Urteil des AG Mönchengladbach vom 26.11.2004

AG Mönchengladbach: gemeinsame elterliche sorge, wohl des kindes, eltern, persönliche anhörung, serbien, sorgerechtsentscheidung, aufenthalt, staatsangehörigkeit, einzelrichter, jugendamt

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Schlagworte:
Normen:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Amtsgericht Mönchengladbach, 40 F 300/04
26.11.2004
Amtsgericht Mönchengladbach
Einzelrichter
Beschluss
40 F 300/04
Sorgerechtsentscheidung aus Serbien; Abänderung der
Sorgerechtsentscheidung; auf nunmehr gemeinsame Sorge gerichteter
Wille der Beteiligten
§ 1696 BGB, § 16a FGG
Sorgerechtsentscheidung eines serbischen Gerichts kann
anerkennungsfähig sein
Wollen Kinder und Eltern übereinstimmend die gemeinsame elterliche
Sorge, ist eine anderslautende Regelung darauf abzuändern
Die elterliche Sorge für die Kinder N, geboren 1990, und S, geboren
1992, wird den Beteiligten zu 1. und 2. gemeinsam übertragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden
nicht erstattet.
I.
N und S sind die ehelichen Kinder der Beteiligten zu 1. und 2. Durch Urteil des
serbischen Gemeindegerichtes S. vom 09.10.1998 ist die Ehe der Beteiligten zu 1. und 2.
geschieden worden. Dabei hat das Gericht angeordnet, dass die Kinder der Beteiligten zu
2. zur Pflege, Erziehung und Unterhalt anvertraut werden. Die Beteiligten sehen darin den
Ausspruch, dass die elterliche Sorge der Mutter alleine übertragen ist. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Urteils wird auf die Übersetzung Bl. 8 ff. der Akte Bezug genommen.
Die Beteiligten zu 1. und 2. möchten die elterliche Sorge wieder gemeinsam
ausüben.
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
das Sorgerecht für die Kinder den Eltern gemeinsam zu
übertragen.
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Das Gericht hat die Beteiligten und die Kinder mündlich angehört. Alle Beteiligten
sind mit der Übertragung der elterlichen Sorge auf die Beteiligten zu 1. und 2. gemeinsam,
einverstanden.
Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf das Protokoll vom 05.11.2004
Bezug genommen.
II.
Dem übereinstimmenden Antrag der Eltern ist stattzugeben.
1.
Das Amtsgericht Mönchengladbach ist für die begehrte Entscheidung über das
Sorgerecht international und örtlich zuständig. Die Kinder leben bei ihrer Mutter im Bezirk
des Amtsgerichts Mönchengladbach (§§ 35 b Abs. 1 Nr. 2, 36 Abs. 1 S. 1 FGG).
2.
Die elterliche Sorge ist den Eltern zur gemeinsamen Ausübung zu übertragen gem.
§ 1696 Abs. 1 BGB.
a)
Dabei kann dahinstehen, ob die Entscheidung des Gemeindegerichtes
Sabac in Serbien anzuerkennen ist. Es sind allerdings keine Gründe erkennbar, die
gem. § 16 a FGG einer Anerkennung der Entscheidung hier entgegenstehen könnte. Alle
Beteiligten sind serbische Staatsangehörige. Keiner der Beteiligten hat sich darauf berufen,
im Verfahren nicht angehört worden zu sein. Allerdings haben die Parteien
übereinstimmend berichtet, es habe keine persönliche Anhörung gegeben. Diesem
Verfahren haben die Parteien sich aber bewusst unterworfen, sie wollten übereinstimmend
die Scheidung in Serbien nach den dort geltenden Verfahrensvorschriften durchführen. Im
Hinblick auf die übereinstimmende Staatsangehörigkeit der damaligen Eheleute und ihrer
Kinder war es auch zulässig, die Entscheidung des Heimatgerichts zu suchen. Geht man
davon aus, dass die Entscheidung hier anzuerkennen ist, ist sie aufgrund der nunmehr
ebenfalls auch vorliegenden Zuständigkeit des deutschen Gerichtes einer Überprüfung
zugänglich. Würde man davon ausgehen, dass die Entscheidung nicht anzuerkennen ist,
wäre der Ausspruch über die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge deklaratorisch,
weil sich an der nach deutschem Recht bestehenden gemeinsamen Sorge der Eltern nichts
geändert hätte.
b)
Für die jetzt zu treffende Entscheidung ist gem. Art. 21 EGBGB Deutsches Recht
anzuwenden. Beide Kinder leben in Deutschland, hier haben sie ihren ständigen
Aufenthalt. Die Kinder haben dem Richter bestätigt, dass sie in Deutschland aufgewachsen
sind.
c)
Gem. § 1696 Abs. 1 BGB kann eine Entscheidung über die elterliche Sorge
abgeändert werden, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden
Gründen angezeigt ist. Solche Gründe können sich aus einem geänderten gemeinsamen
Willen der Eltern ergeben, die gemeinsame Sorge wieder zu begründen (vgl. Diedrichsen
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in Palandt, BGB, § 1696 Rd.Nr. 22). Hier wünschen die Eltern übereinstimmend, wieder die
gemeinsame Sorge auszuüben. Sie haben dazu geschildert, dass sie sich so gut
verstehen, dass eine gemeinsame Sorge ausgeübt werden kann. Der Beteiligte zu 1. sieht
die Kinder regelmäßig. Er unterhält einen guten Kontakt zu ihnen. Das haben N und S dem
Richter gegenüber ausdrücklich bestätigt. Auch die Kinder sind damit einverstanden, wenn
die Beteiligten zu 1. und 2. wieder gemeinsam für die für sie wichtigen Entscheidungen,
also die elterliche Sorge, zuständig sind. Das angehörte Jugendamt hat gegen die
Wiederbegründung der gemeinsamen elterlichen Sorge keine Bedenken.
Sind Eltern und Kinder darin einig, dass elterliche Sorge von den Eltern wieder
gemeinsam ausgeübt werden soll, und sind die tatsächlichen Verhältnisse so, dass eine
gemeinsame elterliche Sorge ohne Komplikationen ausübbar ist, sind das hinreichend
triftige, das Wohl der Kinder nachhaltig berührende Gründe, die elterliche Sorge
abzuändern. Für die Kinder ist es wichtig, dass aus ihrer Sicht beide Eltern gleicher Maßen
die für sie wichtigen Entscheidungen treffen und tragen. N und S sind alt genug, um diese
Zusammenhänge bereits zu kennen. Es würde nicht dem Kindeswohl entsprechen, den
Beteiligten diesen übereinstimmenden Wunsch abzuschlagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 13 a FGG, 94 KostO.
Gegenstandswert: 3.000,-- Euro.