Urteil des AG Minden vom 10.12.2008

AG Minden: fahrzeug, unfall, wiederbeschaffungswert, totalschaden, reparaturkosten, mwst, sachverständigenkosten, vollstreckung, anwaltskosten, kennzeichen

Amtsgericht Minden, 28 C 211/07
Datum:
10.12.2008
Gericht:
Amtsgericht Minden
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 C 211/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des auf
Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
1
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Parkplatzunfall in
Anspruch, der sich im Februar 2007 auf dem Parkplatz des ... – Lebensmittelgeschäfts in
Minden, ... ereignete.
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Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Unfalls Halterin und Eigentümerin des Fahrzeugs
VW-Transporter P4 mit dem amtlichen Kennzeichen .... Der Beklagte zu 1) ist Halter und
Eigentümer des VW-Kastenwagens mit dem amtlichen Kennzeichen ..., welcher bei der
Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist.
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Der Beklagte zu 1) fuhr mit seinem Fahrzeug gegen die rechte Seite des parkenden
Klägerfahrzeugs. Der Unfall wurde nicht polizeilich aufgenommen. Der Beklagte zu 1)
räumte vor Ort seine Alleinschuld an dem Unfall ein. Wegen weiterer Einzelheiten wird
insoweit Bezug genommen auf die vom Beklagten zu 1) unterschriebene undatierte
schriftliche Erklärung (Blatt 8 der GA).
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Die Klägerin holte zur Feststellung der Schadenhöhe ein Gutachten des
Sachverständigen Dipl.-Ing. ... ein. Dieser fasste in seinem Gutachten vom 11.05.2007
den Schaden an der rechten Fahrzeugseite wie folgt zusammen (Blatt 12 der GA):
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Totalschaden
Ja
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Wiederbeschaffungswert vor dem Unfall
3.400,00 €
Vorgeschätzte Reparaturkosten
3.169,32 € netto / 3.771,49 € incl. MWSt
Wertminderung
./.
Abzüge
207,40 € netto / 246,81 € incl. MWSt.
Gemittelte Restwerte, geschätzt ca.
700,00 €
Umbaukosten
50,00 € netto / 59,50 € incl. MWSt.
Wiederbeschaffungsdauer
10-12 Arbeitstage
Reparaturdurchführung
Ist sinnvoll
Bezüglich der vom Sachverständigen ... in seinem Gutachten zu Grunde gelegten
Beschädigungen wird Bezug genommen auf Seite 4 und 5 des Gutachtens (Blatt 13 und
14 der GA).
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Nach Einholung des Gutachtens verkaufte die Klägerin ihr Fahrzeug am 18.05.2007 zu
einem Preis von 1.000,00 €. Am 31.05.2007 unterbreitete die Beklagte zu 2) der
Klägerin vier Restwertangebote in einer Größenordnung von 1570,00 € bis 3.750,00 €.
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Die Klägerin beziffert ihren Sachschaden insgesamt wie folgt:
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Totalschaden abzgl. Restwert netto (3.400,00 € abzgl. 1.000,00 €)
2.400,00 €
Sachverständigenkosten brutto
495,04 €
An- und Abmeldekosten pauschal
100,00 €
Umbaukosten
50,00 €
Nutzungsausfall (14 Tage á 59,00 €)
826,00 €
Allgemeine Kostenpauschale
25,00 €
Insgesamt:
3.896,04 €
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Die Klägerin hat ihren Prozessbevollmächtigten zunächst mit der außergerichtlichen
Geltendmachung der Forderung beauftragt. Den ihr hierdurch entstandenen Schaden
beziffert die Klägerin mit 359,50 €. Wegen weiterer Einzelheiten wird insoweit Bezug
genommen auf die Berechnung in der Klageschrift (Blatt 7 der GA).
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Die Klägerin beantragt sinngemäß:
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1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an sie 3.896,04 € zzgl.
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
01.07.2007 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden weiterhin als Gesamtschuldner verurteilt, an sie im Wege
der Nebenkosten vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 359,50 € zzgl. Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
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zahlen, soweit diese nicht der Anrechnung unterliegen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten behaupten, der Erstbeklagte sei beim Zurücksetzen mit der Ecke seines
Lieferwagens lediglich gegen die Beifahrertür des klägerischen Fahrzeugs gestoßen.
Hierdurch sei nur eine Beule an der Beifahrertür entstanden. Alle sonstigen
Beschädigungen des insgesamt stark ramponierten Klägerfahrzeugs seien nicht Folge
des streitgegenständlichen Unfallereignisses. Da die Vorschäden schon einen
wirtschaftlichen Totalschaden dargestellt hätten, habe das klägerische Fahrzeug durch
den Unfall keinen weiteren Wertverlust erlitten.
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Hinsichtlich der Gutachterkosten des Sachverständigen ... sind die Beklagten der
Auffassung, dass dieses Gutachten nicht als Schadensnachweis tauge und damit die
Sachverständigenkosten auch nicht zu ersetzen seien, da die zahlreichen Vorschäden
als solche nicht ausgewiesen und nicht berücksichtigt sind. Auch die Umbau sowie An-
und Abmeldekosten könne die Klägerin nicht ersetzt verlangen, da schon der
Vorschaden an ihrem Fahrzeug einen wirtschaftlichen Totalschaden dargestellt habe.
Eine Nutzungsausfallentschädigung stehe der Klägerin nicht zu, da die durch den
Beklagten zu 1) verursachte Beule an der Beifahrertür keinen Einfluss auf die
Fahrfähigkeit und Verkehrssicherheit des Fahrzeugs gehabt habe. In Ermangelung
eines Hauptschadens bestünde auch kein Anspruch auf eine allgemeine
Kostenpauschale und auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und ... .
Ferner hat das Gericht gemäß Beweisbeschluss vom 11.03.2008 (Blatt 74. der GA)
Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen unfallanalytischen
Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Herrn Dipl.-Ing. ... . Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der
öffentlichen Sitzung vom 14.11.2008 (Blatt 106 f. der GA).
19
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der öffentlichen
Sitzung vom 14.11.2008 (Blatt 106 f. der GA).
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 7
Absatz 1, 18 Absatz 1 StVG, 115 Absatz 1 Nr. 1 VVG zu. Zwar haften die Beklagten der
Klägerin dem Grunde nach für die durch den streitgegenständlichen Vorfall
verursachten Schäden, jedoch fehlt es an einem Schaden der Klägerin der Höhe nach
gem. § 249 BGB.
23
I.
24
Den Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 2.400,00 € kann die Klägerin nicht
ersetzt verlangen, weil sie schon nicht bewiesen hat, dass ihr Fahrzeug durch den
Unfall überhaupt einen Wertverlust erlitten hat.
25
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass der Wiederbeschaffungswert vor dem Unfall
über dem tatsächlich erzielten Kaufpreis von 1.000,00 € lag. Der Sachverständige ...
hielt zwar unter Berücksichtigung der Vorschäden einen Wiederbeschaffungswert von
900,00 € für realistisch, konnte jedoch nur anhand der Fotos einen konkreten
Wiederbeschaffungswert nicht benennen. Eine genaue Bezifferung des
Wiederbeschaffungswertes war auch nicht erforderlich, denn nach den
nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen kam
durch den streitgegenständlichen Zusammenstoß nur eine punktuelle Beschädigung
der Beifahrertür in Betracht, wobei an dem Fahrzeug zahlreiche andere Schäden
vorhanden waren, die dem Unfallereignis nicht zugeordnet werden konnten. Durch die
eine zusätzliche Beule an der Tür hat sich weder der optische Eindruck wesentlich
geändert noch hatte diese zusätzliche Beule Auswirkungen auf die Verkehrstauglichkeit
des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Das Fahrzeug der Klägerin hat hiernach durch
den weiteren unbedeutenden Schaden an der Beifahrertür auch keinen zusätzlichen
Wertverlust erlitten.
26
II.
27
Die vom Sachverständigen ... angegebenen 450,00 € Reparaturkosten kann die
Klägerin nicht ersetzt verlangen, da sie das Fahrzeug bereits nach weniger als 4
Monaten nach dem streitgegenständlichen Vorfall veräußert hat und der Wert des
Fahrzeugs durch den Unfall nicht gemindert worden ist.
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Von einem Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten werden bis zur Höhe des
Wiederbeschaffungswertes ohne Abzug des Restwertes nur dann ersetzt, wenn der
Geschädigte das Kraftfahrzeug mindestens 6 Monate nach dem Unfall weiterbenutzt
bzw. es in diesem Zeitraum tatsächlich repariert. Anderenfalls wird der Anspruch des
Geschädigten auf den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert
abzüglich Restwert) begrenzt (Palandt – Heinrichs, 67. Auflage 2008, § 249, Rn. 26 mit
weiteren Nachweisen).
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Die Klägerin hat das Fahrzeug unrepariert bereits nach weniger als 4 Monaten
veräußert. Ferner ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der
Wiederbeschaffungswert vor dem Unfall über dem tatsächlich erzielten Kaufpreis von
1.000,00 € lag. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
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III.
31
Sachverständigenkosten in Höhe von 495,04 € kann die Klägerin im Rahmen des § 249
BGB ebenfalls nicht ersetzt verlangen, weil sich das Gutachten des Sachverständigen
Dipl.-Ing. ... erkennbar nicht lediglich auf die unfallbedingte Beule an der Beifahrertür,
sondern auf den gesamten Schaden an der rechten Fahrzeugseite bezog. Insoweit hätte
die Klägerin den Gutachtenauftrag auf den Schaden an der Beifahrertür beschränken
müssen.
32
IV.
33
Ein Anspruch auf Nutzungsausfall steht der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil der
Schaden an der Beifahrertür nicht dazu geführt hat, dass die Klägerin ihr Fahrzeug nicht
nutzen konnte. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
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V.
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Etwaige An- und Abmeldekosten bzw. Umbaukosten hat die Klägerin nicht hinreichend
substantiiert dargelegt, nachdem die Pauschalen auf Beklagtenseite bestritten worden
sind.
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VI.
37
In Ermangelung eines Hauptschadens besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf
eine allgemeine Kostenpauschale und auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.
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VII.
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Die Kosten des Rechtsstreits trägt als unterliegende Partei die Klägerin gem. § 91 I
ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtgrundlage in §
708 Nr. 11, 711 ZPO.
40
Streitwert: 3.896,04 €
41
...
42
Das Urteil ist rechtskräftig.
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Minden, 19.03.2010
44
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
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des Amtsgerichts
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