Urteil des AG Münster vom 20.01.2010

AG Münster (internationale zuständigkeit, registrierte partnerschaft, ordre public, örtliche zuständigkeit, zuständigkeit, antragsteller, zpo, scheidung, lebensgemeinschaft, antrag)

Amtsgericht Münster, 56 F 79/09
Datum:
20.01.2010
Gericht:
Amtsgericht Münster
Spruchkörper:
56. Abteilung für Familiensachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
56 F 79/09
Normen:
Art. 17 I EGBGB, Art. 13 EGBGB
Tenor:
1.
Die am 20.10.2003 vor dem Standesamt xxx unter der
Heiratsregisternummer xxx geschlossene Ehe der Parteien wird
geschieden.
2.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
1
Der Antragsteller ist niederländischer Staatsangehöriger, der Antragsgegner ist
italienischer Staatsangehöriger. Die Parteien haben nach niederländischem Recht die
Ehe geschlossen. Der letzte gemeinsame Aufenthalt der Parteien befand sich in N. Die
Parteien haben sich im Februar 2008 getrennt. Der Antragsteller lebt nunmehr in den
Niederlanden, der Antragsgegner weiterhin in N.
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Der Antragsteller begehrt die Scheidung der Ehe mit der Begründung, die Parteien
lebten seit dem 21.2.8 getrennt.
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Der Antragsteller beantragt, die am 20.10.2003 geschlossene Ehe zu scheiden.
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Der Antragsgegner widerspricht dem Scheidungsantrag
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die zu den Akten
gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe
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Der Antrag des Antragstellers ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit des Gerichts
folgt aus § 606a I oder § 661 IVm § 606a I ZPO, die auf das vorliegende Verfahren, das
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vor dem 1.9.09 eingeleitet wurde, Anwendung finden, Art. 111 FGG-RG. Zwar entspricht
die von den Parteien eingegangene Verbindung nicht dem Ehebegriff des deutschen
Rechts, das diese Rechtsform ausschließlich heterosexuellen Partnerschaften
vorbehält. Jedenfalls für die Bejahung der internationalen Zuständigkeit kann dies
jedoch dahinstehen, da auch dann, wenn die Vorschriften über die registrierte
Partnerschaft Anwendung finden müssten, die internationale Zuständigkeit gegeben
wäre. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus dem Wohnsitz des Antragsgegners.
Der Antrag ist auch begründet nach niederländischem Recht. Dieses war vorliegend
analog Art. 17 I EGBGB anzuwenden. Zwar ist Art. 17 b als eine Sonderanknüpfung für
rechtlich institutionalisierte Lebensformen als ein aliud zur Ehe konzipiert worden
(MünchKomm.BGB Coester, Art. 17 b Rnr. 14).Würde man seine auch nur analoge
Anwendung für gleichgeschlechtliche Ehen, wie sie in den Niederlanden neben
registrierten Partnerschaften möglich sind, ablehnen ( so Coester, a.a.O) und statt
dessen Art. 13 EGBGB als Kollisionsnorm auch für Ehestrukturen, die über den
Ehebegriff des deutschen Sachrechts hinausgehen ( Coester a.a.O,Art. 13 Rdnr. 4 f),
heranziehen, hätte dies im vorliegenden Fall die Unwirksamkeit der Eheschließung zur
Folge, da das Heimatrecht des italienischen Antragsgegners eine Eheschließung
gleichgeschlechtlicher Paare nicht zulässt( vgl. Henrich, Kollisionsrechtliche Fragen der
eingetragenen Lebenspartnerschaft, FamRZ, 2002, 137 (138). Dies würde den Parteien
jeglichen Rechtsschutz versagen, die ohne Zweifel eine rechtsverbindliche Beziehung
eingehen wollten. Dies wäre keine angemessene Reaktion eines Mitgliedsstaates der
EU auf familienrechtliche Regeln in einem anderen Mitgliedsstaat, da die
Institutionalisierung des gleichgeschlechtlichen Ehe zwar nach deutschem Recht mit
Art. 6 GG nicht vereinbar ist, aber als mittlerweile in mehreren Mitgliedsstaaten
anerkanntes Rechtsinstitut keineswegs gegen den ordre public verstößt. Wenn wie
vorliegend die unterschiedliche Staatsangehörigkeit der Parteien bei Anwendung des
Art. 13 dazu führen würde, dass eine Lebensgemeinschaft nur schuldvertraglich zu
qualifizieren wäre, obwohl eine Rechtsordnung das Institut der Ehe grundsätzlich auch
für gleichgeschlechtliche Partner vorsieht und die Parteien dieses Institut bewusst
gewählt haben, können das Ordnungsziel der ausländischen Rechtsordnung und der
Wille der Parteien zur rechtlich verbindlichen Gemeinschaft nur durch eine analoge
Anwendung des Art. 17 b EGBGB gewährleistet werden.
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Nach dem somit anzuwendenden niederländischen Recht war die Ehe der Parteien zu
scheiden, da sie zerrüttet ist, Art. 151 Bürgerliches Gesetzbuch der Niederlande.
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Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der Erklärungen der Parteien in
der mündlichen Verhandlung. Sie haben übereinstimmend und glaubhaft erklärt, sie
lebten seit dem 21.2.8 getrennt. Sie haben ferner übereinstimmend erklärt, dass sie die
Ehe für gescheitert hielten. Der Antragsgegner hat zwar dem Scheidungsantrag
widersprochen, aber gleichzeitig erklärt, dass er auf keinen Fall glaube, dass die
eheliche Lebensgemeinschaft wieder zustande käme. Auf den von ihm geäußerten
Wunsch nach Klärung finanzieller Dinge vor Scheidung ist er trotz Fristsetzung nicht
zurückgekommen. Eine Entscheidung über finanzielle Angelegenheiten, insbesondere
den Versorgungausgleich, von Amts wegen sieht das niederländische Recht nicht vor.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a ZPO.
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Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
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Ehesache 4.800,00 Euro
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