Urteil des AG Lichtenberg vom 01.08.2008

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Gericht:
AG Lichtenberg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 C 397/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 558 BGB
Mieterhöhung der Wohnraummiete: Schürzenwanne als
Einbauwanne im Sinne des Berliner Mietspiegels
Tenor
1. Die Beklagten werden verurteilt, einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für
die von ihnen bewohnte Wohnung im …, von bisher 399,92 € auf nunmehr 408,96 €
(zuzüglich Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung wie bisher) mit Wirkung ab dem 01.
August 2008 zuzustimmen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 77 % und die Beklagten 23 % zu
tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden
Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über die in der … gelegene Wohnung.
Mit Schreiben vom 13. Mai 2008 begehrte die Klägerin von den Beklagten die Erhöhung
der vertraglich vereinbarten Nettokaltmiete von bisher 394,18 € auf 439,34 €. Die
Beklagten stimmten vorgerichtlich einer Erhöhung der Miete um 5,74 € zu. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf das Zustimmungsschreiben vom 22. Juli 2008 (Blatt 24 ff
d. A.) Bezug genommen.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die von den Beklagten angemietete Wohnung
in das Mietspiegelfeld H 5 des Berliner Mietspiegels 2007 einzuordnen ist. Unstreitig ist
ferner, dass die Merkmalsgruppe 1 (Bad und WC) neutral, die Merkmalsgruppen 3 und 4
(Wohnung und Gebäude) positiv und die Merkmalsgruppe 5 (Wohnumfeld) negativ zu
bewerten ist.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Merkmalsgruppe 2 (Küche) sei positiv zu bewerten. Dazu
behauptet sie, dass die Küche über Wandfliesen im Arbeitsbereich und einen Anschluss
für den Geschirrspüler verfüge.
Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass die Wohnung über das Sondermerkmal
modernes Bad verfüge. Neben türhoch gefliesten Wänden und Bodenfliesen verfüge das
Bad über eine Einbauwanne.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für
die von ihnen bewohnte Wohnung im Hause …, von bisher 394,18 € nach
Teilzustimmung in Höhe von 5,74 € um weitere 39,42 € auf 439,34 € (zuzüglich Betriebs-
und Heizkostenvorauszahlungen wie bisher) mit Wirkung ab dem 01.08.2008
zuzustimmen.
Hilfsweise beantragt sie,
die Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für
die oben bezeichnete Wohnung von bisher 394,18 € um 45,16 € auf 439,34 € zuzüglich
Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen wie bisher mit Wirkung ab dem 01.08.2008
zuzustimmen.
Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, die Merkmalsgruppe Küche sei als neutral zu werten. Zu dem
Fliesenspiegel im Arbeitsbereich tragen sie vor, dass sie selbst im Jahre 1987 im
Zusammenhang mit dem Einbau einiger Küchenmöbel einschließlich der Spüle auch den
Fliesenspiegel auf eigene Kosten angebracht haben, wobei der Beklagte zu 2) selbst
verfliest habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu der Verfliesung wird auf die
eingereichte Fotografie (Blatt 68 d. A.) Bezug genommen.
Die Beklagten sind weiterhin der Ansicht, dass die Küche nicht als mit einer Spüle
ausgestattet gelte. Bei Bezug der Wohnung im Jahre 1962 sei lediglich ein, damals
standardmäßiger, steinerner Ausguss vorhanden gewesen. In der mündlichen
Verhandlung vom 16. Dezember 2008 erklärte der Beklagte zu 1) (entsprechend dem
Vortrag der Klägerin), dass sich in der Wohnung ein Stufenbecken befunden habe. Dabei
habe es sich um zwei Spülbecken von 40 x 40 cm gehandelt. Das zweite Becken sei
etwa 50 cm tiefer angebracht gewesen, so dass man dort einen Eimer abstellen und mit
dem Hahn zum Füllen herüberschwenken konnte.
Hinsichtlich der Badewanne trug der Beklagte zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor,
dass es sich nicht um eine Einbaubadewanne handele, da seine Badewanne nur über
eine Schürze verfüge, die nicht eingefliest sei. Außerdem befinde sich ein ungefliester
Freiraum von ca. 6 cm an der Wand hinter der Badewanne.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist zulässig. Sie ist innerhalb der dreimonatigen Klagefrist des § 558 b Abs. 2
BGB erhoben worden. Auch ein wirksamen Zustimmungsverlangen nach § 558 a, b BGB
liegt vor.
2. Die Klage ist teilweise begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung auf 408,96 €
monatlicher Nettokaltmiete gemäß § 558 BGB in Verbindung mit dem Berliner
Mietspiegel 2007 zu.
a)
Bei einem Mittelwert von 4,76 € je m² und einem Höchstwert von 5,30 € je m² des
Mietspiegelfeldes H 5 war die Wohnung der Beklagten mit 2 überwiegenden positiven
Merkmalsgruppen (4,98 € je m²) einzuordnen. Die insofern einzig streitige
Merkmalsgruppe 2 (Küche) ist, entgegen der Ansicht der Beklagten positiv einzuordnen.
Die Merkmalsgruppe verfügt unstreitig zumindest über das positive Merkmal eines
separaten Anschlusses für Geschirrspüler. Dagegen kann das Negativmerkmal keine
Spüle keine Anwendung finden. Der Beklagte zu 2) hat in der mündlichen Verhandlung
selbst eingeräumt, dass ein Stufenbecken (mit den Ausmaßen von jeweils 40 x 40 cm) in
der Wohnung vorhanden gewesen sei und später im Rahmen einer von ihm
vorgenommenen Veränderung der Küche entfernt worden sei. Aufgrund dieses
vorhandenen Stufenbeckens war die Wohnung mit einer Spüle im Sinne der
Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels 2007
ausgestattet. Das Spülbecken von 40 x 40 cm stellt insofern eine Spüle dar.
Unerheblich ist, dass eine Spüle heute meist in die Platte einer Küchenarbeitsfläche
eingelassen wird. In der Orientierungshilfe ist gerade nicht von einem Spültisch die Rede.
Insofern ist es ausreichend, dass das Spülbecken zur Säuberung von Geschirr und
Küchenmaterialien benutzt werden kann. Dies ist der Fall. Gegenteiliges haben auch die
Beklagten nicht vorgetragen, die das Stufenbecken 1987 durch eine andere Spüle
ausgewechselt haben.
Nicht erforderlich ist, dass das Spülbecken dem heutigen Standard entspricht,
beispielsweise Überlauflöcher am oberen Rand aufweist, die das versehentliche
Überlaufen des Wassers verhindern. Dies zeigt schon der Vergleich mit anderen
Merkmalen oder Sondermerkmalen der Orientierungshilfe zum Mietspiegels 2007, wo
ausdrücklich eine “moderne” Entlüftung oder ein “neuzeitlicher Standard” bei der
Einbauküche gefordert wird.
Auch eine entstandene Mangelhaftigkeit einer Spüle steht der Einordnung in die
Orientierungshilfe als Spüle nicht entgegen. Dem Mieter stehen insofern aufgrund der
mitvermieteten Spüle Instandhaltungsansprüche gegen den Vermieter zu (vgl. LG Berlin
GE 2008, 1492f).
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Soweit die Beklagten mehrere Urteile zitieren, aus denen sich ergibt, dass ein
Ausgussbecken nicht als Spüle im Sinne der Orientierungshilfe des Mietspiegels
angesehen werden kann, steht dies der obigen Einordnung nicht entgegen. Vorliegend
handelt es sich nicht um einen Ausguss, sondern um ein Stufenbecken, welches von
dem Beklagten zu 2) in der mündlichen Verhandlung näher beschrieben wurde. Ein
solches ist grundsätzlich mit einem Spülbecken versehen, welches zur Säuberung von
Geschirr- und Küchenmaterialien geeignet ist (so auch AG Schöneberg GE 2008, Seite
1565 ff, wo ein Stufenbecken nicht als Negativmerkmal in der Merkmalsgruppe 2
eingeordnet wurde; offen gelassen AG Charlottenburg, Urteil vom 22. Januar 2004, Az.:
210 C 394/03, zitiert nach juris).
Unerheblich ist auch, ob die Beklagten nach Mietvertragsschluss das Stufenbecken aus
der Wohnung entfernt haben. Entscheidend ist, ob die Küche bei Vertragsschluss mit
einer Spüle ausgestattet war und somit mit Instandsetzungsrechten mitvermietet wurde
(LG Berlin GE 2008, 266-268; LG Berlin GE 2008, 124f; so im Ausgangspunkt auch
Landgericht Berlin MM 2002, Seite 98 - von den Beklagten zitiert).
Das Gericht musste somit nicht mehr entscheiden, ob als weiteres positives Merkmal
Wandfliesen im Arbeitsbereich vorliegen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist kein Zuschlag von 0,37 € pro m² für das
Sondermerkmal modernes Bad hinzuzurechnen. Dies setzt entsprechend den
Erläuterungen des Berliner Mietspiegels 2007 voraus, dass das Bad mit einer
Einbaubadwanne oder Einbaudusche ausgestattet ist. Diese müssen neuzeitlichen
Standard entsprechen. Eine mit einer demontierbaren Verblendung oder Schürze
verkleidete Badewanne ist keine solche Einbauwanne. Insbesondere die Möglichkeit das
Wasser hinter die Verblendung geraten kann, stellt eine Einschränkung gegenüber einer
Verfliesung mit fest installierter Vorwand dar. Denn die Trocknungsmöglichkeiten sind
durch die davor sitzende Verblendung eingeschränkt. Wasser kann hinter die
Verblendung geraten, so dass die Gefahr von Schimmelbefall besteht (LG Berlin GE
2007, 1191).
Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete war daher, ohne Vorliegen von
Sondermerkmalen, von 3 positiven Merkmalsgruppen (Gruppe 2, 3 und 4), einer
neutralen Gruppe (Gruppe 1) und einer negativen Gruppe (Merkmalsgruppe 5)
auszugehen. Insgesamt beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete somit 4,98 € je m² (4,76
+ 0,22). Für die insgesamt 82,12 m² große Wohnung beträgt die ortsübliche
Vergleichsmiete somit 408,96 €.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, Abs. 1 S. 1, 2.
Alternative, 708 Nr. 11, 711 S. 1, S. 2 ZPO. Gründe für die Zulassung hinsichtlich der
Berufung der Beklagten gemäß § 511 Abs. 4 ZPO lagen nicht vor. Insbesondere sind
dem Gericht abweichende Entscheidungen über die vorliegende Frage der Einordnung
des Stufenbeckens als Spüle i.S.d. Orientierungshilfe zum Mietspiegel 2007 nicht
bekannt. In dem von dem Beklagten zitierten ”Parallelverfahren” des AG Lichtenberg
(Aktenzeichen 13 C 123/08) wurde über eine Ausguss entschieden.
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