Urteil des AG Lemgo vom 08.05.2006

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Amtsgericht Lemgo, 17 C 146/05
Datum:
08.05.2006
Gericht:
Amtsgericht Lemgo
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 C 146/05
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 687,34 € nebst 5
Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem
09.04.2005 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 12 %, der Beklagte zu
88 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der anderen Partei
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor
der Vollstreckung Sicherheit in selbiger Höhe leistet.
Der Kläger kann die Sicherheit in Form einer unbedingten, unbefristeten,
unwiderruflichen und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen
Großbank oder Sparkasse leisten.
Tatbestand:
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Der Kläger begehrt die Nachzahlung von Nebenkosten aus einer
Nebenkostenabrechnung.
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Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über die im Obergeschoss des
Hauses pp. gelegene Wohnung. Nach § 1 des schriftlichen Mietvertrages beträgt die
Wohnfläche ca. 160 m² einschließlich 25% der Fläche des Balkons bzw. des
Terrassenanteils. Nach § 7 des schriftlichen Mietvertrages trägt der Beklagte alle
Betriebskosten gemäß Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung.
Die Parteien vereinbarten weiter eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung von
insgesamt 230,00 €. Nach § 7 Nr. 4 b) des schriftlichen Mietvertrages sollten die Heiz-
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und Warmwasserkosten zu 100% nach dem durch diese Geräte ausgewiesenen
Verbrauch umgelegt werden. Weiter heißt es: "Der Vermieter ist befugt, die
Abrechnungsmaßstäbe in gesetzlich zulässigen Rahmen zu ändern, wenn hierfür ein
berechtigtes Interesse gegeben ist."
Im Haus pp. sind zwei Wohnungen vorhanden. Die Erdgeschosswohnung ist mit einem
Einzelwasserzähler für Kaltwasser ausgestattet. Des weiteren gibt es einen
Wasserzähler, der den gesamten Kaltwasserverbrauch des Hauses erfasst. An dem
Haus befinden sich zwei Außenzapfhähne. Im Frühjahr 2004 führte der Kläger
Sanierungsarbeiten an dem Haus durch. Hierzu wurde die Nordseite des Gebäudes
ausgeschachtet und abgedichtet.
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Unter dem 02.02.2005 erteilte der Kläger eine Abrechnung über die Nebenkosten für
das Verbrauchsjahr 2004. Wegen des genauen Inhalt der Abrechnung wird auf Bl. 11
bis 16 d.A. Bezug genommen. Die Abrechnung schließt mit einem Nachzahlungsbetrag
von 784,17 €. Den Kaltwasserverbrauch hat der Kläger unter Abzug des
Wasserverbrauchs entsprechend des Einzelwasserzählers der anderen Mietpartei von
dem Gesamtwasserverbrauch ermittelt. Hierbei ergab sich ein Kaltwasserverbrauch von
229 m³. In der Zeit vom 01.05.-31.12.2003 verbrauchte der Beklagte 67 m³ Kaltwasser.
Im Jahre 2005 betrug der abgerechnete Verbrauch insgesamt 78 m³. Die Kosten für die
Versorgung mit Heizung und Warmwasser hat der Kläger zu 70% nach Zählerstand und
zu 30% nach Wohnfläche abgerechnet. Er forderte den Beklagten mit Schreiben vom
29.03.2005 unter Fristsetzung zum 08.04.2005 zur Zahlung des Abrechnungssaldos auf.
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Der Kläger behauptet, den Wasserverbrauch des Beklagten zutreffend ermittelt zu
haben. Die Wasserzähler hätten ordnungsgemäß gemessen und seien geeicht
gewesen. Die Außenzapfstellen würden über einen Brunnen betrieben und seien im
Verbrauchsjahr 2004 bereits stillgelegt gewesen. Für die Bauarbeiten im Frühjahr 2004
sei die Wasserversorgung über das Wohnhaus pp. erfolgt.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 784,17 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über
dem Basiszinssatz der EZB seit dem 09.04.2005 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er bestreitet den abgerechneten Kaltwasserverbrauch. Hierzu behauptet er, die
Kaltwasserzähler seien im Verbrauchszeitraum nicht geeicht gewesen. Er habe sein
Verbrauchsverhalten im Jahre 2004 nicht geändert. Vielmehr habe er den
Wasserverbrauch kontrolliert. Er habe einen auffallenden Verbrauch im März sowie in
den Monaten Mai-August festgestellt, obwohl er vom 28.06. bis 20.07.2004 im Urlaub
gewesen sei und Wasserverluste nicht habe feststellen können. Lediglich im September
2004 sei ein Schaden am Spülkasten der Toilette festgestellt worden, der jedoch
unverzüglich repariert worden sei. Im übrigen sei nicht auszuschließen, dass anlässlich
der Bauarbeiten Wasser über die Außenzapfhähne entnommen und dem Beklagten
berechnet worden sei. Der Beklagte hält zudem die Abrechnung des
Kaltwasserverbrauchs nach der Differenz des Gesamtwasserverbrauchs und des durch
Einzelwasserzähler ermittelten Verbrauchs für die Erdgeschosswohnung für unzulässig.
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Darüber hinaus ist er der Beklagte der Ansicht, dass die Kosten für Heizung und
Warmwasser entsprechend der mietvertraglichen Vereinbarung zu 100% nach
Verbrauch abzurechnen sind.
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Hinsichtlich der Abrechnung der übrigen Nebenkosten ist der Beklagte der Ansicht, die
Wohnfläche seiner Wohnung sei unter Abzug der Balkonfläche zu berücksichtigen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß der Beweisbeschlüsse vom 07.12.2005 und
24.03.2006, Bl. 110, 145-146 d.A. sowie durch Einnahme eines richterlichen
Augenscheins.
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Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des
Sachverständigen pp. vom 07.03.2006, Bl. 131-135 d.A. sowie die Sitzungsprotokolle
vom 08.11.2005 und 08.05.2006, Bl. 98-99, 164 f. d.A. Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist überwiegend begründet. Dem Kläger steht im erkannten Umfang ein
Anspruch auf Nachzahlung von Nebenkosten aus der Abrechnung vom 02.02.2005
i.V.m. dem schriftlichen Mietvertrag vom 11.01.2003 zu.
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Die Nebenkostenabrechnung ist zunächst formell ordnungsgemäß und prüffähig. Sie
beinhaltet eine geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und
Erläuterung der Umlageschlüssel, die Ermittlung der auf den Beklagten entfallenden
Nebenkostenanteile und eine Berücksichtigung der Vorauszahlungen.
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Der Kläger hat den Kaltwasserverbrauch zutreffend mit 229 m³ berechnet. Dem steht
nicht bereits entgegen, dass der Kläger den Verbrauch unter Anwendung der
sogenannten Differenzmethode, mithin unter Abzug des für die Erdgeschosswohnung
ermittelten Einzelverbrauchs von dem Gesamtverbrauch berechnet hat. Eine derartige
Berechnungsform unterliegt aufgrund gewisser Messungenauigkeiten der Haupt- und
Einzelwasserzähler Bedenken jedenfalls dann, wenn in einem Mietobjekt mehrere
Wohnungen vorhanden sind und lediglich einzelne Wohnungen nicht mit einem
Einzelwasserzähler ausgestattet sind. Da es aufgrund durchaus zulässiger
Messetoleranzen sein kann, dass die Summe der Verbräuche der Einzelwasserzähler
nicht dem Verbrauch des Wasserzähler entspricht, wird in einem solchen Fall bereits
das Risiko unzutreffender Messungen vollständig auf diejenigen Mieter abgewälzt,
deren Wohnung nicht mit einem Einzelwasserzähler ausgestattet ist (vgl. Langenberg,
Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, G Rn. 153). Etwas anderes gilt
jedoch, wenn in einem Mietobjekt lediglich zwei Wohnungen vorhanden sind, von
denen eine mit einem Einzelwasserzähler ausgestattet und ein Hauptwasserzähler
vorhanden ist. Das Risiko von Messtoleranzen beschränkt sich in diesem Fall auf das
zulässige Maß. Es liegt auf der Hand, dass jedenfalls grundsätzlich die Differenz des
Gesamtverbrauchs entsprechend dem Hauptwasserzähler und dem über den
Einzelwasserzähler ermittelte Einzelwasserverbrauch derjenigen Mietpartei zugeordnet
werden kann, deren Wohnung über keinen Einzelwasserzähler verfügt.
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Die Ermittlung des Wasserverbrauchs nach dieser Differenzmethode setzt jedoch
voraus, dass der Einzelverbrauch der übrigen Mietpartei und der Gesamtverbrauch
korrekt ermittelt sind. Dies ist vorliegend der Fall. Dem steht nicht entgegen, dass der
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Einzelwasserzähler der anderen Mietpartei im Verbrauchszeitraum nicht mehr geeicht
war. Das Gericht verkennt nicht, dass der Kläger nach § 10 EichO grundsätzlich
verpflichtet ist, geeichte Wasserzähler zu verwenden. Diese Verpflichtung besteht zum
Schutz der Allgemeinheit vor unzutreffend ermittelten Verbrauchswerten. Zudem soll
eine Auseinandersetzung über die Messgenauigkeit eines Zählers vermieden werden,
als im Falle einer Eichung die Vermutung besteht, dass das Gerät ordnungsgemäß
misst. Dies schließt jedoch nicht die Möglichkeit aus, im Einzelfall den Nachweis einer
ordnungsgemäßen Messung anderweitig zuführen, wie umgekehrt auch im Falle eines
geeichten Geräts die Beweisführung, dass das Gerät unzutreffend misst, eröffnet sein
muss. Dem Kläger ist der Nachweis der ordnungsgemäßen Messung vorliegend
gelungen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen pp. war der im fraglichen
Verbrauchszeitraum installierte Einzelwasserzähler technisch einwandfrei. Der
Sachverständige hat plausibel und nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund des
Zustands des Einzelwasserzählers von einer richtigen Messung auszugehen ist. Die
Sachkunde des Sachverständigen sowie seine Feststellungen unterliegen keinen
Bedenken. Es ist mithin trotz der abgelaufenen Eichung davon auszugehen, dass der
Einzelwasserzähler einen zutreffenden Verbrauchswerte angezeigt hat. Die
Messgenauigkeit des Hauptwasserzählers steht außer Frage, zumal dieses Gerät
geeicht ist.
Dem steht nicht entgegen, dass der Sachverständige Feststellungen zur Installation des
Wasserzählers nicht getroffen hat. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der
Einzelwasserzähler unzutreffend installiert war. In diesem Falle hätte auch der für das
Verbrauchsjahr 2003 ermittelte Verbrauch unzutreffend sein müssen. Dies behauptet
der Beklagte nicht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass der Kläger im Verbrauchsjahr 2004
Änderungen an der Installation des Einzelwasserzählers vorgenommen hat.
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Der Abrechnung eines Wasserverbrauchs von 229 m³ steht auch nicht entgegen, dass
der Verbrauch im Vergleich zu den Verbrauchjahren 2003 und 2005 eklatant höher ist.
Zwar ist anerkannt, dass im Falle eines außergewöhnlichen Wasserverbrauchs eine
Kürzung nach Maßgabe des Verbrauchs früherer Jahre in Betracht kommt (vgl.
Langenberg, a.a.O., A Rn. 39 f.). Dies setzt jedoch voraus, dass zum einen der ermittelte
Verbrauchswert nicht nur außergewöhnlich hoch ist, sondern auch, dass eine Kürzung
des Verbrauchs unter Abwägung der Risiken für eine unzutreffende
Verbrauchsermittlung geboten ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Steigerung des
Verbrauchs unerklärlich ist und den Vermieter das Risiko der Unaufklärbarkeit trifft.
Insoweit kommt dem Vermieter die Verpflichtung zu, bei Anzeichen eines ungewöhnlich
angestiegenen Verbrauchs nach möglichen Ursachen zu forschen. Demgegenüber ist
der Vermieter nicht verpflichtet, gleichsam vorsorglich ständig den Verbrauch zu
überprüfen, um etwaigen Verbrauchssteigerungen entgegenzuwirken. Insoweit ist zu
berücksichtigen, dass es zunächst der Mieter in der Hand hat, durch sein
Verbrauchsverhalten Einfluss auf den Verbrauch zu nehmen. Hinzukommt, dass der
Mieter aufgrund seiner räumlichen Nähe in der Lage ist, etwaige Schäden an
Verbrauchseinrichtungen wahrzunehmen und dem Vermieter anzuzeigen, um so
unfreiwilligen Verbräuchen entgegenzuwirken.
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Vorliegend ist in der Tat der erheblich gestiegene Wasserverbrauch nicht aufzuklären.
Insbesondere steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass eine
Wasserentnahme zulasten des Beklagten im Zuge der Bauarbeiten im Frühjahr des
Jahres 2004 nicht erfolgte. Sämtliche Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass
die Außenwasserhähne ausschließlich über den auf dem Grundstück befindlichen
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Brunnen betrieben wurden. Des weiteren haben die Zeugen übereinstimmend
bekundet, dass der Brunnen spätestens im Jahr 2004 stillgelegt wurde. Es ist nicht
ersichtlich, dass hiernach ein Anschluss der Außenwasserhähne an die Wasserleitung
erfolgte. Vielmehr hat der Zeuge pp. ausdrücklich bekundet, dass die Wasserhähne
nicht an die Wasserleitung angeschlossen wurden. Bedenken gegen die
Glaubwürdigkeit der Zeugen sieht das Gericht nicht. Allein der Umstand, dass es sich
bei dem Zeugen pp. in um den Bruder des Klägers handelt, vermag dessen
Glaubwürdigkeit nicht in Zweifel zu ziehen. Im übrigen stimmen die Zeugenaussagen in
ihrem Kern überein.
Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass anlässlich der
Bauarbeiten kein Wasser zulasten des Beklagten entnommen wurde. Die Zeugen pp.
und pp. haben insoweit übereinstimmend bekundet, das Wasser ausschließlich aus den
Anschlüssen im Haus pp. entnommen wurde.
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Gleichwohl gebietet die Unaufklärbarkeit des Wasserverbrauchs nicht, das Risiko der
Unaufklärbarkeit dem Kläger aufzuerlegen. Der Kläger hatte aufgrund der
Verbrauchswerte des Vorjahres keinen Anlass, Verbrauchssteigerungen zu befürchten
und die Verbrauchseinrichtungen vorsorglich auf ihre Funktionstauglichkeit zu
überprüfen. Da ferner im Verbrauchszeitraum Leckagen ausgeschlossen werden
können, ist das Risiko für die Verbrauchssteigerungen dem Beklagten aufzuerlegen.
Zunächst steht fest, dass im Verbrauchszeitraum keine Rohrbrüche oder ähnliches
aufgetreten sind. Anderenfalls hätte der Wasserverbrauch ab einem bestimmten
Zeitpunkt regelmäßig überhöht sein müssen. Dies war jedoch nach dem Vortrag des
Beklagten nicht der Fall, als Verbrauchssteigerungen lediglich in den Monaten März,
April bis August beobachtet worden sein sollen. Unstreitig sind auch dem Beklagten
irgendwelche Undichtigkeiten nicht aufgefallen. Des weiteren spricht gegen das
Vorhandensein verbrauchserhöhender Mängel, dass der Kläger nach Abschluss des
Verbrauchsjahres 2004 keine Arbeiten an den Wasserversorgungseinrichtungen
durchgeführt hat. Sofern mithin Mängel vorhanden gewesen wären, hätten sich diese
auch auf den Verbrauch für das Jahr 2005 auswirken müssen, was unstreitig nicht der
Fall war.
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Das Gericht hält es für angemessen, dem Beklagten den festgestellten Verbrauch in
vollem Umfang anzulasten. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten will dieser in den
o. g. Monaten für ihn nicht nachvollziehbare Verbrauchssteigerungen festgestellt haben.
Eine Anzeige bei dem Kläger erfolgte jedoch unstreitig nicht. Dem Kläger wurde so
jegliche Möglichkeit genommen, etwaige Mängel, die zu einer Verbrauchssteigerung
führten, zu beheben. Da der Kläger zudem aus den o. g. Gründen nicht verpflichtet war,
vorsorglich den Wasserverbrauch zu überprüfen, entzog sich der Mehrverbrauch seiner
Kenntnis und war für ihn erst bei Erteilung der Nebenkostenabrechnung feststellbar. Zu
diesem Zeitpunkt war der Verbrauch jedoch bereits eingetreten.
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Im Ergebnis ist daher ein Kaltwasserverbrauch von 229 m³ in der Abrechnung zu
berücksichtigen.
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Bei der Ermittlung der Hausnebenkosten hat der Kläger die Wohnfläche der
Beklagtenwohnung zu Recht mit 160 m² berücksichtigt. Die Wohnfläche ist vertraglich
festgelegt. Eine vertraglich vereinbarte Wohnfläche darf der Nebenkostenabrechnung
als Umlagemaßstab zugrundegelegt werden (vgl. Sternel, Mietrecht aktuell, Rn. 792
m.w.N.). Etwas anderen gilt nur dann, wenn sich im nachhinein herausstellt, dass die
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vertraglich festgelegte Wohnfläche zum Nachteil des Mieters unzutreffend ermittelt
wurde und die Abweichung nicht nur unerheblich ist. Dies ist vorliegend nicht
ersichtlich.
Der Kläger durfte auch die Balkonfläche bei der Bestimmung der Wohnfläche
berücksichtigen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Ermittlung der Wohnfläche entgegen §
42 der 2. Berechnungsverordnung erfolgte. Auch nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der
Wohnflächenverordnung gehören die Grundflächen von Balkonen zur Wohnfläche. Die
Berücksichtigung der Balkonfläche ist auch nicht deshalb unbillig, als diese Fläche
regelmäßig keinen Einfluss auf den Umfang der Nebenkosten hat (vgl. Langenberg,
a.a.O., F Rn. 34 –35). Eine Unbilligkeit ergibt sich allenfalls dann, wenn Wohnungen
eines Hauses in erheblich unterschiedlichen Umfang berücksichtigungsfähige Balkon-
oder Terrassenflächen bei im übrigen vergleichbarer Wohnfläche aufweisen. Dies ist
vorliegend nicht ersichtlich. Zudem unterliegt es der Vertragsautonomie der Parteien,
ausdrücklich eine Umlage von Nebenkosten lediglich nach der Fläche des umbauten
Raumes zu vereinbaren, was vorliegend nicht erfolgt ist. Vor diesem Hintergrund ist
schon aus Gründen der Rechtssicherheit die vertraglich festgelegte Wohnfläche als
Umlagemaßstab zu berücksichtigen, um Auseinandersetzungen über die Wohnfläche
zumindest im Rahmen der Nebenkostenabrechnung zu vermeiden.
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Die Klage ist abzuweisen, soweit der Kläger die Heiz- und Warmwasserkosten lediglich
zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Wohnfläche umgelegt hat. Zwar entspricht
der Umlagemodus den §§ 7, 8 HeizkostenVO. Die Parteien haben jedoch in § 7 Nr. 4 b)
des schriftlichen Mietvertrages vereinbart, dass die Heiz- und Warmwasserkosten zu
100% nach Verbrauch umgelegt werden. Diese Vereinbarung ist nach § 10
HeizkostenVO wirksam und vorrangig. Der Kläger war auch nicht berechtigt, den
Umlagemaßstab einseitig abzuändern. Soweit der Kläger auf die Abänderungsbefugnis
nach § 6 Abs. 4 HeizkostenVO verweist, ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die
Abänderung des Abrechnungsmaßstabs gemäß § 6 Abs. 4 S. 3 HeizkostenVO vor
Beginn des Verbrauchsjahres 2004 angezeigt hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht
aus § 7 Nr. 4 b) des Mietvertrages. Soweit der Kläger hiernach befugt ist, den
Abrechnungsmaßstab zu ändern, ist ein berechtigtes Interesse des Klägers an der
Änderung nicht dargetan.
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Im Ergebnis sind die Heiz- und Warmwasserkosten daher zu 100 % nach Verbrauch
abzurechnen. Dass der Kläger einen unzutreffenden Abrechnungsmaßstab gewählt hat,
führt nicht zum Wegfall der Prüffähigkeit und damit der Fälligkeit der Abrechnung.
Vielmehr handelt es sich um einen Berechnungsfehler, den das Gericht zu korrigieren
berechtigt ist.
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Es ergibt sich folgende Berechnung:
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Heizung Gesamtkosten Gesamtverbrauch Kosten/MWh Einzelverbrauch Betrag
2.300,95 €
26,89 MWh
85,568985
13,38 MWh
1.144,913
Warmwasser
Gesamtkosten
Gesamtverbrauch Kosten/m³
Einzelverbrauch Betrag
273,23 €
55 m³
4,9678181
21 m³
104,32418
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Summe
1.249,24 €
Da der Kläger in der Nebenkostenabrechnung die Heizungs- und Warmwasserkosten
mit 1.346,07 € berechnet hat, unterliegt die Klage mithin in Höhe eines Betrages von
96,83 € der Abweisung.
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Insgesamt ergeben sich unter Berücksichtigung der übrigen Nebenkosten über 2.511,30
€ und der Heizkosten von 1.249,24 € Betriebskosten für 2004 über 3.760,50 €.
Abzüglich der in der Abrechnung eingestellten Gutschrift von 73,20 € ergibt sich ein
Betrag von 3.687,34 €. Unter Abzug der Vorauszahlungen über 3.000,00 € ergibt sich
der zuerkannte Betrag.
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Die Zinsentscheidung folgt aus Verzug, §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB. Der Beklagte
befindet sich aufgrund der Zahlungsaufforderung vom 29.03.2005 seit dem 09.04.2005
in Verzug.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Der Streitwert wird auf 784,17 € festgesetzt.
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B
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Richterin am Amtsgericht
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