsart jemals ausgeübt zu haben oder
auch nur den Versuch gemacht zu haben, es auszuüben. Insoweit verbleibt es bei dem
Bestimmungsrecht über die Bestattungsart der die Bestattung veranlassenden
3.975,00
DM
7.) Unerheblich ist, ob der Grabpflegevertrag im Einvernehmen aller Miterben
abgeschlossen ist. Das Gericht folgt, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, der
von Damrau in ZEV 2004, 456 vertretenen Rechtsansicht, nach der auch die
Grabpflegekosten für die Mindestdauer der Totenruhe als Kosten der Beerdigung nach §
1968 BGB von den Erben zu tragen sind. Seit dem Erbschaftssteuergesetz vom 17. April
1974 kann der Erbe (!) neben den Kosten der Bestattung des Erblassers und den Kosten
für ein angemessenes Grabdenkmal auch die Kosten für die übliche Grabpflege von dem
steuerbaren Nachlasserwerb absetzen, und zwar bis zu 20.000,00 DM ohne Nachweis.
Die Inanspruchnahme des pauschalierten Freibetrages setzt nicht voraus, dass der Erbe
den Anfall von Grabpflegekosten bei ihm in beliebiger Höhe überhaupt nachweist.
Ausreichend ist es, wenn er die Belastung nur mit Bestattungskosten belegt. Auch in
diesem Fall kann er den auch für Grabpflegekosten bemessenen Pauschalbetrag nutzen
(BFH/NV 1991, 243). Dies ist, wie Damrau überzeugend ausführt, nur so zu verstehen,
dass der Gesetzgeber jedenfalls ab 1974 auch die Grabpflegekosten als den Erben
notwendigerweise treffende Kosten ansieht (vgl. RGZ 139, 393). Auch die Vertragsdauer
von 20 Jahren gibt keinen Grund zur Beanstandung. Die Mindestruhefrist des Leichnams
der Erblasserin beläuft sich auf ebenfalls 20 Jahre und richtet sich nach § 12 des
Kirchengesetzes über die Friedhöfe vom 07. November 1992 (Kirchliches Amtsblatt der
evangelischen Kirche Deutschlands Berlin-Brandenburg, 1992, 202), das nach Artikel 20
des Evangelischen Kirchenvertrages Brandenburg vom 08. November 1996 für kirchliche
Gemeindefriedhöfe auch staatliche Geltung beansprucht. Nach § 33 Abs. 1 des
kirchlichen Friedhofsgesetzes muss die Grabstelle bis zum Erlöschen des
Nutzungsrechts gepflegt werden. Die Aufwendungen, die Grabstelle für die Dauer der
Mindestruhezeit in würdigem Zustand zu erhalten, sind somit zwangsläufige Folgekosten
der Beerdigung. Sie haben daher ebenfalls den Nachlass (hier mit 8.012,77 DM) zu
treffen (§ 1968 BGB). Gegen die Höhe einer oder mehrerer Einzelpositionen des
detaillierten Vertragswerks hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben.
III.)
42.647,78 DM
entfällt 1 / 4, also 10.661,94 DM. Die Klägerin hat aber bereits 11.062,06 DM erhalten.
Weiteres ist ihr aus dem Nachlass nicht zuzusprechen.
IV.)
38 Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen den §§ 91 Abs. 1; 708 Nr. 11; 511 Abs. 4
ZPO.
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