Urteil des AG Mönchengladbach-Rheydt vom 21.06.2007

AG Mönchengladbach-Rheydt: ordentliche kündigung, mietvertrag, ausschluss, vermieter, befristung, kündigungsfrist, mietwohnung, agb, verein, berechtigung

Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt, 20 C 104/07
Datum:
21.06.2007
Gericht:
Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt
Spruchkörper:
20. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 C 104/07
Schlagworte:
Mietverhältnis, Ausschluss, Kündigungsrecht, überraschende Klausel,
Lizenzspieler
Normen:
§§ 305 c Abs. 1, 307, 573 c Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 575 Abs. 4 BGB
Leitsätze:
Ein auf die Dauer von zwei Jahren befristeter beiderseitiger Ausschluss
des ordentlichen Kündigungsrechts in einem formularmäßigen
Mietvertrag ist mit den mieterschützenden Vorschriften des BGB
vereinbar und stellt auch keine unangemessene Benachteiligung des
Mieters im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB dar (im Anschluss an BGH,
Urteil vom 22.12.2003, Az. VIII ZR 81/03, ZMR 2004, 252). Dies gilt
grundsätzlich auch gegenüber einem Lizenzfußballspieler, dessen
Mobilitäts- und Flexibilitätsinteresse nicht wesentlich höher einzustufen
ist als das irgend eines anderen berufstätigen Bürgers.
Bei einem solchen befristeten beidseitigen Kündigungsausschluss
handelt es sich grundsätzlich auch nicht um eine überraschende Klausel
im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB, da dem Mieter das Interesse des
Vermieters an einer längerfristigen mietvertraglichen Bindung bekannt
ist und er damit rechnen muss, dass der Vermieter dieses Interesse
durch die Vereinbarung eines befristeten Kündigungsausschlusses
umsetzen will.
Tenor:
Es wird festgestellt, dass das Mietverhältnis zwischen den
Parteien über die Wohnung im I. Obergeschoss des Hauses
XXX in Mönchengladbach durch die Kündigung des
Beklagten vom 3.8.2006 zum 31.10.2006 nicht geendet hat,
sondern erst durch ordentliche Kündigung nach dem 31.3.2008
bzw. frühestens zum 30.6.2008 gekündigt werden kann.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.760,00 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen
Basiszins aus 1.380,00 € seit dem 5.2.2007 und aus 1.380,00 €
seit dem 5.3.2007 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Der Beklagte ist Fußballnationalspieler und wurde von dem Verein Borussia
Mönchengladbach für dessen Bundesligamannschaft im Jahr 2006 für die Dauer von
drei Jahren verpflichtet. Er suchte deshalb in Mönchengladbach eine Wohnung für sich
und seine Familie, wobei er u.a. darauf Wert legte, dass eine Kücheneinrichtung bereits
Bestandteil der anzumietenden Wohnung sein sollte. Am 10.2.2006 fand in der im
Eigentum des Klägers stehenden Mietwohnung XX , 41238 Mönchengladbach, eine
erste Wohnungsbesichtigung statt, an der neben dem Kläger und dem Beklagten auch
der mit der Betreuung der Spieler des Vereins Borussia Mönchengladbach im
außersportlichen Bereich betraute Team-Manager, der Zeuge XXX, sowie die damalige
Mieterin XXX, teilnahmen. In dem Gespräch brachte der Kläger gegenüber dem
Beklagten und dem Zeugen XXX zum Ausdruck, dass er an einer längerfristigen
Mietzeit interessiert war und eine Mindestlaufzeit des Mietvertrages festlegen wollte. Der
weitere Inhalt des Gesprächs vom 10.2.2006 im Hinblick auf die Vereinbarung einer
Mindestvertragslaufzeit ist zwischen den Parteien umstritten. Da der Beklagte so schnell
wie möglich die Mietwohnung beziehen wollte, bewegte der Kläger die Vormieter dazu,
die Wohnung bereits zum 1.4.2006 freizugeben. Aufgrund des Wunsches des
Beklagten, die Wohnung mit vorhandener Kücheneinrichtung anzumieten, vereinbarte
der Kläger mit den Vormietern, die die von ihnen selbst angeschaffte Kücheneinrichtung
ursprünglich mitnehmen wollten, dass diese gegen eine Abstandszahlung des Klägers
in Höhe von 9.500,00 € in der Mietwohnung verblieb. Da der Beklage bzgl. der Kosten
für die Küche eine Zahlung kategorisch ablehnte, einigten sich die Parteien unter
Hinzuziehung des Zeugen XXX darauf, dass der Beklagte einen gesonderten Betrag
von 150,00 € pro Monat für die Anmietung der Küche zahlen sollte. In der Folgezeit füllte
der Kläger den Wohnraummietvertrag, ein formularmäßiges Vertragsmuster,
herausgegeben von der Firma XXX, mittels einer Schreibmaschine aus. Unter § 4 Ziffer
1 des Mietvertrages ("Mietdauer") kreuzte er dabei an "Mietverhältnis von unbestimmter
Dauer" und setzte als Beginn des Mietverhältnisses den 1.4.2006 ein. Hinsichtlich der
Kündigung kreuzte der Kläger ferner folgende vorgedruckte Vertragsbestimmung an:
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"Die Parteien verzichten beidseitig für die Dauer von 2 Jahren auf ihr Recht zur
Kündigung des Mietvertrages (höchstens zulässig für vier Jahre). Die Kündigung ist
erstmals nach Ablauf dieses Zeitraumes mit der gesetzlichen Frist zulässig (s. Anhang
3). Das Recht zur außerordentlichen Kündigung (für den Vermieter z.B. gemäß § 22)
bleibt unberührt. Die schriftliche Kündigung muss der anderen Seite bis zum dritten
Werktag eines Monats zugehen."
3
In diesem Text hatte der Kläger die Zahl "2" maschinell in die durch einen Unterstrich
4
gekennzeichnete Leerstelle eingefügt. Unter § 6 des Mietvertrages ("Miete") bezifferte
der Kläger die monatliche Miete für die Wohnung auf 960,00 €, für die Garage/den
Stellplatz auf 20,00 € sowie für die Küchenbenutzung auf 150,00 €. Ferner fügte er eine
monatliche Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 250,00 € sowie den
Gesamtmietzins in Höhe von 1.380,00 € ein. Am 20.3.2006 schickte der Kläger den von
ihm vorbereiteten Mietvertrag sodann absprachegemäß an die Geschäftsstelle des
Vereins Borussia Mönchengladbach. Unter dem 26.3.2006 wurde der vom Kläger
bereits unterzeichnete Mietvertrag vom Beklagten ebenfalls unterschrieben. Am
27.3.2006 holte der Kläger daraufhin den unterschriebenen Mietvertrag auf der
Geschäftsstelle des Vereins Borussia Mönchengladbach wieder ab.
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Mit Schreiben vom 3.8.2006 kündigte der Beklagte den Mietvertrag zum 31.10.2006.
Anlass hierfür war die Geburt seines XXX Kindes und die damit verbundene Suche
seiner Familie nach einer größeren Wohnung. Mit Schreiben vom 10.8.2006
widersprach der Kläger der Kündigung und wies dabei auf den mietvertraglich
vereinbarten beiderseitigen, zeitlich befristeten Verzicht auf das Recht zur ordentlichen
Kündigung hin. In der Folgezeit zog der Beklagte aus der streitgegenständlichen
Wohnung aus. In den Monaten Februar und März 2007 leistete der Beklagte keine
Mietzahlungen mehr.
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Der Kläger behauptet, anlässlich der Wohnungsbesichtigung vom 10.2.2006 habe er
zunächst in Anlehnung an die Dauer des Lizenzspielervertrages des Beklagten beim
Verein Borussia Mönchengladbach vorgeschlagen, die ordentliche Kündigung für einen
Zeitraum von 3 Jahren auszuschließen. Dies sei vom Beklagten und dem Zeugen XXX
jedoch als zu langfristig abgelehnt worden. Der Beklagte und der Zeuge XXX hätten
daraufhin eine feste Laufzeit von nur 2 Jahren vorgeschlagen. Demgemäß habe er, der
Kläger, den schriftlichen Mietvertrag dann in der Form niedergelegt, wie er zuvor
ausgehandelt gewesen sei.
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Der Kläger ist der Ansicht, der sich aus dem Mietvertrag ergebende befristete
Kündigungsausschluss sei wirksam. Er stehe sowohl mit den mieterschützenden
Vorschriften des BGB als auch mit den Vorschriften betreffend die Wirksamkeit von
Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Einklang. Da der Kündigungsausschluss mit
dem Beklagten ausgehandelt worden sei, handele es sich hierbei im Übrigen um eine
Individualvereinbarung, welche nicht einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB
unterworfen sei. Insbesondere könne die in Rede stehende Vertragsbestimmung auch
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nicht als überraschende Klausel gemäß § 305 c Abs. 1 BGB gewertet werden, da der
befristete Kündigungsausschluss im Mietvertrag klar und übersichtlich geregelt und
auch eindeutig ausgefüllt sei, so dass von einer Überraschung oder gar Übertölpelung
des Klägers keine Rede sein könne. Aufgrund der Wirksamkeit des Vertrages könne der
Beklagte frühestens nach dem 31.3.2008, d.h. zum 30.6.2008, ordentlich kündigen.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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1. festzustellen, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die Wohnung
im I. Obergeschoss des Hauses XXX in Mönchengladbach durch die Kündigung
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des Beklagten vom 3.8.2006 zum 31.10.2006 nicht geendet hat, sondern erst
durch ordentliche Kündigung nach dem 31.3.2008 bzw. frühestens zum 30.6.2008
gekündigt werden kann;
2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.760,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszins aus 1.380,00 € seit dem
5.2.2007 und aus 1.380,00 € seit dem 5.3.2007 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte behauptet, der 2-jährige Ausschluss des Kündigungsrechts sei nicht
individuell ausgehandelt worden. Der Kläger habe eher beiläufig bekundet, dass er
daran interessiert sei, eine Mindestlaufzeit des Vertrages festzulegen. Der Zeuge XXX
und der Beklagte hätten es daraufhin jedoch ausdrücklich abgelehnt, die Laufzeit des
Mietvertrages an die Laufzeit des Arbeitsvertrages zu koppeln. Man habe zwar nicht
ausschließen wollen, dass eine Perspektive dahin gegeben sei, dass der Beklagte das
Mietverhältnis vielleicht 2 Jahre aufrecht erhalte. Man habe aber eine zeitliche Bindung
des Beklagen nicht akzeptiert. Als der Beklagte dann den vom
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Kläger vorbereiteten Mietvertrag unterschrieben habe, habe er davon, dass der Kläger
das Mietvertragsformular "anders" ausgefüllt hatte als vereinbart, keine Kenntnis
genommen.
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Der Beklagte ist der Ansicht, der befristete Ausschluss der ordentlichen Kündigung
widerspreche den mieterschützenden Vorschriften des BGB. Zwar habe der BGH die
Vereinbarung eines zeitlich begrenzten Ausschlusses des Kündigungsrechts für die
Dauer von 4 Jahren durch Formularmietvertrag für wirksam erachtet. Jedoch setze sich
die Rechtsprechung des BGH nicht ausreichend mit den zwingenden
mieterschützenden Rechtsvorschriften auseinander. So verstoße ein mehrjähriger
Kündigungsausschluss - wie im streitgegenständlichen Mietvertrag enthalten - gegen
die zwingende, den Mieter schützende Vorschrift des § 573 c Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 BGB.
Denn wenn es unzulässig sei, die Kündigungsfrist des § 573 c Abs. 1 Satz 1 BGB zum
Nachteil des Mieters zu verlängern, müsse der langfristige völlige Ausschluss des
Kündigungsrechts erst recht unwirksam sein. Entgegen der Auffassung des BGH
handele es sich bei § 573 c BGB auch nicht um eine Vorschrift, die lediglich die
Kündigungsfrist regele, welche das Bestehen eines Kündigungsrechts voraussetze. §
573 c BGB sichere dem Mieter ein Kündigungsrecht mit kurzer Kündigungsfrist zu und
schütze damit sein mögliches Interesse an einer zügigen Vertragsbeendigung wegen
Bedarfsänderung. Ferner liege auch ein Verstoß gegen die zwingende Regelung es §
575 BGB vor. Denn durch den 2-jährigen Ausschluss des Kündigungsrechts werde die
Schutzfunktion des § 575 BGB ausgehebelt, da mit einem solchen Ausschluss eine
ähnliche Wirkung erzeugt werde, wie bei einem Zeitmietvertrag, ohne dass hierbei die
strengen Voraussetzungen des § 575 BGB zu beachten wären.
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Darüber hinaus verstoße der formularmäßige Ausschluss des Kündigungsrechts wegen
seiner überaus langen Dauer auch gegen das AGB-Recht. Da die vertragliche
Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich der
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des § 573 c Abs. 1 Satz 1 BGB, nicht zu vereinbaren sei, sei die Klausel auch gemäß §
307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Schließlich handele es sich bei dem
vereinbarten Kündigungsausschluss auch um eine überraschende
Klausel im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB. Es entspreche inzwischen der allgemeinen
Kenntnis, dass Wohnungsmietverträge mit einer Frist von ca. 3 Monaten gekündigt
werden könnten, weshalb der Mieter mit einem längerfristigen Kündigungsausschluss
nicht zu rechnen brauche. Der Kündigungsausschluss sei zudem auch gerade im
vorliegenden Fall als überraschende Klausel zu werten, da der Beklagte einem
zeitlichen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts stets widersprochen habe.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der
Parteien und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig.
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Hinsichtlich des Klageantrags zu 1. verfügt der Kläger über das gemäß § 256 Abs. 1
ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Denn ein rechtliches Interesse an einer
alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines
Rechtsverhältnisses liegt vor, wenn bezüglich des Rechtsverhältnisses eine
Unsicherheit besteht und das auf die Feststellungsklage hin ergehende Urteil geeignet
ist, diese Unsicherheit zu beseitigen und den Parteien eine Richtschnur für ein künftiges
Verhalten zu bieten. Durch die hier beantragte Feststellung, dass das
streitgegenständliche Mietverhältnis frühestens zum 30.6.2008 gekündigt werden kann,
wird die Frage entschieden, ob das Mietverhältnis zwischen den Parteien trotz der zum
31.10.2006 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des Beklagten noch fortbesteht
und dieser damit auch weiterhin verpflichtet ist, den laufenden Mietzins zu zahlen.
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Die Klage ist auch begründet.
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Entsprechend dem Klageantrag zu 1. war festzustellen, dass das streitgegenständliche
Mietverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten zum 31.10.2006 geendet hat,
sondern vielmehr erst durch ordentliche Kündigung nach dem 31.3.2008 bzw.
frühestens zum 30.6.2008 gekündigt werden kann.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nämlich das streitgegenständliche
Mietverhältnis nicht durch die von ihm am 3.8.2006 ausgesprochene Kündigung zum
31.10.2006 beendet worden. Der Beklagte war nicht berechtigt, den mit dem Kläger
abgeschlossenen Mietvertrag zum 31.10.2006 ordentlich zu kündigen. Denn gemäß § 4
Ziffer 1 b) des Mietvertrages haben die Parteien beidseitig für die Dauer von zwei
Jahren auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages verzichtet.
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Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ist die unter § 4 Ziffer 1 b) des
Mietvertrages getroffene Vereinbarung wirksam. Dabei kann im Ergebnis dahinstehen,
ob es sich bei dieser Vereinbarung entsprechend dem Vortrag des Beklagten um eine
AGB-Klausel oder aber - worauf sich der Kläger beruft - um eine Individualvereinbarung
handelt. Denn auch im Falle des Vorliegens einer verklausulierten Bestimmung des
Mietvertrages vermag das Gericht deren Unwirksamkeit nicht zu bestätigen.
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Der vereinbarte Kündigungsausschluss verstößt nicht gegen die Vorschrift des § 573 c
Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BGB. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des 8.
Zivilsenats des BGH verstößt die Vereinbarung eines zeitlich begrenzten Ausschlusses
des ordentlichen Kündigungsrechts - auch wenn dieser Ausschluss durch
Formularvertrag vereinbart worden ist - nicht gegen die Vorschrift des § 573 c BGB
(BGH, Urteil vom 22.12.2003, ZMR 2004, 252; Urteil vom 30.6.2004, NJW 2004, 3117;
Urteil vom 14.7.2004, NZM 2004, 734; Urteil vom 6.10.2004, WUM 2004, 672; Urteil vom
6.4.2005, ZMR 2005, 443; Urteil vom 25.1.2006, ZMR 2006, 270; Urteil vom 14.6.2006,
ZMR 2006, 682; alle zitiert nach Juris). § 573 c Abs. 4 BGB vermag die Wirksamkeit
einer solchen Vereinbarung schon deshalb nicht zu tangieren, weil diese Vorschrift
lediglich die Kündigungsfrist regelt und somit ein Bestehen des - hier gerade streitigen -
Kündigungsrechts voraussetzt. Dabei spricht auch die Entstehungsgeschichte des
Mietrechtsreformgesetzes gegen ein Verbot von Kündigungsausschlussvereinbarungen.
Denn die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 575 BGB geht davon aus, dass das
ordentliche Kündigungsrecht für einen vertraglich festgelegten Zeitraum beiderseits
ausgeschlossen werden kann (vgl. BT Drucksache 14/4553, Seite 69; BGH, Urteil vom
22.12.2003, ZMR 2004, 252). Zwar mag - wie der Beklagte meint - eine in der
Gesetzesbegründung geäußerte Rechtsansicht für
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die Gesetzesauslegung nicht bindend sein. Jedoch sind die vom Gesetzgeber
getroffenen Erwägungen, welche zur Schaffung einer neuen Gesetzesregelung geführt
haben, bei der Auslegung dieser neuen Regelungen auch zu berücksichtigen. Zwar
verfolgt der Schutzzweck des § 573 c BGB auch das Interesse des Mieters an der
Wahrung der in der heutigen modernen Gesellschaft zunehmend verlangten Mobilität
und Flexibilität und damit an einer kurzfristigen Aufgabe der Wohnung, insbesondere
bei Wechseln des Arbeitsplatzes. Diesem Schutzzweck wird die Vorschrift jedoch schon
dadurch gerecht, dass sie die Kündigungsfristen für den Mieter im Vergleich zur
vorherigen Regelung verkürzt. Dies führt aber nicht dazu, dass § 573 c BGB auch eine
Regelung betreffend die Berechtigung zur Kündigung enthält. Dies würde den
Schutzzweck der gesetzlichen Vorschrift, die allein die Kündigungsfristen - unter
Voraussetzung des Bestehens einer Kündigungsberechtigung - regelt, überspannen.
Die Schutzbedürftigkeit des Mieters ist insoweit im Übrigen auch als gering einzustufen,
da es dem Mieter frei steht, einen anderen Mietvertrag ohne die Vereinbarung eines
zeitlich befristeten Kündigungsausschlusses abzuschließen.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten verstößt der vereinbarte
Kündigungsausschluss auch nicht gegen § 575 BGB. Denn durch die in § 575 BGB
getroffene Neuregelung des Zeitmietvertrages soll eine automatische Beendigung des
Wohnraummietverhältnisses allein durch Zeitablauf, ohne dass der Mieter
Kündigungsschutz genießt, außerhalb der privilegierten Befristungsgründe verhindert
werden. Diese Regelung soll den Mieter also vor dem Verlust der Wohnung, nicht aber
vor einer längeren Bindung an den Vertrag schützen, die durch die Vereinbarung eines
befristeten Kündigungsausschlusses beabsichtigt ist (BGH, Urteil vom 22.12.2003, ZMR
2004, 252; Urteil vom 30.6.2004, NJW 2004, 3117; beide zitiert nach Juris). Der
Schutzzweck dieser Vorschrift ist also gerade nicht auf die Wahrung der Mobilität des
Mieters gerichtet.
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Aus dem gleichen Grunde ist der zwischen den Parteien vereinbarte befristete
Kündigungsausschluss - das Vorliegen einer AGB-Klausel unterstellt - auch nicht
gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Eine nach dieser Vorschrift
eine unangemessene Benachteiligung des Mieters begründende Abweichung von
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dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung liegt nicht vor. Wie
bereits ausgeführt wurde, ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass auch nach der
Reform des Mietrechts weiterhin die Möglichkeit bestehen sollte, das Recht zur
ordentlichen Kündigung bei einem unbefristeten Mietvertrag für einen bestimmten,
vertraglich festgelegten Zeitraum auszuschließen. Aus diesem Grunde ist in dem
vertraglich vereinbarten befristeten Kündigungsausschluss eine Abweichung von
wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht ersichtlich. Hinzu
kommt, dass sich die gesetzliche Neureglung im Wesentlichen in § 573 c BGB
niedergeschlagen hat, welcher jedoch lediglich eine Neuregelung zur Verkürzung der
Kündigungsfristen enthält, nicht jedoch auch eine Regelung hinsichtlich der
Berechtigung zur Kündigung treffen sollte. Entsprechendes gilt im Hinblick auf eine
"Abweichung" von der gesetzlichen Regelung des § 575 BGB, dessen Schutzzweck
nicht auf die Erhaltung der Mobilität des Mieters gerichtet ist.
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Der BGH hat lediglich im Hinblick auf die vereinbarte Dauer der Befristung des
Kündigungsausschlusses eine unangemessene Benachteiligung des Mieters für
gegeben erachtet, sofern die Dauer des formularmäßigen Kündigungsverzichts mehr als
4 Jahre beträgt (BGH, Urteil vom 6.4.2005, ZMR 2005, 443, zitiert nach Juris). Die
formularmäßige Vereinbarung eines auf 2 Jahre befristeten Kündigungsausschlusses
hat der BGH hingegen stets für unbedenklich gehalten.
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Auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des hier vorliegenden Falles
vermag das Gericht eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten im Sinne von
§ 307 Abs. 1 BGB nicht zu erkennen. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, er sei
Berufsfußballspieler, der in erhöhtem Maße örtlich flexibel sein müsse, vermag dies die
Annahme eines von den vom BGH entschiedenen Fällen erheblich abweichenden
Sachverhaltes nicht zu rechtfertigen. Zwar mag der Beklagte aufgrund des von ihm
ausgeübten Berufes und den damit verbundenen verhältnismäßig häufigen
Arbeitsplatzwechseln ein hohes Interesse an der Wahrung seiner Mobilität und
Flexibilität haben. Dieses Interesse überwiegt hier aber keineswegs das Interesse des
Klägers an einer möglichst langfristigen Bindung aus dem Mietverhältnis. So ist das
Mobilitäts- und Flexibilitätsinteresse des Beklagten schon nicht wesentlich höher
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einzustufen als das irgend eines anderen arbeitenden Bürgers. So hat schon der
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BGH in seiner Entscheidung vom 22.12.2003 ausdrücklich auf die "in der heutigen
modernen Gesellschaft zunehmend verlangte Mobilität und Flexibilität" hingewiesen.
Hinzu kommt, dass im vorliegenden Falle die vereinbarte Befristung des
Kündigungsausschlusses noch eine deutlich kürzere Laufzeit aufweist als der
Lizenzspielervertrag, den der Beklagte mit dem Verein Borussia Mönchengladbach
abgeschlossen hat. Demgegenüber muss bei der Interessenabwägung zu Gunsten des
Klägers berücksichtigt werden, dass dieser durch den Erwerb der Kücheneinrichtung
von den Vormietern finanzielle Aufwendungen getätigt hat, die sich durch die
Festlegung einer Art Mindestlaufzeit für das Mietverhältnis amortisieren sollten. Nach
unbestrittenem Vortrag des Klägers hat dieser an die Vormieter für das Zurücklassen der
Kücheneinrichtung einen Betrag von 9.500,00 € gezahlt. Im Hinblick hierauf wurde im
Mietvertrag eigens vereinbart, dass der Beklagte, der eine bereits vorhandene
Kücheneinrichtung wünschte, eine Kostenübernahme für die Küche unstreitig jedoch
kategorisch ablehnte, für die Küchenbenutzung einen monatlichen Betrag in Höhe von
150,00 € zahlten sollte. Um die beim Kläger insoweit angefallenen Kosten zu
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amortisieren, hätte es schon einer Mietvertragslaufzeit mit dem Beklagten von über 5
Jahren bedurft. Insoweit war das Interesse des Klägers an einem befristeten
Kündigungsausschluss im Vergleich zu dem eines anderen Vermieters sogar erhöht.
Dies war für den Beklagten auch erkennbar.
Im Rahmen der Interessenabwägung ist weiter zu berücksichtigen, dass der vereinbarte
befristete Kündigungsverzicht für den Beklagten als Mieter nicht nur mit Nachteilen
verbunden ist, sondern diesem auch Vorteile gewährt. Da gemäß der vertraglichen
Regelung beide Parteien wechselseitig für die Dauer der Befristung auf ihr Recht zur
ordentlichen Kündigung des Mietvertrags verzichtet haben, gewährt die vertragliche
Regelung dem Beklagen einen über die §§ 573, 574 BGB hinausgehenden
Kündigungsschutz vor einer ordentlichen Kündigung des Vermieters. Nach alledem
benachteiligt der vereinbarte Kündigungsverzicht den Beklagten hier nicht
unangemessen, da er auch in zeitlicher Hinsicht überschaubar und dadurch für ihn
erträglich ist.
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Der vereinbarte befristete Verzicht auf das ordentliche Kündigungsrecht stellt für den
Beklagten auch keine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB dar mit
der Folge, dass dieser erst gar nicht wirksamer Vertragsbestandteil geworden wäre.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die unter § 4 Ziffer 1 b) des Mietvertrages
getroffene Bestimmung nicht so ungewöhnlich, dass der Beklagte mit dieser
Bestimmung nicht zu rechnen brauchte. Die Ausführung des Beklagten, dass der Mieter
grundsätzlich von der ordentlichen Kündbarkeit eines unbefristeten Mietvertrages
ausgehen dürfe, ist gerade auch in Anbetracht der ständigen Rechtsprechung des BGH
zur Wirksamkeit der Vereinbarung eines befristeten Kündigungsausschlusses auch in
Formularmietverträgen nicht zutreffend. Vielmehr muss auch dem Mieter zwangsläufig
bewusst sein, dass der Vermieter grundsätzlich ein gesteigertes Interesse an einer
längerfristigen mietvertraglichen Bindung hat. Schon deshalb ist im Rahmen eines vom
Vermieter verwendeten Formularmietvertrages damit zu rechnen, dass der Vermieter
dieses Interesse durch die Vereinbarung eines befristeten Kündigungsausschlusses
umsetzen will. Hinzu kommt, dass die hier streitgegenständliche Klausel in § 4 des
Mietvertrages nicht etwa optisch nur sehr schwer wahrnehmbar niedergelegt ist.
Vielmehr war für den Abschluss der Vereinbarung erforderlich, dass diese in dem dafür
vorgesehenen Kästchen angekreuzt und die Dauer der Befristung, für die im
Formularvertrag eine durch einen Unterstrich gekennzeichnete Leerstelle eingefügt war,
mit einer entsprechenden Ziffer zu versehen war. Beides hat der Kläger ohne Weiteres
sichtbar gemacht.
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An dem Nichtvorliegen einer überraschenden Klausel im Sinne von § 305 c BGB
vermag auch der Vortrag des Klägers hinsichtlich der zuvor getroffenen mündlichen
Absprachen nichts zu ändern. Unstreitig hat der Kläger - wenn nach dem Vortrag des
Beklagten auch nur beiläufig - im Rahmen des Wohnungsbesichtigungstermins darauf
hingewiesen, dass er daran interessiert sei, eine Mindestlaufzeit des Vertrages
festzulegen. Selbst wenn dies tatsächlich vom Beklagten und dem Zeugen
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kategorisch abgelehnt und vom Kläger in der Folgezeit auch nicht wieder angesprochen
worden ist, kann das Ausfüllen von § 4 Ziffer 1 b) des Mietvertrages durch den Kläger
nicht als so ungewöhnlich betrachtet werden, dass der Beklagte hiermit bei
Unterzeichnung des Mietvertrages nicht zu rechnen brauchte. Hinzu kommt, dass
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dem Beklagten schon allein aufgrund der im Hinblick auf die Kücheneinrichtung
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getroffenen Vereinbarung bewusst sein musste, dass dem Kläger daran gelegen war,
ihn jedenfalls für eine bestimmte Dauer an das Mietverhältnis zu binden. Auch insoweit
kann von einer überraschenden Klausel nicht die Rede sein. Wenn der Beklagte den
Mietvertrag dennoch - nach eigenem Vorbringen offenbar ungelesen - unterschrieben
hat, muss er die im Vertragsangebot des Klägers getroffenen Regelungen gegen sich
gelten lassen.
Im Übrigen ist der Vortrag des Beklagen zu den vorvertraglichen Gesprächen betreffend
die Kündigungsausschlussklausel widersprüchlich. Denn einerseits trägt er mit
Schriftsatz vom 18.5.2007 vor, dass die Frage einer festen Laufzeit nur zu Beginn der
Verhandlungen kurz angesprochen, dann aber erledigt worden sei. Andererseits hat er
sich mit der Klageerwiderung vom 18.4.2007 darauf berufen, der Kläger habe einen 2-
jährigen Kündigungsausschluss gewünscht und sich auf Verhandlungen über die
zeitlichen Voraussetzungen einer Kündigung überhaupt nicht eingelassen.
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Da der unter § 4 Ziffer 1 b) des Mietvertrages vereinbarte beiderseitige
Kündigungsausschluss wirksam ist, ist das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung
des Beklagten vom 3.8.2006 zum 31.10.2006 beendet worden, sondern kann durch
ordentliche Kündigung frühestens nach dem 31.3.2008 zum 30.6.2008 gekündigt
werden.
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Darüber hinaus ist die Klage auch bezüglich des mit dem Klageantrag zu 2. verfolgten
Zahlungsanspruches begründet. Denn der Kläger hat gegen den Beklagten einen
Anspruch auf Zahlung der beiden Mieten für die Monate Februar und März 2007 in Höhe
von insgesamt 2.760,00 € aus § 535 Abs. 2 BGB.
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Da das Mietverhältnis durch die Kündigung des Beklagten nicht vorzeitig beendet
worden ist, sondern vielmehr in den Monaten Februar und März 2007 noch Bestand
hatte, war der Beklagte verpflichtet, die diese Monate betreffenden Mieten an den Kläger
zu zahlen.
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Der geltend gemachte Verzugszinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2
Nr. 1 BGB.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
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Streitwert: 13.560,00 € (§ 3 ZPO; vgl. BGH, MDR 1970, 127).
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Lauber
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