Urteil des AG Lüdinghausen vom 21.09.2009

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Amtsgericht Lüdinghausen, 19 OWi 89 Js 1127/09 - 90/09
Datum:
21.09.2009
Gericht:
Amtsgericht Lüdinghausen
Spruchkörper:
Strafgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 OWi 89 Js 1127/09 - 90/09
Normen:
§§ 34 Abs. 3, 69 a StVZO, 24 StVG
Leitsätze:
1.
Ein Überladungsverstoß kann auch dann auf Fahrlässigkeit beruhen,
wenn für den Fahrer Überladungsindikatoren an seinem Fahrzeug nicht
feststellbar sind.
2.
Die Fahrlässigkeit kann in sich in einem solchen Falle daraus ergeben,
dass der Fahrer sein Fahrzeug mit einem Ladegut unbekannten
spezifischen Gewichts und unbekannter Menge beladen lässt und
dieses Ladegut ohne vorherige Wägung abfährt.
Tenor:
Der Betroffene wird wegen fahrlässigen Fahrens mit einem überladenen
Fahrzeug zu einer Geldbuße von 80,00 Euro verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der
Betroffene
(§§ 34 III, 69 a StVZO, 24, 25 StVG, 2 BKatV.).
G r ü n d e :
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Der Betroffene ist verheiratet und Vater eines Kindes im Alter von 21 Jahren. Von Beruf
ist er Berufskraftfahrer. Der Betroffene hat angegeben, für den Fall der Festsetzung einer
Geldbuße in Höhe des angefochtenen Bußgeldbescheides (120,00 Euro) bedürfe es
keiner Ratenzahlungsanordnung.
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Straßenverkehrsrechtlich ist der Betroffene nicht vorbelastet.
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Der Betroffene fährt als Berufskraftfahrer mit LKW. Am Tattage, 05.03.2009 musste er
aus dem Bereich H von der dortigen Autobahn 2 abgefrästen Straßenbelag abfahren. Er
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hatte bereits mit seiner LKW Fahrzeugkombination mit einem zulässigen
Gesamtgewicht von 40.000 kg eine Fahrt erledigt. Beim Abladen des Fräsgutes wurde
ein Gewicht von etwa 39 Tonnen festgestellt. Vor Ort an der Autobahnbaustelle ist keine
Fahrzeugwaage vorhanden. Je nach Konsistenz, Witterung und Größe der einzelnen
Straßenteile des Fräsgutes ist das Gewicht des Fräsgutes unterschiedlich, so dass es
dem Betroffenen nicht möglich war, das Gewicht zuverlässig zu schätzen. Die Beladung
des LKW mit dem Fräsgut erfolgt durch ein Förderband, welches an der Fahrbahnfräse
angebracht ist. Der Betroffene muss sich hier in Fräsrichtung mit seinem Fahrzeug so
vor die Fräse und das Förderband der Fräse stellen, dass das Förderbandende das
Fräsgut in seinen LKW hineinbefördern kann. Durch ein kurzes Antippen der Hupe der
Fräse wird dem Betroffenen dann signalisiert, dass er wieder 2 bis 3 Meter vorfahren
soll. Genauso geschah dies am Tattage. Der Betroffene schaut dementsprechend nicht
nach hinten auf seinen Kipper und die Ladung, sondern vielmehr nur nach vorne und
wartet auf das Signal, vorfahren zu dürfen. Genauso geschah dies am Tattage. Wenn
der Fräser und Führer meint, das zu beladene Fahrzeug sei ausreichend voll beladen,
gibt er ein längeres Hupsignal, so dass das beladene Fahrzeug das Fräsgut abfahren
kann. Auch dies geschah am Tattage, ohne dass der Betroffene seine Ladung weiter
kontrollierte. Der Betroffene fuhr dann über die Autobahn 2 auf die Autobahn 1 und kam
hier in den Bereich B, wo er mit seinem Fahrzeug dem Polizeibeamten W auffiel, der
bereits häufig Fahrzeuge der Arbeitgeberin des Betroffenen mit Überladungen
angehalten hatte. Obwohl offenbar keinerlei Überladungsindikatoren wahrnehmbar
waren, hielt der Zeuge W eine Überladung für möglich und sogar wahrscheinlich, da er
meinte, die Reifenflanken seien bei dem LKW durchgedrückt und auch das
Fahrverhalten sei behäbig. Der Betroffene wurde daraufhin angehalten und zu einer
Fahrzeugwaage gebracht. Diese gültig geeichte Fahrzeugwaage der A- GmbH in M
zeigte für die Fahrzeugkombination des Betroffenen ein Gesamtgewicht von 43.200 kg
an. Die Waage ist gültig bis Ende 2009 geeicht und zwar durch Eichung vom
10.01.2007.
Hiervon waren 60 kg Toleranzabzug vorzunehmen, so dass sich ein vorwerfbares
Gesamtgewicht von 43.140 kg ergibt.
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Der Betroffene hat die Überladung objektiv eingestanden. Er hat erklärt, er sei selbst
überrascht gewesen über das Wiegeergebnis. Er schilderte die Beladung mittels der
Fräse und des Förderbandes an der Fräse wie in den tatsächlichen Feststellungen
genannt. Er erklärte, er habe aufgrund der ersten Tour von 39 Tonnen gedacht, dass es
auch bei dieser zweiten Tour zu keiner Überladung komme, obgleich er einräumte, dass
alles zu ladende Fräsgut stets unterschiedlich schwer sei. Im Übrigen sei es so, dass
eine Überladung in diesem Umfange auch gar nicht bemerkbar für den Fahrer sei. Dies
liege daran, dass das in Rede stehende Fahrzeug mit viel belastbareren Reifen
versehen sei, bei denen ein Ausbeulen der Reifenflanken nicht stattfinde bei einer
Überladung in dem in Rede stehenden Umfange. Zudem sei das Fahrzeug luftgefedert,
so dass auch durch federungstypische Überladungsinikatoren keine Feststellungen zu
treffen seien. Letztlich sei es auch so, dass das Fahrverhalten sich nicht anders darstelle
bei einer Überladung in dem in Rede stehenden Umfang und einer Beladung knapp
unterhalb von 40 Tonnen, d.h. im zulässigen Gewichtsbereich. Der Betroffene erklärte,
dass es ihm ansonsten natürlich klar sei, dass die Beladung durch einen Dritten ohne
eigene Kontrolle unzuverlässig sei, zumal das Fräsgut stets unterschiedlich sei und
dementsprechend das Abschätzen des Gewichtes des Fräsgutes nur schwer möglich
sei. Gleichwohl habe er gedacht, dass er nicht zu viel geladen habe. Im Übrigen sei es
aber immer so, dass vor Ort auf den Baustellen keine Wiegung stattfinde, sondern eine
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Wiegung des geladenen Gutes erst beim Abladen erfolge. Das Aufsuchen einer
Fahrzeugwaage unmittelbar im Bereich der jeweiligen Baustellen führe zu zusätzlichen
Fahrtkilometern, was für den Betrieb eine Belastung darstelle.
Der Zeuge W schilderte, dass er gemeinsam mit seinem mitfahrenden Kollegen auf das
Fahrzeug des Betroffenen aufmerksam geworden sei und ein schwerfälliges Fahren des
Fahrzeuges und ausgebeulte Reifenflanken gesehen habe. Er habe daher sofort
bemerkt, dass das Fahrzeug überladen sei. Dies habe er auch deshalb durchaus für
möglich gehalten, weil er schon häufiger Fahrzeuge der Arbeitgeberin des Betroffenen
angehalten habe, die noch bei jeder Kontrolle durch den Zeugen überladen gewesen
seien. Der Zeuge W schilderte dann, dass der Betroffene von 43.200 kg angezeigt
worden sei. Hinsichtlich dieses festgestellten Gewichtes des Fahrzeuges hat das
Gericht den Wiegeschein vom 05.03.2009 urkundsbeweislich verlesen, der unter
Protokollnummer ##### für den 05.03.2009 um 11.54 Uhr eine Menge von 43.200 kg als
Wiegemenge ausweist.
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Die gültige Eichung der Waage hat das Gericht durch urkundsbeweisliche Verlesung
des Eichscheins des Landesbetriebs- und Eichwesens NRW vom 10.01.2007 –gültig
bis zum 31.12.2009- festgestellt.
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Der Sachverständige S hatte gegen die Richtigkeit der Wägung, bei der die gesamte
Fahrzeugkombination auf der Waage stand, keine Bedenken. Er erklärte, dass es eines
Toleranzabzuges von 60 kg bedürfe, so dass ein Gesamtgewicht von 43.140 kg
maßgeblich sei. Der Sachverständige erklärte weiterhin, dass bei einer
Gewichtsüberschreitung von nicht einmal 10% des zulässigen Gesamtgewichts bei
einem luftgefederten Fahrzeug aktueller Bauart, wie es von dem Betroffenen zur Tatzeit
geführt wurde, keine Überladungsindikatoren festzustellen sind. Insbesondere sei auch
ein schwerfälligeres Fahren nicht feststellbar. Vergleichbar sei die Zuladung etwa mit
der eines PKW, in dem noch 2 Erwachsene Personen einsteigen. Hierdurch verändere
sich das Fahrverhalten auch nicht wesentlich. Gleiches gelte für eine evtl. Verformung
der Reifen. Auch eine solche sei rein optisch für einen Beobachter nicht wahrnehmbar.
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Der Betroffene war dementsprechend wegen fahrlässigen Fahrens eine Fahrzeuges im
überladenen Zustand gem. §§ 34 Abs. 3, 69 a StVZO, 24 StVG zu verurteilen. Der
Fahrlässigkeitsvorwurf entfällt nach Ansicht des Gerichtes vor allem nicht deshalb, weil
Überladungsindikatoren (die der Betroffene hätte feststellen müssen) nicht feststellbar
waren. Das Gericht meint vielmehr, dass ein Fahrer, der bei der Beladung seines
Fahrzeuges mit einem Ladegut unbekannten spezifischen Gewichts und unbekannter
Menge und einem Abfahren dieses Ladeguts ohne vorherige Wägung schon fahrlässig
handelt. Dies gilt umso mehr, als das Fahrzeug an sich keine Überladungsindikatoren
feststellen lässt. Die Tatsache, dass zuvor eine ähnliche Fahrt mit ähnlichem Fräsgut in
nicht überladenem Zustand stattgefunden hat, kann den Betroffenen nicht entlasten, da
es sich angesichts der vorgenannten Umstände hierbei lediglich um Glück handelt.
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Mangels irgendwelcher Voreintragungen war gegen den Betroffenen insoweit die
Regelgeldbuße von 80,00 € festzusetzen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StP0, 46 OWiG.
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