Urteil des AG Langenfeld vom 12.10.2005

AG Langenfeld: vermieter, wohnraum, stadt, wohnung, loggia, bad, mietvertrag, höchstbetrag, vollstreckung, vertragsklausel

Amtsgericht Langenfeld, 11 C 123/05
Datum:
12.10.2005
Gericht:
Amtsgericht Langenfeld
Spruchkörper:
11. Abteilung des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 C 123/05
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, mit Wirkung ab
dem 01. März 2005 der Erhöhung der Wohnraum-Nettomiete für die im
Erdgeschoss des Hauses N-Straße in 40724 Hilden gelegene
Wohnung, bestehend aus 4 Zimmern, Loggia, Küche, Diele, Bad und
dazugehörigem Kellerraum von bisher monatlich 499,54 EUR (977,01
DM) über den anerkannten Betrag von 522,87 EUR hinaus auf
insgesamt 570,00 EUR zuzustimmen. Im Übrigen wird die Klage
abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 30 % und die
Beklagten zu 70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird gestattet, die
Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages
abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
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T a t b e s t a n d
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Die Kläger begehren von den Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung.
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Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über Wohnraum. Der monatliche
Nettomietzins betrug bis zum 28. Februar 2005 499,54 EUR. Nach § 8 Nr. 2 des
Mietvertrages vom 25. Mai 1977 sind die Beklagten verpflichtet, alle
Schönheitsreparaturen in den Mieträumen nach Ablauf bestimmter Zeiträume auf ihre
Kosten ausführen zu lassen.
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Mit anwaltlichem Mieterhöhungsschreiben vom 31. Januar 2005 forderten die Kläger die
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Beklagten auf, einer Mieterhöhung von 499,54 EUR auf 599,45 EUR zum 01. März 2005
zuzustimmen. Dem Mieterhöhungsverlangen der Kläger lag eine sich aus dem
Mietspiegel der Stadt Hilden für 2004 ergebende ortsübliche Vergleichsmiete von 5,65
EUR / qm zzgl. von Zuschlägen in Höhe von 0,36 EUR / qm für die Isolierverglasung, in
Höhe von 0,41 EUR / qm für die Wärmedämmung, in Höhe von 0,06 EUR / qm für den
Kabelanschluss und in Höhe von rund 0,71 EUR / qm für die aufgrund der nach der
Rechtsprechung unwirksamen Klausel in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages von dem Vermieter
auszuführenden Schönheitsreparaturen zugrunde. Die Grundfläche beträgt 87 qm. Mit
Schreiben des Mieterbundes vom 22. Februar 2005 stimmten die Beklagten einer
Mieterhöhung auf 6,01 EUR / qm, mithin auf 522,87 EUR, zu, wobei sie auf die
ortsübliche Vergleichsmiete lediglich einen Zuschlag für die Isolierverglasung
akzeptierten.
Die Kläger haben in der Folge auf den Zuschlag wegen der Wärmedämmung verzichtet
und bei Erhebung der Klage beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu
verurteilen, mit Wirkung ab dem 01. März 2005 der Erhöhung der Wohnraum-Nettomiete
für die im Erdgeschoss des Hauses N-Straße in 40724 Hilden gelegene Wohnung,
bestehend aus 4 Zimmern, Loggia, Küche, Diele, Bad und dazugehörigem Kellerraum
von bisher monatlich 499,54 EUR (977,01 DM) über den anerkannten Betrag von
522,87 EUR hinaus auf insgesamt 589,72 EUR zuzustimmen. Mit Schriftsatz vom 27.
Juni 2005 haben die Kläger auch von der Berechnung eines Zuschlages für den
Kabelanschluss Abstand genommen und die Klage insoweit zurückgenommen, so dass
lediglich noch die Mieterhöhung wegen der von den Vermietern auszuführenden
Schönheitsreparaturen streitgegenständlich ist.
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Die Kläger behaupten insoweit, der Mietspiegel der Stadt Hilden beinhalte die
Übernahme der Kosten der Schönheitsreparaturen durch den Mieter. Sie sind daher der
Ansicht, für den Fall, dass der Vermieter die Kosten der Schönheitsreparaturen zu
tragen habe, sei ein Zuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete vorzunehmen. Dieser
belaufe sich entsprechend § 28 Abs. 4 Satz 2 der II. Berechnungsverordnung auf 8,50
EUR / qm / Jahr, mithin auf monatlich rund 0,71 EUR / qm.
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Sie beantragen nunmehr,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, mit Wirkung ab dem 01.
März 2005 der Erhöhung der Wohnraum-Nettomiete für die im Erdgeschoss
des Hauses N-Straße in 40724 Hilden gelegene Wohnung, bestehend aus 4
Zimmern, Loggia, Küche, Diele, Bad und dazugehörigem Kellerraum von
bisher monatlich 499,54 EUR (977,01 DM) über den anerkannten Betrag von
522,87 EUR hinaus auf insgesamt 584,50 EUR zuzustimmen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie sind der Ansicht, die Kläger trügen als Verwender des vorformulierten Mietvertrages
das Risiko, dass einzelne Klauseln unwirksam seien. Eine Anpassung des Mietzinses
sei aufgrund dieser Unwirksamkeit nicht vorzunehmen. Ein Zuschlag für die Tragung
der Kosten der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter sei allenfalls dann zulässig,
wenn dieser die Kosten aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung trage. Indes trage
der Vermieter die Kosten für die Vertragsgemäßheit der Wohnung nicht vertraglich,
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sondern bereits von Gesetzes wegen.
Im Übrigen seien die Zuschläge in § 28 der II. Berechnungsverordnung auf den
vorliegenden Fall nicht anwendbar, da diese sich nur auf öffentlich geförderten
Wohnraum bezögen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
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Die Kläger können gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB von den Beklagten die Zustimmung
zu einer Erhöhung der Nettomiete von 499,54 EUR auf insgesamt 570,00 EUR
verlangen. Dies ist bis zu einem Betrag von 522,87 EUR unstreitig. Insoweit haben die
Beklagten einer Mieterhöhung mit Schreiben des Mieterbundes vom 22. Februar 2005
bereits zugestimmt. Die Voraussetzungen des § 558 BGB liegen unstreitig vor. Der
anerkannten Nettomiete liegt eine ortsübliche Vergleichsmiete nach dem Mietspiegel
der Stadt Hilden für das Jahr 2004 für das streitgegenständliche Mietobjekt in Höhe von
5,65 EUR / qm zzgl. 0,36 EUR / qm für die vorhandene Isolierverglasung zugrunde.
Bezogen auf die Gesamtfläche von unstreitig 87 qm errechnet sich danach eine
Nettomiete von 522,87 EUR.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auf die ortsübliche Vergleichsmiete über den
Betrag von 6,01 EUR / qm hinaus noch ein Zuschlag vorzunehmen, nachdem die
regelmäßig erforderlichen Schönheitsreparaturen hier nicht von den Beklagten sondern
von den Klägern geschuldet werden. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass
die entsprechende Klausel im Mietvertrag, wonach die Schönheitsreparaturen von den
Beklagten durchzuführen sind, aufgrund der darin enthaltenen starren Fristenregelung
unwirksam ist. Auf die hierzu ergangene Rechtsprechung, die aufgrund der
wechselseitigen Schriftsätze als bekannt vorausgesetzt werden kann, wird Bezug
genommen.
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Trägt jedoch ein Vermieter auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung die laufenden
Schönheitsreparaturen, dann kann er zur Begründung eines Verlangens auf
Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses nach § 558 BGB einen Zuschlag zu dem
maßgeblichen Wert des Mietspiegels machen, der sich an dem Höchstbetrag von
jährlich 8,50 EUR / qm des § 28 Abs. 4 Satz 2 der II. Berechnungsverordnung orientiert
(LG Berlin, Urteil vom 18.11.1999, Az: 67 S 239/99, Grundeigentum 2000, 472; LG
Frankfurt, Urteil vom 29.04.2003, Az: 2-11 S 296/02, NJW-RR 2003, 1522).
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Dies gilt auch, wenn der Vermieter die laufenden Schönheitsreparaturen wie hier
lediglich wegen der Unwirksamkeit einer dies ausschließenden Klausel im Mietvertrag
zu tragen hat. Insoweit kann es grds. keinen Unterschied machen, ob die Parteien sich
bewusst dafür entschieden haben, dass der Vermieter die Schönheitsreparaturen tragen
soll, oder ob dies sich allein daraus ergibt, dass der Vermieter von Gesetzes wegen in
Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung zur Durchführung der
Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. Durch die Unwirksamkeit der Vertragsklausel soll
nicht der Vermieter bestraft werden, sondern der Mieter vor einer unangemessenen
Benachteiligung durch eine Verpflichtung zur Durchführung übermäßiger
Schönheitsreparaturen geschützt werden. Die Unwirksamkeit der Klausel stellt daher
lediglich den Zustand wieder her, der bestanden hätte, wenn eine Vereinbarung über
die Durchführung der Schönheitsreparaturen überhaupt nicht (ausdrücklich) getroffen
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worden wäre, so dass sie den Vermieter nicht daran hindert, die in diesem Fall
bestehenden Ansprüche geltend zu machen.
Diese Ansprüche beinhalten jedoch auch den Anspruch, im Rahmen eines
Mieterhöhungsverlangens nach § 558 BGB auf die Vergleichsmiete nach dem
Mietspiegel einen Zuschlag für die Übernahme der Schönheitsreparaturen
vorzunehmen. Dem Mietspiegel liegen nämlich überwiegend solche Mietverträge zu
Grunde, in denen die Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter
abgewälzt wurde. Dies ergibt sich bereits aus dem Vorwort zum Mietspiegel der Stadt
Hilden für das Jahr 2004, wo es ausdrücklich heißt: "Die Vergleichsmieten beinhalten
die Übernahme der Kosten der Schönheitsreparaturen durch den Mieter. Trägt der
Vermieter vertraglich diese Kosten, ist ein Zuschlag zulässig." Die Abwälzung der
Schönheitsreparaturen entspricht jedoch im Übrigen auch der üblichen vertraglichen
Regelung, so dass entsprechend davon auszugehen ist, dass der umgekehrte Fall im
Mietspiegel nicht angemessen Berücksichtigung findet.
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Zur Berechnung der Höhe des vorzunehmenden Zuschlages kann § 28 Abs. 4 Satz 2
der II. Berechnungsverordnung jedenfalls als Schätzungsgrundlage herangezogen
werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die II. BV auf das streitgegenständliche
Mietverhältnis überhaupt unmittelbar anwendbar ist. Unabhängig davon ergeben sich
hieraus nämlich brauchbare Werte.
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Entgegen der Auffassung der Kläger beträgt der Zuschlag auf den Mietzins jedoch nicht
jährlich 8,50 EUR / qm. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Wert von
8,50 EUR / qm um einen Höchstbetrag handelt. Die Kläger haben jedoch nicht
dargelegt, dass im vorliegenden Fall die Kosten der Schönheitsreparaturen
überdurchschnittlich hoch sind. Auszugehen ist daher hier lediglich von einem
Mittelwert, der nach der Einschätzung des Gerichts bei jährlich 6,50 EUR / qm liegen
dürfte. Daraus errechnet sich bei einer Grundfläche von 87 qm ein monatlicher
Erhöhungsbetrag von weiteren 47,13 EUR.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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Die Berufung wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und
die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Berufungsgerichts erfordert.
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Streitwert:
bis zu 900,00 EUR
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