Urteil des AG Mönchengladbach vom 08.12.2003

AG Mönchengladbach: einstellung des verfahrens, gebühr, anwaltskammer, geldstrafe, strafrichter, rechtsschutzversicherung, akteneinsicht, durchschnitt, ermessensspielraum, vollstreckbarkeit

Amtsgericht Mönchengladbach, 36 C 138/03
Datum:
08.12.2003
Gericht:
Amtsgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
Einzelrichter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
36 C 138/03
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
T a t b e s t a n d :
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Der Tatbestand entfällt gem. § 313 a ZPO in Verbindung mit § 511 ZPO.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Der auf der Grundlage von § 611 BGB erhobenen Klage konnte nicht
stattgegeben werden. Die Kläger sind für ihre anwaltliche Tätigkeit für die
Beklagte durch die von deren Rechtsschutzversicherung geleistete Zahlung
angemessen und ausreichend vergütet. Im einzelnen gilt hierzu folgendes:
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Die den Klägern zustehende Gebühr bemißt sich nach § 84 Abs. 2 BRAGO, da
das Verfahren gegen die Beklagte eingestellt wurde. Die Kläger haben durch
ihre Tätigkeit an der Einstellung des Verfahrens mitgewirkt. Insofern schließt
sich das Gericht den zutreffenden Ausführungen auf Seite 5 des Gutachtens der
Anwaltskammer vom 08.10.2003 (Bl. 54 d.A.) an. Auf das Gutachten wird
insoweit Bezug genommen.
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Die wegen der vorgenannten Tätigkeit den Klägern zustehende Gebühr liegt im
Rahmen zwischen 100,-- DM und 1.300,-- DM gemäß der BRAGO Stand
01.08.2001. Die Bestimmung der Mittelgebühr von 700,-- DM (entspricht 357,90
Euro) durch die Kläger ist jedoch nicht verbindlich. Die von den Klägern
angesetzte Gebühr übersteigt die Toleranzgrenze von 20 bis 25 %. Sie ist aus
diesem Grunde unbillig und unangemessen hoch. Weil die vorbezeichnete
Grenze überschritten ist, hat eine andere Festsetzung der angemessenen
Gebühr zu erfolgen. Vorliegend ist die von der Rechtsschutzversicherung der
Beklagten vorprozessual gezahlte Gebühr von 250,-- Euro zzgl.
Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer angemessen.
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Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter
Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der
Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit
sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, nach
billigem Ermessen. Nach den vorbezeichneten, für die Bestimmung der
Rahmengebühr maßgeblichen Umständen ist die Gebühr im vorliegenden Fall
im unteren Bereich des Rahmens anzusiedeln.
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1. Bedeutung der Angelegenheit:
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Die Bedeutung der Angelegenheit für die Beklagte war unterdurchschnittlich. Es
handelte sich um einen leichten Fall der Verkehrsunfallflucht. In diesem
Zusammenhang hat das Gericht zu berücksichtigen, dass der Gebührenrahmen
des § 84 BRAGO neben Verfahren vor dem Strafrichter auch solche vor dem
Schöffengericht umfaßt, d.h. Strafverfahren mit einer Straferwartung von bis zu 4
Jahren Freiheitsstrafe. Im vorliegenden Fall wäre es im Falle einer Verurteilung
der Beklagten durch den Strafrichter allenfalls zu einer geringen Geldstrafe
gekommen.
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Entgegen der von der Anwaltskammer vertretenen Auffassung kann der
Angelegenheit eine besondere Bedeutung auch nicht deswegen beigemessen
werden, weil ein Verlust des Führerscheins im Raume gestanden hätte. Bei der
hier streitgegenständlichen Verkehrsunfallflucht handelte es sich offensichtlich
um einen Bagatellschaden, bei dem nur eine sehr geringe Sachbeschädigung
im Raume stand. In einem solchen Fall ist mit einem Verlust des Führerscheins
nicht zu rechnen. Auch von einer hohen Geldstrafe zu Lasten der Beklagten war
aufgrund der Umstände nicht auszugehen. Im übrigen folgt aus der unstreitigen
Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft von vornherein bereit war, das Verfahren
gegen die Beklagten gegen Zahlung einer Buße von nur 250,-- DM einzustellen,
dass die Angelegenheit von untergeordneter Bedeutung war.
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2. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit:
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Das Gericht teilt die Auffassung der Anwaltskammer, dass die anwaltliche
Tätigkeit, soweit sie die Informationsaufnahme, das Aktenstudium und die
Einschätzung der Rechtslage betraf, allenfalls durchschnittlich war. Ebenfalls
folgt das Gericht der Einschätzung der Anwaltskammer, dass der Umfang der
entfalteten anwaltlichen Tätigkeit durch die Kläger im Rahmen des
Vorverfahrens lediglich unterdurchschnittlich war. Besprechungen mit der
Beklagten und Akteneinsicht sowie 2 Telefonate mit der Staatsanwaltschaft, zu
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deren Dauer und Umfang die Kläger keinen substantiierten Sachvortrag
erbracht haben, können von dem erkennenden Gericht nicht als Durchschnitt
gewertet werden. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass nach dem Vortrag
der Kläger die Staatsanwaltschaft von sich aus die Einstellung des Verfahrens
angetragen hatte.
3. Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beklagten:
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Dieses Kriterium muß vorliegend unberücksichtigt bleiben, da die Kläger hierzu
nichts vorgetragen haben.
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Insgesamt liegt daher nach zwei der drei zu berücksichtigenden Kriterien eine
unterdurchschnittliche Angelegenheit vor. Lediglich hinsichtlich der
Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit hat das Gericht eine durchschnittliche
Schwierigkeit angenommen. Die unterdurchschnittlichen Kriterien überwiegen.
Daher handelt es sich insgesamt um eine unterdurchschnittliche Angelegenheit,
die auch bei Berücksichtigung der Tatsache, dass dem Rechtsanwalt bei der
Bemessung seiner Gebühren ein Ermessensspielraum zusteht, keinesfalls mehr
mit der Mittelgebühr zu vergüten ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit war nach §§ 708 Nr. 11, 713 auszusprechen.
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Streitwert: 125,16 Euro.
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