Urteil des AG Lörrach vom 09.09.2002

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AG Lörrach Urteil vom 9.9.2002, 3 C 1053/02
Schadensersatz bei Kfz-Unfällen: In Rechnung gestellte Reparaturkosten als Herstellungsaufwand
Leitsätze
Der Geschädigte kann in der Regel als Herstellungsaufwand nach § 249 Satz 2 BGB die tatsächlich in Rechnung gestellten Reparaturkosten
verlangen, soweit dem Geschädigten nicht unwirtschaftliches Vorgehen vorgeworfen werden kann.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger (auszahlbar auf Konto-Nr.: 154 87 00, BLZ 683 900 00, Volksbank Dreiländereck eG, Kontoinhaber:
Autohaus Gebrüder M. GmbH & Co. KG, H.str. 49, ...) EUR 515,41 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2001 zu
zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 313 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
2 Die zulässige Klage ist begründet.
I.
3 Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß der §§ 7 StVG. 249 ff BGB, 3 PflichtVG ein Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus dem
Verkehrsunfall vom 14.02.2001 in Weil am Rhein, an dem der Kläger mit seinem PKW Renault Laguna 2,0, amtliches Kennzeichen LÖ-HK 946
und Lars S. mit seinem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kraftroller, Versicherungskennzeichen 417 VRK beteiligten war, in Höhe von EUR
515,41 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2001 zu. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die von dem
Autohaus Gebrüder M. GmbH & Co. KG unter dem 18.04.2001 mit DM 4.292,43 abgerechneten Reparaturkosten in voller Höhe zu ersetzen; sie
kann sich nicht darauf berufen, das Autohaus habe für die Reparatur der Unfallschäden unter Zugrundelegung unangemessener Arbeitszeitwerte
überhöhte Preise verlangt. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die tatsächlichen Reparaturkosten regelmäßig auch dann für die
Bemessung des - im Sinne des § 249 S.2 BGB - "erforderlichen" Herstellungsaufwand heranzuziehen, wenn diese Kosten ohne Schuld des
Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit, wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise im
Vergleich zu dem, was für eine solche Reparatur üblich ist, unangemessen wären (vgl. BGH in BGHZ 63, 182-189). Zwar trennt § 249 S.2 BGB
begrifflich zwischen den erforderlichen und den tatsächlich aufgewandten Herstellungskosten; gleichwohl bedeutet "erforderlich" in diesem Sinne
nicht "durchschnittlich", vielmehr wird der erforderliche Herstellungsaufwand neben Art und Ausmaß des Schadens und den örtlichen und
zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung auch durch die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt und erhält
dadurch eine subjektive Komponente (so ausdrücklich BGH aaO.). Eine Kürzung des Ersatzanspruchs des Klägers käme mithin nach diesen
Grundsätzen in sinngemäßer Anwendung des § 254 BGB nur in Betracht, wenn ihm insoweit ein Mitverschulden vorgeworfen werden könnte (vgl.
BGH aaO.). Ein solches Mitverschulden ist dann nicht anzunehmen, wenn - wie vorliegend - die angebliche Abweichung der geltendgemachten
Reparaturkosten von den durchschnittlichen Reparaturkosten darauf zurückzuführen ist, dass die zu beauftragende Reparaturwerkstatt für die
Behebung der - unstreitigen - Unfallschäden ein höherer Zeitaufwand kalkuliert: Die Beurteilung des erforderlichen Zeitaufwandes beruht auf
internen Erfahrungswerten der Reparaturwerkstatt, deren Richtigkeit der Auftraggeber in der Regel nicht überprüfen kann und muss. Insoweit
kommt es auch nicht mehr darauf an, ob die in dem Telefax der Beklagten vom 09.03.2001 abgegebene Erklärung, die unfallbedingten
Instandsetzungskosten "bis zur Höhe der Schadensfeststellung vom 19.02.2001" zu übernehmen, ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis
darstellt, das Einwände gegen die Angemessenheit des Kostenvoranschlags ausschließen würde. Unter Zugrundelegung einer Zahlung der
Beklagten in Höhe von DM 3.284,38 verbleibt noch eine Restforderung in Höhe von DM 1.008,50, entsprechend EUR 515,41; dieser Betrag ist ab
dem 01.06.2001 mit den gesetzlichen Zinsen zu verzinsen.
II.
4 Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da ersichtlich keiner der Gründe des § 511 Abs. 4 ZPO vorliegt.