Urteil des AG Lüdinghausen vom 27.12.2007

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Amtsgericht Lüdinghausen, 19 OWi 165/07
Datum:
27.12.2007
Gericht:
Amtsgericht Lüdinghausen
Spruchkörper:
Strafabteilung
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 OWi 165/07
Leitsätze:
1. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebietet es, vor der
Erzwingungshaftanordnung in aller Regel durch die
Vollstreckungsbeamten alle Möglichkeiten zur Beitreibung der Geldbuße
auszuschöpfen.
2. Das einmalige Aufsuchen ohne ansatzweise tatsächliche
Vollstreckungsversuche, sondern unter Hinterlassen oder Übersenden
einer schriftliche Ankündigung eines neuerlichen Besuchs mit
gleichzeitiger Zahlungsaufforderung reicht nicht als einziger
Vollstreckungsversuch vor der Erzwingungshaftanordnung.
Tenor:
Der Antrag auf Anordnung der Erzwingungshaft wird zurückgewiesen.
Die antragsstellende Verwaltungsbehörde betreibt gegen die in E. wohnende Betroffene
die Vollstreckung wegen eines rechtskräftig festgesetzten Bußgeldes von 75 Euro. Im
Wege der Amtshilfe/Vollstreckungshilfe hat die Verwaltungsbehörde die Stadt E. mit der
Beitreibung der Geldbuße und der weiteren zu vollstreckenden Kosten (insgesamt
104,76 Euro) beauftragt. Der zuständige Vollstreckungsbeamte suchte daraufhin
unangekündigt am 21.8.2007 die Wohnanschrift der Betroffenen auf, traf diese aber
nicht an. Daraufhin übersandte ihr der Vollstreckungsbeamte am 21.8.2007 per
einfacher Post eine Zahlungsaufforderung unter Hinweis darauf, dass er sie am
13.9.2007 zwischen 10.00 und 14.00 erneut aufsuchen wolle. Die Betroffene reagierte
darauf nicht. Daraufhin - ob am 13.9.07 dann doch noch die Wohnung aufgesucht wurde
ist anhand der Akte nicht prüfbar - reichte die Stadt E. das Amtshilfeersuchen zurück.
Die Verwaltungsbehörde hat nunmehr Antrag auf Anordnung der Erzwingungshaft
gestellt.
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Dieser Antrag war abzulehnen, weil Vollstreckungsversuche seitens der
Verwaltungsbehörde bislang nicht unternommen worden sind und die Anordnung von
Erzwingungshaft aus diesem Grund unverhältnismäßig wäre. Die
Erzwingungshaftanordnung ist nach dem Gesetzeswortlaut ("kann") nämlich eine
Ermessensentscheidung, bei der insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu
beachten ist (Göhler/Seitz, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 96 Rn. 17). Dies bedeutet, dass in
aller Regel durch die Vollstreckungsbeamten alle Möglichkeiten zur Beitreibung der
2
Geldbuße auszuschöpfen sind, weil alle diese Maßnahmen weniger einschneidend als
die Erzwingungshaftanordnung sind (BerlVerfGH NStZ-RR 2001, 211; Göhler a.a.O. Rn.
9). Das einmalige Aufsuchen ohne ansatzweise tatsächliche Vollstreckungsversuche,
sondern unter Hinterlassen oder Übersenden einer schriftliche Ankündigung eines
neuerlichen Besuchs mit gleichzeitiger Zahlungsaufforderung reicht hierfür nicht, zumal
das erneute Aufsuchen durch den Vollstreckungsbeamten dann wohl gar nicht mehr
stattfand.